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Was ich alles ignorieren muß, Oktober 30, 2008, 23:09

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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um halbwegs ruhig schlafen zu können. Eine ganze Menge, ich will gar nicht in Einzelheiten gehen. Von Seiten der Siedler hat sich eine solche Wut gegen die Armee angestaut, daß sie zu verbaler und auch körperlicher Gewalt bereit sind. Das ist keine neue Erscheinung, aber sie verschärft sich immer weiter, und ich habe das Gefühl, unter der Oberfläche wartet noch viel mehr.

Das ist eine sehr komplizierte Sache, denn die junge Generation der Siedler stellt die Soldaten mit der höchsten Motivation, in kämpfenden Einheiten und in sehr hohen Positionen. Was früher Bastionen der Kibbuz-Jugend waren, ist heute in die Hände der Soldaten mit gehäkelten Kippot übergegangen („kippot srugot“ oder „knitted kippot“, obwohl die natürlich nicht gestrickt, sondern gehäkelt sind :roll:). Es ist bestimmt kein Zufall, daß die letzten Anschläge in Jerusalem von solchen jungen Soldaten aufgehalten wurden. Aus dem Milieu, das von außen so einheitlich aussieht, kommen also gleichzeitig die einsatzbereitesten Soldaten, und die Hasser ebendieser Soldaten. Was daraus noch werden kann, mag ich mir nicht ausmalen.

Natürlich sind die Probleme mit den Palästinensern keineswegs weniger geworden, auch wenn man davon im Moment weniger hört. Anschläge werden vereitelt, in den letzten Tagen fallen auch wieder Qassams*, und immer wieder kommt es vor, daß Unschuldige, Unbeteiligte ihr Leben verlieren. Zum Beispiel der Hirte, der die Soldaten für Diebe hielt – die Soldaten, die den Hirten für einen Angreifer hielten  und ihn erschossen – ein Albtraum, und nur einer von viel zu vielen. Oh Gott, ich wünschte, wir wären schon so weit, daß die Palästinenser unsere Sicherheit nicht mehr gefährden, wir die Truppen abziehen können und niemand mehr sterben muß, wiel er zur falschen Zeit am falschen Ort war. Bedrückend, traurig.

Die Soldaten sind immer mitten im Konflikt. Sie beschützen palästinensische Bauern vor wütenden Siedlern, während palästinensische Sicherheitskräfte anfangen, gegen Hamas-Mitglieder vorzugehen – das gibt es auch, und es ermutigt mich. Aber die Hoffnung der frühen neunziger Jahre, daß es mal eine richtige Kooperation zwischen den Palästinensern und uns gibt, so wie wir mit Jordanien an der Grenze zusammenarbeiten, hab ich mir abgeschminkt. Alles sehr zerbrechliche Beziehungen. Wir werden noch lange mit hohem Aufwand unsere Sicherheit schützen müssen, aber Unbeteiligte auf der palästinensischen Seite in Ruhe lassen.

Ich schlafe schlecht. Heute ist der 30. 10. Am 30. 11. wird Primus eingezogen. Er hat sich schon die Haare ganz kurz scheren lassen, und es steht ihm sehr gut. Was ihm noch wie ein großes, jungmännliches Abenteuer vorkommt, ist für seinen Vater und mich Auslöser endloser Albträume.  Gewalt erleiden oder ausüben, dafür haben wir ihn nicht erzogen. Ich hoffe, wir haben Glück, und sein Armeedienst wird Gewalt verhindern.

*Falscher Alarm, Gott sei Dank.

Ungetrübtes Vergnügen Oktober 28, 2008, 11:48

Posted by Lila in Rat und Tat.
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Auf Umwegen sind zwei meiner Lieblingsfilme wieder zu  mir gelangt, diesmal auf DVD, so daß ich sie sehen kann, wann immer ich das Gefühl habe, mein Leben kann eine Portion elegant untergeschlagenen Eischnee gebrauchen.

Design for Living. Bei Lubitsch ist kein Wort überflüssig, keine Geste, keine Pause. Die drei Hauptdarsteller sind atemberaubend brilliant: der rauhbeinige Maler George (Gary Cooper, jung und bezaubernd schön), der gewandte, witzige Autor Tom (Frederic March, ach) und Gilda, die Frau, die sich nicht entscheiden kann (Miriam Hopkins, perfekt). Lubitsch hat diese wunderbare ironische Distanz, die den ganzen Film zu einem einzigen Vergnügen machen. Ich habe einfach nur gestrahlt. Nach so vielen Jahren konnte ich den Dialog noch Wort für Wort mitsprechen. Ein Film für die Ewigkeit. (Wikipedia, IMD). Die Eröffnungsszene:

Man kann es nicht besser machen.

It happened one Night. Capra ist weniger ironisch und funkelnd als Lubitsch, mit wärmeren Untertönen und weniger erotischer Zweideutigkeit. Die Geschichte nimmt mehr Schlenker als bei Lubitsch, aber jeder einzelne davon macht Spaß, weil man sich entweder an Clark Gable oder Claudette Colbert ergötzen kann. Am besten natürlich an beiden zusammen. (IMD hier)

Ach, sollte es noch irgendwo eine arme Seele geben, die bisher ohne diese Filme leben mußte, kann ich nur sagen: nachholen. Und natürlich nur im Original! Alles andere wäre Sünde.

Secundus in der Unterwelt Oktober 27, 2008, 16:14

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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Seit ein paar Tagen hat Secundus eine seltsame Schwellung an der Wange. Da er niemals klagt, bemerkten wir es erst, als das Ding eines Morgens richtig aufgegangen war. Ich bekam einen Schrecken und scheuchte ihn zum Arzt hier im Kibbuz. Der verschrieb Antibiotika. Wohl ein Pickel, der sich selbständig machen wollte.

Als nach drei Tagen Antibiotika keine Besserung zu erkennen war, schickte der Arzt uns zur Ambulanz des Rambam-Krankenhauses in Haifa. Unser Arzt im Kibbuz ist von der zögerlichen Sorte, er guckte Secundus lange versonnen an und meinte verträumt: „Kieferchirurgie oder plastische Chirurgie? Kieferchirurgie oder plastische Chirurgie? Hmmmm….geht mal ins Rambam, da gibt es alle Arten von Ärzten…“ und stellte die Überweisung schließlich für beides aus. Ich kenne doch „Kupat cholim“ (was eigentlich „Krankenkasse“ heißt, aber oft als Synonym für das Gesundheitssystem gebraucht wird und von vielen „kaputt cholim“ genannt wird…) und ahnte gleich, daß uns daraus nichts Gutes erwachsen würde.

Wir fuhren zu dritt nach Haifa, Secundus, Y. und ich. Natürlich nutzte ich die Gelegenheit, um das uralte Döneken von Secundus mit drei Jahren zu erzählen, der sich am Kaffeetisch die Augenbraue aufschlug und genäht werden mußte. Wie wir nach Haifa fuhren, ich mit dem Arm um den Knirps, mit Eisbeutel und vielen Tüchern. Und wie Secundus an einer Ampel tief aufseufzte und lächelte: „endlich allein mit Mama und Abba!“ Jedes unserer Kinder freut sich über Allein-Zeit mit beiden Eltern, und wir bemühen uns auch, jedem diese Zeiten zu gönnen.

Im Rambam schickten sie uns natürlich von Pontius nach Pilatus und wieder zurück, aber im Looping. Obwohl von Anfang an klar war, daß ein plastischer Chirurg den Abszeß eröffnen muß, stand ja in der Überweisung auch was von Kieferchirurg. Wir mußten also zur Sicherheit auch dahin… ich erspare mir die Beschreibung der vollkommen überflüssigen Prozeduren, die Stunden in Anspruch nahmen – so wird das Geld zum Fenster rausgeworfen, und die Zeit auch. Das Wort kafkaesk wird oft mißbraucht, aber wie wir so durch die Unterwelt des Rambam geschickt wurden (die Ambulanz liegt im Moment im Keller, mitten in einem Gewirr endloser Gänge), kamen wir uns vor, als hätten wir unser Schicksal in die Hände eines willkürlichen Inquisitors gelegt. Als würden wir das Tageslicht nicht mehr sehen…

Nach sage und schreibe vier Stunden wurde Secundus endlich in ein kleines grünes Zimmer mitgenommen, auf die Pritsche gelegt, und während er sich mit dem netten jungen Arzt unterhielt, öffnete der ihm endlich den Abszeß. Wir standen draußen, guckten nervös durch die Luken und waren bereit, aufs kleinste Zeichen von Unbehagen auf Secundus´ Gesicht den Raum zu stürmen und die Spritze der ärztlichen Hand zu entwinden. Aber nein, es ging alles gut, der Junge grinste uns etwas schief durchs Fensterchen zu.

Secundus ist für ein paar Tage krankgeschrieben, er darf nicht mit auf Klassenfahrt, und ich hoffe, die neuen Antibiotika werden mit der Wunde bald aufräumen.

Er ist jetzt in diesem Übergangsstadium vom Kind zum Erwachsenen: wer auf seine Akte guckte, wollte ihn in die Kinderambulanz schicken, weil er erst 16 ist (oh sein Gesicht!). Wer ihn ansah statt der Akte, fragte: ah, du bist Soldat? Rambam ist nämlich das Krankenhaus der Armee mit ein paar sehr guten Spezialabteilungen, zum Beispiel für Verbrennungen, lo aleynu (ve-lo al af echad acher). Als wir noch Soldaten im Libanon hatten, landeten sehr oft Hubschrauber aus dem Norden im Rambam. Haifa hat drei große Krankenhäuser, aber das Rambam hat den besten Ruf. Dort werden Angehörige der Armee behandelt und man sieht viele Soldaten rumlaufen und -humpeln.

Auch wenn Secundus wie ein selbständiger junger Mann aussieht und auftritt, ist dieses verflixte elterliche Gefühl einfach nicht anders als vor 13 Jahren, als ihm die Ohren aufgemeißelt wurden, oder vor fast 17 Jahren, als er kurz nach der Geburt eine Bronchiolitis hatte. Dieses Elterndasein macht einen einfach so verletzlich. Natürlich läßt man sich nichts anmerken, das wäre dem jungen Mann nur peinlich und es wäre auch unangemessen. Ich habe auch als die Kinder noch klein waren stets die Haltung so gut bewahrt, daß ich bei allen Prozeduren, wo es nur irgend möglich war, dabeibleiben durfte. Y. ist ja sowieso cool. Bei ihm ist es echt, bei mir… eher nicht.

Aber als wir auf dem Parkplatz standen, direkt am Meer – an der Südseite der Haifaer Bucht, an einem wunderschönen Mittag mit drachenförmigen Wolken und Regenschauern – durfte ich ihn doch in den Arm nehmen. Ach, welche Erleichterung. Jetzt ruht mein Prinzchen auf der Couch, Primus hat ihm Spaghetti gemacht und er wird ein paar Tage mehr zuhause sein.

Secundus auf dem Weg zur Disco Oktober 25, 2008, 20:33

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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Ich: Willst du nicht ne schönere Hose anziehen als dieses olle Ding? (er trägt eine alte, kurze Arbeitshose, die total abgewetzt ist, dazu Crocs und ein uraltes T-shirt mit Schullogo)

Er: Ach was. (grinst und fährt sich mit eitlem Lächeln durch sein Haar, das ihm immer in die Augen fällt) Sieht  doch gut aus. Mama, ich bin ein Kibbuznik, und das soll man auch sehen.

Tatsächlich, das gibt es noch. Als ich in den Kibbuz kam, fiel mir gleich auf, daß Kibbuzniks sich noch einen Zacken schlampiger kleiden als Israelis ohnehin schon. Die Jugendlichen schlurften in Pantoffeln in den Dining Room, der Manager der Fabrik trug einen rutschenden Blaumann mit Flicken, und alle Frauen trugen formlose Shorts und Gesundheitssandalen von Teva Naot.

Pantoffeln, von Kibbuzniks zu jeder Gelegenheit getragen

Gesundheitssandalen von Teva Naot

Auf mehr als einer Hochzeit habe ich Gäste mit Crocs gesehen (leider noch nie Braut oder Bräutigam – barfuß allerdings schon oft). Wenn ich normal gekleidet, also nicht mal angetüddelt, vor die Tür trat, hieß es sofort: „ach, du fährst in die Stadt?“ (ha-ira) oder „fährst du raus?“ (ha-chutza). Ich war überhaupt jahrelang verdächtig als „chutznikit„, bin es vermutlich immer noch. Inzwischen arbeite ich ja draußen (ovedet-chutz) und die Leute sind es gewöhnt, daß ich eine Spur gepflegter aus dem Haus gehe als zu Wäscherei-Zeiten.

Einmal hörte ich, wie ein junges Mädchen zum andren verächtlich sagte: „das sind ja Schuhe für Städter“. Secundus kam schon mal von Führungen im Kinderzoo zurück, die er für alle möglichen Gruppen machte, mit der Erkenntnis: „phhh, die konnten nen Perlhuhn nicht von nem Fasan unterscheiden – Städter eben“. Wenn Y. von Leuten hört, die in der Wüste rumlaufen, ohne passendes Schuhwerk und ohne Karte und ohne Wasser, und dann gerettet werden müssen, knurrt er, „Städter unterwegs“.

Ich glaube, seit in der Schule Stadtkinder und Kibbuzkinder zusammen lernen, hat das Wort „Städter“ seinen wegwerfenden Klang weitgehend verloren. Wobei die Stadtkinder ja auch keine Großstadtpflanzen sind, sondern Provinzkinder aus Yokneam oder Moshavniks. Die peripheria, ob Norden oder Süden, sieht auf Tel Aviv, das Zentrum (merkas) herab, die Tel Aviver dagegen auf uns Provinzler.

Den Unterschied Stadtmaus-Landmaus gibt es überall. Aber Kibbuzniks, ob zu Recht oder Unrecht, sind Landmäuse, die besonders stolz darauf sind.

Seltsam Oktober 24, 2008, 23:33

Posted by Lila in Presseschau.
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Ich kommentiere nicht sehr oft Vorkommnisse in Deutschland, die ich durch deutsche Medien wie SPon wahrnehme, weil ich weiß, woher wohl?, wie nervig es ist, wenn jemand von draußen reinguckt und sagt: kooomisch, wieso machen sie so und so…

Trotzdem, mein mütterlich Herz lehnt sich auf gegen diese Geschichte mit der Zwölfjährigen, die aus dem Zug gewiesen worde, weil sie Fahrkarte und Geld vergessen hatte. Am Verhalten der Bahn, die diesen Vorfall ernstnimmt, gegen die verantwortliche Schaffnerin ermittelt und sich ausdrücklich und persönlich bei dem Mädchen und der Familie entschuldigt hat, habe ich nichts auszusetzen, fair enough. Daß die Mitfahrer versuchten, für das Mädchen zu bezahlen, finde ich ebenfalls okay. Aber ich finde doch, die einzige mögliche Reaktion, die ich als Mitreisende gehabt hätte, wäre, mit dem Mädchen auszusteigen und es nach Hause zu begleiten, notfalls im Taxi. Nie im Leben würde ich im Zug weiterfahren, wenn ein verstörtes Mädchen mit Cello an einem Bahnhof weit von zuhause entfernt zurückbleibt und die Dunkelheit fällt.

Es freut mich, daß dieser Vorfall ernstgenommen wird. Ich bin mir nicht sicher, daß er noch vor 30 Jahren eine solche Reaktion ausgelöst hätte. Ich glaube, wir haben dazugelernt.

Kleines Glück Oktober 24, 2008, 23:17

Posted by Lila in Land und Leute.
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Auf der Küstenstraße kurz vor Haifa, das Meer links von uns. Genau vor uns fliegt in geringer Höhe eine ganze Prozession Pelikane. Sie sind so nah, daß wir nicht mal ihre Beine prüfen müssen, um sicher zu sein, daß es nicht die viel häufigeren Störche sind. Nein nein, es sind Pelikane, die in Richtung Meer fliegen. Wir erkennen ihre würdevoll gegen die Brust gedrückten Schnäbel, die ihnen ein einzigartiges Profil verleihen. Ordentlich aufgereiht fliegen sie, nur gegen Ende der Reihe franst sie ein bißchen aus. Einen Moment steht die Zeit still, ich sehe ihnen hinterher. (Tatsächlich, sie sahen fast so aus, nur ordentlicher aufgereiht, und der Himmel war grau.)

Eine der wunderbarsten Begleiterscheinungen der wechselnden Jahreszeitenת Herbst und Frühjahr, sind die Störche und Pelikane, die sich oft in Schwärmen von der aufsteigenden Luft treiben lassen. Ohne einen Flügel zu regen, treiben sie stundenlang in trägen Kreiseln. Sie zeichnen mit ihren Körpern die sich bewegende Luft nach und lassen sie damit sichtbar werden. Viele einzelne Tiere, die sich wie ein Organismus in schön regelmäßiger Formation tragen lassen. Ich könnte stundenlang zugucken. Was Hölderlin wohl dazu gesagt hätte…

Random acts of terror Oktober 24, 2008, 6:37

Posted by Lila in Land und Leute, Presseschau.
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So könnte jedes Leben hier enden. Ein 21jähriger Araber aus der Westbank, der in Jerusalem illegal arbeitet, hat Ärger mit der Polizei. Er zieht ein Messer und geht auf die Umstehenden los. Einer davon ist ein alter Mann, 86 Jahre alt, Avraham Ozeri. Mohammad al-Badan ersticht ihn.

Wird dieser edle, tapfere Held im Kampf gegen die „Besatzung“ erfolgreich sein, werden die bösen, stets mißtrauischen Israelis nun endlich einsehen, was jeder deutsche Fernsehzuschauer längst weiß, nämlich daß Gewalt zu gar nichts führt, daß man Mauern abreißen muß (am besten vor laufenden Kameras) und daß man den Palästinensern jede Forderung erfüllen muß? einfach weil sie sie fordern? War das nun eine sinnvolle, konstruktive Tat im Befreiungskampf um Palästina? Oder wie?

Der Terrorist selbst wurde übrigens ebenfalls verwundet, ebenso ein Polizist. Der Leser kann sicher sein, daß der Terrorist ärztlich behandelt wird, ebenso wie der Polizist. (Elmadan was taken to Hadassah-University Hospital for treatment as well. ) Er wird angeklagt werden, verurteilt, in den Knast kommen, beim nächsten Gefangenenaustausch freigepreßt und in seinem Dorf als Held gefeiert werden, ich wette drauf. Nur Avraham Ozeri kann niemand mehr helfen.

Es sind solche Vorfälle, rassistische Morde und Mordversuche, die das Klima zwischen Juden und Arabern vergiften, und die dazu führen, daß Araber als Gefahr gesehen werden. Der alte Mann war zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort. Wiie wir alle, nach Ansicht der Terroristen und ihrer Freunde.

Später hinzugefügt: eine Presseschau, frech kopiert von Aussie Dave:

The palestinians are predictably reporting this attack in their “unique” way.

  • IMEMC reports today’s victim as the terrorist, who they say was killed after “allegedly” killing an “Israeli settler.” They also fabricate the words of an Israeli witness, who they claim said he saw the palestinian “accidently hit an elderly man causing him to fall on the ground.”
  • Ma’an News also tries to turn the palestinians into the victims with their report under the headline Israeli forces invade Tuqu, threaten to demolish house of man involved in fatal Gilo stabbing. They are also reporting the victim as being only 60 years of age.
  • Palestine News Network does the same thing, focusing on the IDF reprisals. They also make no mention of the elderly man being killed, claiming instead that “an Israeli settler and police officer..were moderately injured.”
  • Ramattan makes it sound like a quarrel gone wrong, reporting “the Arab citizen quarreled with the guards of the settlements then they fought.” They also make it sound like the victim was somehow wounded as he passed by, rather than deliberately stabbed.

Updates to follow.

Updates (Israel time)

6:08PM: Honest Reporting have some examples of media bias in the reports of the attack from the usual suspects BBC, Reuters and AFP.

Und das Volk steht auf Oktober 23, 2008, 21:26

Posted by Lila in Bloggen.
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Endlich mal was Nützliches. Leser, unterschreibet in Scharen, auf daß auch der deutsche Fernsehzuschauer in den Genuß unverstümmelter Sendungen komme.

Seit ich in Israel alle Filme in Originalton mit Untertiteln (die ich eh nicht angucke) sehen kann, bin ich für synchronisierte Sendungen gänzlich unbrauchbar geworden. Es klingt unnatürlich, man kennt die deutschen Stimmen, und zum Instrumentarium eines guten Schauspielers gehört einfach seine Stimme. Die Tonlage, ein leichtes Zögern oder eine Rauheit, ein Lächeln oder Stirnrunzeln liegen in der Stimme. Das kann auch der beste Synchronsprecher in seiner Kabine nicht bringen, dazu müßte er schon die ganze Rolle körperlich mitspielen, laufen, wenn der Schauspieler läuft, im Bett liegen, wenn der Schauspieler im Bett liegt, einen Dreispitz tragen, wenn das Original im 18. Jahrhundert spielt. Warum einen Künstler seines Instrumentariums roh berauben?

Zu den sprachlichen Feinheiten, dem ganzen Milieu, das da mitschwingt, brauch ich wohl nichts mehr zu sagen. Unvergeßlich der Indianerhäuptling bei Peter Pan, der eindeutig rheinisch spricht. Das geht nicht. Wenn ich United 93 auf Deutsch sehe, entgeht mir die bösartige Spitze gegen uns Deutsche, nämlich daß der einzige Appeaser in diesem Mikrokosmos der ganz normalen Helden – Deutscher ist. (Das hat mir den Film schlicht und einfach verdorben, denn niemand weiß, wie sich der Deutsche auf diesem Flug verhalten hat. Das Stereotyp des irgendwie verqueren Deutschen ragte wie ein Bocksfuß aus dem Film, der allen anderen Toten Reverenz erwies.)

Wie kann man Casablanca genießen, ohne die verschiedenen Akzente des Englischen, die in Ricks Bar durcheinanderraunen? (Vom einfach unsäglichen „ich schau dir in die Augen, Kleines“ ganz abgesehen. Ich bin sicher, alle Deutschen kriegen dafür ein halbes Jahr Fegefeuer extra aufgeschlagen, und das macht es immer noch nicht besser!)

Und was mit Schauspielern wie Alastair Petrie und Bill Paterson mit ihrem schottischen rrr und den kernigen Vokalen, den ganzen sozialen Unterschieden, die im Englischen sofort durch den ersten Laut etabliert werden, den jemand losläßt? Auch wenn wir es nicht erfassen, als tölpelige Deutsche (Spaß, Spaß, wir haben natürlich unsere eigenen Codes), und wenn ich schon beim Spanischen verloren bin – die Sprache, die Wortspiele, die Idioms, die will ich hören, auch wenn ich sie nicht verstehe, sondern den Umweg um die Untertitel nehme. Dicke Bretter sollen wir bohren.

Von dem Schaden, den Fernsehjargon und Synchron-Tauglichkeit unserer eigenen Muttersprache zufügen, ganz zu schweigen. Ganze Generationen von Deutschen nuscheln „tut mir leid“ statt „Entschuldigen Sie“, „Pardon“, „Ich bitte um Verzeihung“… weil das am besten auf die Lippenbewegungen beim „sorry“ paßt.  (Über das Betonen der unwichtigen Satzteile habe ich mich letztens schon ausgelassen…)

Kurz und gut, Kuli rausholen und unterschreiben!

In den Ferien Oktober 22, 2008, 0:56

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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machen meine Kinder die Nacht zum Tage, eindeutig meine Gene, die sich da durchsetzen. Y. schläft schon längst (er muß morgen wieder arbeiten, hatte nur einen Tag frei für das Ende des Laubhüttenfests), die Kinder müssen erst Donnerstag wieder zur Schule und sind putzmunter. Tertia liest neben mir auf der Couch, Quarta quasselt vom Kinderzimmer aus mit mir und will nicht einschlafen, und soeben kommt Secundus rein.

Er kommt mit leuchtenden Augen ins Wohnzimmer geschossen. „Das könnt ihr euch nicht vorstellen! Ich komm gerade den kleinen Weg runter, aufs Haus zu, da steht auf der Wiese vor dem Haus ein riesiges Wildschwein! Das muß oben bei den Mülltonnen gewesen sein. Das Wildschwein guckt mich an, ich guck das Wildschwein an… ich wollte schnell das Handy rausholen und ein Bild machen, aber da war es schon weg. Es ist schnell runter in den Wadi gelaufen.“ Er ist ganz aufgeregt.

Ein Wildschwein vor unserem Haus! Mungos und Schakale laufen hier öfter rum, und wir haben ja schon öfter Wildschweine aus dem Wohnzimmerfenster gesehen, auf der anderen Seite vom Wadi, aber auf unserer Wiese… bisher noch nicht.

Und jetzt macht Secundus Spaghetti, denn er und seine Freunde haben spontan beschlossen, daß eine Pasta-Mahlzeit im Clubhaus mitten in der Nacht genau das Richtige ist. (Der arme Jugendleiter, wie hält er das durch?) Ich hoffe, er begegnet dem Wildschwein nicht zum zweiten Mal, wenn er gleich mit einem Pott Spaghetti zurück ins Clubhaus tigert… das könnte unangenehm werden.

20. Oktober Oktober 20, 2008, 6:49

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen, Persönliches.
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Und wieder ein Jahr herum! 19 Jahre sind wir jetzt schon verheiratet. Satt haben wir es immer noch nicht… im Gegenteil. Es klingt ja wirklich wie die banalste Phrase aus dem Poesiealbum, aber eine gute Ehe wird tatsächlich immer besser. Ich hätte ja nie gedacht, daß ich überhaupt mal heirate, daß sich jemand mich auflädt!, und daß ich so viele Jahre glücklich verheiratet sein kann. Und daß mein Mann nach 19 Jahren Ehe noch lächelt!

Na ja, man heiratet so drauflos, in der Hoffnung, daß alles gutgeht, und es ist so eine Mischung aus Glücksache und Mitarbeit, ob man glücklich wird oder nicht. Hab ich einen Ratschlag für Leute, denen die Reise noch bevorsteht? Nein, da kann man keine Ratschläge geben. Ich frage sicherheitshalber Y., ob er einen Ratschlag für eine gute Ehe hat. „Den richtigen Menschen heiraten!“ ruft er aus der Dusche. Klingt einleuchtend.

Zur Feier des Tages das schmalzigste Liebeslied, das ich kenne, und das wir uns manchmal vorsingen.

Der kleine Unterschied Oktober 19, 2008, 19:00

Posted by Lila in Land und Leute, Presseschau.
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Eine kleine Geschichte, die natürlich niemanden als die Medien bei uns interessiert. Ein Palästinenser aus der Westbank möchte nach Israel umziehen. Er ist homosexuell, und seine Familie bedroht sein Leben. Bei seinem Lebensgefährten in Bat Yam fühlt er sich sicher. Das ist der Unterschied zwischen der palästinensischen Gesellschaft und der israelischen. Bei allem Haß auf Israel wissen einzelne Palästinenser, wo sie Zuflucht finden können, wenn sie aus irgendwelchen Gründen eine brauchen. Israel ist eine westliche Gesellschaft, vielleicht vertratscht und spießig in einzelnen Ecken, aber modern und demokratisch von Grund auf. Es ist nicht denkbar, daß der israelische Lebensgefährte in die Westbank zieht – beide Männer würden gesteinigt.

Ich hoffe, der Antrag des Mannes wird bewilligt, und er kann unbehelligt leben, wie er will.

Fiddle-dee-dee Oktober 19, 2008, 13:20

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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Ich bin eigentlich eher zerstreut, vergesse Termine, Geburtstage, weiß nicht mehr, wie viel Geld ich für dies oder jenes ausgegeben habe, und kann mich oft an Namen nicht erinnern. „Oh, war das so abgemacht? Verflixt, hab ich vergessen“, denke (oder sage) ich zu meiner Schande viel zu oft.

Doch Einzelheiten, die ich nie im Leben brauchen werde, sind in mein Gedächtnis eingemeißelt und verwittern einfach nicht.

Ich weiß, daß ich unter zwölf Jahren gewesen sein muß, als ich mir das erste Mal „Vom Winde verweht“ aus dem elterlichen Bücherregal holte – ich weiß nämlich noch genau, wo es stand, im alten Wohnzimmer, als vor dem Auszug und der Trennung meiner Eltern. Und ich war zwölf, als wir auszogen. Jedenfalls habe ich es das erste Mal heimlich gelesen, weil ich nicht sicher war, ob meine Eltern das erlauben. Das Buch kam glücklicherweise beim Umzug zu meiner Mutter, und so konnte ich es im Laufe der nächsten Jahre lesen, wann ich wollte.

Ich erinnere mich auch noch genau, in welchem Kino meine Mutter und ich den Film sahen. Ich war etwas enttäuscht, daß durch Verfilmung und Synchronisation einige Sätze nicht mehr so lauteten wie im Buch, denn ich konnte das Buch natürlich in- und auswendig. Von Clark Gable war ich enttäuscht, mit seinem runden Gesicht, ich hatte mir Rhett Butler viel aristokratischer und schmaler vorgestellt, aber das verwegene Grinsen war natürlich genau richtig. Scarlett fand ich perfekt, an Melanie hatte ich mich schnell gewöhnt, und obwohl der Film natürlich skandalös kürzt, gefiel er mir. Damals gab es noch kein Video, Gott sei Dank, so blieben meine inneren Bilder intakt, auch nachdem ich den Film gesehen hatte. (Ich habe ihn insgesamt nur zweimal gesehen, aber das Buch viel öfter gelesen. Natürlich ist das Buch viel besser, klar.)

Als ich fünfzehn war, reisten wir durch die USA. Wir hatten einen Van gemietet, mein Bett war das über der Fahrerkabine, mit Fenstern rundherum, und da lag ich und las Gone with the wind endlich auf Englisch. Das gehört zu meinen stärksten Erinnerungen an diese Reise, wie wir durchs Death Valley oder den Yosemite Park fahren, und ich entdecke mit Entzücken, daß im englischen Original Halbsätze stehen, die der deutsche Übersetzer ausgelassen hat! (Hetty Tarletons Pferdegesicht, wenn ich mich recht erinnere.)

Ich habe das Erlebnis noch dadurch gekrönt, daß ich mir in einem Buchladen, es muß am Lake Tahoe gewesen sein, zum Gleich-Hinterherlesen noch die Vivien-Leigh-Biographie von Anne Edwards gekauft habe, die Leighs Leben so romantisch ausschmückt wie das Scarletts.

Nun, irgendwann war es genug. Ich ließ das Buch zuhause, als ich zum Studium ging, und habe es bestimmt seit über 25 Jahren nicht mehr angerührt.

Neulich lachten mich zwei dicke Bände auf Hebräisch an: chalaf im ha-ruach. Die konnte ich nicht stehenlassen, ich habe doch eine Leseratte zur Tochter, und sie ist genau im anfälligen Alter. Es dauerte eine Weile, bis Tertia sich drangab („Mama, das ist zu dick, das krieg ich nie im Leben durch“), aber als sie einmal angefangen hatte, mußte sie natürlich weiterlesen. Sie ist immer noch irgendwo im ersten Band in den ersten Kapiteln, aber sie hat entdeckt, daß sie mich mit Quiz-Fragen auf die Probe stellen kann (wie heißen die Töchter von Mrs. Tarleton?). Und daß ich mich gar nicht so schlecht halte. Bisher hat es keinen Satz gegeben, den sie mir vorgelesen hat und den ich nicht tadellos beenden konnte – auf Deutsch natürlich.

Tertia hat das auf den bekannten Irrsinn ihrer Mutter geschoben und gedacht, „das ist wieder so ein Buch, das nur meine Mutter kennt“. Trotzdem hat sie spaßeshalber angefangen, Leute zu fragen, ob sie GWTW gelesen haben. Zu ihrer großen Verblüffung haben alle es gelesen, sogar ihr Vater, der sonst um dicke Bücher einen Bogen macht wie die Katzen um den Besen.

„Und wer ist deine Lieblingsfigur?“ Vaters Lieblingsfigur ist Mammy, meine sind Scarletts Mutter, Mr. Wilkes und Mrs. Merriwether (ich hab eine Schwäche für Nebenfiguren, immer schon gehabt), meine Freundin I. findet Scarlett toll, eine andere ist ein Fan von Ashley Wilkes, und die meisten Männer fanden Rhett Butler sehr cool. Ja, Tertia fragte gestern bei unseren Freunden nach und stellte fest, daß alle GWTW gelesen hatten. Zugegeben, die Übersetzung ist nicht so gut, aber das Buch gehört einfach zu einer normalen Pubertät dazu. Und bis auf einen Mann konnten sich auch alle noch an Schlüsselszenen und Lieblingsfiguren erinnern (wobei der Film allerdings geholfen haben mag).

Sie wurde auch sehr dafür gelobt, daß sie sich an dicke Bücher gibt. So liest sie sich durch Scarletts Abenteuer und ich werde mich hüten, den Film zu besorgen, bevor sie durch ist.

Neulich, abends Oktober 19, 2008, 1:00

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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Y.: Was ist los, bedrückt dich was?

Ich: Ach nichts. Ich hab nur zu viel Zeug gelesen, Artikel und Leserbriefe und Talkbacks, von Leuten, die glauben, daß der Mossad den Haider auf dem Gewissen hat. Die Leute glauben lieber die wahnwitzigsten komplizierten Manöver und sind sauer auf Israel, als einfach zu sagen: der Mann war besoffen und ist gerast. Zum Kotzen.

Y: (kichert entzückt): Das glauben die wirklich? Daß der Mossad das war?

Ich: Ja und das ist nur der Anfang. Der Mossad soll auch Kennedy, Palme, Prinzessin Diana, Elvis Presley, Benazir Bhutto und Möllemann umgebracht haben.

Y.: Klar. Das ist doch bekannt. Aber der Mord am Franz Ferdinand ist wohl unentdeckt geblieben, was? Den ganzen ersten Weltkrieg hat der Mossad angezettelt. Oh ja.

Ich (schon besserer Laune): Na ja, und den Mord an der Kaiserin Elisabeth hat wohl auch der Mossad auf der Kappe.

Y. (streng): An der Sisi? Ma pitom. Die Sisi war doch selbst eine Mossad-Agentin.

Ich: Danke, mir ist besser.

Bei Freunden Oktober 18, 2008, 23:32

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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Jedes Jahr zum Laubhüttenfest sind wir bei unseren Freunden Yossi und Yardena eingeladen. Sie wohnen in einem Kibbuz an der jordanischen Grenze, einem Kibbuz, dem das Land mal gehörte, das mit Jordanien ausgetauscht wurde und das man als „Insel des Friedens“ besuchen kann. Nur Mitglieder dieses Kibbuz haben die Erlaubnis, Besucher in diese jordanische Insel mitzunehmen, und wir waren vor drei Jahren (ist das schon wieder so lange her?) mit Yossi in Naharayim. Heute waren wir aber nur bei ihnen zum traditionellen Essen in der Laubhütte bzw auf dem Rasen.

Als wir heute an diesem Grenzposten vorbeifuhren, hatte er die jordanische Flagge gehißt (das Bild ist alt)

Yossi hat mit Y. studiert, vor vielen Jahren haben sie zusammen auf einem Zimmer gehaust, mit noch zwei anderen, und haben sich alle gut verstanden. Yossi hat gekocht, Rafi hat die theoretischen Hausaufgaben gemacht, Y. die praktischen, und Avner hat allen gute Tips gegeben.  Das war eine gute Arbeitsteilung.Die Freundschaft hat bis heute gehalten, wir treffen uns immer noch. Yossi hat sich als Künstler und Lehrer selbständig gemacht, Rafi ist inzwischen ein hohes Tier beim Militär (er hat sein Maschinenbaustudium beendet und ist dann zum Militär zurückgegangen), Y. ist dem Maschinenbau treugeblieben und Avner sucht nach immer besseren Jobs in allen möglichen Branchen.

Wenn wir uns treffen, kocht Yossi, Rafi erzählt irrwitzige Geschichten, Y. hört zu und Avner prahlt mit seiner jeweils neusten Firma. Wir Frauen haben Kinder im selben Alter, ähnliche Interessen und hören immer gern, was die jeweils anderen beruflich machen. Yardena ist Altenpflegerin, Avners Frau ebenfalls Ingenieurin (aber wesentlich weniger sprunghaft), Rafis Frau ist Lehrerin und ich auch. Wir sehen uns in gemischten Formationen das Jahr über, aber einmal im Jahr, eben zum Laubhüttenfest, sind wir alle zusammen. Es sind auch immer andere Freunde von Yossi und Yardena eingeladen, aber normalerweise sind wir vier Familien die letzten, die noch zusammensitzen, wenn alle anderen schon gegangen sind.

Yardena ist von all meinen warmherzigen, lieben Freundinnen wohl die allerliebste. Sie kann keine Katze miauen sehen, an keinem verlassenen Hund vorbeigehen. Sie hat acht Katzen, vier Hunde (von denen zwei im Krieg ausgesetzt wurden), und füttert außerdem alle wilden Katzen des Kibbuz. Quarta liebt ja Tiere und wäre am liebsten bei Yardena geblieben. (Von Yardena haben wir übrigens auch unseren Luzifer. Ihre Tochter hat ihn und seine Geschwister verlassen in einer Kiste gefunden, als er noch ganz klein war.)

Yardena kümmert sich um Alte, Alleinstehende, und alle, die ein bißchen menschliche Wärme brauchen. Wir kennen inzwischen Yossis und Yardenas Freundeskreis ganz gut. Yossis Freunde sind solide Ehepaare, Yardenas Freundinnen sind alleinstehende Frauen, manche von ihnen vom Schicksal ziemlich gebeutelt.

Yardena hat mal im Fernsehen gesehen, daß manche Eltern ihre Kinder im Krankenhaus zurücklassen, weil sie sie eigentlich nicht wollen. Sie geben sie nicht zur Adoption frei, weigern sich aber auch, die Kinder mitzunehmen. Für solche Kinder werden Pflegefamilien gesucht, und wenn sie nicht gefunden werden, kommen die Kinder in ein Waisenhaus. Yardena hat sich sofort gemeldet, und nach einigem Hin und Her hat sie nun ihr Pflegekind bekommen, einen fünfjährigen Jungen.

Der Kleine machte gar keinen schüchternen Eindruck, wie man vielleicht erwarten sollte, sondern flitzte herum, unterhielt sich ein bißchen mit uns, half Yardena beim Tischdecken und ging hinterher, mit den anderen Kibbuzkindern spielen. Von Zeit zu Zeit tauchte er wieder auf, holte sich einen Armvoll Liebe von Yardena oder ihrem jüngsten Sohn, der auch schon im 10. Schuljahr ist, und ging wieder spielen. Wir hatten keine Gelegenheit, eingehender darüber zu sprechen, und es ist sicher schwieriger, als es aussieht, aber es scheint ganz gut zu klappen. Der Kleine nennt Yardena Mama, und er scheint sich sehr wohl zu fühlen in dem großen Haus, wo überall Katzen liegen oder Hunde rumspringen, und wo die großen Geschwister sich lieb um ihn kümmern.

Ashdot Yaakov

Die Gegend an der jordanischen Grenze, am Südende des See Genezareth, ist ganz anders als bei uns. Bei uns ist es hügelig und bewaldet, mit Kiefern und Felsen und dem Meer nicht weit entfernt. Bei ihnen ist es kahl, die Golanhöhen ragen hinter der Ebene, in der der Kibbuz liegt, empor, und die jordanischen Ortschaften sind ganz nahe. Man fährt weniger als eine Stunde, es ist nicht mal südlicher als unsere Gegend, fühlt sich aber viel südlicher an, fast wie in der Wüste, mit den vielen Palmen und den kahlen Bergen. Wir fuhren gegen Abend, der Himmel wurde schon rot, und ich hatte ein richtiges Feriengefühl.

Wir haben bis vorhin zusammengesessen und es war schön.

Regen Oktober 15, 2008, 15:53

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Der erste Regen – eine Sammlung von Regenliedern, alte und neue, die meisten davon sehr bekannt, andere gar nicht.

Meir Banai, Geshem

 

Benzin, Geshem (Text hier) (von Harel Skaat gesungen hier, von Eli Luzon hier)

 

Rutie Navon, Geshem be-ito (Regen zu seiner Zeit)

 

Monica Se*x, Geshem chazak (starker Regen)

 

Alex Ziv, Geshem red (Regen, fall)

 

Aviv Geffen, Geshem kvar omed lipol (Regen fällt schon)

 

Altes Lied, mir unbekannte Sängerin der Armee-Truppe Nördliches Kommando: Geshem Acheron, Letzter Regen (Text von Ehud Manor) (andere Fassung hier)

 

Armeetruppe der Nahal (Lahakat na Nachal), Geshem, geshem, bo (Regen, komm)

 

Yael Levi, Geshem, hakshev (Regen, hör zu)

 

Eli Lulai, Kmo geshem (Wie Regen)

 

October, Tsapri li al geshem (Erzähl mir vom Regen)

 

Eyal Golan, Kmo geshem be-mai (Wie Regen im Mai)

 

Tal Gordon, Kmo she-yored geshem (Wie wenn Regen fällt)

 

Beni Amdurski, Geshem rishon (der erste Regen)

Youtube kennt noch viel mehr Regenlieder, mir scheint, jeder Israeli, der eine Gitarre halten kann, besingt den Regen… und ich wende mich erschüttert ab 😉 .  Nach dem allgegenwärtigen Wort „shalom“ ist „geshem“ wohl auch so ein inspirierendes Sehnsuchtswort. Na, immerhin kommt der Regen halbwegs regelmäßig, was man vom Frieden leider nicht sagen kann.

Ach, ist das schön, vom Trommeln der Regentropfen auf dem Vordach wachzuwerden, und davon, daß drei empörte Katzen an der Haustür kratzen…

Für Vered gefunden: Mitria be-shnaym (Zwei unter einem Regenschirm) von Ehud Manor, gesungen von Dani Robas und Ilanit

Update Oktober 12, 2008, 17:18

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Gerade in den Nachrichten gesehen – und ich erzähl es gleich weiter, getreu meiner Devise, daß man nicht immer nur Aufmerksamkeit an die Troublemaker verschwenden sollte. Akko bereitet sich aufs Laubhüttenfest vor, und eine Gruppe von Shomer-HaZair-Jugendlichen (die Jugendbewegung der Kibbuzbewegung) baut eine „Friedenshütte“ zusammen. Der Rabbi Melchior und der Sheich Darwish wollen darin zusammen ein gutes Beispiel geben. Bisher ist die Hütte noch keine große Attraktion, hoffen wir mal, daß sich das über Sukkot ändert.

Was man auf Dauer tun kann, um das Zusammenleben hier auf eine gesunde Basis zu stellen, weiß ich nicht. Die Juden erwarten von den Arabern ein ehrliches Bekenntnis zum Staat und zur Staatsbürgerschaft, die Araber erwarten volle Gleichstellung und Vertrauen. Wenn man das bis zu Ende durchdenkt, könnte man verzweifeln. Also tu ich das heute mal lieber nicht.

Nur zum Verständnis der Lage Oktober 12, 2008, 16:56

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Ich bin nicht in Akko und weiß nicht, was da passiert, ich hör es auch nur in den Nachrichten. Aber ich habe glaube ich oft genug erzählt, was für ein besonderer Tag das ist, Yom Kippur.

Niemand fährt Auto, auch die säkularen Kibbuzniks nicht, die am Yom Kippur eine alternative Feier halten (dieses Jahr bei uns im Kibbuz mit einer interessanten Journalistin) und ansonsten essen und trinken und nicht beten.

Wir mußten einmal am Yom Kippur zu Tertia ins Krankenhaus, die damals als Frühgeburt ums Überleben kämpfte, und oben im Norden, zwischen den arabischen Orten, fuhren tatsächlich Autos. Aber überall sonst fährt wirklich keiner. Das muß man gesehen haben, um es zu glauben. Viele Kinder sind mit Rollern, Rädern und Dreirädern unterwegs, und die Straßen sind voll mit Skatern und Skateboardern. Ich erinnere mich aus meiner Kindheit noch an den autofreien Sonntag – so ähnlich sehen hier die Straßen aus.

Letztes Jahr, Yom Kippur, Tel Aviv

Letztes Jahr zu Yom Kippur hat ein Beduine aus Kfar Shibli ein kleines Mädchen überfahren, Tal Zino, die so alt war wie meine Quarta, neun Jahre alt. Der Fahrer ist mit einem Geländewagen in eine Menschenmenge gefahren, und Tal ist dabei gestorben. Es ist sehr wahrscheinlich, daß er das mit Absicht getan hat.

In den letzten Monaten ist es außerdem mehrmals vorgekommen, daß arabische Bauarbeiter bzw Autofahrer in Gruppen von Fußgängern gefahren sind. Außerdem haben sich mehrere Fälle ereignet, in denen israelischen Arabern Beteiligung an geplanten Terroranschlägen nachgewiesen wurden.

Als also am Vorabend des Yom Kippur ein Auto mit lauter Musik schnell durch eine Wohnstraße gebrettert ist, in der Kinder spielten, war das nicht etwa, wie in der ZEIT steht, eine „harmlose Ruhestörung„. Es war eine Bedrohung.

Nun bin ich ein friedfertiger Mensch, meine einzige gute Bekannte in Akko ist Araberin und ich war auch entsetzt, als ich hörte, daß dort Wohnungen von arabischen Familien ausgebrannt sind. Ich halte jede Art von Gewalt für gemein und kontraproduktiv und moralisch falsch, ich verteidige keinen Randalierer – weder wenn er für den Yom-Kippur-Frieden noch für die Al-Aqsa-Moschee randaliert. Aber ich bemühe mich auch ehrlich zu sein, zu mir selbst und zu meinen Lesern.

Wir wohnten mal im Kibbuz in einem Häuschen an einer kleinen Straße. Ein junger Mann, der in der Landwirtschaft arbeitete, machte sich damals einen Spaß daraus, mit seinem tractoron diesen Weg entlangzubrettern. Quarta war damals klein und floh weinend vor Angst aus dem Garten ins Haus. Ich wartete ab, bis dieser junge Mann wiederkam, und ich glaube, ich war selten in meinem Leben näher daran, jemandem mit ausgefahrenen Krallen ins Gesicht zu springen. Ehrlich, mir wird heiß vor Wut, wenn ich nur daran denke.

Ich esse am Yom Kippur und bin nicht jüdisch und harmlose Ruhestörungen ertrage ich mit Gleichmut. Aber ich kann die Emotionen verstehen, die ein schnell und aggressiv fahrendes Auto in einer Gruppe spielender Kinder auslöst. Auch wenn ich die Aktionen für absolut falsch halte, die daraufhin gefolgt sind.

Und wer diesen Zusammenhang verschweigt und statt dessen wieder die olle Kamelle von der Besatzung auftischt, der lügt. Arabische Gewalt gegen Juden gab es VOR der Besatzung und VOR der Staatsgründung. Und die Besatzung halten nicht wir am Laufen, die Besatzung halten die am Laufen, die nach jedem Rückzug Israels aus dem geräumten Gebiet einen Schießübungsplatz machen.

Ich weiß nicht, ob Journalisten wie Thumann den Kontext mit Absicht verschweigen, ob sie ihn nicht verstehen oder nicht kennen.

Aber eine qualifizierte Äußerung zu dem, was sich im Moment in Israel abspielt, kann sein Artikel nicht darstellen, auch wenn er von den Lesern mit überwiegender Begeisterung aufgenommen wird. Die Zusammenhänge sind auch hier noch längst nicht geklärt. (Der arabische Autofahrer hat sich entschuldigt, jüdische und arabische Randalierer sind festgenommen worden.) Eines aber ist klar: ein Teil der jüdischen Bevölkerung fühlt sich von ihren arabischen Nachbarn bedroht.

Das war nicht immer so. Es ist eine Frucht der Intifada, die seit Jahren angefacht wird und die jeden produktiven Kompromiß verhindert. Es ist einfach zu viel passiert. Mir persönlich tut diese Entwicklung leid und weh. Und beileibe nicht nur, weil sie wieder mal einen wunderbaren Anlaß für ein Israel-bashing-Fest liefert – das ist eigentlich zweitrangig. Sondern weil wir eine Chance verlieren, Mehrheit und Minderheit zugleich. Aber wo Mehrheit und Minderheit nicht wollen, kann man nur mit Mr. Bennet sagen, „seems a hopeless business“.

Es wird nichts helfen. Oktober 12, 2008, 16:13

Posted by Lila in Presseschau.
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„Jegliche Spekulationen über andere Ursachen für den Unfall sind damit hinfällig.“

Bin ich nur übermäßig pessimistisch, wenn ich trotzdem davon ausgehe, daß die Mossad-Verschwörungstheoretiker sich davon nicht überzeugen lassen?  Die Finanzkrise ist ja auch von vielen Leuten „den Juden“ in die Schuhe geschoben worden…

So lange nichts geschrieben, Oktober 10, 2008, 2:00

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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und keine sensationellen Neuigkeiten. Ich drücke mich vor der Kenntnisnahme der Weltläufte, will gar nicht wissen, was sich nun schon wieder tut. Mir reicht, was ich widerwillig mitkriege. Als komplette Laiin in allen Geldfragen sage ich nichts weiter zu den massenweisen Zusammenbrüchen von Börsen und Banken als: mir hat das allwissende Lächeln der Finanzexperten noch nie gefallen, und es wundert mich nicht, daß vieles anscheinend nur heiße Luft war. Ob es hilft? Nein, sie analysieren schon wieder. Bisher hat Israel nur unmittelbar mit der Finanzkrise zu schaffe, so erzählen uns zumindest die Experten… also kein wirklich beruhigender Stand der Dinge.

Wir waren krank, ein besonders gemeines Magen-Darm-Virus fiel ein wie Attila und seine Hunnen. Als erste fiel Quarta ihm zum Opfer, doch als sie nachts in unser Bett kriechen wollte, Trost holen, da waren wir auch schon unter die Hufe geraten. Na ja, immerhin ging der Spuk so schnell, wie er gekommen war. Aber puh, zwei Tage lang ging es uns sehr schlecht.

Primus hat sich mit seinem Leben in der eigenen Wohnung angefreundet. Er ist zwar immer noch die meiste Zeit hier, doch er geht abends ganz vergnügt in seine eigenen vier Wände, und er sitzt auch öfter mit den Freunden zusammen. Sie scheinen alle ungefähr gleichzeitig die elterlichen Schutz- und Kontrollzonen zu verlassen. Primus ist jedenfalls auf der Arbeit fleißig, nach der Arbeit mit Freunden zusammen, und hat immer noch Zeit, mit seiner alten Mutter lange Unterhaltungen zu führen. Ist ein braver Junge, mein Primus. Er hat noch mal Aufschub von der Armee bekommen, sie haben ihn einer anderen Waffengattung (argh, wenn ich das schon höre…. Waffengattung…) zugeordnet und er muß erst am 30.11. los.

Secundus hat seine letzte Feuerschrift-Aktion gemacht, Gott sei Dank, er hat den Posten abgegeben und leitet nun einen anderen Ausschuß. Er ist ebenfalls ständig auf Jück, und wir hören schon mal von den Lehrern, daß er ohne Sportsachen…. ohne Mathehausaufgaben…… oder ohne Englischbuch aufgekreuzt ist. Sein Verhalten ist aber tadellos, sagen die Lehrer, ebenfalls seine Noten (laut Arbeiten). Er schläft mehrmals die Woche oben in der Schule, wir haben es ja erlaubt und ich rufe ihn oft an, oder er mich.

Ich versuche mit allen Kräften, ihm, wie man auf Ivrit sagt, „in den Venen zu sitzen“, damit er weiterhin in der Schule obenauf bleibt und keinen Quatsch macht. Ihn zum Reden zu kriegen ist viel schwieriger als mit Primus. Ich muß so tun, als würde es mich eigentlich nur nebenbei interessieren, dann erzählt er lockerer. Primus dagegen braucht meine ganze Aufmerksamkeit, sonst sagt er, „du hörst nicht zu“. Beide sind nachmittags immer zuhause, und ich hoffe, solange der Kühlschrank voll bleibt und Mama mal entweder sehr beschäftigt ist und nur nebenbei zuhört, oder aber voll konzentriert zuhört…, werden sie auch weiterhin viel Zeit hier verbringen.

Secundus hat mir eine Übung gezeigt, die sie im Englischunterricht vor Yom Kippur gemacht haben. Schüler und Lehrerin haben positive Worte gesammelt, auf Englisch natürlich, und haben sich dann gegenseitig Blätter mit solchen Worten zusammengestellt, die auf die jeweils anderen zutreffen. Secundus zeigte mir sein Blatt, auf dem die Worte „serious“, „calm“, „strong“, „handsome“ und „reliable“ mehrmals vorkamen. Einmal auch das Wort „perfect“. Ich: „wer hat dich denn als perfect bezeichnet?“ Er, feixend: „na, das war ich selbst“.

Die Mädchen? Ach, meine Mädchen, wie schön, daß sie noch ganz Mamas Mädchen sind. Tertia hat nach unserem großen Erfolg bei der Vorbereitung auf die Napoleon-Klausur diesmal meine Hilfe für das 19. Jahrhundert gebraucht. Industrielle Revolution, Nationalismus und so Sachen. Wir haben wieder zusammen aus den abstrakten Notizen in ihrem Geschichtsheft eine schöne, bunte, auch lustige und anschauliche Power-Point-Präsentation gemacht, darunter zB ein Kapitel über die Unterschiede zwischen einem Schuster und einer Arbeiterin in einer Schuhfabrik. Tertia war begeistert und meinte, Geschichte ist ja ganz einfach, wenn man es nur versteht. Mal gucken, wie die Klausur geworden ist, sie rief mich jedenfalls ganz vergnügt danach an. (Tertia ist das einzige meiner Kinder, das mich nach jeder Klassenarbeit und Prüfung anruft, um mir zu erzählen, wie es war. Bei Mathearbeiten eine Qual für mich, aber was tut man nicht alles… sie ist ja sehr gut in Mathe.)

Jedenfalls hat Tertia wohl Blut geleckt, was das 19. Jahrhundert anging, und meinte: „sag mal, hast du eigentlich Filme übers 19. Jahrhunderte?“ Ich habe ja wenig Filme in meiner Sammlung, die NICHT im 19. Jahrhundet spielen, und Tertia fand sie ja bisher eher langweilig. Jetzt haben wir zusammen North and South geguckt, „Mama, das ist ja die industrielle Revolution!“, und ich war richtig glücklich. Zum Schluß meinte sie, es ist doch viel schöner, wenn man so richtig versteht, worum es geht, und nicht nur so ungefähr. Wir haben hinterher noch lange geredet.

Quarta, meine kleine Motte, hat mich gestern geärgert. Ich hab mit einer Freundin telefoniert, die sehr, sehr schwierig ist (ich hab sie auch noch nie hier erwähnt, weil sie sich mich als Freundin ausgesucht hat, nicht ich sie). Sie ruft sehr oft an, die Kinder und Y. stöhnen schon, und erzählt mir ihre Probleme, zu deren Lösung ich nichts beitragen kann, und die mir leider allesamt trivial vorkommen, so peinlich es mir ist. Was soll ich dazu sagen , wenn mir eine kinderlose, unverheiratete, kräftige und von ihren Eltern gut unterstützte Frau, ein paar Jahre jünger als ich, mir vorjammert, sie hat keine Zeit und kommt zu nichts? Ich putze meist Gemüse oder schäle Kartoffeln, während sie mir das erzählt. Ich bringe es natürlich trotzdem nicht fertig, sie abzuweisen, sie hat ja sonst niemanden, weil sie so schwierig ist.

Quarta schmeißt jetzt jedesmal, wenn ich mit ihr rede, eine Szene. Ich habe sie gestern abend ganz erstaunt gefragt, woher dieses kindische Benehmen denn kommt. „Och, ich dachte, dann ruft sie vielleicht weniger an, und kürzer ist es außerdem für dich, wenn ich so tue, als würde ich heulen“, meinte sie. Da hat auch Y. gegrinst, dem diese Freundin erst recht nicht paßt. Als ich ihm neulich erzählte, daß sie sich bei einem Dating-Dienst im Internet eingeschrieben hat, meinte er ganz trocken, „tja, da werd ich wohl meine Mitgliedschaft kündigen“.

Morgen wird mein geliebter Schwiegervater 70, und ich habe den ganzen Tag damit verbracht, eine weitere PowerPointPräsentation zu erstellen, die ebenfalls sehr schön (geschmackvoll, ohne fertige Sachen, uäh) geworden ist. Dafür habe ich Unmengen alter Bilder durchgesehen und verarbeitet. Der Schnee von 1950, in dem er gespielt hat. Die vielen Ausflüge in die Natur, das Singen im Chor, die vielen Armeezeiten, und immer Kibbuz, Kibbuz, Kibbuz. Die erste Gruppe des Kibbuz, die erste Gruppe in der High school, er war immer dabei. Israel hat sich so verändert. Ich hoffe, unsere Ecke hier bleibt wie sie ist. „The railway…??!!“ Nein, hier nicht, hier soll es still und ruhig bleiben.

Leider mußte mein Lieblingsbaum vor unserem Haus, unter dem wir immer gesessen haben, abgehackt werden – er war tot, wir wußten es ja, und er war nicht mehr zu retten. Aber es ist traurig, der Baum war so schön und ich mochte ihn. Jetzt ist dieser schreckliche Stumpf da. Wir überlegen nun, welchen Baum wir statt seiner wo haben wollen. Ich will keinen neuen Baum, ich will meinen alten Baum wiederhaben.

Der Semesterbeginn rückt unaufhaltsam näher. Ich bin von meinem kleinen Schreibtisch auf den großen Eßtisch umgezogen, den habe ich ausziehen müssen, und er ist überladen mit Büchern, Artikeln, Notizen, Bildern. Ich bin kurz vor dem Verzweifeln. Übermorgen fängt Y. bei seinem neuen Arbeitsplatz an, dann wird das Leben noch schwerer. (Von dem höheren Verdienst werden wir dank Steuern und Abgaben genau 120 Shekel mehr haben – durch fünf teilen, in etwa.) Ich kann die Bedrückung nicht abschütteln und liege in einem Rückstand, den ich für unaufholbar halte. Ich möchte nicht mal darüber sprechen, es ist zu bedrückend. Ich brauche dringend, dringend eine Pause.

Doch etwas Heiteres zum Schluß: Y. wurde neulich von einem Besucher gefragt, ob unser Kater Leo (der kleine Dickbauch mit den Patschpfoten, den Y. von der Mülltonne in Yokneam mitgebracht hat, nachdem sie sich dort mehrmals getroffen hatten und klar war, daß der Kleine kein Heim hat), also ob dieser Straßenkater ein Rassekater ist. Y. wollte schon lachen, da meinte der Mann, Leo sieht aus wie eine Bombaykatze. Bombaykatze? Nie von gehört. Doch wozu gibt es Dr. Google? Bombay cats. Tatsächlich.

Leo ist bis aufs Schnurrhaar ein Bombaykater. Wir haben uns die Bilder angeguckt, die Beschreibungen durchgelesen und nur gelacht. Das Stadium der Distanzierung vom Menschen, das andere Katzen irgendwann durchlaufen und selbst mein kleiner Lucifer mir nicht erspart hat, das gibt es bei Bombaykatzen nicht. Sie bleiben liebebedürftig wie Junge. Ich glaube zwar immer noch nicht, daß eine seltene Rassekatze an der Mülltonne in Yokneam ausgesetzt wurde, aber vermutlich ist Leo eine Spontan-Mutation zum Bombay.

Daß wir diesen Kater von der Straße gerettet haben, war eine gute Tat, aber nicht weniger für uns als für ihn. Manchmal, wenn mir alles über den Kopf wächst und ich allein bin mit ihm, dann legt er sich bräsig über die Bücher, die ich gerade brauche, und sagt mit seinen schönen Augen: „schmusen ist doch viel schöner!“ Na komm Leo, genug gebloggt, schmusen ist doch viel schöner….