jump to navigation

Der Kommentar meines Mannes zum Trump-Vorschlag Januar 30, 2020, 18:54

Posted by Lila in Land und Leute, Presseschau, Uncategorized.
9 comments

„Trump hat Bibi in eine Lage gebracht, die Bibi eigentlich nicht paßt. Bibi ist zwar groß im Deklarieren und Ankündigen, aber eigentlich tut er lieber nichts und wartet ab, wie sich die Dinge entwickeln. Er ist eher ein Zögerer als ein Beweger. Jetzt steht er aber unter Druck, weil Trump ihn den Plan mit einigen Bonbons schon im Voraus angenehm gemacht hat – rein symbolische Akte wie der Umzug der Botschaft und die Erklärung zu den Golanhöhen. Bibi kann also nicht einfach sagen: ein Staat Palästina – nicht während meiner Regierungszeit, auch wenn er es vielleicht gern würde.

Israel hat eigentlich kein wirkliches Interesse an einer Annektion von Gebieten, in denen wir sowieso die Sicherheit unter Kontrolle haben. Warum die Lage aufrühren? Auch Bibi hat daran eigentlich kein Interesse, aber die Parteien rechts von ihm fordern es.

Auch der Gebietstausch mit den Palästinensern würde Israel schwerfallen. Auf der Trump-Karte sollen Gebiete im Westnegev abgetreten werden, und das Wadi-Ara-Dreieck, im Austausch gegen Siedlungsgebiete im Shomron. Und jüdische Orte, die dann von Palästina umgeben sind? Lauter problematische Punkte, die Bibi nicht begrüßen kann, auch wenn er Trump über den Klee lobt.

Der Plan ist mehr lose-lose als win-win. Es kann sein, daß ich mich in Trump täusche, aber er hat in diesem Plan genügend „Honigfallen“ verborgen, für beide Seiten,  damit sich beide Seiten eigentlich zu Verhandlungen an den Tisch setzen müssen. Mein Eindruck ist, daß er mit diesen Lockversprechen Bewegung in die Sache bringen will. Bibi könnte es zwar als positiv darstellen und tut das schon, aber er möchte nicht in die Geschichtsbücher eingehen als der PM, der der Schaffung eines palästinensischen Staats zustimmt.

Die Palästinenser haben viel zu schnell reagiert, und das war ein Fehler. Sie hätten sagen sollen: danke für den Vorschlag, wir studieren jetzt erstmal den Plan und melden uns mit unseren Anmerkungen in vier Wochen. Sie haben Trump vor den Kopf gestoßen, und wenn er wiedergewählt wird, werden sie das noch bereuen. Er hat ihnen die Gelegenheit geboten, noch einmal einen Vorschlag abzulehnen, der viele Vorteile für sie hat. Abu Dis z.B. ist ihnen noch nicht angeboten, und Israel ist auch nicht begeistert davon. Sie haben sich weiter in ihrer Rolle als ewige Nein-Sager verschanzt, womit vorgezeichnet ist, daß in Zukunft entweder für sie unvorteilhaftere Pläne kommen, oder gar keine mehr. Und dann sitzen sie da mit ihrem Nein und ihrem Widerstand, aber einen Staat haben sie immer noch nicht.

Trump hat Abbas eingeladenund wollte, daß er am Plan mitarbeitet. Sogar das hat er abgelehnt. Er hat sein NEIN zu allen Vorschlägen Trumps schon heraustrompetet, als es den Plan noch gar nicht gab.

Nachdem die Palästinenser so oft die Möglichkeiten ausgeschlagen haben, einen Staat zu bekommen, gelangt der Rest der Welt vielleicht irgendwann zu dem Schluß, daß sie ihn anscheinend doch nicht sooo dringend brauchen? Sie haben schon die Unterstützung der arabischen Welt verloren, und obwohl die Europäer bestimmt die Letzten sein werden, die noch auf der Straße stehen und rufen: Palestine will be free from the river to the sea!, werden sie es vielleicht irgendwann auch satt haben und sich anderen Themen zuwenden. Schließlich geht es den Palästinensern ja nicht soo schlecht, zumindest im Vergleich mit anderen arabischen Staaten. Und es gibt so viele Probleme auf der Welt.

Trump hat diese Runde gewonnen. Er hat von allen vorherigen Vorschlägen Ideen übernommen und sowohl Bibi als auch Abbas in eine Situation gebracht, in der sie Farbe bekennen müssen. Verläuft die Sache im Sande, dann ist das auch nicht anders als bei den Vorschlägen von Clinton und Obama, Olmert oder dem Mifkad. Klappt es aber, könnte er den Friedensnobelpreis bekommen. Der ist schon für weniger vergeben worden.

Bibi lobt den Plan und tut so, als wäre er sein eigenes Traumszenario, denkt aber bestimmt schon darüber nach, wie er die Umsetzung verzögern kann. Abbas macht ihm das sehr leicht mit seiner kompletten Verweigerung. Bibi kann nun einfach sagen: also wir würden ja gerne, aber allein kann man nun mal nicht Frieden schließen… wie schade.

Mir fällt dazu ein Sprichwort ein. „Die Hunde bellen, doch die Karawane zieht weiter“. Trump hat gewisssermaßen gesagt: hier zieht eine Karawane, schließt euch an, wenn ihr wollt! Doch die Palästinenser bellen die Karawane an, die zieht weiter., und aus der Ferne hört man noch das Bellen. “

 

Also sprach mein Mann. Und es ist schade, daß er nicht mal vom deutschen Fernsehen interviewt wird. Finde ich jedenfalls.

 

Längere Stille Januar 27, 2020, 23:36

Posted by Lila in Persönliches.
3 comments

herrscht hier seit einiger Zeit, nicht weil es nichts zu schreiben gäbe, sondern weil es viel zu viel gibt! Und ich will nicht über jedes Stöckchen springen, das mir die Zeitläufte hinhalten. Es passiert so viel, in Washington, bei Yad VaShem, in Auschwitz und an anderen bedeutsamen Orten, und oft denke ich nur: mal sehen, was daraus wird. Dazu habe ich noch keine Meinung, oder nur eine provisorische, gewissermaßen mit Stützrädern. Aber um mich  herum haben natürlich alle gußfeste Meinungen in endgültiger Form. Also sage ich lieber nichts.

Im Moment bin ich auf Kurzbesuch bei meiner Familie, weil wir eine sehr traurige Familienbeerdigung haben. Das hat vieles andere nach hinten gedrängt. Denn im Grunde muß man froh sein um jeden Tag, den man gesund und fröhlich mit seinen Lieben leben darf. Das wünsche und gönne ich allen Menschen, egal wo, wer und woher.

Trost gibt wie immer Psalm 121.

 

Stürmische Tage Januar 10, 2020, 0:32

Posted by Lila in Land und Leute, Uncategorized.
2 comments

Die letzten Tage waren von der Sorte, die man im Rückblick nie auseinandersortiert kriegt. So eine Art Zeitsuppe, in der alles so zusammenkocht, das man es nicht auseinanderklamüsern kann.

Nach der Tötung Soleimanis – das Warten auf eine Reaktion. In ihren Drohungen erwähnen die Mullahs natürlich immer wieder Israel. Im Falle einer Eskalation sind wir dran, meinen sie. Logisch. Das sagen sie seit 1979, und daß der Angriff nicht schon längst gekommen ist, liegt nur daran, daß die Atomwaffen noch nicht fertig sind. In der Zwischenzeit behelfen sich die Iraner mit Unterstützung von Terrororganisationen wie Hamas und Hisbollah, die im Laufe der Jahre Israel immer wieder angegriffen haben. Doch alle wissen, daß Das Große Ding nur eine Frage der Zeit ist, und um noch eine Küchenmetapher zu bemühen – dieses Bewußtsein simmert meist so vor sich hin, und von Zeit zu Zeit kocht es richtig hoch und man starrt gebannt drauf – wird die Situation überkochen?

Während wir auf den nächsten Schachzug der Iraner warteten, die am Zuge waren, kündigte sich hier ein Riesen-Unwetter an. Meine Befürchtungen, der israelische Winter könnte sich in der Woche, die ich nicht hier war, erledigt haben, waren unbegründet. Alle bereiteten sich auf die Regenmassen vor – aber wenn es richtig schüttet, ist praktisch nichts zu machen. In den Städten bricht die Kanalisation zusammen, denn sie ist auf Jahrhundert-Unwetter nicht vorbereitet, besonders in älteren Stadtteilen nicht. Auf dem Land fließt das Wasser eher ab, aber da es hier vielfach nur eine knappe, magere Erdkrume über Fels gibt, sickert nicht viel weg, und die Wassermassen können nicht schnell genug abfließen.

Dieser Jahrhundertsturm kam in mehreren Wellen. Die erste Welle erreichte Tel Aviv, wo jeden Winter in den ärmeren Vierteln im Süden der Stadt Landunter herrscht. Das ganze Land verfolgte mit Entsetzen, wie ein junges Paar im Aufzug steckenblieb. Sie wollten nach ihrem Auto sehen. Doch das Wasser stieg so schnell, die Rettungskräfte kamen so spät, daß beide im Aufzug ertranken, während die Nachbarn verzweifelt versuchten, sie zu befreien. Dank Whatsapp erlebt man sowas heutzutage fast zeitgleich mit, weiß aber nicht, was man glauben kann und was nicht. Aber diese Geschichte ist passiert, und die Anteilnahme war groß.

Die Iraner schickten Katyushas, nur um ein bißchen grimmig zu wirken, und schossen Raketen auf zwei amerikanische Stützpunkte im Irak. Kurz darauf stürzte eine ukrainische Passagiermaschine ab, und ich saß schlaflos vor dem Laptop, wollte arbeiten und guckte statt dessen Videos dieses Absturzes an. Daß die Maschine schon in der Luft brannte, kam mir gleich komisch vor – inzwischen gehen auch die Kanadier davon aus, daß es eine Abwehrrakete der Iraner gewesen sein muß, die die Maschine traf. Statt einer Erklärung und Bitte um Entschuldigung vertuschen und lügen die Iraner auf Teufel komm raus, was die Angehörigen wahnsinnig machen muß.

Während sich all diese Dinge ereignen, regnet es ununterbrochen. Vor unserem Haus bilden sich reißende Sturzbäche, der Garten steht im Wasser und aus den Gullys sprudelt das Wasser nur so. Naharyia wird überschwemmt, wie jedes Jahr. Es ist nämlich so, daß die Hauptstraße Nahariyas, der Gaaton, um ein kleines Bächlein herumgebaut ist, das friedlich in der Mitte fließt und im Sommer meist ganz ausgetrocknet ist.

Wo der Gaaton zu Ende ist (die Straße heißt nach dem Fluß), da ist das Meer – und wenn der Gaaton zu viel Zufluß aus den Bergen und Wadis kriegt, kann er nicht abfließen, staut sich, und die Hauptstraße wird überschwemmt. Jeden Winter schimpfen die Einwohner darüber, daß noch niemand eine Lösung dafür gefunden hat.

Dann geht das Wasser zurück, ich gehe normal zur Arbeit, und schon als ich mit dem Bus aus Nahariya zurückkomme, geht der Regen wieder los.

Was sich dann in unserem verschlafenen Städtchen ereignet, ist beispiellos. Nicht nur der Gaaton steht unter Wasser, sondern die ganze Stadt. Trotz aller Warnungen fahren Menschen mit ihren Autos rein oder versuchen, zu Fuß die Straßen zu überqueren. Unsere Moshav-Whatsappgruppe läuft heiß. Die Gerüchte laufen um – eine Familie ertrunken, nein, ein Baby ertrunken, nein, ein Schulkind mitgerissen. Schließlich kommt es in den Nachrichten – ein Mann, der eine Familie in einem Auto in Not sah, kam ihnen zu Hilfe, und wurde selbst mitgeschwemmt. Er konnte nur tot geborgen werden. Die Familie hat überlebt. Er wurde heute beerdigt.

Sechs Tote – sechs Menschen, die dieser Sturm insgesamt das Leben gekostet hat.

Während es immer weiter regnete, waren wir in unserem Moshav von aller Welt abgeschnitten. Es gibt nur eine Zugangsstraße, und die war überschwemmt. Der kleine Feldweg in Richtung Miliya war auch schwer zu befahren, wie Y. es nach Hause geschafft hat, verstehe ich selbst nicht. Er hat drei Stunden dafür gebraucht, und alle Kenntnis der Schleichwege, die er im Laufe seines Lebens gesammelt hat. Quarta konnte nicht zur Arbeit, ich konnte Gott sei Dank zuhause arbeiten, konnte mich aber nicht konzentrieren. Statt dessen habe ich, wie immer, wenn es politisch wieder brenzlig wird, Projekte im Haus vorgenommen.

Es waren komplett irreale Tage. Sonst, wenn die Rhetorik aus Teheran bedrohlich klingt und Trump Aktionen plant, die wer weiß was auslösen können, sind hier die Nerven gespannt und alle reden nur davon. Und wenn nicht davon, dann von den politischen Molekularbewegungen vor den Wahlen und Bibis Kämpfen mit der Justiz. Doch diesmal sprachen alle nur vom Wetter. Kann man nach Regba fahren? Habt ihr gesehen, wie die Armee die Schulkinder mit LKWs nach Hause gebracht hat? Wißt ihr, daß das Einkaufszentrum zu ist, weil das Parkdeck überschwemmt ist und der Strom ausgefallen? Welche Läden sind betroffen? Wie geht es meinem Friseur, der netten Verkäuferin aus der Boutique für religiöse Frauen, mit der ich immer plaudere, wenn ich dort lange Röcke kaufe, und wie dem Mann mit der Kippa, bei dem ich immer meine Wolle kaufe?

Heute abend, während alle Welt über die iranischen Versuche, den Flugzeugabschuß zu vertuschen, sprach, waren in unseren Nachrichten, in diesem nachrichtenkranken Land!, die ersten 15 Minuten nur Wetter. Der See Genezareth ist um 23 cm gestiegen!

Ganz Israel verfolgt ja den Pegelstand des See Genezareth, und insgesamt respektieren sie Wasser sehr und lieben es. Ich habe ja schon öfter erzählt, wie mein Mann auf einer Reise den Mekong bestaunte. Er traf dort andere Israelis, die genau wie er den ganzen Tag nur das Wasser anstarrten und murmelten: so viel Wasser, soo viel Wasser. Mein Mann gerät bei jedem kleinen Bach in Deutschland, der auch im Sommer fließt, vor Freude außer sich.

Es mischten sich also Schrecken über die Unglücksfälle mit Sorge um die Überschwemmten und die Geschädigten mit absoluter Euphorie, einmal im Leben SO VIEL WASSER im Land zu sehen.

Und der Schnee auf dem Berg Hermon wird irgendwann auch in den See Genezareth fließen.

Ich hoffe, daß die nächsten Tage ruhiger sind, daß ich meinen Stapel halb oder schlecht erledigter Arbeit abtragen kann, und daß die Iraner … nein, das kann ich nicht mal hoffen. Sie werden ihre Rache nehmen, weil ja ihre kostbare „Ehre“ in Frage gestellt wurde. Lügen ist nicht gegen ihre Ehre, Unschuldige ermorden ebenfalls nicht (mehr darüber hier), aber blamiert zu werden! Und so wird es weitergehen.

Appeasement Januar 3, 2020, 22:09

Posted by Lila in Presseschau.
12 comments

Letzte Nacht haben die USA dem iranischen General Qassem Suleimani seinen Wunschtraum erfüllt und ihn vom „lebenden Shaheed“ (sein Ehrenname durch Chameini) zum echten Shaheed befördert. Die Amerikaner machen sowas mit großem Trara, und die Iraner haben sofort wieder ihre Drohungen losgelassen. Und ich kann in die deutschen Zeitungen nicht reingucken, weil sich dort die Kommentatoren reihenweise in die Hosen machen. (Mein Mann dazu nur trocken: man sollte nich glauben, daß die Deutschen jemals irgendwas erobert haben!) Dabei besteht für die Deutschen die einzige Gefahr im Verlust einiger Geschäfte – diese Gefahr aber wiegt schwer, wie die devote Haltung deutscher Politiker dem Iran gegenüber immer wieder peinlich deutlichmacht (Stichwort Besuch, Stichwort Glückwunschtelegramm).

Man mag sich nicht ausmalen, was die Engländer Hitler alles verziehen hätten, wenn Steinmeier statt Chamberlain Außenminister gewesen wäre. Es scheint keine Verletzung der Rechte von Homosexuellen, Minderheiten, Frauen oder Abweichlern zu geben, die den deutschen Willen zum unbedingten Appeasement ändern könnte. Das iranische Regime erschießt Demonstranten, vergewaltigt Frauen im Gefängnis, foltert Menschen zu Tode oder hängt sie von Kränen – zu Hunderten pro Jahr. Die Iraner haben ihre Hegemonie über Syrien, den Libanon, den Jemen und den Irak angmeldet und sind dort überall präsent, ohne daß UN oder Europa auch nur etwas dagegen einzuwenden haben. Das muß so, die wollen das so, und sie müssen sich ja auch gegen den übermächtigen Kraken Israel wehren, nicht wahr?

A propos Kraken:

(Karte dreist hier geklaut)

So sehen die Kräfteverhältnisse aus. Eigentlich ist es die Achse Türkei – Syrien – Iran unter russischem Patronat gegen die Achse Saudi-Arabien – Israel unter US-Patronat. Aber wir sind ein Zwerg. Das nur nebenbei, man vergißt so leicht, wie klein wir eigentlich sind und wie heftig wir paddeln müssen, um nicht unterzugehen.

Daß im Iran mehr und mehr Menschen sich gegen die Mullahs und ihr brutales Regime auflehnen – interessiert nicht wirklich. Ich habe nicht gesehen, daß sich in Europa wirklich auf breiter Basis Menschen mit den Iranern, die nach Freiheit dürsten, solidarisieren, und Politiker erst recht nicht.

Und jetzt haben also alle Kommentatoren Panik vor dem 3. Weltkrieg, der angeblich hereinbrechen soll. Als hätten die USA diesen Krieg letzte Nacht angefangen – dabei erfolgte die Kriegserklärung der Mullahs an die USA und Israel sofort nach der Revolution. Es gibt keinen Schritt, mit dem wir den Iran besänftigen könnten, kein Zugeständnis – außer der freiwilligen Selbstauflösung Israels. Das vorher exzellente Verhältnis zum Reich des Schahs war tot, als dort die islamische Revolution gesiegt hatte. Wir leben mit diesem Krieg seit Jahrzehnten.

Haben deutsche Kommentatoren die Anschläge vergessen, die gegen Juden und Israelis im Ausland verübt wurden, so zB in Buenos Aires? Ich mag gar nicht erst aufzählen, was die Hisbollah alles getan hat. Wo die Hisbollah Macht übernimmt, errichtet sie ein Netz des organisierten Verbrechens (Drogenhandel) und des Terrors. Der Iran finanziert das Ganze.

Für uns in Israel ist klar, daß wir in einem Krieg stehen, seit Jahrzehnten, und dabei um unser Überleben kämpfen. Wir spüren diesen Krieg deutlicher als die USA, und ob Israelis diese Entscheidung, Suleimani zu „liquidieren“, so getroffen hätten, weiß ich nicht. Vernutlich nicht. Nasrallah lebt ja auch noch. Manchmal ist es besser, einen Feind am Leben zu lassen, den man kennt und der in gewisser Hinsicht berechenbar ist, als durch einen Schlag das ganze System zwangszuerneuern.

Ich bin nicht kompetent, solche Entscheidungen zu treffen und wirklich zu beurteilen, bin aber immer wieder verblüfft, wie selbstbewußt Leute wie Karin Senz, die garantiert noch weniger davon verstehen als ich, sich ein Urteil anmaßen. Ihr „Kurzporträt“ Suleimanis jedenfalls war so lückenhaft, daß es lächerlich war.

Übrigens sehe ich gerade, daß sie es korrigiert haben – wie schade, daß ich heute mittag keinen Screenshot gemacht habe!

Text heute vormittag:

„Soleimani führte den Kampf gegen die Terrormiliz IS in Syrien und im Irak…“

Wie gut, daß ich das bei Twitter ärgerlich festgehalten habe! Es war die EINZIGE Erwähnung des Worts Terror. Ich schmeichle mir nicht, daß es mein Protest war, der das harte Ohr der Tagesschau erweicht hat, aber so heißt es jetzt:

„Westliche Regierungen sahen in dem nun getöteten Soleimani einen Terroristen.“

Immerhin. Aus einem Kämpfer gegen den Terror in einen vermeintlichen Terroristen abgeändert – mutiger geht es wohl nicht.

Was will ich sagen?

Die westlichen (nicht nur die deutschen) Medien und Mainstream-Denker verfallen leicht in Panik. Jedesmal, wenn die arabische, muslimische oder iranische Welt droht, steht die Apokalypse schon vor der Tür. Erinnert sich jemand an die absolute Hysterie, als die USA, wie es ihr gutes Recht ist, ihre Botschaft nach Jerusalem verlegt haben? Es ging die Palästinenser nicht das Geringste an, denn der Teil von Jerusalem, in dem die Botschaft jetzt ist, gehört auch in den aller-pro-palästinensischsten Teilungsplänen zu Israel, aber keiner hat danach auch nur gefragt. Die Palästinenser protestieren, also haben sie auch einen case. Sie drohen, also explodiert jetzt der Nahe Osten. Ist er explodiert? Nein.

Die Iraner werden zurückschlagen, aber keiner von uns weiß, wann und wo. Es kann ein Terroranschlag sein, übrigens auch bei Euch in der Stadt, chalila, weil Ihr Teil des Westens seid und auch wenn Steinmeier sich in Teheran auf den Bauch legt und winselt, bleibt der Westen ein Feind für die Iraner. Es kann im Jemen oder in Syrien erfolgen, es kann ein weiterer Angriff gegen Saudi-Arabien sein, ein Raketenhagel auf die Golanhöhen oder bei uns, es kann ein Anschlag auf Ölfelder sein oder eine Botschaft. Die Iraner sind inzwischen, siehe Karte, im gesamten Nahen Osten gut aufgestellt, und in Europa, besonders Deutschland, hat die Hisbollah eine freundliche ökologische Nische gefunden.

Hört auf, euch von Journalisten, die keine wirkliche Ahnung haben, einreden zu lassen, daß man diese ganzen orientalischen Völker nur ja nicht ärgern und aufreegen darf. Daß man einen Suleimani über Jahrzehnte hinweg morden und erobern lassen muß, denn wenn man ihn als das behandelt, was er ist, nämlich ein Feind im Krieg, dann eskaliert man.

Ja, de-eskalieren ist immer besser als eskalieren, und wäre es möglich, irgendeine De-Eskalationsstrategie mit dem Iran zu finden, wäre das großartig. Aber es gibt keine. Ja, für deutsche Firmen ist es natürlich toll, weiter Geschäfte mit dem Iran zu machen, aber meint ihr, das würde Deutschland davor bewahren, dem iranischen Hegemoniestreben auch irgendwann zum Opfer zu fallen? Klar, erstmal ist Israel dran, dann der Nahe Osten, und vielleicht würde es noch zwei Generationen dauern, bis die Iraner sich Gedanken machen könnten, was sie mit den fleißigen Zuarbeitern im Siemens-Büro machen. Aber mit einem Staat wie dem Iran ist kein Auskommen zu suchen. Obama hat es versucht, was ihn persönlich ehrt – aber was katastrophale politische Folgen hatte.

Ihr habt in den deutschen Medien keinen einzigen Artikel lesen können, der den Iran-Deal anders als positiv geschildert hat, nicht wahr? Sollte es einen kritischen Artikel gegeben haben, muß ich ihn übersehen haben. Aber dieser Deal war Appeasement.

Die deutsche Regierung hat, genau wie die UN allen Diktatoren gegenüber, Appeasement zur Doktrin erklärt.

Dahinter steckt die von mir oft beklagte „narzißtische Projektion“ – nur weil wir alle ganz lieb sind und friedlich leben wollen, gehen wir davon aus, daß auch alle anderen so ticken, und schließen Bündnisse, die uns wirtschaftlich nützen und unseren Heiligenschein als Friedensstifter hübsch fest installieren.

Aber nicht jeder hat das Fernziel Frieden und Wohlstand.

Wer nicht mehr nüchtern in die Welt sehen kann, wer nicht mehr erkennen kann, daß die Welt nicht funktioniert wie eine Selbsthilfegruppe, wer nicht wahrhaben möchte, daß westliche Werte kein Geschenk des Himmels sind, sondern erkämpft wurden und für manche bekämpfenswert sind – der macht sich selbst hilflos.

Dazu paßt dann auch, daß es den meisten Deutschen egal ist, daß aus ihrer Bundeswehr ein Witz wird, daß Befindlichkeiten immer wichtiger und Fakten immer unwichtiger werden.

Ich lache gerade beim Lesen, denn ich klinge wie eine Konservative, was ich gar nicht bin.

Ich teile nicht die konservative Sehnsucht nach heiler Welt und Familienwerten der Prä-68er-Welt, weil ich weiß, daß diese heile Welt eine Illusion war (getragen von Frauen, die wirtschaftlich zu abhängig waren von ihren Männern). Ich kann gar nicht anfangen, alle Punkte aufzuzählen, in denen ich mit Konservativen nicht übereinstimme! In meiner ganzen sozialen Auffassung bin ich vermutlich sozialliberal, mit Ausschlägen in alle möglichen Richtungen.

Aber aber aber. Ich habe im Laufe meines Lebens gelernt, daß es Regeln für das Zusammenleben innerhalb einer Gesellschaft gibt, die sich selbst Werte gegeben hat, welche auf Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität beruhen. Und es gibt andere Regeln für die Außenwelt. Wer ableugnet, daß es Regimes gibt, die unsere Werte mit Füßen treten, uns als Feinde sehen und uns auf jede Art und Weise schaden möchten, und mit UNS meine ich jetzt den Westen, der legt Waffen aus der Hand, die er einmal brauchen könnte.

Gegen den Iran kommen wir nach dem Krokodilsprinzip nicht an. Was sich meiner Durchsicht nach in deutschen Medien und der Politik in Sachen Iran abspielt, ist Appeasement und Krokodilsprinzip, und das ist letztendlich Selbstmord.

Deutschland kann bereit sein, ja IST bereit, Israel dem Krokodil zuerst zuzuwerfen (und Israel dafür die Schuld zuzuschieben, es habe das Krokodil gereizt), aber glaubt nicht, daß das Krokodil dankbar daran erinnern wird.

 

 

 

Wenn Ihr wissen wollt, was Euch alles von deutschen Medien NICHT erzählt wird, weil es Euer Weltbild erschüttern könnte, empfehle ich wieder einmal MEMRI . 

Dort werden verschiedenste Texte aus Medien gezeigt und übersetzt, die normalerweise nicht gezeigt werden. Damit wird Material zugänglich, mit dessen Hilfe wir besser verstehen können, wie die arabische, islamische oder iranische Welt tickt. Sowohl regimekonforme Stimmen, Hetze und Querdenker sind dort zu finden. Regelmäßiger MEMRI-Konsum ist schon mal ein guter Anfang, wenn man die germanozentrische Fixierung auf „Ruhe, Ordnung und Geschäfte um jeden Preis“ überwinden will.

 

 

ETA:

Ein typisches Exemplar findet sich übrigens, wenig überraschend, gerade in der Tagesschau. Volker Perthes, der berufliche Stationen in Damaskus und Beirut hinter sich hat, äußert seine Meinung – was in einem Kommentar ja okay ist. Aber er läuft genau mit der deutschen Mehrheitsmeinung mit, wie sie vom Medium geprägt wurde.

Deutschland müsse – etwa im UN-Sicherheitsrat – deutlich machen, dass die USA mit der Tötung des Generals vermutlich einen großen strategischen Fehler begangen hätten – „einen, den alle Vorgänger Trumps vermieden haben“. Es sei Aufgabe der Deutschen und der anderen Europäer zu sagen: „Wir stellen uns hier nicht blind hinter die USA – ohne uns deshalb auf die Seite der Iraner zu stellen. Aber wir treten dafür ein, dass Dialog im Nahen und Mittleren Osten wieder beginnt.“

Er ist sicher, daß es ein großer strategischer Fehler war – klar, Trump, muß ja (allerdings fällt es schwer, Trump rationale und gut durchdachte Pläne zuzutrauen, aber er entscheidet ja nicht allein, und die Pläne muß es schon vorher gegeben haben). Die Deutschen und Europäer müssen nun wieder ihr Superman-Cape anziehen und die Welt retten. Nein, auf die Seite der Iraner stellen sie sich natürlich nicht! Nur eben auch nicht auf die Seite der USA. Und Dialog, Dialog, Dialog. Das ist ja der oberste Wert.

Worüber einen Dialog mit dem Iran führen? Zumindest in Dingen Israel ist da keinerlei Dialog möglich. Israel muß weg, fertig, das ist der iranische Standpunkt. Gewaltverzicht? Eingrenzung des iranischen Hegemoniebestrebens? Menschenrechte für Frauen, Homosexuelle, Regimekritiker? Was meinte Perthes? Was soll in dem Dialog diskutiert werden?

Ich werde den Verdacht nicht los, daß der „wieder zu beginnende Dialog“ sich um Maschinenteile drehen soll, wie viele wann zu liefern sind und wie man das machen kann, ohne es sich gänzlich mit den USA zu verderben.

Pardon, aber ich weiß nicht, worüber Perthes ansonsten mit dem Iran einen Dialog führen will.

 

Und noch ein ETA:

Es stört mich nicht, daß die Webseite der Tagesschau einen Kommentar wiedergibt, der sich im satten, sicheren Mainstream befindet. Aber wie schön wäre es, wenn es dazu mal, wie es früher manchmal in der ZEIT üblich war, einen Gegen-Kommentar dazu gäbe! Wenn jemand mal begründen würde, warum es möglich ist, diesen Schlag gegen Soleimani anders zu sehen. Oder den Brexit. Oder sonst ein Thema, das sonst immer gleich abgehandelt wird.

Gibt es eine andere Stimme?

Frankenberger in der FAZ:

Die Vergeltungs- und Rachedrohungen der iranischen Führung und ihrer Hilfstruppen muss man ernst nehmen. Iran wird es nicht einfach hinnehmen, dass einer der wichtigsten Akteure im Machtapparat vom Erzfeind ausgeschaltet wird. Die Sorge, dass der schwelende amerikanisch-iranische Konflikt eskalieren könne, ist berechtigt.

Deswegen spricht aus der Begründung des amerikanischen Verteidigungsministeriums für den Angriff auf Soleimani eine merkwürdige Logik. Wenn dessen Ziel die Abschreckung künftiger Angriffspläne Irans gewesen wäre, dann könnte, das zu vermuten ist weitaus plausibler, genau diese Aktion eine militärische Dynamik in Gang setzen und beteiligte wie unbeteiligte Länder an den Rand eines Krieges bringen.

Luther in der ZEIT:

Dass der abschreckende Schlag gegen das Regime zu einer Deeskalation führt, ist unwahrscheinlich.

Nachdem er alle Gründe aufgeführt hat, weswegen es sinnvoll war, Soleimani auszuschalten – aber Trump KANN es nicht richtig gemacht haben! – resümiert er:

Der frühere Befehlshaber der US- und Nato-Truppen in Afghanistan, Stanley McChrystal, schrieb vor knapp einem Jahr über Soleimani als Irans „tödlichen Puppenspieler„, er sei der „mächtigste und unbeschränkteste Akteur im Nahen Osten“ und es gebe „gute Gründe, ihn zu eliminieren“. McChrystal hatte dazu 2007 die Gelegenheit, als er das Kommando über die US-Spezialkräfte führte: Soleimani war unterwegs in einem Konvoi, fuhr vom Iran in den Norden des Irak. die USA ließen die erneute Chance damals einmal mehr verstreichen. „Die Entscheidung, nicht zu handeln, ist oft die am schwersten zu treffende“, schrieb McChrystal, „und sie ist nicht immer richtig.“ Sie wäre es auch diesmal gewesen.

Alles EIN Tenor.

Ist es nicht besorgniserregend? Vielleicht gibt es auch andere Stimmen, wenn ja, verlinkt sie. Aber in einer Demokratie, in der Meinungsfreiheit ein hohes Gut ist, wird die Meinung nicht mehr von außen kontrolliert, sondern von inneren Mechanismen. Manches scheint man sich einfach zu verbieten, auch nur in Erwägung zu ziehen.