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Erleichtert Juli 12, 2020, 23:06

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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Heute war ein Kindergarten-Tag ohne Kinder. Alle Kinderhäuser hatten die Anweisung, einen Putz-und-Desinfizier-Tag einzulegen. Ich weiß nicht, wie dieser Tag in anderen Kinderhäusern begangen wurde, bei uns war es eine Art Putzorgie, von der man normalerweise nur träumen kann. Wir haben den Kindergarten auseinandergenommen, gewienert und wieder zusammengesetzt. Eine 2-Liter-Flasche Chlorreiniger haben wir verputzt. Meine Methode, Legosteine und andere Spielsachen sauberzumachen (in ein großes Becken mit Reinigungsmittel legen, 2 Stunden in Ruhe lassen, dann abspülen und in der Sonne mit viel Schütteln trocknen lassen), kam zur glorreichen Anwendung, aber auch die Methode meiner Kollegin (Tuch in Spülmaschine legen, Spielzeug drauf, kurzer Spülgang) ist nicht schlecht, und sämtliche Dinosaurier, Spielfiguren etc sind durch unsere Hände gegangen.

Ich habe mich erboten, die Wäsche für den Kindergarten zu übernehmen, weil die Kolleginnen mit der bisherigen Wäscherei nicht zufrieden waren, und habe jetzt neun Säcke Textilien im Flur, die ich morgen in Angriff nehmen werde – Verkleidungen, Tücher, Stofftiere, aber auch Putzlappen und Handtücher.

Wir haben die ganze Zeit Musik gehört, eine Kollegin hat ein üppiges Frühstück vorbereitet, aber bis auf die Frühstückspause haben wir durchgearbeitet. Jetzt ist die Puppenecke umgebaut, die Wände sind abgewaschen, und mein besonderes Steckenpferd: sämtliche Tische, Stühle und Hocker habe ich umgedreht und auch von unten geputzt. Überflüssige Sachen haben wir entsorgt, und alle Arbeiten, für die man sonst nie Zeit hat, haben wir uns geteilt. So hat das Spaß gemacht.

Wir haben uns sämtliche Sorgen von der Seele geputzt, und ich war die letzte, die am Ende den Schlüssel umgedreht hat.

Vorhin kam dann die Entwarnung: bisher sind alle Tests negativ, und bis auf ein Kinderhaus, wo Angehörige der Kinder noch auf ein Ergebnis warten, kann das gesamte System am Dienstag wieder geöffnet werden. Da der Montag sowieso mein freier Tag ist, verliere ich also kaum Arbeitsstunden.  Mal gucken, wie wir die Kinder nach dieser Krise und Aufregung auffangen und schnell zur gewohnten Routine übergehen. Wir haben uns dazu heute schon Gedanken gemacht. Das besondere Sommerprogramm wollen wir nicht sofort wieder aufnehmen, sondern erstmal ein paar ganz ruhige Tage vergehen lassen. Und dann machen wir viel Kunst.

Hoffentlich ist bald nicht nur in meinem Umkreis, sondern im ganzen Land der Spuk vorbei. Leider steigen die Zahlen weiter an. Busfahren ist zum Albtraum geworden – nur noch 20 Fahrgäste pro Bus, man kann also Stunden damit verbringen, Busse vorbeifahren zu sehen, die einen nicht mitnehmen. Klimaanlagen dürfen nicht mehr benutzt werden, die Busse fahren mit offenen Fenstern, im israelischen Hochsommer kein Vergnügen. Maskenpflicht ist selbstverständlich. Inzwischen sieht man wirklich kaum noch Leute ohne Mundschutz. Sogar im Kibbuz, wo bis vor kurzem nur wenige Menschen mit Mundschutz rumliefen, sind inzwischen alle umgeschwenkt.

Sollte die Regierung tatsächlich kleine Freiberufler wie mich für Einkommens-Einbußen entschädigen, wäre das zu schön, um wahr zu sein. Bisher habe ich nichts bekommen, und das Ausfüllen der Anträge war wie ein Hürdenlauf: nur Gründe, warum ich keinerlei Anrecht habe. Und das, obwohl ich seit 32 Jahren fast ununterbrochen arbeite und bituach leumi bezahle (die Nationalversicherung, die u.a. Arbeitslose unterstützen soll). Im Februar bin ich in unbezahlten Urlaub geschickt worden und hatte bis Mai null Einkünfte. Aber wie mein Mann sagt: der Staat Israel ist gut im Nehmen, weitaus weniger gut im Geben. Wie gut, daß ich wieder arbeite. Sowohl die Arbeit mit den Kindern als auch die schlichte physische Arbeit wie heute tun mir gut. Und morgen unterrichte ich sogar wieder.

Ungern Juli 10, 2020, 18:40

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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sieht man einen geschlossenen Kindergarten, sagt das alte Lied.

 

Gestern hatten wir noch einen besonderen Tag – den Pyjama-Tag. Ich bin zwar nicht im Nachthemd aufgekreuzt, aber ich hatte Erdmann, den Maulwurf dabei, außerdem das Buch vom kleinen Häwelmann. Ich war nicht sicher, ob die alte Geschichte bei Kindern ankommt, die nachmittags Fortnite spielen, aber sie nahmen großen Anteil und mochten besonders das Ende. Die Kinder sind Vorlesen gewöhnt, aber freies Erzählen ist nochmal was anderes.

Der Kindergarten war verdunkelt,  auf dem Boden lagen Picknick-Matten und Kissen, statt Frühstück gab es Abendessen, und obwohl zwei Kolleginnen fehlten, haben wir den Kindern einen schönen Tag gemacht.

Aber in der Nacht wurde bekannt, daß es im Kibbuz und seiner Umgebung noch mehr Menschen gibt, die sich mit dem Virus angesteckt haben, und jetzt ist alles zu. Auch der Kindergarten. Die düstere Prophezeiung einer Mutter ist also eingetroffen, leider, aber ich hoffe natürlich, daß es schnell vorbeigeht und wir wieder zurück an die Arbeit können. Ich bin wieder in unbezahltem Urlaub, und da ich knapp unter den zwei Monaten liege, die man braucht, um Arbeitslosenunterstützung zu bekommen, geht mein Einkommen wieder in den Keller. Mal gucken, ob ich einen anderen Job an Land ziehen kann, ein paar Übersetzungen oder so. Ich unterrichte nach wie vor einmal die Woche. Aber das füllt mich nicht wirklich aus. Vielleicht kann ich mir ja einen Ruck geben und trotz Hitze ein bißchen im Garten arbeiten….

Ich denke mit großer Sehnsucht an die Kinder, die netten Eltern und Kolleginnen, den ausgefüllten Tag und den Kinderlärm. Die Kinder hatten sich gerade wieder unbeschwert gefühlt, die Gruppen waren schon fast wieder vereinigt, und dann diese schnelle Entwicklung. Hoffentlich werden die Betroffenen (keine Ahnung, wer sie sind) bald wieder gesund, und hoffentlich nehmen die Kinder es nicht zu schwer, daß ihr Kindergarten nun geschlossen ist.

Näher und näher Juli 8, 2020, 20:51

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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zu Dir, o Corona…. Inzwischen gibt es auch im Ort Corona-Fälle, im Umfeld eines meiner Kinder und auch im Kibbuz, in dem sich der Kindergarten befindet, wo ich arbeite (im Gegensatz zu diesem SPon-Artikel – danke an den tüchtigen Freund, der mich mit dem Link versorgte).

Da in einem Kibbuz alle eng vernetzt sind, weil sie zusammen arbeiten oder Kinder in derselben Klasse oder im selben Kinderhaus haben, weil sie zusammen Kultur machen, Nachbarn sind oder in einem Ausschuß sitzen oder eine die Zahnärztin des anderen ist… deswegen ist die Besorgnis groß. Familien mit gefährdeten Angehörigen behalten die Kinder zuhause. Die getrennten Gruppen sind zur Verwirrung der Kinder wieder eingeführt, nachdem wir sie neulich erst fast aufgehoben hatten. Wir arbeiten nur mit Mundschutz, machen vieles mit Handschuhen, desinfizieren ständig alles und meine Hände sind schuppig wie greise Alligatoren vom vielen Alko-Gel. Nach wie vor wird jedes Stückchen Apfel getrennt serviert, kein Kind berührt das Essen der anderen, und wir tragen beim Servieren Handschuhe.

Einer der Väter sagte vorgestern: „der ganze Kibbuz ist geschlossen, nur der Kindergarten ist offen!“ Ob er das anerkennend oder grimmig meinte, konnten wir nicht erkennen – Mundschutz allerseits.

Es sind ja Sommerferien, und vor einer Woche war die große Jahres-Abschluß-Feier, wie berichtet. Die Großen, die ab September in die erste Klasse (kita aleph) gehen sollen, sind noch im Kindergarten, denn wir bieten über die Sommermonate eine kaitana, also ein Sommerprogramm. Wir hatten schon den Seifenblasen-Tag, den Schmink-Tag, heute war Sport-Tag (ein Parcours im Kindergarten mit sechs Stationen, wir waren am Ende ALLE alle), morgen ist Pyjama-Tag. Die Kinder haben mich gefragt, ob ich im Schlafanzug komme, und ich hoffe nur, ich kann mir noch was leihen!

Den Pyjama-Tag habe ich übernommen, und es gibt Schattentheater, zwei Gutenachtgeschichten, eine Erklärung, wie man den großen Wagen findet, Kim-Spiele mit geschlossenen Augen und Wiegenlieder aus verschiedenen Ländern. Oh, und statt Frühstück Abendessen. Wer noch Ideen hat, kann sie gern bei mir loswerden 🙂 Aber bitte noch vor Mitternacht, ich gehe nämlich gleich selbst schlafen.

Zweimal die Woche mache ich Kunst, und das Programm sieht wirklich vergnüglich aus. Die Kinder kennen mich inzwischen alle, und meine Sammlung an Kunstwerken, die mir persönlich gewidmet wurden, wächst. Selbst die eher schüchternen Kinder und die, die jeden Personalwechsel sehr schwer nehmen, akzeptieren mich langsam. Ich mache da auch keinen Druck, ich warte immer, bis die Kinder zu mir kommen und mich z.B. zum Spielen einladen. Ich kann gut verstehen, daß sich nicht alle sofort auf eine neue Mitarbeiterin stürzen. Die leitende Kindergärtnerin ist die Haupt-Beziehungsperson, und sie arbeitet schon zehn Jahre dort. Auch zwei Mitarbeiterinnen sind schon viele Jahre dabei. Aber ich bin nun mal neu (wenn auch alt :-D).

Es ist nun, wo ich die Kinder schon besser kenne, interessant und auch etwas traurig zu sehen, wie sehr die Kinder den Streß der Erwachsenen mitkriegen. Obwohl wir uns bemühen, ehrliche, sachliche Informationen zu neuen Regeln etc zu geben, Fragen ebenso ehrlich zu beantworten und ansonsten mit guter Laune die Routine weiterführen, fällt den Kindern natürlich auf, daß die Situation die Erwachsenen bedrückt. Am Tisch wird diskutiert, wer in Isolation (bidud) ist und wer nicht, und „vor Corona“ bzw „nach Corona“ sind feste Zeitangaben. Im Spiel werden schon mal Isolations-Zimmer gebaut.

Was mögen sich die Kinder dabei denken, wenn es um Isolation oder Virus geht? Woran werden sie sich später erinnern? Werden sie alle für ihr Leben unter Bazillenfurcht leiden, Obst und Gemüse mit Klorix waschen und die Türklinken dreimal am Tag mit Desytol besprühen?

Wir bemühen uns sehr, als Team ganz ruhig zu bleiben, obwohl jede von uns natürlich auch private Sorgen hat. Die Kindergruppe ist deutlich kleiner, was die Arbeit oft erleichtert, aber dafür sind die Kinder und Eltern nervöser, die neuen Anweisungen prasseln schneller auf uns ein, und mit Desinfizieren könnten wir uns pausenlos dranhalten. Eine Mutter meinte heute düster, „jetzt werden ganz viele Kibbuzniks getestet, und ihr werdet sehen, was dann los ist“, aber meine Kolleginnen und ich sind uns einig, daß weder Gerüchte noch morbider Pessimismus in Hörweite der Kinder gehören.

Als eines der Kinder heute fragte: „und was, wenn der X Corona hat?“, sagten meine Kollegin am Tisch und ich gleichzeitig: „dann wünschen wir ihm schnelle Genesung“.

Die Zeiten sind merkwürdig. Zu Anfang gingen alle Veränderungen sehr schnell, jetzt scheint die Prä-Corona-Zeit sehr fern. Wie fern erst für Kinder, die ja gar nicht so viel Prä-Corona-Lebenszeit ansammeln konnten.

Ich bin so froh, daß ich diesen sehr besonderen und freundlichen Ort gefunden habe, zu dieser schwierigen Zeit, wo ich meine schwer erworbene Altersweisheit in bescheidener Form loswerden kann.

Tip von einem Freund Juni 30, 2020, 21:32

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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https://www.deutschlandfunkkultur.de/das-revival-des-kibbuz-zusammen-leben.3720.de.html?dram:article_id=477068

 

 

Freude, Freude, Freude Juni 30, 2020, 21:31

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Im Moment geht es mir so gut wie seit langem nicht mehr. (Abgesehen davon, daß ich meine Familie und Freunde in Deutschland und Israel vermisse, aber davon reden wir heute mal besser nicht.) Ich habe in allen Bereichen meines Lebens Freude. Langsam kommen wieder Aufträge, ich unterrichte den Sommer über weiter per Zoom und habe auch schon einen Vortrag so richtig vor Publikum gehalten, oder waren es zwei? Unterrichten macht einfach Spaß. Ich kann immer noch nicht glauben, daß ich tatsächlich dafür bezahlt werde, Leuten was zu erzählen, über die Dinge, die mich brennend interessieren. Verrücktes Konzept!

Im Kindergarten habe ich ebenfalls riesige Freude. Ich fange jeden Morgen als Erste an und oft bin ich noch mit den ersten eintreffenden Kindern allein. Wie sehr mir der Umgang mit Kindern gefehlt hat, wußte ich selbst nicht – ich genieße den Lärm und die vielen Fragen und die Begeisterung der Kinder. Es ist so ein wichtiges Alter.

Heute war eine große Feier – das Schuljahr ist zu Ende, jetzt fangen die Sommerferien an. Die reguläre Kindergärtnerin ist ab morgen in Urlaub, sie wird von einer jüngeren Kollegin ersetzt, und zu dritt planen wir ein Programm für kreative Sommerferien. Das Team hat nämlich entdeckt, daß ich ausgebildete Kunstlehrerin bin (und eines meiner Diplome ist sogar für Kunst in der Früherziehung) und richtige Lehrpläne schreiben kann – mit dem Umsetzen geht es erst in den nächsten Tagen los. Ich war zwar bis jetzt höchst zufrieden mit einer Rolle im Hintergrund, aber eine etwas professionellere Aufgabe ist auch schön. Und ich habe riesige Lust dazu, wieder Kunst mit Kindern zu machen.

Ich habe meinen Zwiespalt zwischen Pädagogik und Kunst ja nie wirklich auflösen können und kann es immer noch nicht. Darum paßt es mir so gut, die Woche zu unterteilen.

Die Abschlußfeier heute war schön, aber auch merkwürdig, weil die Eltern ausgeschlossen waren. Die Kindergärtnerin hat trotzdem eine komplette Feier durchgezogen, es war wahnsinnig viel Arbeit, und eine der Kolleginnen hat alles gefilmt. Die Eltern konnten per Zoom zugucken, wie ihre Kinder tanzen und singen. Sie hatten einen sehr schönen Videoclip aufgenommen, in dem alle Elternpaare vorkamen und in Gebärdensprache ein schönes Lied begleiteten. Das war für die Kinder ein Höhepunkt. Zu diesem Lied:

 

 

Die beiden letzten Lieder und Tänze waren dann draußen vor dem Kindergarten – die Eltern standen mit Mundschutz hinter einem Flatterband. Einer der Väter hatte eine Drohne dressiert, die alles von oben filmte, und die Kinder waren begeistert.

 

Die Atmosphäre in einem Kibbuz ist selbst unter Corona-Bedingungen so freundlich, so offen, ich kann es nicht beschreiben. Die Eltern arbeiten teils im Kibbuz, teils draußen, viele sind auch selbst keine Kibbuzniks, sondern haben sich ein Haus im Neubaugebiet des Kibbuz gebaut. Aber die Entscheidung, die Kinder in einem Kibbuz großzuziehen, sagt schon aus, daß das Familienleben der höchste Wert ist. Und die Kindergärtnerinnen sagen beiden, sie haben an keinem anderen Arbeitsplatz so viel Respekt von Eltern und Kindern erfahren wie in einem Kibbuz-Kindergarten. Sie sind aber auch, jede auf ihre Art, sehr gute, engagierte Pädagoginnen, denen nichts entgeht. Die Eltern verlassen sich auf den Kindergarten, und nach allem, was ich bisher mitbekommen habe, können sie das auch.

Irgendwas ist immer noch dran an so einem Kibbuz-Leben, auch wenn die Außenwelt natürlich eindringt, was ja auch in vieler Hinsicht gut ist.

 

Ich habe wenig Zeit für die Nachrichten, kriege wohl mit, daß die Corona-Wellen weiter rollen, nicht nur bei uns, und daß Netanyahu sich aus Trumps nie richtig vorgestelltem Plan die Rosinen rauspicken will, die sauren Äpfel hingegen liegenlassen will. Ich habe keine Zeit oder Lust, tiefer in die Materie einzudringen – mein Eindruck ist, daß Trumps Plan nicht grundlegend verschieden ist von den unzähligen früheren, die alle auf Gebietstausch  und -ausgleich hinauslaufen, außerdem die Gründung eines Staats Palästina. Waren frühere Pläne oft zugunsten der Palästinenser gewichtet, hat Trumps Vorschlag wohl eine Schlagseite in Richtung Israel. Daß Netanyahu daraus noch schnell unilaterale Schritte machen will, zeigt vielleicht, daß auch er nicht an einen Wahlsieg Trumps im November glaubt – dann wäre nämlich Zeit geblieben, den Plan erstmal vernünftig durchzuarbeiten. Aber jetzt soll alles husch-husch über die Bühne gehen. Ich halte das für einen Fehler, auch wenn es sicherheitspolitische Gründe dafür gibt. Unter einem Präsident Biden geht es dann wieder in die andere Richtung, und nichts ist gewonnen, dafür aber viel verloren.

Inzwischen habe ich von Bibi die Nase so voll, daß ich nicht mal Lust habe, mehr zu diesem Thema zu sagen oder zu lesen. Ich hoffe, es kommt noch was dazwischen.

Die zweite Welle Juni 2, 2020, 20:16

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen, Persönliches.
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steigt und rollt. In Schulen und teilweise auch Kindergärten gibt es zunehmend neue Corona-Fälle. Viele Kinder sind in Quarantäne, betroffene Schulen geschlossen, und keiner weiß, wie es nun weitergeht. In unserem Kindergarten fangen wir an, schrittweise wieder gemeinsame Aktivitäten einzuführen, an denen beide Gruppen teilnehmen, aber mit minimalem Kontakt. So haben wir unseren ersten Ausflug durch den Kibbuz gemacht, aber die Gruppen gingen getrennt. Es war trotzdem schön, natürlich haben wir Familienmitglieder der Kinder getroffen, das ist im Kibbuz eben so.  Keiner weiß genau, wie es weitergeht, wir bekommen jeden Tag neue Anweisungen und wir achten sehr auf Hygiene, Distanz und Mundschutz. Meine ganze Putzteufelei werde ich im Kindergarten los. Wo eine Kinderhand hingefaßt hat oder hätte hinfassen können, wischen und desinfizieren wir. Es wäre ein Albtraum, wenn es bei uns eine Ansteckung gäbe.

Wir servieren das Essen jedem Kind einzeln, mit Handschuhen, auf desinfizierten Tischen mit Papier-Unterlagen auf Einmal-Geschirr, was wir alle für Quatsch halten (die Spülmaschine spült schließlich sehr heiß, d.h., unser Geschirr müßte virenfrei sein), aber einhalten müssen. Die Eltern dürfen noch immer nicht in den Kindergarten rein, und das ist eigentlich gut, denn so ist der Kindergarten eine Art Arche Noah, und die Abschiede und Wiedersehensfeiern spielen sich auf der Eingangsterrasse ab. Die meisten Abschiede morgens sind vollkommen problemlos, und die Kinder spielen, malen und erzählen vergnügt den ganzen Tag über. Die Sorgen der Erwachsenen scheinen sie nicht zu berühren, trotzdem bin ich sicher, daß sie sich immer daran erinnern werden, an diese ganzen neuen Rituale.

Ich habe weiterhin Spaß daran, ihnen einfach zuzuhören. Heute ging es an „meinem“ Tisch darum, wie komisch behaart Erwachsene sind. Die Kinder tauschten ihr Befremden darüber aus und sprachen dabei über Erwachsene wie über eine fremde, etwas bedauernswerte Spezies.

Gestern fiel für eine Stunde der Strom aus, es war über Mittag recht dunkel im Kindergarten und die Atmosphäre ganz anders, ganz still. Alle wurden ziemlich müde, wir auch, aber es war so friedlich. Das helle künstliche Licht putscht doch ein bißchen auf. Wir haben uns daran erinnert, wie es früher war, als in Kindergärten noch Mittagsschlaf gehalten wurde. Wie die Kinder in ihren Betten rumkasperten, während wir todmüde versuchten, sie zur Ruhe zu bringen. Ich weiß noch, welche Kinderschallplatten liefen. Wenn sie dann eingeschlafen waren, mußten wir sie fast schon wieder wecken, damit sie um vier abholfertig waren. Nein, der Mittagsschlaf fehlt den Kindern nicht, aber eine ruhigere Stunde nach dem Mittagessen ist uns allen lieb. Und dann kamen Freudenrufe, als Licht und Klimaanlage wieder ansprangen.

Gleichzeitig mit den Sorgen über ein Corona-Comeback läuft immer noch das Projekt „Normalität, kehr doch wieder“, und ich werde wieder zu Vorträgen eingeladen, die im Februar und März ausfielen. Tagsüber lasse ich mir also Bananen-Suppen aus Sand und Blättern servieren und desinfiziere kleine Stühle, abends bereite ich Vorträge vor, unterrichte außerdem weiter online, was auch vorbereitet werden muß. und habe keine Ahnung, wie es im Herbst weitergehen soll. Es wird mir jedenfalls seltsam vorkommen, in zwei Wochen wieder vor einem echten Publikum zu stehen – soll ich einen Mundschutz benutzen? das Mikrofon vorher und nachher desinfizieren? wird das überhaupt stattfinden?

Ich hatte gedacht, diese Zeit der Merkwürdigkeiten wäre vielleicht fast vorbei. Aber es könnte noch eine Weile dauern.

 

Was ich dazu sage? Mai 30, 2020, 8:54

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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Wie, was, irgendwas mit Bibi? Regierung? Trump? Weiß ich nichts von. Ich habe, als die Regierungsbildung feststand, einerseits tief durchgeatmet, denn endlich haben wir eine funktionierende Regierung, und ohne ging schon nichts mehr. Dann habe ich noch einmal tief durchgeatmet, als ich gesehen habe, wie viele Operetten-Ministerien errichtet werden, um politische Trostpflaster zu verteilen, das alles auf Kosten der ohnehin schon überlasteten Steuerzahler, und zwar auf Jahrzehnte. Eine gigantische Regierung mit 36 Ministern! und das in Zeiten, wo kleine Geschäfte und auch größere Unternehmen pleite gehen und viele Arbeitnehmer arbeitslos sind.

Nach diesen Atemzügen habe ich das Gesicht abgewandt und endlich auf Quarta gehört. „Mama, keine Nachrichten mehr, du ärgerst dich bloß, und machen kannst du sowieso nichts“. Also bin ich mal wieder im Nachrichten-Moratorium, hüte mich vor Webseiten, Radio und Fernsehen, und ach, das tut eigentlich sehr gut.

So gut, daß ich letzte Nacht einen kleinen Albtraum habe, nämlich daß ich bei deutschen Freunden bin und höre, wie die in der Küche über Israel herziehen. „Wenn Israel mal einen kranken Palästinenser zu fassen kriegt, hängen sie ihn zur Warnung aus dem Krankenhausfenster, sie würden nie einen behandeln…“ und solche Sachen. Irgendwann bin ich wie eine Hornisse in diese Küche geschwirrt und wollte meine „Lügen! Lügen! alles Lügen!“ sagen. Dann fiel mir auf, daß es nur ein Traum war, und es war mir im Traum sehr peinlich, daß ich auf einen Traum reingefallen bin, und habe mich entschuldigt. Aber noch beim Aufwachen war ich etwas grimmig. Ich weiß nicht, was so ein Traum nach dem Traumbuch bedeuten würde, vermutlich irgendwas noch Peinlicheres.

Also werde ich mich demnächst mal nur meinem im Moment sehr ausgefüllten Privatleben widmen. Zwei Wochen Arbeit im Kindergarten habe ich schon hinter mir, die Abläufe sind mir klar, die Regeln auch, und ich kenne inzwischen alle Mitarbeiterinnen. Wir sind ein großes Team, jeden Tag ist die Zusammensetzung anders, was auch daran liegt, daß jede einen anderen Tag als freien Tag wählt (da wir freitags auch arbeiten – der Kindergarten hat die 6-Tage-Woche, alle Mitarbeiterinnen aber nur eine 5-Tage-Woche).  Mein freier Tag ist nicht frei, da ich online unterrichte und schon die Stunde für nächste Woche vorbereite, außerdem unser vernachlässigtes Heim ein bißchen beputze und entstaube. Oh, und die Katzen entschädige, für viele einsam verbrachte Stunden. Eine Vielzahl von Kuhlen in Kissen und Decken zeigt, daß sie sich von Plätzchen zu Plätzchen schlafen.

Am Sonntag werden die beiden Kindergruppen vereinigt, und der Kindergarten, der bisher in zwei Teile geteilt war, wieder so aufgeteilt wie früher. Für mich also alles neu. Insgesamt spürt man in ganz Israel, daß die Leute das Gefühl haben, Corona liegt hinter uns, und so schlimm war es doch eigentlich gar nicht. Ob es nun die Maßnahmen waren, die dazu geführt haben, daß die berühmte Kurve tatsächlich relativ flach blieb, oder ob sowieso nichts passiert wäre, weiß man nicht. Ob nun die gefürchtete zweite Welle kommt, weiß ich nicht – trotz Nachrichten-Boykotts werde ich wohl mitbekommen, wenn tatsächlich die Zahlen wieder hochgehen und die Einschränkungen wiederkommen.

Ich lese auf dem Weg zum und von der Arbeit auf dem lieben Kindlechen viele feine Dinge, das sind meine Erholungszeiten, obwohl in den Bussen immer noch die vordersten Sitze gesperrt sind und alle Mundschutz tragen müssen. Wir hatten eine üble Hitzewelle, da war der Mundschutz wirklich eine Qual und ich hätte in Alco-Gel baden mögen, um mich abzukühlen. Aber jetzt ist es wieder ganz angenehm, nachts sogar etwas kühl, wie herrlich. Natürlich ist das Grün am Wegesrand längst gelb und grau, das Austrocknen der Erde hat angefangen, und obwohl offiziell noch Frühling ist, fühlt es sich an wie Sommer.

Ab morgen werden hoffentlich auch wieder Ausflüge gemacht, dann kann ich mit den Kindern den Kibbuz erkunden, von dem ich bisher nicht viel kenne. Die Kinder sind wunderbar, und wenn ich ihnen zuhöre, spüre ich so richtig, wie ich Kinder in meinem Leben vermißt habe. Ich hoffe, mein Rücken hält durch – aber auch die jungen Kolleginnen sagen, sie haben Rückenschmerzen.

Die Kolleginnen sind übrigens größtenteils nicht vom Kibbuz selbst, nur eine ist eingeheiratet. Nur die Sonderpädagogin, die zweimal die Woche kommt, ist so richtig Kibbuznikit von Geburt an, und sie kommt aus einem Kibbuz, den ich gut kenne, aus derselben Kibbuzbewegung. Ich habe also die „und was ist mit Ron und Arielle, sind die noch in den USA?“-Gespräche nur mit ihr, ihre Eltern kennen meine Schwiegereltern und ihre Großeltern haben mit Y.s Großeltern in der Fabrik gearbeitet, als die gerade gegründet wurde.

Wenn es nur eine Person ist, mit der man so viele Verbindungen aufspüren kann, ist das nett und interessant – aber als ich noch in unserem alten Kibbuz gelebt habe, war es manchmal schon etwas überwältigend, daß jeder Mensch Y. und seine Familie drei Generationen weiter kannte. Manche alten Chaverim waren mit Y.s Oma in Deutschland zur Schule gegangen, da waren dann die Urgroßeltern schon befreundet. Interessant, ja, und auch oft komisch. Ich erinnere mich noch, als Primus ganz klein war und mal furchtbar schrie in seinem agalool-Kinderwagen*. „Ganz der Opa“, meinte eine ältere Frau etwas spitz, als sie vorbeikam. Ja, mein Schwiegervater war auch ein Schreikind, Y. dagegen gar nicht. Das habe ich aus sehr vielen sicheren Quellen erfahren.

In dem Kibbuz, wo ich jetzt arbeite, sind keine Kinder „von draußen“, also alle Eltern (die mir wie große Kinder vorkommen…. viele sind in Primus´ Altersgruppe) sind Kibbuzniks und kennen sich wohl auch sehr gut. Die Eltern dürfen nicht in den Kindergarten, wegen Corona, sie warten also draußen auf ihre Kinder, stehen dort in Gruppen mit größeren Kindern auf Fahrrädern und Kinderwagen. Das ist diese 16-Uhr-im-Kibbuz-Atmosphäre, die ich immer genossen  habe. Der Höhepunkt des Tages – die Familien sind wieder zusammen. Vielleicht müssen manche Eltern später noch eine Runde arbeiten, aber alle bemühen sich, zu diesem Zeitpunkt am Kinderhaus zu sein. Kibbuz-Leben hat zwei Mittelpunkte: die Arbeit und die Kinder. Ich bin froh, daß ich diesen Arbeitsplatz gefunden habe.

 

 

*  Zu diesen Kinderwagen: ich kenne die Gründer von Baby Space seit vielen Jahren, sie sind aus Kibbuz Bet HaShitta. In allen Kibbuzim wurden und werden solche Kinderwagen hergestellt, die eine Mischung aus Ställchen (lool) und Wagen (agala) sind. Kleine Kinder liegen drin, große Kinder stehen, und man kann problemlos mehrere Kinder transportieren. In Kibbuzim macht das Babyhaus seine Ausflüge mit solchen Wagen. Die Kinder haben Aussicht in alle Richtungen. In der Stadt nicht praktisch, aber für ländliche oder eben Kibbuz-Familien ideal.

Ich hatte für Primus und Secundus normale agalool-Wagen aus dem Fundus des Kibbuz. Zur Geburt von Tertia schenkten uns die Freunde aus Bet HaShitta einen selbstgebauten – damals hatten sie die Firma noch nicht gegründet, bauten aber schon selbst solche Wagen. Es war ein knallroter, absolut genialer Wagen, der sich leicht steuern ließ. Wir haben ihn geliebt. Quarta hat ihn auch noch benutzt, danach meine Schwägerin mit ihren dreien. Ich bin sicher, wenn ich vor dem alten Babyhaus nachgucke, steht mein alter Wagen immer noch da und wird genutzt.

Irgendwann haben die Freunde aus Bet HaShitta aus ihrem Können eine Firma gemacht und ich kann sie von ganzem Herzen empfehlen.

 

Eine gute Woche Mai 27, 2020, 5:23

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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und ich kenne die Abläufe im Kindergarten schon ganz gut. Vieles ist anders, als ich es kannte, und auch besser. Im alten Kindergarten haben wir eigentlich nicht mit den Kindern gespielt, da wurde nicht mal der Begriff „spielen“ verwendet, sondern grundsätzlich nur „arbeiten“ – die Kinder arbeiten im Sandkasten, am Wassertisch, im Haushalt (meshek beit – so heißen Puppen-, Küchen- und Verkleidungs-Ecke zusammen mit den großen Bauklötzen, mit denen die Kinder sich ihre Spielwelt zusammenstellen, jedesmal anders). Aber im neuen Kindergarten gibt es eine viele Regale voll mit Brett- und Gesellschaftsspielen, viel mehr als im alten, mit denen die Kinder gern spielen. Sie laden dafür ein, wen sie wollen, eben auch uns, und ich habe schon jede Menge neuer Spiele gelernt. Da wir ein großes Team sind, können wir das auch zeitlich schaffen. Dabei lernt man die Kinder auch richtig gut kennen.

Während ich Frühstück mache und abräume, beobachte ich die Kinder beim Spiel, und das bestärkt meine Überzeugung, wie wichtig soziale Kontakte für Kinder sind. Die in meiner Kindheit verbreitete Auffassung, daß Kinder zarte Pflänzchen sind, die ständig unter Mutters Gluckenflügel gehören, hat wohl vollkommen ausgeblendet, wie Kinder genießen, mit anderen Kindern zusammenzusein. Es gibt lockere Gruppen von Kindern, die täglich zusammen spielen, und echte Freundschaften, auch in Junge-Mädchen-Kombination.

Die Eltern dürfen den Kindergarten noch immer nicht betreten, und wir nehmen die Kinder morgens am Eingang im Empfang. Die Abschiede fallen, wie ich seit Jahrzehnten weiß, den Eltern deutlich schwerer als den Kindern. Tränen habe ich nur einmal dabei gesehen, und das war kurz nach der Wiedereröffnung nach 2 Monaten Corona-Pause. Der normale Abschied ist liebevoll und kurz, das Kind hängt die Tasche auf und läuft zu den Freunden, um Pinguin-Falle zu spielen oder Falafel-König oder sich in eine Welt aus Bauklötzen, Dinosauriern und Lego zu integrieren.

Einmal sah ich eines der süßesten kleinen Mädchen im Krach mit der Mutter. Ich weiß nicht, was da vorher war, aber die Tochter war deutlich sauer auf die Mutter und kam ein bißchen mürrisch rein. Sie ließ das aber sofort hinter sich, als sie die Freunde sah, besonders den besten Freund, der schon auf sie wartete. Sie spielte den ganzen Tag schön, stellte ein ganzes Bilderbuch her und sah vergnügt aus. Dann hieß es, „deine Mutter ist da“, und ich half ihr beim Einsammeln von Tasche und Wasserflasche und begleitete sie nach draußen. Die Spannungen waren sofort wieder da, das konnte ich sehen. (Heute habe ich beiden wieder beim Abschied zugsehen, und er war ganz harmonisch – also kein grundlegendes Problem).

Ich habe ja schon erzählt, wie gern ich sehe, daß die Kinder eigentlich den ganzen Tag lang spielen. Ich habe kein einziges Mal gehört, daß jemand über Langeweile geklagt hätte. Wer keine Lust mehr auf Gruppenspiel hat, der geht in die Lese-Ecke (wo nie mehr als drei Kinder sein dürfen), oder macht ein Puzzle.

Wegen der Corona-Vorschriften dürfen die Kinder manches nicht machen, was sonst normal wäre – sie gucken also nur zu, wenn zur Vorbereitung des Shavuot-Festes Käse hergestellt wird (in anderen Jahren machen sie den selbst, jetzt darf es nur die Kindergärtnerin und sie trägt dabei Handschuhe), aber auch dabei haben sie Spaß. Aber am Freitag haben sie alle ihr Shabat-Brot gebacken, dabei haben einige statt des normalen Hefezopfs Figuren geformt, sie können mit ihrem Teig machen, was sie wollen.

Die täglichen Ausflüge zu Fuß sind auch noch nicht erlaubt, was ich sehr bedaure, denn ich würde gern mehr vom Kibbuz sehen. Hoffentlich geht das ab nächste Woche wieder. Aber die Kinder kommen auch ohne Ausflug aus, keines fragt danach. Und auch ohne den Mittagsschlaf, der im alten Kindergarten gepflegt wurde, kommen sie gut aus. Es ist zwischen 14.00 und 16.00 ein bißchen stiller, aber sie spielen ganz munter weiter.

Die Gruppen sind noch immer geteilt, aber am Sonntag wird der Kindergarten hoffentlich wieder vereinigt. Dann können wir auch wieder das Essen in Schüsseln auf den Tisch stellen, so daß sich jeder nehmen kann, statt wie jetzt jedem Kinder mit Handschuhen getrennt zu servieren. Wir wieseln bestimmt zehn Minuten zwischen den sechs Tischen hin und her, „möchte jemand an diesem Tisch Möhren?“, und die Kinder haben nicht den ganzen Überblick, was es eigentlich alles gibt, auch wenn wir es vorher sagen.

Mundschutz tragen wir im Kontakt mit den Eltern, dann dürfen wir ihn abnehmen. Eine Mitarbeiterin arbeitet auch in anderen Einrichtungen, und sie trägt ihren Mundschutz den ganzen Tag. Wir desinfizieren Tische, Stühle, Türklinken, Lichtschalter etc ständig, und ich fröne meinem persönlichen Hobby, dem Abwischen der Wände und Türen in Kinderhand-Höhe. Ob es was nützt, weiß keiner, aber es riecht nett und die Mutter der Porzellankiste geht auf keine Kuhhaut.

Sollte es das gewesen sein mit Corona? Ich weiß es nicht, denn Nachrichten sehe und höre ich nicht mehr. Ich hoffe es aber.

Alte Ente paddelt sich warm Mai 20, 2020, 21:30

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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Es ist schon viele Jahre her, seit ich das letzte Mal in einem Kibbuz-Kindergarten oder Kinderhaus gearbeitet habe (und überhaupt noch nie in Nicht-Kibbuz-Kindergärten) – viele Jahre, die ich größtenteils unterrichtenderweise verbracht habe, und zwar mit Publikum, das sich allein die Nase putzen konnte.

Ich habe auch zu meiner großen Freude die Möglichkeit, weiter zu unterrichten. Meine Woche wird zwar gut voll sein, aber meine Kinder sind ebenfalls imstande, sich allein die Nase zu putzen – für die Katzen ist es allerdings eine Umstellung, so viel allein zu sein, aber sie schlafen eben noch ein bißchen mehr. Gut, daß ich nicht aufs Unterrichten verzichten muß, das würde mir doch sauer.

Drei Tage Arbeit sind natürlich noch keine Grundlage für eine umfassende Beurteilung, und was die Kolleginnen über mich denken, weiß ich auch noch nicht. Die Probezeit beträgt drei Monate, und es ist möglich, daß ich dann sage: das war sehr, sehr nett, aber auf Dauer ist das zu viel für eine alte Mama Ente. Aber das Schöne ist – ich habe in diesen drei Tagen gesehen, daß ich es noch kann.

Die Arbeit ist körperlich verdammt anstrengend, das wußte ich. Wie bereits erwähnt, glaubt man im Kibbuz nicht, daß es entwürdigende Arbeit überhaupt gibt, weil JEDE Arbeit Würde hat, und darum wird geputzt und erzogen und gespielt und geputzt. Die Kindergärterin putzt weniger, ist mehr mit den Kindern, aber auch sie greift zum Besen oder Lappen. Und der Rest des Teams, mal fünf, mal sechs Frauen, kümmert sich um die Sauberkeit in einem sehr großen Haus, um Essen und Garten und Spielplatz. Die Kinder haben ihren festen Tagesablauf (jetzt allerdings durch Corona sehr kompliziert geworden), und wir haben unseren. Ich hatte Angst, daß ich das nicht mehr durchhalte, Eimer voll Wasser mittels Gummilippe durch den Kindergarten zu jagen, aber ich habe noch immer Spaß daran, wie früher.

Der Rücken tut mir allerdings teuflisch weh, denn natürlich bücken wir uns ständig, Die Tische, die wir schrubben, sind niedrig, die Stühlchen, auf denen wir sitzen, sind Kinderstühlchen (im ganzen Kindergarten gibt es nur einen „normalen“ Stuhl, und der steht in der Abstellkammer, falls ihn bei einer Geburtstagsfeier mal ein Großelternteil braucht). Selbst unser Team-Klo ist Miniatur. Niedrig sitzen ist eigentlich kein Problem, aber die Rückenlehne drückt sich genau dort in meinen Rücken, wo mir eine alte Narbe wehtut. Ja, das Jammern mußte sein, aber ich wußte es – im Kibbuz-Kindergarten hat alles Kinder-Format.

Das waren also die Schwierigkeiten, doch nun die große, riesige innere Freude. Ich habe immer Kinder geliebt, seit ich meine Puppen versorgt habe, und ich hatte immer Spaß daran, ihnen zuzuhören. Aber ich glaube, das große Staunen, die innere ja-fast-Andacht darüber, wie interessant Kinder sein können, das alles schenkt einem erst ein gewisses Alter.

Ich muß dazu sagen, daß diese Kinder extrem gut erzogen sind. Sie können ihre Wünsche und Probleme so klar formulieren, daß ich großen Respekt für die Eltern und das pädagogische Team empfinde. Es gibt kaum Streit zwischen den Kindern. Wenn sie Probleme miteinander haben, wenden sie sich an die Erwachsenen. „Ich möchte gerne mit Liel und Amit in der Puppenecke spielen, aber sie lassen mich nicht mitmachen“. Die Mitarbeiterinnen verschwenden keine Zeit auf „wer hat angefangen“ und „ja schämt ihr euch nicht“, sondern suchen ruhig eine Lösung, die alle zufriedenstellt. Weil die Kinder das wissen, wenden sie sich auch gern an die Mitarbeiterinnen. Ansonsten spielen sie autonom.

Wegen Corona (Mensch, wie wir das Wort alle satt haben!) dürfen sie nicht auf Ausflüge gehen, sind in zwei Gruppen aufgeteilt (die Roten und die Blauen), ist der Kindergarten unterteilt, auch der Spielplatz draußen, die Toiletten ebenfalls, jedes Kind darf nur einen Stuhl benutzen, und alles ist Namen oder roten bzw blauen Punkten gekennzeichnet. Trotz dieser Komplikationen, die gute Freunde trennt und vielen Kindern schwerfällt, sehe ich, wie die Kinder von morgen um 7.15 bis nachmittags um 15.40 von Spiel zu Spiel rollen. Morgens sitzen sie an den Tischen, spielen Brettspiele oder mit diversen Spielsachen, die jeweils thematisch in Kästen sortiert sind. Die Brettspiele und Puzzles holen sie selbst, die Kästen mit Lego etc bringen wir ihnen.

Die Kinder laden auch uns manchmal ein, mitzuspielen. Ich habe schon mehrere neue Spiele gelernt, worunter „König des Falafel“ mein liebstes ist.

Frühstück dürfen wir ihnen (noch) nicht zubereiten, dabei ist das klassische Kindergarten-Frühstück ein Gedicht für sich – viel Gemüse, Salat, Hüttenkäse, Oliven. Ich werde nie vergessen, als ich dieses Frühstück zum ersten Mal sah. Noch müssen die Kinder ihr Frühstück von zuhause mitbringen. Süße Aufstriche etc sind dabei tabu. Alles ist gesund, und der Salat, den ich jeden Morgen schnibbele, ist nur für das Team.

Nach dem Frühstück machen wir natürlich sauber, und die Kinder dürfen nun in den verschiedenen „Ecken“ spielen. Arzt-Ecke, Puppen-Ecke, die wunderbaren großen, hohlen Bauklötze, aus denen sie ganze Welten bauen, die Verkleidungs-Ecke, Bücher-Ecke, Natur-Ecke, das Puppenhaus, die Dinosaurier, die Küchen-Ecke…. Die Kinder verteilen sich in Gruppen, fangen an zu bauen, zu spielen, sich zu verkleiden.

Nach 20 Minuten hört man nur noh eifriges Summen. „Und wenn dann der König käme, dann würden wir hier das Schloß bauen…“ „Mach du den Schoko, ich mach den Kuchen“ Ich kann nur bewundern, wie komplett die Kinder in ihr Spiel versinken.

Ein Junge zieht sich Papprollen, die von irgendeiner Fabrik stammen, über die Ober- und Unterarme, stopft sich weitere Rollen hinten ins T-Shirt und stakst wie ein Roboter durch den Kindergarten. Ein Junge sitzt allein vor dem Puppenhaus, in dem Puppen und Pferde zusammenleben. Zwei kleine Mädchen füttern die Babypüppchen. Eine ganze Gruppe spielt Königshaus. Eine andere ahmt wohl irgendeinen Film nach und fuchtelt mit den Armen wie im Kampf mit unsichtbaren Schwertern. „Die Macht ist jetzt bei euch, aber wir nehmen sie uns wieder“, und trotzdem wird kein Streit daraus.

Während ich die Stühlchen scheuere und die Spülmaschine belade, höre ich einfach nur zu und habe Spaß.

Wenn die Spielzeit dann vorbei ist, sagt die Kindergärtnerin, daß nun aufgeräumt werden muß. Und das macht sie so (ich liebe diese Tricks von Kindergärtnerinnen). Sie fängt an zu singen: Ich habe eine wichtige Nachricht…. und die Kinder antworten: …. und wir hören zu. Falls es noch nicht alle gehört haben, singt sie es noch einmal, und dann hören alle zu. Und dann sagt sie: wir wollen gleich essen, und jetzt muß aufgeräumt werden. Alles an seinen Ort!

Und dann kann man sehen, wie die Kinder ohne weiteres Antreiben die Sachen, mit denen sie gespielt haben, zurück an ihren Platz bringen. So oft ich das gesehen habe, so sehr staune ich immer noch. Natürlich funktioniert das zuhause mit den eigenen Kindern nicht so gut. Aber im Kindergarten geht das ruckzuck.

Zweimal am Tag gibt es das Treffen (mifgash), zu Deutsch wohl Stuhlkreis. Die Kindergärtnerin muß das jetzt alles doppelt machen – wenn die Roten im Treffen sind, spielen die Blauen draußen (darüber muß ich mal gesondert schreiben) und umgekehrt. Sie entläßt die Kindern zum Wassertrinken und Händewaschen in kleinen Gruppen, wie ein Spiel. „Jetzt geht ein Mädchen mit einem Katzen-T-Shirt und ein Junge mit Spiderman-Sandalen“. So gibt es kein Gedränge an den Waschbecken und dem Tisch mit den Wassrflaschen (ebenfalls dank Corona persönliche super-raffinierte Flaschen, die wir ständig nachfüllen).

Ein kleiner Junge liebt besonders die Natur-Ecke. Mit einer Lupe betrachtet er die Vogelfedern, die sie auf Ausflügen im Winter gesammelt haben, und vergleicht sie mit einem Vogelbuch. Dann zeigt er mir seine Lieblingsfeder. Derselbe Junge gibt beim Mittagessen seine Theorie vom Urknall bekannt. „Es war mal ein Urknall, und der hätte die Erde fast kaputtgemacht“.

Das Mittagessen wird von einer Catering-Firma geliefert, wir müssen es mit Handschuhen auf Einmal-Geschirr austeilen und dürfen den Kindern nicht mal mehr Obst schneiden. Eine Mitarbeiterin sammelt jedes Fitzelchen übriggebliebenes Essen ein für die Straßenkatzen ihres Wohnorts.

Zu anderen Zeiten werden Tische mit Gouache-Farben, Collage-Material, Ölkreiden, Knete und anderen Materialien aufgemacht. Die Kinder bekommen das Material, was sie damit machen, bestimmen sie selbst. Wer nicht will, läßt es.

Das war ja gleich etwas, das mir damals im Kindergarten auffiel – daß es nicht hieß, „heute malen wir Marienkäfer, dafür zeigen wir euch mal, wie das geht“ oder „heute basteln wir einen schönen Untersetzer für einen Blumentopf“, sondern – „hier ist die Farbe, legt los“. Und die Ergebnisse sind natürlich einfach wunderbar.

Ein kleines Mädchen ist sehr kreativ und außerdem auch sehr beliebt. Sie beschloß schon vorgestern, daß sie eine Party gibt, um das Ende von Corona zu feiern. Dafür bastelte sie aus Papier einfache Taschen, die sie schön bemalte. Der ganze Kindergarten kriegte solche Taschen. „Da kommen die Süßigkeiten rein auf unserer Party“. Dann gab es Armreifen und schließlich Kopfschmuck. Die Gruppe um dieses Mädchen herum heftete sämtliche Heftklammern leer und arbeitet schon seit drei Tagen an der Vorbereitung für diese Party.

Am Rande dieser Gruppe saß ein stiller kleiner Junge, jünger als die führenden Kinder. Er sah sich an, wie man mit den kleinen Heftern arbeitet, und legte dann selbst los. Er bastelte sich einen Reifen für den Kopf, auf den er vorn ein rundes Schild heftete, und malte alles gelb an. Dann baute er sich Armschoner wie die von Wonderwoman, ebenfalls in gelb. Er plagte sich ziemlich damit, sich diese Schoner selbst anzulegen, aber wir warteten ab, ob er um Hilfe bittet. Für den zweiten Armschoner brauchte er etwas Hilfe, aber dann war er fertig ausgerüstet.

Und ging nun ganz für sich durch den Kindergarten mit einem verträumten Gesicht. Zwischendurch hob und kreuzte er die Arme. Ob er spielte, daß er ein Superheld ist oder zaubern kann oder sich unsichtbar machen kann, weiß ich nicht. Auch nicht, ob es jemand außer mir auffiel. Aber ich kann gar nicht sagen, wie mich das berührte, dieser kleine Junge, der so still strahlend mit seiner selbstgebastelten Ausrüstung durch den Kindergarten ging.

Für mich ist klar, daß das viel wichtiger ist als die früher in deutschen Kindergärten angestrebten Bastelfertigkeiten – Schablonen sauber ausschneiden, Wattewolken-Mobiles nach Vorbild nachbauen und so weiter. Ja, ich habe solche Bücher noch zuhause, hoffe aber innig, daß es das nicht mehr gibt. Die Erinnerung an meine Kindergärtnerin Ende der 60er Jahre, die mit dem Radiergummi herumging und unsere Zeichnungen verbesserte, ja die mir meinen schönen Igel ausradierte, die sitzt noch tief.

Bestimmt werde ich noch sehen, daß sich Kinder weniger als so wunderbar benehmen, und tatsächlich hatte ich heute Gelegenheit, Widerstand zu sehen. Die Roten, die ich weniger gut kenne, spielten in den „Ecken“, und zwei Jungen tobten ziemlich herum, wobei sie große, wirklich gefährlich aussehende Mikado-Stäbe herumfuchtelten. Morgens hatte eine Kollegin ihnen die schon weggenommen. Ich fragte trotzdem nach (will mir ja nichts anmaßen), ob es okay ist, wenn ich sie ihnen nun auch wegnehme, die Kollegin sagte, ja klar, und ich schritt zur Tat.

Die Kinder, die mich wirklich nicht gut kennen, wollten mir natürlich die Mikadostäbe nicht ausliefern (ich hatte sie vorher dreimal verwarnt, sie fuchtelten jedesmal weiter und guckten, ob ich es auch sehen kann). Ich blieb aber unnachgiebig, und schließlich hatte ich die Stäbe in der Hand. Da sah mich einer der Jungen zornig und empört an. „Was du machst, das ist ganz gemein. Man darf Kindern nichts stehlen!“ Ich stimmte ihm sofort zu, nein, man darf Kindern nichts stehlen, und es ist gut, daß er das weiß. Ich zeigte ihm dann, wo die Mikadostäbe sind, und daß er morgen früh mit ihnen spielen kann – aber nicht als Waffe, sondern eben als Mikado. Ich sagte ihm auch noch einmal meinen Namen und daß ich weiß, er kennt mich noch nicht.

Eine halbe Stunde später kam der Junge zu mir und fragte, ob er aufs Klo kann (ja, die Klos sind natürlich auch nach blau und rot unterteilt, und um Treffen von Roten und Blauen zu vermeiden, müssen wir die Klobesuche absprechen). Daran sah ich, daß er meine Autorität anerkannt hat, widerwillig, und es wird wohl eine Weile dauern, bis er mir verzeiht. Mir hat aber gefallen, daß er sich so gewehrt hat, und zwar verbal. Er weiß ja wirklich noch nicht, ob sie ihm nicht eine böse Frau geschickt haben, die den Kindern Sachen wegnimmt.

Auch draußen war eine kleine Probe. Eine Gruppe Jungens entdeckte einen Mistkäfer und fing an, ein bißchen Hysterie zu mimen. „Iiiiih, ein Mistkäfer im Sandkasten, was machen wir jetzt?“ Ich sagte, „laßt den armen Käfer mal, der möchte lieber auf die Wiese“, nahm den Käfer in die Hand und trug ihn zur Wiese. Ungern, aber es war gut, daß ich es getan habe, denn die Jungens spielten sofort schön weiter.

Zum Spiel im Sand kriegen sie auch Wasser, sowohl in Behältern als auch als leichte Dusche von oben, wo sich unter den Schlauch stellen kann, wer will (ich habe mich gestern auch besprühen lassen). Die Kinder tragen grundsätzlich Arbeitsklamotten, die dreckig werden dürfen, ja sollen. Das gefällt mir.

Der Spielplatz draußen ist besonders – diese Spielplätze sind, wie die hohlen großen Bauklötze, eine Spezialität der Kibbuzbewegung. „Chatzer grutaot“ ist eigentlich unübersetzbar – chatzer ist draußen, Hof oder Platz, und grutaot ist Sperrmüll. Aber es ist natürlich kein Müll, sondern ausrangierte Sachen von Erwachsenen, die dort unter einem Dach stehen, und aus denen die Kinder sich kleine Welten bauen können.

Hier sind viele Bilder davon. Natürlich ist jede chatzer grutaot individuell. Die Erwachsenen stiften alte Herde, Betten, Boote, Maschinenteile, Pfannen, alles mögliche, Bei Google Translate kann man sich auch diesen Artikel übersetzen lassen, wenn einen die Geschichte dieser Idee interessiert. Deutsche Besucher, denen ich natürlich immer diese jedem Kinderhaus angeschlossenen Spielplätze gezeigt haben, sagen meistens: „ja ist denn das nicht zu gefährlich?“, aber natürlich sind immer zwei Erwachsene dabei, und die Kindergärtnerin geht regelmäßig durch und überprüft, daß nichts Spitzes oder Quetschendes in der chatzer steht.

Die Kinder lieben das Spiel mit diesen echten, ausrangierten Gegenständen. Sie arrangieren sich „Gebäude“ (bniyot), und im Gegensatz zu den gebauten Welten im Kindergarten, die noch am selben Tag abgebaut werden, dürfen die draußen stehenbleiben. Manchmal spielen die Kinder über Wochen in der Welt, die sie immer weiter perfektionieren. Wir greifen nicht ein, sondern achten nur auf alle Kinder und daß alles friedlich zugeht.

So vergeht der Tag. Zwischendurch werden dreimal die Klos incl Wände und Türen gründlichst geputzt. Die Tische werden ständig abgewischt, die Küche ist ständig aktiv (offene Küche im selben großen Raum). Die Kinder können sich ruhig dreckig machen, das Haus muß tadellos sauber sein. Es gibt keinen Fernseher und keinen Computer im Kindergarten, und im Gegensatz zum Kinderhaus von früher schlafen die Kinder dort auch nicht. Sie arbeiten nach dem Mittagessen still. Mindestens eine der Kolleginnen liest den Kindern was vor.

Die einzigen, die ein Handy in die Hand nehmen, sind natürlich die Erwachsenen. Die Kinder können darauf verzichten. Bestimmt haben sie allen Kram zuhause, aber die Bullerbü-Fähigkeit von Menschenkindern, einfach mit einer Puppe, einem Kissen, einem Dinosaurier und ein paar Legosteinen einen Tag glücklich hinzubringen, ist nach wie vor noch da.

Mir fiel im Laufe dieser Tage wieder auf, wie sehr die Idee der Kibbuz-Erziehung meinen Überzeugungen entspricht. Ich kenne die PH, an der all diese Ideen über Jahre hinweg in einem Versuchs-Kindergarten entwickelt wurden, aus nächster Nähe – ich habe dort selbst studiert und unterrichtet. Tatsächlich war mir schon ganz entfallen, daß einer der akademischen Abschlüsse, die ich früher mal gesammelt habe, Künstlerische Früherziehung lautet. Was aber nicht bedeutet, daß ich so einen Kindergarten leiten könnte. Ich bin mit meiner Rolle im Hintergrund mehr als zufrieden.

In einer Zeit, in der ein Yoav Galant das Erziehungsministerium zugeschustert kriegt, weil Bibi ihm einen Hering zuwerfen muß, damit Galant weiter Bälle auf der Nase balanciert – obwohl Galant für das Amt so qualifiziert ist wie ich für das Verteidigungsministerium – in einer Zeit, in der die Erwachsenenwelt mit ihren Ansprüchen die Welt der Kinder überwuchert, kontrolliert und normiert – da ist es wichtig, Inseln wie Kibbuzim am Leben zu erhalten.

Mir fielen auch junge Familien ein, die ich im Laufe der Jahre kennengelernt habe, die ihre Kinder auch über alles lieben und nur das Beste für sie wollen, aber ihr Geld in rosa-lila-Elsa-Plastik-Welten investieren, in denen alles vorgegeben ist. Eine Mutter kam sofort mit Feuchttüchern angerannt, als ich mit ihrer Tochter malte (sie hatte nur Filzstifte), um dem Kind die Finger abzuwischen. Sehr nette und gebildete Leute, aber ich glaube, die Töchter haben noch nie einfach dagesessen und mit Hosenknöpfen gespielt. Gegessen wurde in einer Familie vor dem Fernseher, in dem ein Kinderkanal dudelte, der den Eltern verspricht, die Kinder intelligent zu machen. Daß die Töchter so intelligent waren, hatten sie bestimmt nicht dem Fernsehkanal zu verdanken.

Zum Abschluß was Nettes. „Duhu, bist du eigentlich eine Oma?“ „Nein, ich bin noch keine Oma“ „Schade, aber“ (und hier wurde der Ton tröstend) „du siehst schon aus wie eine Oma!“ Das war ein Kompliment und so habe ich es auch aufgenommen.

Ich hoffe, mein Rücken hält durch und meine jungen Kolleginnen ertragen mich. Selbst wenn ich irgendwann im Herbst wieder in mein altes Leben zurückkehre – diesen Sommer im Kindergarten genieße ich trotz Hitzewelle, Fliegenplage, Problemen mit Corona-Einschränkungen und anderen Widrigkeiten ganz und gar.

 

Unerträgliche Gewalt, und ein Strom Erinnerungen August 28, 2019, 9:16

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In den letzten Monaten wird Israel von immer neuen Fällen grauenhafter Gewalt gegen Kinder in Kindergärten erschüttert. Seit fast überall Kameras installiert sind (oder installiert wurden, nachdem Eltern das Verhalten ihrer Kinder seltsam vorkam), werden Vorfälle sichtbar, die früher nie aufgefallen wären.

Es fällt auf, daß es sich dabei überwiegend um schlecht oder gar nicht ausgebildete Frauen handelt, die private Einrichtungen betreiben. Obwohl es ein Gesetz gibt, das die regelmäßige Überwachung des Ministeriums für Bildung und Erziehung vorschreibt, gilt das nicht für Kleinkind-Aufbewahrungsanstalten unterhalb einer bestimmten Größe. Oft arbeitet dort eine Frau allein oder zwei, beide unausgebildet, überfordert, mit so viel Kindern, wie die Geldgier in die Einrichtung holt.

Ich habe jahrelang in Kinderhäusern des Kibbuz gearbeitet, und alle meine Kinder waren selbst im Kinderhaus. Zu meiner Zeit waren noch keine Besuche vom Amt üblich, die Kibbuz-Erziehung regulierte sich selbst. Erst als ich schon außerhalb arbeitete, änderte sich der Status der Kinderhäuser, und die Frau vom Amt kam regelmäßig. (Im Fall des Kibbuz-Kindergartens hatte das zur Folge, daß sie einen komplett überflüssigen, aber sehr teuren Metallzaun forderte, obwohl alle Kinderhäuser mitten im Kibbuz liegen – außerdem beförderte sie einige liebe alte Kibbuz-Traditionen in den Müll, und da die Kindergärtnerin zu der Zeit selbst von draußen kam, kämpfte sie auch nicht darum – bin ich heute noch sauer drüber, aber Schwamm drüber).

Wir waren immer zu viert, hatten oft noch eine Schülerin als Hilfe. Mindestens zwei im Team waren voll ausgebildet (vier Jahre Studium an der PH, Abschluß mindestens Dipl-Päd, oft dazu noch B.Ed. oder auch M.Ed. in Frühpädagogik), die anderen wurden oft zu kurzen Kursen geschickt (ich habe z.B, mal einen kurzen Kurs über musikalische Früherziehung gemacht, was ich später im Studium als zusätzlichen Kurs vertieft habe, obwohl es nicht zu meinem Fach gehörte, aber die Dozentin war DIE Koryphäe Israels zum Thema).

Im Kibbuz ist es auch so, daß ständig Leute in den Kindergarten zu Besuch kommen. Die Oma kommt vorbei, der Bruder, die Freundin der Kindergärtnerin, und es gibt die Situation mit dem hermetisch geschlossenen Raum nicht, in dem nur hilflose Kinder und eine überforderte Frau ohne Verständnis für die Bedürfnisse der Kinder sind.

Der Kibbuz sah alle pädagogischen Berufe als besonders wertvoll an und nicht jeder Bewerber, der vom Kibbuz zum Studium geschickt werden wollte, wurde auch unterstützt. Daß ich mit der ersten Bewerbung vom Kibbuz als Studentin angenommen und zum Studium geschickt wurde, war eine echte Ehre und es hat mich enorm motiviert.

Kindergärtnerin (ich benutze das Wort übrigens bewußt, da das hebräische Wort tatsächlich Gärtnerin ist, ganenet) galt damals, ich weiß nicht, wie es heute ist, als hoch respektierte, verantwortungsvolle Arbeit. Über jemanden zu sagen, „sie ist seit 20 Jahren Kindergärtnerin“ bedeutete Ehre.

Im Kibbuz gibt es einen Erziehungsausschuß, dem Männer und Frauen angehören, die regelmäßig alle Kinderhäuser besuchen und mit dem pädagogischen Team wichtige Entscheidung treffen. Zu meiner Zeit wußte jeder im Kibbuz, wer den Ausschuß gerade leitet, er galt als einer der wichtigsten überhaupt. (Mein Schwiegervater hat das eine Zeitlang gemacht). Für das „zarte Alter“ gibt es immer eine extra Verantwortliche, immer ausgebildete Pädagogin und meines Wissens bisher immer weiblich, die bei Problemen immer dabei ist.

Einmal alle sechs Wochen hatten wir Besuch von einer Kinderpsychologin „von draußen“, die auch in der pädagogischen Station der PH arbeitete. Eltern und Team konnten um die Beobachtung einzelner Kinder bitten, wenn sie das Gefühl hatten, sie brauchten Hilfe.

Regelmäßig kam die Tanzpädagogin und lud Kinder in ihr Zentrum ein (sie ist eine Kindheitsfreundin von Y.s jüngster Tante und war immer besonders nett zu unseren Kindern, die alle gerne in ihrem Zentrum war – das ich Kibbuzbesuchern immer noch gern zeige). Ebenso die Kunsttherapeutin, und, als er noch gesund war, der Logopäde des Kibbuz.

Mindestens einmal die Woche arbeiteten Eltern einen Tag lang mit, und oft kamen Großeltern, um mit den Kindern zu backen oder ihnen was vorzulesen.

Es ist kein Wunder, daß ich mich Hals über Kopf in diese Umgebung verliebt habe und mein Traum war, eigene Kinder dort aufwachsen zu sehen.

Und doch. Ich erinnere mich, daß eine der Kindergärtnerinnen, mit denen ich gearbeitet habe, zwar ausgebildete Pädagogin war, aber eigentlich keine Kinder mochte. Alles, was die Kinder taten, war ihr zum Tort. Das war kein großer Kindergarten (gan), sondern ein kleiner (ganon) mit 12 Kindern und einem Team von vier. Ich habe noch ihre nörgelnde Stimme im Ohr, die auch meiner Mutter sofort auffiel. Sie führte den Kindergarten ordentlich, die Kinder bekamen alle Aktivitäten geboten, die sie gern mochten, der Kibbuz-Kinderhaus-Tagesablauf wurde eingehalten, aber die Atmosphäre war mies, besonders im Vergleich zu anderen Kinderhäusern, wo Leute arbeiteten, die Spaß an der Arbeit und an den Kindern hatten. (Die erste Kindergärtnerin, mit der ich als Volunteer schon arbeitete, hat später Sonderpädagogik studiert und war eine der besten Pädagoginnen, die ich je getroffen habe).

Hat diese mißmutige Frau den Kindern Schaden zufügt? Ich weiß es nicht. Sie müssen gespürt haben, daß sie für Tränen, Wutanfälle oder Kinderstreit kein Verständnis hatte und einige der Kinder wirklich nicht mochte. Wie lange hat sie in der Erziehung gearbeitet? Drei Jahre? Vier? (Heute arbeitet sie längst in einem Bürojob außerhalb des Kibbuz, Personalleiterin irgendwo, hoffentlich mag sie die Leute dort lieber als die Kinder). Wie wichtig war ihre Rolle, verglichen mit den anderen Mitarbeiterinnen, die auch viel mit den Kindern zu tun hatten, und der Galaxie von Menschen, die um die Kinder kreisten?

Dann erinnere ich mich an eine im Kibbuz hoch angesehene Frau, sehr intelligent und theoretisch sehr beschlagen. Ich erinnere mich, wie ich als ungelernte junge Mutter in ihrem Kindergarten arbeitete (es war einer der drei Kindergärten fürs Vorschulalter, knapp unter 30 Kinder zwischen viereinhalb und sechs Jahren). Ich interessierte mich damals schon für Kinderkunst, und sie gab mir sehr gute Erklärungen dazu (ich habe das Thema später selbst studiert und eine Zeitlang auch unterrichtet – die Expertin für das Thema an der PH hätte mich gern als Nachfolgerin gesehen und ich  habe eine Rede auf sie gehalten, als sie pensioniert wurde). In vieler Hinsicht habe ich sie bewundert. In ihrem Kindergarten habe ich den Krieg von 1991 verbracht, und sie hat es bewundernswert geschafft, die ganz normale Routine trotz abgedichteter Fenster und Gasmasken weiterzuführen, als wäre nichts.

Aber sie konnte, wenn sie ärgerlich war oder ungeduldig, eine scharfe, schneidende Stimme bekommen. Ich erinnere mich bis heute an eine winzige Szene. Ein besonders sensibler Junge (heute selbst 3facher Vater) hatte irgendwas ausgefressen oder vergessen, weiß nicht mal mehr was. Er war auf dem Weg nach draußen, da rief sie ihn beim Namen. Er erfror  an Ort und Stelle, und ich sah sofort, daß er Angst hatte vor ihr. Die anderen Mitarbeiterinnen und ich haben nie darüber gesprochen, aber wir haben bestimmt alle gemerkt, daß ihr eine gewisse Wärme fehlte, die die Arbeit mit Kindern sehr erleichtert. Wir haben dann versucht, das auszugleichen.

Mit ihr habe ich eine Szene erlebt, die einem heute unglaublich vorkommt. Aber so war der Kibbuz damals bzw konnte er sein.

Eine Familie kam „aus der Stadt“ in den Kibbuz, weil der Sohn an Krebs erkrankt war. Die Mutter war Kibbuz-Tochter (bat kibbuz), und ihre Mutter lebte noch dort. Die größeren Kinder wurden von der Oma betreut, während Vater, Mutter und jüngster Sohn ins Ausland flogen, um dort eine besondere Behandlung für den Sohn zu bekommen. (Er ist heute ebenfalls verheiratet und Vater und ganz gesund). Es war eine schwierige Situation für die Familie, und der Kibbuz half. Ich mochte die Mutter und Oma besonders gern.

Die Tochter war bei uns im Kindergarten, bei der klugen-doch-kalten Kindergärtnerin. Sie war ein sehr intelligentes Mädchen und verkraftete die Situation eigentlich ganz gut. Die Eltern im Ausland, der kleine Bruder schwer krank, auf einmal in den Kibbuz und zur Oma versetzt, die ganz anders erzog als die Eltern.

Nach Monaten kamen die Eltern wieder, dem Sohn ging es viel besser. Die Mutter bat um ein Gespräch mit uns, dem Team des Kindergartens. Sie wollte hören, wie es ihrer Tochter ergangen war, und sie hatte auch eine Bitte.

Sie bat darum, zweimal die Woche die Tochter schon nach dem Mittagessen statt nach dem Mittagsschlaf nach Hause mitzunehmen, also um halb zwei statt um vier. (Vier Uhr nachmittags, wenn die Kinder nach Hause geholt werden, ist die wichtigste Stunde des Kibbuz-Tagesablaufs!) Sie wollte die beiden älteren Kinder abwechselnd jemals zweimal die Woche für ein paar Stunden one-on-one nach Hause holen.

Jeder normale Mensch würde sofort JA sagen, warum denn nicht? Aber unsere Kindergärtnerin wies dieses Ansinnen sofort, ohne nachzudenken und mit Empörung von sich. Ihre Argumente? Ihr kennt solche Situationen, eigentlich gab es keine. Sie hatte noch nie so eine Bitte erfüllt und wollte es darum auch diesmal nicht tun, das war eigentlich ihr einziger Grund. „Sowas hat es ja noch nie gegeben, damit fangen wir gar nicht erst an, wohin kämen wir denn, was sollen die anderen Eltern und Kinder denken“ und so weiter. Der heilige Tagesablauf war für sie in Stein gemeißelt. (Ja, ihre Eltern waren Jeckes, falls ihr das wissen wolltet).

Wir anderen Mitarbeiterinnen guckten uns ratlos an. Keine von uns verstand, warum die respektierte Chefin sich so anstellte. Wie es dann weiterging, weiß ich nicht mal mehr – ob die Mutter sich an die Vorsitzende des Erziehungsausschusses wandte, die sehr herzlich und lieb war, oder ob sie sich eine andere Idee einfallen ließ. Das Mädchen kam kurze Zeit später in die Schule, die ganze Familie blieb noch etwa 2 Jahre im Kibbuz und zog dann weg (wir zogen in ihr Haus und die Mutter, mit der ich mich gut verstand, kam noch ein paarmal zu Besuch).

Ja, da waren wir an die Grenzen dieser Frau gestoßen, die auch kurz darauf die Pädagogik verließ und seit vielen Jahren einen wichtigen Posten im Kibbuz erfolgreich erfüllt. Wenigstens war es im Kibbuz so, daß man nicht aus wirtschaftlichen Gründen in einem Job bleiben mußte, man konnte wechseln, Zusatzausbildungen machen, etwas ausprobieren.

Aber gehen wir eine Generation zurück. Mein Mann ist ja im Kinderhaus aufgewachsen, er hat nie auch nur eine Nacht im Elternhaus geschlafen, dort gab es kein Kinderzimmer und kein Bett für die Kinder. Er hat eigentlich nur schöne Erinnerungen, hing sehr an seinen Freunden aus der Gruppe (hängt immer noch an ihnen), und einige seiner früheren Betreuerinnen erzählten mir, wie besonders nett und schüchtern er als kleiner Junge war.

Besonders schön fand er immer den Shabat-Morgen. Jede Woche hatte ein anderer Elternteil dann die Verantwortung für die Kinder, machte das Frühstück und spielte bis 10 mit ihnen. Dann kamen die anderen Eltern und holten die Kinder ab. Y. erinnert sich bis heute an die besonderen Mahlzeiten, die jeder Erwachsene für die Kinder machte, an den einen Vater, der wild mit den Kindern tobte, und eine besonders nette Mutter, die die Kinder gern verwöhnte. Er hatte zu einer ganzen Welt von Menschen Beziehungen, und die bestanden noch lange.

Aber die Kindergärtnerin, die Kindergärtnerin. Vor der hatten alle Angst. Drei Jahre hat diese Frau über die Kinder geherrscht. Y. und seine beste Freundin haben manchmal nachts überlegt, wie man sie loswerden könnte, aber es fiel ihnen nichts ein. Sie hat die Kinder gedemütigt, besonders solche, die Probleme hatten, die Bettnässer, die Schüchternen, aber auch die Frechen. Ich habe sie nicht mehr kennengelernt, aber die ganze Gruppe erinnert sich mit Grauen an sie. Ja, die Eltern kamen zu Besuch und sie waren jeden Abend bei den Eltern. Ja, nachts wurden sie von wechselnden Nachtwachen betreut, tagsüber war das Team auch groß, aber die Kindergärtnerin hatte die pädagogische Verantwortung.

Y. ist keiner, der sich über seine Vergangenheit beklagt, auch die härtesten Geschichten erzählt er gleichmütig und meint, „ach, es war auch irgendwie interessant, und zu der Zeit ist mir nicht aufgefallen, daß es eigentlich ziemlich schlimm war“. Ich habe also nie viel über diese Kindergärtnerin erfahren. Aber alle Kinder der Gruppe haben sie als angsterregend in Erinnerung.

Wer weiß, was sie ihnen zugezischt hat, wenn es keiner hörte? was für Blicke sie ihnen zuwarf? Sie war es wohl nicht, die ihnen die Haare wusch, das erledigten die Mitarbeiterinnen (metaplot), und überhaupt wurden Kibbuzkinder von klein auf zu Selbständigkeit erzogen. Ob sie also Gelegenheit hatte, körperlich rauh mit den Kindern umzugehen, oder sie sogar zu Körperstrafen griff, das weiß ich nicht. Körperstrafen waren in der Kibbuz-Erziehung komplett tabu. Aber die Kinder waren dieser Frau ausgeliefert, und im Erziehungssystem damals waren die Eltern machtlos.

Eine Studienfreundin von mir hat ihre Magisterarbeit über die Beziehung von Müttern und Töchtern im Kibbuz zur Zeit der lina meshutefet, des „gemeinsamen Schlafens“ geschrieben, dh, die Zeit der Kinderhäuser und kinderbettlosen Elternhäuser. Sie hat mir mal erzählt, daß die Mädchen ihre Mütter als komplett machtlos erlebten und sich darum gar nicht erst um Hilfe an die Mütter wandten. Sie war übrigens mit Y.s Schwester in einer Jahrgangsstufe.

Oh nein, ich falle hier ins Kaninchenloch, das hatte ich gar nicht vor, als ich anfing zu schreiben.

Meine eigene Zeit im Kindergarten. Hatte ich Angst vor der Kindergärtnerin? Nein, sie war eigentlich ganz nett, obwohl unser katholischer Kleinstadtkindergarten so strikt geregelt war, daß mein Mann sich kaputtlacht, wenn ich davon erzähle (in der Kibbuzerziehung stand auch in den 60er Jahren schon freie Entfaltung höher im Kurs als Ordnung und Sauberkeit). Der Knicks, wenn ich mit meinem Körbchen in der Hand um neue Spielsachen bat, die in Schubladen sortiert waren. So war das damals. Die Kindergärtnerin ging auch rum beim Zeichnen und radierte aus, was nicht gut genug gemalt war. (Mein Igel! bis heute tut es mir leid, daß sie mir den Igel neu gemalt hat, ich fand ihn so schön.)

Überhaupt, daß immer ein Thema beim Malen vorgegeben war – Schneemänner, Marienkäfer. Ich weiß noch, wie froh ich war, im Kibbuz zu sehen, daß den Kindern das Material hingestellt wird, und sie können damit machen, was sie wollen. Diese ganze Besessenheit mit Basteln nach Vorlagen, sauber ausschneiden, was Nützliches machen, das gibt es in der Kibbuz-Erziehung nicht, so eine Erleichterung für mich, die nie gut nach Vorlagen gearbeitet hat. Das war aber bei uns im Kindergarten sehr wichtig.

Ich hatte Angst vor der Leiterin. Und so habe ich eines Tages meinen Freund Thomas, den ich wohl immer ziemlich rumkommandiert habe, der arme Kerl, überredet, wegzulaufen. Wir wollten den ganzen Tag im Wallgraben Abenteuer erleben, aber wir waren noch nicht weitgekommen, da hatte Fräulein Maria uns schon wieder eingefangen. Und die war streng. An Konsequenzen erinnere ich mich nicht mehr, aber an den schrecklichen Moment, als Fräulein Maria mit dem Fahrrad neben uns hielt, um uns zurückzubringen, erinnere ich mich genau. Ich weiß noch genau, wo das war.

Mein Bruder war später in einem anderen Kindergarten, wo ich es so toll fand, daß ich oft zu Besuch kam. Er selbst fand es stinklangweilig und haute oft ab.

Eigentlich sagt es alles, was man über meinen Bruder und mich wissen muß. Ich versuche einmal abzuhauen, werde sofort erwischt und mit Schimpf und Schande zurückgeführt. Mein Bruder macht über Monate hinweg dauernd Kindergarten blau und fängt statt dessen Kaulquappen im Wallgraben, und alle glauben seine Ausreden und lachen, als sie es rausfinden, warum er immer so dreckig wiederkommt bzw nie im Kindergarten ankommt.

Trotz der Strenge habe ich keine Angst im Kindergarten erlebt, nur Momente der Scham.

Ich frage mich aber heute, wie viel Gewalt Kindern wirklich geschieht. Von überforderten Betreuern, die den Eltern vorspielen, wie gern sie die Kinder haben, aber dann die Kinder auf die Bettchen knallen und ihnen zumurmeln: ich wünschte, du wärst tot, und die Kinder können es niemandem erzählen. Die Eltern merken erst, was los ist, wenn das Kind sich selbst immer wieder haut und sagt: jetzt schlafen, jetzt schlafen!, und dann kommt die Aussprache mit anderen Eltern, die Kameras, und die Aufnahmen.

Und wie viel Gewalt gibt es zuhause? Wenn die Kinder sich stundenlang gestritten haben, der Tag endlos scheint, niemand zuhört oder hilft, wenn die Freundinnen sagen, „du hast es gut, du arbeitest nicht“, wenn man das alte Leben zurückhaben will und sich fragt, warum man sich das überhaupt angetan hat, diese rebellische, nie zufriedene, immer fordernde Kinderschar. Ich hatte Glück mit meinem Partner, der nie Verantwortung auf mich abgeschoben hat, um seine Ruhe zu haben, Glück mit der Familie, die immer geholfen hat, Glück mit dem Kibbuz, der immer professionelle Hilfe und Unterstützung bot. Aber an Momente riesiger Frustration erinnere ich mich auch, wenn Geduld wie ein kostbarer Rohstoff in einem fernen Kontinent erschien, an den man einfach nicht kommen kann, wenn ich sie alle nicht mehr sehen oder hören wollte. Wie weit ist man dann entfernt davon, den Kindern mal so richtig Angst einzujagen, wie mein Vater es immer gemacht hat, wenn er ratlos war? Damit einfach mal Ruhe ist?

Wie gesagt, ich hatte Glück. Wenn ich am Anschlag war, konnte mein Mann oder meine Schwiegermutter oder die gute Esther helfen, ich hatte auch immer die Arbeit, und meine erprobte Methode gegen Frust jeder Art ist ein gutes Buch und Tür zu. Und die meiste Zeit hatte ich die Geduld und auch viel Spaß an den Kindern, und durch meine viele Arbeit mit Kindern auch Verständnis für ihre Bedürfnisse und Krisen, schon vor meinem Pädagogikstudium.

So habe ich im Kibbuz-Kinderhaus gelernt, daß man nie zu einem Kind sagt: böses Kind!, nie seinen Charakter in Zweifel zieht oder es verbal demütigt oder angreift. Die Formel der Zurechtweisung im Kibbuz heißt: hitbalbalt(a), du hast einen Fehler gemacht, du hast dich vertan. Das bedeutet: wenn du Noam mit dem Bauklotz auf den Kopf geschlagen hast, war das nicht, weil du ein böses Kind warst, sondern weil du für einen Moment vergessen hast, daß wir uns nicht gegenseitig hauen. Aber wenn du es nicht wieder tust, ist alles in Ordnung. Als ich diese Regel begriffen hatte, war ich sehr begeistert, und ich wünschte, in meiner Kindheit hätte es sie auch gegeben. Dann würde ich vielleicht nicht die Stimmen in meinem Kopf hören, die mir böse Dinge über mich selbst erzählen und ganz wie mein Vater klingen.

Oh, noch eine Erinnerung. Vor ein paar Monaten in Nahariya. Ich quatschte in meinem Lieblingsgeschäft, dem Woll-Laden, mit der Verkäuferin, mit der ich mich angefreundet habe (auch eine alte Kunstlehrerin). Die Tür stand offen. Auf der Straße gegenüber sahen wir eine Familie. Der Vater trat nach einem der Söhne, der Sohn weinte und humpelte. Wir beide schossen wie Hornissen aus der offenen Ladentür und schrien den Vater an, der sich um nichts kümmerte. Die Familie ging weiter. Wir riefen dem Jungen zu: du bist in Ordnung, dein Vater hat kein Recht, dich zu treten! auch wenn er sich ärgert, das darf er nicht! und dem Vater drohten wir, die Polizei zu rufen. Dann sahen wir uns hilflos an, während die Familie verschwand.

Ich kann Reportagen über die Gewalt in Kindergärten nicht sehen, ohne mich zu fragen, wie viel Gewalt auch zuhause geschieht, im Sportverein, überall. Ich fühle unbändigen Zorn auf die Menschen, die Kindern solchen Schaden zufügen, Verletzungen, an denen die Kinder immer zu tragen haben werden. Diese Kindergärtnerinnen sind in ganz Israel so verhaßt, daß einer von ihnen das Haus angezündet wurde, und sie sind in aller Augen das Ganz Andere, Monster, Seelenmörder.

Aber ich fühle auch, wie nah ich selbst in Momenten des Ärgers dran war, wie schmal der Grat überhaupt ist, wie unmöglich es ist, die eigenen Standards als Eltern immer einzuhalten. War ich wirklich so geduldig, wie meine Mutter mich immer lobt? Wenn ich die Kinder frage, erinnern die sich an Ungerechtigkeiten (die sich im Rückblick relativieren, wie Primus zugibt, die aber damals lebenswichtig schienen), aber Angst hatten sie nicht vor uns.

War ich gemein zu meinen Kindern, wenn sie in der Pubertät mit Präzision meine Schwächen bloßlegten, mich auslachten? Wo ziehen wir die Grenze, was ist verständliche elterliche Reaktion in einer Auseinandersetzung, wo fängt das Unvertretbare, das Böse an? Ist das jetzt zu persönlich? Aber wer hat Kinder und kennt diese Momente nicht, wenn man dringend Hilfe braucht, weil man an die Grenze zur Überforderung stößt? Wer hat noch nie gehört, daß aus dem Nachbarhaus oder vom Nachbartisch die Stimme der elterlichen Frustration klingt? Was tun wir dann, wie helfen wir? Wie nehmen wir auch Druck von den Eltern, die in der Öffentlichkeit die Kinder ruhig und brav halten wollen, was die Kinder natürlich spüren?

Das ganz große Tabu, Gewalt gegen Schwächere, Schutzbefohlene.

Alte Heimat Mai 17, 2017, 17:14

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An keinem Ort in meiner Biographie habe ich länger gelebt als im Kibbuz – über zwanzig Jahre. Wir haben dort noch Familie, auch wenn Secundus seit einem halben Jahr nicht mehr dort ist. Y.s Mutter und Bruder leben noch dort, und Freunde haben wir auch noch im Kibbuz, auch wenn wir sie nicht oft sehen. Wir wohnen ja doch ziemlich weit weg. Mein Schwager spottet gern, daß er sich ein Visum für den Libanon ausstellen lassen muß, wenn er zu uns kommt. Er kommt aber trotzdem, weil seine Kinder nämlich ihre alte Tante im Mensch-ärgere-dich-nicht besiegen wollen, was ihnen jedesmal gelingt.

Wenn im wöchentlichen Kulturklub des Kibbuz ein Vortragender ausfällt, wissen die drei Frauen, die ihn leiten, wer jederzeit gern bereit ist, einzuspringen. Gestern war so ein Fall – auf die Schnelle paßte ich einen Vortrag an und kam gegen Nachmittag im Kibbuz an.

Jedem geht es wohl so, wenn er an einen sehr vertrauten Ort zurückkehrt – es fühlt sich gleichzeitig wie Zuhause und fremd an. Im Kibbuz sind seit unserem Wegzug viele neue Häuser entstanden, manche davon auf den Mini-Grundstücken von früher und umgeben von den kleinen, barackenähnlichen Wohnklos aus den sechziger und siebziger Jahren. Alles, was älter ist, ist schon längst abgerissen.

Schwiegervater (rechts) als junger Mann, 50er Jahre

Das eiserne Prinzip des Kibbuz, daß alle dieselben Grundbedingungen haben und alle Altersstufen identische Häuser bzw Wohnung haben, ist seit vielen Jahren durchbrochen. Früher war es ja so, daß man mit seiner Alterskohorte in die jeweils bessere Wohnsiedlung des Kibbuz umzog, bis man so um die vierzig war und vom Kibbuz das „Dauer-Haus“ bekam (bet keva), wo man sich die Fliesen aussuchen durfte und aus dem man nicht mehr raus mußte.

Seit der Privatisierung baut der Kibbuz niemandem mehr ein Haus, und wer sein Haus renovieren, erweitern oder umbauen will, der tut das auf eigene Rechnung. Dementsprechend gibt es Villen vom Typ „drusisches Restaurant“ oder „toskanisches Landhaus“, aber auch Hütten vom Typ „Ziporas erste Heimat“ oder „Moshe hat´s selbst gemacht“. Das sieht unharmonisch aus. Man hat den Eindruck, in den letzten Jahren hätte eine un-kibbuzige Neigung zu Protz und Klotz Einzug gehalten.

Y.s Großvater (Mitte) beim Bau des ersten Hauses im Kibbuz, 30er Jahre

Ich weiß natürlich noch genau, daß dort, wo jetzt ein Einfamilienhaus steht, mal das Häuschen der alten Esterika stand, die so nett zu mir war, als ich Volunteer war, und mich einlud. Da stand ihr riesiger Gummibaum, den sie mit ihren selbstgetöpferten Figuren belebte. Sie hatte keine Familie – alle in Polen geblieben, keiner hatte ein Grab.

Y. im Kinderhaus, 60er Jahre

Dann das Haus, wo wir zuerst wohnten, als wir uns kennenlernten – wo ich im Garten buddelte, während Primus herumkroch und Piniennadeln in den Mund steckte. Auf der einen Seite ein Neubau, auf der anderen Seite wohnt noch der freundliche alte Nachbar, Vater eines von Y.s Kindheitsfreunden, der jahrelang dagegen kämpfte, daß deutsche Volunteers aufgenommen wurden. Er konnte es nicht ertragen. Aber er war eine Zeitlang mein Chef, und wir vertrugen uns sehr gut, und dann wurde ich seine Nachbarin – und als meine Eltern das erste Mal zu Besuch kamen, waren wir bei Nachbars eingeladen. Die Frau, eine gebürtige Kölnerin und wie ihr Mann Überlebende, machte die besten Kuchen der Welt und deckte einen Kaffeetisch, wie meine Mutter ihn sonst nirgends in Israel sah. Ja, er ist Witwer, wohnt immer noch dort, freute sich sehr, mich zu sehen.

Unser erstes Haus im Kibbuz, 80er Jahre

Überhaupt, jeder, der in den Clubraum kam, um meinen Vortrag zu hören (über Tsibi Gevas Beitrag zur Biennale vor zwei Jahren – also kein taufrischer Vortrag, aber auf die Schnelle konnte ich nichts über Gal Weinstein zusammenschustern, der uns dieses Jahr dort vertritt und den ich ganz gut kenne), ist mir so wohlbekannt wie ein Familienmitglied. So ist das im Kibbuz.

Die drei verantwortlichen Frauen, Gila, Gita und Dafna, sind jetzt Ende sechzig, Anfang siebzig, aber ich erinnere mich natürlich noch daran, als ihre jüngsten Kinder klein waren. Gilas Mann war Kindheitsfreund meines Schwiegervaters – sie waren das dritte und vierte Kind, das im Kibbuz geboren wurde. Gilas Töchter waren mit Y.s Geschwistern in einer Gruppe, also Freunde seit dem Babyhaus.

Und Gita war für mich sehr wichtig, denn sie leitete das Babyhaus, als ich meinen Primus kriegte. Sie kam vor der Geburt zu einem Vorbereitungsgespräch zu uns nach Hause, sie bereitete, während ich noch im Krankenhaus war, Bettchen und Erstausstattung vor, und sie war in den ersten Monaten eine sehr wichtige Ansprechpartnerin für mich. Sie hat schöne, leuchtende Augen und ich erinnere mich noch genau an das Abschiedsfest, als sie die Erziehung verließ – den Kuchen habe ich damals gebacken.

Ich erinnere mich an viele kleine Szenen aus dem Babyhaus, aber am eindrucksvollsten war einmal, wie sie ein schreiendes Kind sofort beruhigen konnte. Als ich sie fragte, wie man das macht, meinte sie, „du mußt einfach dran glauben, daß er still sein WILL aber nicht weiß wie, und du hilfst ihm dabei – dann beruhigt er sich auch“. Ich hatte zwar nicht so gute Erfolgsquoten wie sie, aber es war ein guter Tip.

Primus, 1990

Die Vorträge finden immer im Clubhaus statt. Der Kibbuz hat zwei Clubhäuser, es sind die ältesten Gebäude des Kibbuz. Draußen ist eine Plakette zu Ehren von Izhak Ochberg angebracht, der das Geld gespendet hat, von dem der Grund und Boden damals gekauft wurde, in den 30er Jahren. Weil Kibbuzniks kleine Häuser hatten (haben?), kann man eines der Clubhäuser für Familienfeiern reservieren. Im Moadon ha-chaver, wo ich gestern war, haben wir so viele Feste gefeiert, und es hat sich so überhaupt nicht verändert, daß mir wirklich einen Moment schwindlig wurde. So viele Bilder stiegen hoch, noch aus der Zeit, als ich Volunteer war und das Clubhaus abends immer offen war, als Anlaufstelle für einen Kaffee und Gespräche.

Alle empfingen mich herzlich, alle fragten nach Secundus und trugen mir Grüße an ihn auf. Ohne Secundus ist der Laden nicht mehr derselbe, und er war ja immer zu allen nett, und so fleißig, nein, der Junge. Also ich soll es ihm bestellen. (Wenn die wüßten, wie muffelig er zu seinen Geschwistern sein kann!) Und dann fragten sie, wo denn Y. bleibt, der mich abends abholen sollte. Sie alle haben ihn ja aufwachsen gesehen, sind Freunde seiner Eltern und as wir noch im Kibbuz wohnten, war er für viele der älteren Leute Ansprechpartner bei allen technischen Problemen im Haus und mit elektronischen Geräten. Wie oft hat abends das Telefon geklingelt, weil bei Ruth die Fernbedienung kaputt war und Shoshana nicht mit ihrem Computer klarkam! Aber nicht nur deswegen mögen sie ihn – er ist eben von da, gehört dort hin, und er ist auch immer gern da.

Natürlich kannten die meisten Zuhörer nicht nur den Künstler selbst, über den ich sprach, sondern auch seinen Bruder (Avital Geva, auch Künstler und politischer Aktivist) und den Vater der beiden. Ich war also etwas beklommen, ob ich ihnen wirklich viel Neues erzählen kann. Aber selbst ein wirklich enger Freund der Gevas meinte, es war interessant, und erzählte mir dann Döneken aus der Schulzeit mit Avital Geva.

Ich komme ja wirklich viel rum, und seit Jahren ist mein Job an der Hochschule geschrumpft, meine Aufträge von kulturellen Einrichtungen hingegen wächst beständig (macht auch mehr Spaß, weil die Leute kommen, weil sie zuhören wollen, und nicht, weil sie die Note brauchen…). Jede Woche bin ich an mehreren verschiedenen Einrichtungen, ich mag sie alle, aber Kibbuzim noch lieber als alles andrere, und am allerliebsten unseren alten Kibbuz.

Nein, es tut mir immer noch nicht leid, daß wir weggegangen sind, denn der Kibbuz hat sich verändert. Was mir wichtig war, die alten Kibbuz-Ideale, ist erodiert. Die Generation von Y.s Großmutter, die allesamt noch fit und lebendig waren, als ich in den Kibbuz kam, und die mich so besonders herzlich aufnahmen – die leben alle nicht mehr. Grete, Moritz, Jenny, Leni, Uli – unvergeßliche, unvergessene Menschen. Einen Teil dieser Generation habe ich gepflegt, in den Jahren, als ich im Kibbuz im Altenheim arbeitete. Die Alten von heute sind im Alter meiner Schwiegermutter. So ist es, wenn man selbst älter wird – es ist ja ganz natürlich. Aber der Kibbuz ist ein ganz besonderer Mikrokosmos, und ich kann nur hoffen, daß nicht alle Geschichten untergehen.

Wäre der Kibbuz Kibbuz geblieben – wir wären nie weggegangen.

We cease, they fire Juli 15, 2014, 12:33

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Immerhin hat die Hamas diesmal ehrlich gesagt, daß sie an einer Feuerpause nicht interessiert ist.

Israel hat das Feuer eingestellt, die Hamas feuert weiter.

Ob das manchen zum Nachdenken bewegen kann, der bisher immer geglaubt hat, daß Israel der Angreifer ist – oder zumindest genauso aggressiv wie die Hamas? Ich muß sagen, daß ich in den letzten Tagen mehr und mehr Artikel in deutschen Medien gelesen habe, die tatsächlich erkannt haben, wie groß der Unterschied ist.

Die Hamas feuert bewußt ihre größeren Raketen ab, die bis in die Nähe von Haifa kommen.

Diesmal gab es also auch in unserem alten Kibbuz Alarm…. wo Secundus lebt, meine Schwiegermutter und meine beste Freundin. Kein Fleckchen mehr, außer vielleicht der Gegend um Tiberias, wo es noch keinen Alarm gab.

Y.s Mutter lebt seit vielen Jahren mit einem sehr netten, aber auch ziemlich kranken Mann zusammen. Einen mamad haben sie nicht, darum haben sie sich in das kleine Zimmer mit den wenigsten Fenstern begeben, über ihnen eine Gipsdecke, ein paar Balken und Ziegel. Nicht sehr solide. Sie haben die zehn Minuten damit verbracht, sich zu streiten: er wollte, daß meine fitte Schwiegermutter zum Luftschutzbunker sprintet, der für ihn nicht erreichbar war – sie hat das weit von sich gewiesen und gemeint, sie bleibt bei ihm. Nein, das war ihm nicht recht. So gingen die zehn Minuten vorbei.

Meine Freundin war in dem Bunker, den meine liebe Schwiegermutter verschmäht hat. Er liegt bei den Kinderhäusern (die eigene Bunker haben), und sie hat unterwegs viel Kinderweinen gehört. Die Kinder hatten Angst.

Secundus war mit seinen Kollegen in einem anderen Bunker, mit denen der Kibbuz ja gesegnet ist. Normalerweise probt dort eine Band. Zwischen Gitarren, Schlagzeug und Mikrofonen haben sie abgewartet, bis der Alarm vorbei war.

Ich erzähle Secundus, daß ich den Livestream vom WM-Triumphzug in Berlin gucke. Im Hintergrund höre ich die Freudengesänge. Secundus ist natürlich sehr stolz auf den großen Erfolg, er war ja schon ein Schweinsteiger-Fan, als der noch in der Jugendmannschaft spielte. Wir unterhalten uns kurz, dann muß er weiterarbeiten.

Nie, nie, nie ist mir der Abgrund größer vorgekommen zwischen meiner alten Heimat und meiner neuen. Ich freue mich über den Jubel auf den Straßen von Berlin und freue mich über den sportlichen Erfolg und darüber, daß die sympathische Mannschaft überall nicht nur mit Toren, sondern auch mit Charakter gewonnen hat. Ich gönne es allen, die dort jubeln. Freu mich ja mit und bin wie eine Verrückte vom Sofa gesprungen, als Götze das Tor geschossen hat.

Wir leben so anders, so anders. Wie würde ich so einen leichtherzigen, frohen, stolzen Jubel mal den Israelis gönnen. Was uns verbindet, sind Momente der überwältigenden Trauer oder Sorge oder der Bewährung in schweren Stunden. Das schweißt auch zusammen, wenn man in Trauer zusammen singt. Aber vor lauter Freude – das muß schön sein.

Eine Geschichte aus dem Kibbuz Dezember 7, 2013, 22:53

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die wir in der kleinen Kibbuz-Zeitung gelesen haben.

Neulich frühmorgens am Shabat in unserem alten Kibbuz. Ein Kibbuznik, um die 80, aber sehr fit, macht seine Morgenrunde um den Kibbuz. Vor dem Schafstall sieht er einen winzig kleinen Jungen – vielleicht anderthalb Jahre. Das Kind ist ihm unbekannt, und es ist allein. Der alte Mann geht zu dem Kleinen und fragt ihn freundlich: na, was machst du denn hier? Der Kleine antwortet nicht, aber er legt den Kopf in den Nacken und zeigt in den Himmel.

Dort brummt ein Ultra-Leicht-Flugzeug, so ein fliegender Sessel, über den Kibbuz. Der Kleine folgt ihm mit den Augen und versucht, ihm hinterherzulaufen.

Der alte Mann versteht. Der Kleine hat das Geräusch gehört und ist dem Flieger gefolgt.

Er sagt freundlich zu ihm: komm, wir sagen dem Flugzeug shalom. Und jetzt zeig mir, wo du hergekommen bist.

Der Kleine gibt ihm die Hand und geht mit ihm zu den Ferienhäuschen, wo seine Eltern noch schlafen. Keiner hat ihn vermißt. Er ist allein rausgelaufen, dem Flieger hinterher. Hätte der alte Mann ihn nicht gefunden – wer weiß, wie weit er gekommen wäre und was ihm passiert wäre…

Sehr traurige Nachricht November 10, 2013, 12:51

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Y. rief soeben an, er hat es in der Zeitung gelesen. Imri Ron ist tot, und ich kann gar nicht beschreiben, was das für ein Mann war. Ich kannte ihn nicht sehr gut – aber seine Frau (die man auf dem Bild neben ihm sieht).

imri und ora chadar ochel

Das ist im Dining Room von Kibbuz Mishmar Haemek, und so habe ich mehrmals die Ehre und Freude gehabt, mit ihnen zu sitzen und zu essen. Imris Frau Ora  ist für das Kulturprogramm von Mishmar Hamemek zuständig, sie ist selbst Künstlerin (Imri hat eine ihrer Arbeiten hier photographiert), Kuratorin und lädt mich seit Jahren regelmäßig zu Vorträgen ein. Sie ist eine schöne, elegante, schlanke Frau, der man ihr Alter überhaupt nicht ansieht.

Ihr Vater war Chaver Knesset und hat die Menora als Emblem des Staats vorgeschlagen – dazu habe ich neulich schon was geschrieben. Er war einer der Unterzeichner der Unabhängigkeitserklärung Israels.

Auch Imri war in der Knesset, und in der Kibbuzbewegung lange Jahre aktiv. Er war ein Mythos. Als Y. und ich das erste Mal mit ihm zusammengesessen hatten, war Y. sehr andächtig und ehrfürchtig, was sonst gar nicht seine Art ist. Hinterher sagte er mir: der Mann ist ein lebendes Denkmal der Kibbuzbewegung.

Dabei war Imri aber sehr witzig, lebbaft, interessierte sich für die Lebenswelten seiner Enkel, und unter seiner Ägide engagierten sich viele Jugendliche freiwillig. In Mishmar Haemek ist noch nichts privatisiert. Als ich Ora vor einiger Zeit mal fragte, ob es bei ihnen nicht auch losginge, sagte sie etwas spöttisch: „neulich hat mal jemand beantragt, daß die Zeitungen privatisiert werden sollen – aber das ist niedergestimmt worden“. (Privatisieren würde bedeutet haben: jeder zahlt seine Zeitung selbst, sucht sich dafür aus, welche er will – statt daß der Kibbuz die Zeitungen bestellt und jeder sich nimmt, was er will. Privatisierung im Kibbuz bedeutet einfach nur: selbst zahlen.)

Wir haben uns, als die Pseudo-Privatisierung unseres Kibbuz in einen einzigen Wettlauf aufs Haben-Haben-Haben ausartete, überlegt, ob wir nicht in einen Kibbuz umziehen sollten, der von diesem Virus noch nicht befallen ist, haben es dann aber aus vielerlei Gründen gelassen.

Für mich ist Mishmar Haemek eine Bastion der Kibbuzbewegung und Kibbuz-Werte. Imri war die Inkarnation der Kibbuz-Werte. Außerdem waren Imri und Ora ein wunderbar verbundenes Paar. Jeder von ihnen hatte seine eigene Welt der Interessen, und jeder war stolz auf die Welt des anderen und interessiert an ihr. Imri kam zu den Vorträgen und Ausstellungen, die seine Frau organisierte, und ich habe den Verdacht, er achtete nur darauf, daß seine Ora glücklich und zufrieden war. Man sah an ihrer Körpersprache, wie glücklich und eins sie waren. Es tut mir weh, an Ora ohne ihren Mann zu denken.

Sie hatte lange Angst, daß dieser Tag kommen würde. Er war schon länger nicht ganz gesund. Man sah ihm aber nichts an. Er war schlank, hatte eine gesunde Gesichtsfarbe und immer ganz blanke Augen.

Wir werden natürlich zur Beerdigung gehen. Vorhin habe ich in Mishmar Haemek angerufen, um zu fragen, wann die Beerdigung stattfindet. Zuerst habe ich bei Freunden angerufen. Da lief das folgende Band: „Liebe Freunde, bitte hinterlaßt uns keine Nachrichten, wir hören dieses Band nie ab.“ Damit sich keiner falsche Hoffnungen macht. Alle Welt ist rund um die Uhr erreichbar – aber nicht diese gemütlichen Kibbuzniks (die übrigens beruflich äußerst erfolgreich sind – nur eben zwischen Arbeit und Freizeit zu trennen wissen.)

Dann rief ich bei der Auskunft des Kibbuz an, da kam vom Band diese Ansage (nach den üblichen Ansagen von Weiterwahl-Nummern): „Wir möchten von vornherein klarstellen, daß es in Mishmar Haemek weder Wochenendhäuser (zimmerim) noch Wohnungen zu vermieten oder Häuser zu verkaufen gibt“.

Damit sich auch dort keiner falsche Hoffnungen macht. Fast alle Kibbuzim vermieten oder verkaufen ihre Besitztümer – aber nicht Mishmar Haemek. Mishmar Haemek, der Wächter des Tals – und einer der Wächter des Wächters ist gestern gestorben.

Nicht lästern, nicht stänkern… Juli 30, 2012, 10:06

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… gegen unseren alten Kibbuz, das will ich nicht, denn wir hatten doch gute Jahre dort und einige der mir liebsten Menschen leben dort. Trotzdem konnten Y. und ich uns einen vielsagenden Blickwechsel nicht versagen, als uns neulich Freunde aus dem Kibbuz ihr Leid klagten.

Sie sind in unserem Alter und warten seit Jahren darauf, daß die neue Nachbarschaft endlich, endlich gebaut wird, weil sie in drangvoller Enge wohnen, mit heranwachsenden Kindern. Die Grundstücke sind weder verteilt noch erschlossen, es gibt noch keine Pläne, weder für die Finanzierung noch die möglichen Grundrisse oder Haustypen sind irgendwelche genaueren Informationen erhältlich. Es gibt einen Ausschuß, aber von dem ist außer vagen Versprechungen und Ankündigungen wenig zu hören, klagen die Freunde.

Y. und ich haben uns daran erinnert, wie der Sekretär des Kibbuz bedauernd zu uns sagte, als wir ihm unseren Abschied vom Kibbuz mitteilten: „das ist aber schlechtes Timing, in vier Monaten fangen wir doch an, die neue Nachbarschaft zu bauen, wo ihr auch das Anrecht auf ein Grundstück habt…“ Wir haben damals an die vier Monate nicht geglaubt, und das mit gutem Grund. Denn dieses Projekt war schon damals nicht taufrisch.

Nun, das Gespräch ist zweieinhalb Jahre her.

Er rückt näher… Februar 24, 2012, 1:14

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… der Tag im März, an dem meine Tertia eingezogen wird. Ich habe ja schon öfter von dem Prozeß der Vorbereitung berichtet, und wie verschieden er ist von denen, die die Jungens durchlaufen sind. Was auch daran liegt, daß Tertia von Anfang an gesagt hat: kämpfende Einheit, das will sie nicht. Mädchen, die diesen Ehrgeiz haben, und davon gibt es einige, machen wohl ähnliche Erfahrungen wie die Jungens, aber meine Tochter hat sich von Anfang an auf die professionellen Möglichkeiten gestürzt, die die Armee bietet. Sie war auf x Auswahltagen, und am Ende hat sie ja wirklich die SMS gekriegt, daß sie zu einer ganz besonderen Funktion ausgebildet wird. Die ist so besonders, daß ich sie nicht mal übersetzen kann! Hier steht ein bißchen mehr drüber, natürlich auf Hebräisch – aber Google translate, diese geniale Erfindung, hilft ein bißchen weiter.

Die Funktion gehört zum psychologischen Dienst, und die Mädchen durchlaufen eine Ausbildung. Dabei lernen sie, die Soldaten, deren Einheit sie zugeteilt werden, zu testen – sie machen Eignungsprüfungen für verschiedene Funktionen und Aufstieg, Einlaßprüfungen für bestimmte Einheiten, allgemeine und spezielle Einstufungen, überprüfen auch seelischen Zustand, zB vor und nach Einsätzen… Dabei benutzen sie sowohl Instrumente (psychologische Tests), die von den Psychologen der Armee entwickelt wurden, als auch im Laufe der Zeit selbst entwickelte. Natürlich müssen sie dafür lernen, wie man Test statistisch auswertet, und welche verschiedenen Arten von Tests es gibt.

Tertia, die an ihrer alten Schule mit Begeisterung im Leistungskurs Sozialwissenschaften war, hat von so einer Zusage geträumt. Heute also war das Vorbereitungstreffen. Sie ist voller Spannung heute früh losgefahren nach Tel Aviv, und kam gegen Abend strahlend wieder. (Ach, und wie hübsch sieht sie aus! ich kann kaum glauben, daß ich so eine hübsche Tochter habe!!! ich darf das natürlich nicht sagen, ich sage statt dessen: schicke Jacke, oder: hübsche Handtasche. Das darf ich. Sobald ich sage: hübsches Mädchen, da krieg ich aber einen strafenden Blick zugeworfen… doch zurück zum Thema).

Also, aus ihrem ganzen Jahrgang sind überhaupt nur 27 Mädchen für diesen Kurs ausgewählt worden. Die Offizierin hat gesagt: „ihr seid mit der Pinzette ausgewählt worden, aus Hunderten von Bewerbungen – ihr müßt euch bewähren. Wer nicht gut ist und sich anstrengt und die Arbeit ernstnimmt, den sortieren wir aus.“ Tertia meinte, das könne ja wohl nicht ernstgemeint sein, aber Primus und Vater versicherten ihr sofort, daß sie da aber Gift drauf nehmen kann.

Die Armee kann sich nicht leisten, auf so einem Posten (in jeder Brigade gibt es nur eine davon) eine Soldatin zu belassen, die ihre Arbeit nicht tut, die ungeeignete Leute auf Posten losläßt oder geeignete fernhält. Das kann fatale Folgen haben. Jede Entscheidung betrifft ja nicht nur die Laufbahn des Soldaten, den sie beurteilt, sondern auch das Schicksal der anderen Soldaten und letztendlich auch das der Menschen auf der anderen Seite.

Da nach wie vor die am meisten vorkommende Todesursache israelischer Soldaten der Selbstmord ist (zumindest in „Friedens“zeiten), verwendet die Armee große Sorgfalt darauf, für jeden Soldaten den passenden Posten zu finden, sie weder zu über- noch zu unterfordern. Ich habe ja nicht nur an meinen eigenen Kindern gesehen, wie viel Mühe darauf verwandt wird, schon vor der Einberufung zu klären, wo ein Soldat mit seiner spezifischen Begabung und seinem Charakterprofil am besten hinpaßt. Wo er sich weder überflüssig und gelangweilt noch überfordert und unter Druck fühlt. Die Funktion, die Tertia übernehmen wird, ist ein Teil des Versuchs, diesen Prozeß der Einteilung zu optimieren.

Natürlich spart es der Armee auch Mühe und Geld, wenn eben nicht am Ende eines teuren Kursus sich herausstellt, daß zwei Drittel der Ausgebildeten überhaupt nicht fähig sind, die Aufgaben auch zu erfüllen, für die man sie ausgebildet hat.

Außerdem bedeutet so ein Posten auch einen Blick hinter die Kulissen der Armee. Der Schulfreund, der aus dem prestigeträchtigen Pilotenkurs ausgesiebt wurde – der Nachbarssohn, der aus dem fast ebenso begehrten Kommandokurs der Marine ausscheiden mußte – sie wissen nicht warum. Die Soldatin aber, die ihn getestet hat und zum Auswahlkomittee gehört – die weiß es.

Tertia war auch beeindruckt von den Soldatinnen, die eingeladen waren, um von ihrem Alltag, ihrer Ausbildung, den Fortbildungsmöglichkeiten (in der Armee und im zivilen Leben) zu erzählen. Sie war, wie sie es nun mal meist ist, auch ein bißchen skeptisch. „Kann es denn sein, daß die uns diese Arbeit nur schönreden, und sie in Wirklichkeit gar nicht so zufrieden sind? ich muß da auch im Büro sitzen… einen Bürojob wollte ich ja eigentlich nie…“

Wir haben ihr dann mit vereinten Kräften klargemacht, daß es ein Riesen-Unterschied ist, ob sie in einem Büro sitzt, um für andere Leute Papiere zu kopieren oder Vorgänge abzulegen – oder ob sie im Büro sitzt, um dort ihre eigenen Entscheidungen zu fällen, zu dokumentieren und mit anderen abzugleichen. Und daß ein Posten mit so viel Verantwortung, von der es in der ganzen Armee nur wenige gibt, ein Posten mit so vielen Möglichkeiten für Aufstieg, Weiterbildung und persönliche Entwicklung, den Mädchen auch Spaß macht und daß sie da stolz drauf sind – das kann man sich schon vorstellen.

Die Ausbildung wird in einer der Ausbildungsbasen in Zrifin stattfinden, wo die Jungens ja ihre Sani-Kurse gemacht haben. Zrifin ist eine richtige Soldatenstadt, in der sehr viele Ausbildungsbasen sind. Die Grundausbildung wird von allen Varianten, die die Armee anbietet, die leichteste – nicht mal Wache schieben müssen diese Mädchen, so gesehen ist es Armee light. Von der Verantwortung und Professionalität her natürlich nicht. Die Soldatinnen werden nach der Ausbildung einer Einheit zugeteilt, wo sie ein halbes Jahr lang eingearbeitet werden, und diese Einheit begleiten sie auch überallhin – ins Feld auch, wenn´s sein muß.

Tertia meinte auch, alle anderen Mädchen machten einen sehr, sehr netten Eindruck, obwohl sie alle ernsthaft und brav wirkten (wie Tertia selbst ja auch). Als die Offizierin dicke Notizblöcke austeilte, guckte das Mädchen neben Tertia entsetzt und flüsterte dann: „die meint doch hoffentlich nicht, daß wir diesen ganzen Block vollkriegen?“, und Tertia meinte, „zumindest nicht gleich heute“, und beide kicherten.

Ich glaube, Tertia freut sich fast ein bißchen auf diese neue Welt. Hoffen wir, daß sie nicht enttäuscht wird. Ich drück ihr so feste die Daumen – ich weiß nicht, was ich fühlen werde, wenn ich mein Frühchen, mein so oft schwer krankes Sorgenkind in Uniform sehe. Das kann ich mir einfach nicht vorstellen. Aber es ist schon ganz nah.

Enthüllungen des Ehebetts Februar 23, 2012, 22:37

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Nein nein, keine Bange. Aber ich plaudere gerade zum Abschluß des Tages mit meinem lieben Mann, von dem ich doch alles zu wissen glaubte. Dem ist jedoch nicht so.

Ich erzähle ihm vom Präsidenten-Kandidaten-Drama in Deutschland, und frage ihn: „dir sagt doch bestimmt der Name Beate Klarsfeld was?“

Er: „Na klar, die kenne ich“

Ich: „So, du weißt also, was sie in ihrem Leben..“

Er: „Nö, die Beate, die kenne ich natürlich. Den Arno auch. Die waren doch mal einen Sommer bei uns im Kibbuz. Hab ich dir das nicht erzählt? Der Arno ist im Alter meiner Schwester, der war bei uns in der chevrat yeladim (der Gemeinschaft der Kinder). Aber überhaupt, die Klarsfelds kennt doch wohl jeder hier in Israel…“

Ich: „Und davon hast du mir nie was erzählt? die ist doch eine ganz berühmte Frau!

Er: „Och, ich dachte, du weißt das… aber eine originelle Idee, eine Nazijägerin als Präsidentin Deutschlands… wüßte mal gern, was sie selbst dazu sagt…“

In der Tat. Ich glaube auch nicht, daß die Linke das durchzieht. Aber so wie ich damals Köhlers Begleitung durch den Kibbuz geführt habe – das wäre bei einer Präsidentin Klarsfeld natürlich nicht nötig. Die fände sich wohl allein zurecht.  Na ja, vielleicht kriegt sie jetzt nach all der Beschäftigung mit ihrem Leben doch noch das Bundesverdienstkreuz, schön wär es ja.

Und ich werde doch mal die alten Photoalben durchkämmen, am Ende finde ich da noch irgendwo die Klarsfelds im Badeanzug im Schwimmbad des Kibbuz.

Wette gegen mich selbst – gewonnen Februar 15, 2012, 13:59

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Als ich in Nahariya in den Bus nach Hause kletterte, setzten sich hinter mir zwei Frauen hin – etwa zehn Jahre älter als ich. Ich konnte sie nicht sehen, nur hören. Sie tauschten sich kurz über ihre ersten Enkelchen aus, klagten über faule, egoistische Schwiegertöchter („die tut aber auch NICHTS zuhause!“) und strunzten mit tüchtigen, hilfreichen Schwiegersöhnen („er nimmt meiner Tochter ALLES ab!“). Und dann tauchten sie tief, tief in die Welt des Klatschs ein.

Den Auftakt bildete: „hast du schon gehört, was Ruthie mir gestern im Vertrauen erzählt hat?“ „nein, laß hören“, und so ging es weiter. Fehlgeburten, Ehebrüche, Lug und Trug und lange Finger in die Kasse, die Nachbarin dicker geworden und der Nachbar dünner  – alles gut hörbar in satt-selbstzufriedenem, leicht quäkendem Ton vorgetragen. Mit Namen und Einzelheiten. Wir waren noch nicht aus Nahariya raus, da hatte ich schon eine Wette mit mir selbst abgeschlossen, wo diese Damen wohl aussteigen werden.

Und in der Tat, ich hatte recht. Zwei Kibbuzim liegen an der Busstrecke – und in einem von ihnen stiegen sie aus. Na ja, das war wirklich nicht weiter schwierig.

Zwei Jahre und 21 Tage Januar 21, 2012, 21:53

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ist es nun her, daß wir den Kibbuz verlassen haben. So lange haben sich auch die Verhandlungen hingezogen – was schulden wir dem Kibbuz, was schuldet der Kibbuz uns. Wir haben uns sporadisch mit dem Sekretär (der viele Jahre ein persönlicher Freund von mir war) getroffen, sind zu keinem Ergebnis gekommen und haben die Sache ruhen lassen, bis sich vielleicht eine neue Perspektive ergibt. Die hat sich auch ergeben – der Kibbuz hat einen neuen Berater genommen, der im Gegensatz zu den netten Laien auf ihren Kibbuz-Pöstchen weiß, was er tut, und auf einmal ging alles ganz flüssig.

Das letzte Treffen war Donnerstag. Auch die kleinsten Punkte auf der Liste, die noch lange abgebuchte Gebühr fürs Kabelfernsehen im Kibbuz und ähnliche Dinge, sind alle besprochen und beidseitig zufriedenstellend geregelt. Die letzte Unterredung, als es um einen von Anfang an strittigen Punkt ging, war unerfreulich, zumindest bis zu einem gewissen Moment. Der Kibbuz war uns in vielem entgegengekommen, in anderem nicht. Y., der sich in der Materie auskennt und von Natur aus viel kämpferischer ist als ich Weichei, sah mich fragend an. „Was sagst du, können wir das so stehenlassen?“ Und ich habe ihn angeguckt und es war klar, wir machen das jetzt so und gehen nicht vor Gericht oder so. Auf einmal entspannte sich die Atmosphäre um uns herum.

Und damit war alles abgeschlossen. Wir werden den Vertrag in der Post kriegen, unterzeichnen ihn und verzichten damit auf alle Ansprüche dem Kibbuz gegenüber. Es ist ein bißchen wie eine Scheidung. Solange die Scheidung noch nicht vollzogen ist, gehört man doch noch ein bißchen zusammen. Theoretisch zumindest. Auch wenn man gar nicht will.

Und jetzt, wenn wir die Unterschrift leisten, ist es vollzogen.

Ich habe das Leben im Kibbuz wirklich geliebt. Ich mag die Menschen im Kibbuz. Ich mag die Kinderhäuser, die Gärten, unsere alten Wohnungen und Häuser und die Pfade, die wir mit unserem Glück und unseren Erinnerungen imprägniert haben, ich mag den Friedhof mit den vielen bekannten Namen. Der Kibbuz war der Grund für mich, nach Israel zu gehen, und nicht mit Y. ein Leben in Deutschland anzufangen. Ich empfand diese Lebensform als für mich gemacht und faszinierend, so wollte ich leben, und ich habe es getan. Zwanzig Jahre lang.

Als der Berater von außen, der Sekretär und der Finanzfritze des Kibbuz uns hinterher im Flur die Hand drückten, war ich wie benommen. Das Kapitel ist jetzt wirklich endgültig abgeschlossen. Endlich. Es hat mich die ganze Zeit bedrückt.

Anfangs hat es mich bedrückt, daß wir so relativ schnell aus dem Kibbuz weggegangen sind und viele Leute gekränkt waren oder ohne Verständnis. Es hat mich bedrückt, daß Secundus noch bis zum Abi im Internat blieb und ich dafür viel Kritik von Leuten einstecken mußte, die doch das Internatssystem entwickelt und unterstützt hatten, das mir anfangs so fremd vorkam. (Obwohl Secundus vergnügt war wie ein Fink und keineswegs darauf brannte, wieder unter meine Fittiche zurückzukehren).

Es hat mich bedrückt, daß es sich so lange hinzog, bis wir die alte Wohnung, Secundus´und Primus´ Zimmer ausräumen konnten, auch wenn der Kibbuz sehr kulant war und geduldig wartete, bis wir endlich Ladung für Ladung unser Leben von A nach B verfrachtet hatten. Es hat mich bedrückt, daß wir in Manot nicht genug Platz hatten für die Jungens, auch wenn die sich in der großen, hellen Nachbarswohnung wohlfühlten. Und es hat mich manche nächtliche Stunde wachgehalten, daß die Verhandlungen mit dem Kibbuz so stockend vorangingen, so widersprüchlich und so verwirrend.

Das alles hat sich nun aufgelöst. Wir sind wieder alle zusammen.

Primus sucht nach Arbeit – er muß unter den vielen verlockenden Angeboten (Schlüsseldienst in London, Sichereits-Gorilla im Ausland, Kosmetika vom Toten Meer in Australien verhökern, auf einer Farm in Neuseeland schuften, oder in einem Kibbuz in der Fabrik arbeiten… sind nur einige der Optionen) entscheiden, aber bis dahin habe ich ihn hier. Er ist fast immer guter Laune, hilft mir im Haus, wir unterhalten uns so gut. Secundus hat die halbe Zeit fast um und obwohl sein Dienst sehr hart ist, steht er dazu – er hat sich entschieden, Mem-kaf zu werden, und er ist es gern. Tertia wird in den Psychologischen Dienst gehen, wie sie es wollte – die optimale Lösung. Quarta hab ich noch zuhause.

Ich sage mir das auf, um zu begreifen, daß ich nicht mehr bedrückt sein muß. Es hat sich alles aufgelöst. Es ist viel einfacher, „draußen“ zu leben als im Kibbuz, auch wenn mir das früher nie aufgefallen ist, weil ich es eben so gewöhnt war und grundsätzlich die Dinge so akzeptiere, wie sie sind. Das ist ja der Witz, daß unsere Freunde im Kibbuz uns skeptisch fragen: „und wie kommt ihr draußen zurecht? ist doch alles sehr schwierig, oder?“, und wir sagen: „nein, ist alles viel einfacher als im Kibbuz“, aber das glauben sie natürlich nicht.

Als ich mit meiner Schwägerin, die auch schon viele Jahre im Kibbuz lebt und in Israel nur den Kibbuz kennt, durch den Moshav wanderte, war sie geradezu erschrocken, wie anders das ist als der Kibbuz. „Das ist ein anderes Israel“, meinte sie, und das stimmt. Aber deswegen ist es nicht unbedingt besser oder schlechter. Und auch der Kibbuz hat sich drastisch verändert in den letzten zehn Jahren. Ich bin froh, daß ich diese Verwandlung gebloggt habe, denn so erinnere ich mich daran, wie der Kibbuz VOR der Abstimmung über den „Wandel“ war. Als ich mich dort noch so wohlfühlte, so mit dem Kibbuz identifizieren konnte. Wie schön war das.

Ich dachte immer, ich bin mit Leib und Seele Kibbuznikit und bleibe es auch. Das war ich auch, solange ich da war. Aber es ist von mir abgefallen. Y. ist Kibbuznik, sein Habitus wird immer Kibbuznik bleiben. Meiner nicht. Ich genieße es, daß ich dem kritischen Auge der Kibbuz-Öffentlichkeit entrückt bin. Y. genießt, daß wir Entscheidungen über unser Ein- und Auskommen treffen können, ohne daß jemand reinredet. Und wir sind beide erleichtert, daß dieses Kapitel jetzt im Guten abgeschlossen ist. Nach so langer Zeit.

Sendung über Kibbutzim, donnerstags Arutz 1 Dezember 16, 2011, 20:10

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen, Land und Leute, Muzika israelit.
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Wer sich dafür interessiert und in Israel lebt, dem kann ich die Doku-Serie im Channel 1 über Kibbuzim empfehlen. Wer Modi Baron, wie ich, nur als Fußballreporter kennt, wird vielleicht nicht erwarten, wie interessant die Interviews mit Zeitzeugen ausfallen. Baron fischt nicht nach Zitaten, Schlagworten und Überschriften, sondern dringt tatsächlich in das Lebensgefühl der Pioniere ein.

Außerdem hat er hochkarätige Forscher zum Thema befragt – von denen alle selbst Kibbuzniks sind und teilweise führende Positionen im Kibbuz eingenommen haben. So hat eine von mir heillos bewunderte Historikerin (mit der ich in Berlin war – ich glaube, sie ist die eindrucksvollste Persönlichkeit, die ich je kennenlernen durfte) in ihrem Kibbuz die Privatisierung so klug und behutsam durchgeführt, daß er seitdem einen großen Aufschwung genommen hat. Sie weiß also wirklich, wovon sie spricht, wenn sie vom Kibbuz redet. Außerdem ist sie oh so eine wunderbare Frau.

Nicht nur kenne ich einen Teil der dort Interviewten – der Inhalt ist einfach hochinteressante Kulturgeschichte. Ich empfinde es als Privileg, daß ich das aufscheinende Abendrot beim Untergang dieser Lebensform, die Israel sehr geprägt hat, noch miterleben durfte.

Mein Mann, als Produkt dieser Lebensform, sieht die Erziehung, die er bekommen hat, mit zwiespältigen Gefühlen. So gut viele der Werte waren, auf denen die Kibbuz-Erziehung aufbaut (Fleiß, Ehrlichkeit, Mut, Bescheidenheit…), so fröhlich die Feste waren und so solide die Bildung und Ausbildung in viele verschiedene Richtungen… so groß war auch der ständige Druck der Gemeinschaft. Was Amos Oz mal den Kieselstein-Effekt genannt hat – die reiben sich ja auch aneinander, bis sie glatt sind. Nur daß Menschen eben doch keine Kieselsteine sind und ihren Charakter gerade den Ecken verdanken, an denen sich dann die anderen reiben. Außerdem hoffe ich für die Kieselsteine, daß sie weniger empfindlich sind gegen Reibungsschmerzen als wir Menschen.

Die Erziehung zur Gemeinschaftlichkeit jedenfalls hat aus meinem Mann den eigenwilligsten Individualisten gemacht, den ich kenne. Er hat positive Erinnerungen an Freundschaften und gemeinsame Aktivitäten und Arbeit und das selbstverständliche Bewußtsein, dazuzugehören – aber auch schwierige Erinnerungen. Er muß seine Eltern und Geschwister sehr vermißt haben, die er nur selten sah und die an seinem Alltag keinen direkten Anteil hatten. Er hatte keine private Ecke für sich, keine Rückzugszonen. Und er mochte noch nie, wenn andere ihm erzählten, was er zu denken hat. Die Shomer-haZair-Vorträge fand er langweilig und vorhersehbar.

Trotzdem berühren die Bilder, Töne und Lieder auch ihn. Quarta hat mit uns geguckt – ich finde es wichtig, daß sie außer den Erinnerungen an den Kibbuz, so wie sie ihn erlebt hat, auch ein bißchen Hintergrund kennenlernt. Die Rolle der Kibbuzim in der Geschichte Israels ist ein spannendes Kapitel. Rahel Rabins Geschichten von der extrem schwierigen Anfangszeit in Kibbuz Manara, die Berichte von Holocaust-Überlebenden, die mit Arroganz empfangen wurden, bis sie sich anpaßten – man schwankt beim Zusehen zwischen Bewunderung und Zorn. Und der Holocaust hat den potentiellen Nachwuchs-Kibbuzniks in Europa vernichtet – der Strom der Neueinwanderer, die nach entsprechender Vorbereitung (hachshara) in Kibbuzim landete, versiegte.

Kibbuzniks haben mit Selbstverständlichkeit viele Aufgaben erfüllt – den jüdischen Yishuv in den Araberaufständen 1936 verteidigt, dabei aber oft ausgezeichnete Beziehungen zu arabischen Nachbarn aufgebaut, die Grenzen besiedelt, die Wüste grün gemacht, Neueinwanderer aufgenommen, neue Technologien entwickelt, in britischen Brigaden gegen NS-Deutschland gekämpft, bei der illegalen Einwanderung tatkräftig mitgeholfen… Auch heute noch nehmen Kibbuzim Jugendliche aus problematischen Verhältnissen auf, adoptieren „einsame Soldaten“ und integrieren Gruppen von Behinderten oder anderen Außenseitern.

Also, gucken. Auch die Musik war interessant. Besonders der Abspann:

Ich kannte das Lied nicht, aber Y. hat es natürlich als Kind gesungen. Ich sage ja immer, es gibt kein hebräisches Lied, das er nicht im Kopf hat. Trotzdem hab ich ein bißchen nachrecherchiert, was das für ein Lied ist und woher es kommt. Das war ganz interessant.

Auf dieser Seite kann den Komponisten, Daniel Sambursky, hören, wie er es vorsingt – und zwar mit deutschem Text. Ob es auf Deutsch je irgendwo gesungen wurde, weiß ich nicht. Aber Sambursky war Königsberger Jude (bestimmt kannte er Max Fürst und andere Königsberger Zionisten, mit denen Y.s Oma befreundet war), studierte Musik und wanderte als junger Mann ins damalige britische Mandatsgebiet Palästina aus. Dort schrieb er Musik im Stil der Lieder der Jugendbewegung, auch geschult an Arbeiterliedern im Stil Hanns Eislers. Darum kam es mir gleich so bekannt vor. Ob außerhalb von Kibbuzim solche Lieder gesungen wurden, weiß ich nicht – in Jugendbewegungen vielleicht.

Beim Rumgoogeln (Recherche mag man das kaum nennen) fand ich übrigens heraus, daß der Text von Yizhak Shenhar geschrieben wurde, dessen Stiefsohn mein ehemaliger Chef war – dem ich die Privatbriefe seiner Familie übersetzt habe.

Durch die moderne Interpretation, die aus diesem energischen Ruf nach Freiheit (in einer Gruppe, in der es wenig individuelle Freiheit gab…) und Fortschritt ein melancholisches, aus Pionierzeiten herüberwehendes Echo macht, fand ich dieses Lied einen sehr passenden Abschluß für die Sendung. Ich bin sonst nicht sehr für Echo-Effekte, aber hier paßt er.