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Tip von einem Freund Juni 30, 2020, 21:32

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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https://www.deutschlandfunkkultur.de/das-revival-des-kibbuz-zusammen-leben.3720.de.html?dram:article_id=477068

 

 

Freude, Freude, Freude Juni 30, 2020, 21:31

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen, Uncategorized.
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Im Moment geht es mir so gut wie seit langem nicht mehr. (Abgesehen davon, daß ich meine Familie und Freunde in Deutschland und Israel vermisse, aber davon reden wir heute mal besser nicht.) Ich habe in allen Bereichen meines Lebens Freude. Langsam kommen wieder Aufträge, ich unterrichte den Sommer über weiter per Zoom und habe auch schon einen Vortrag so richtig vor Publikum gehalten, oder waren es zwei? Unterrichten macht einfach Spaß. Ich kann immer noch nicht glauben, daß ich tatsächlich dafür bezahlt werde, Leuten was zu erzählen, über die Dinge, die mich brennend interessieren. Verrücktes Konzept!

Im Kindergarten habe ich ebenfalls riesige Freude. Ich fange jeden Morgen als Erste an und oft bin ich noch mit den ersten eintreffenden Kindern allein. Wie sehr mir der Umgang mit Kindern gefehlt hat, wußte ich selbst nicht – ich genieße den Lärm und die vielen Fragen und die Begeisterung der Kinder. Es ist so ein wichtiges Alter.

Heute war eine große Feier – das Schuljahr ist zu Ende, jetzt fangen die Sommerferien an. Die reguläre Kindergärtnerin ist ab morgen in Urlaub, sie wird von einer jüngeren Kollegin ersetzt, und zu dritt planen wir ein Programm für kreative Sommerferien. Das Team hat nämlich entdeckt, daß ich ausgebildete Kunstlehrerin bin (und eines meiner Diplome ist sogar für Kunst in der Früherziehung) und richtige Lehrpläne schreiben kann – mit dem Umsetzen geht es erst in den nächsten Tagen los. Ich war zwar bis jetzt höchst zufrieden mit einer Rolle im Hintergrund, aber eine etwas professionellere Aufgabe ist auch schön. Und ich habe riesige Lust dazu, wieder Kunst mit Kindern zu machen.

Ich habe meinen Zwiespalt zwischen Pädagogik und Kunst ja nie wirklich auflösen können und kann es immer noch nicht. Darum paßt es mir so gut, die Woche zu unterteilen.

Die Abschlußfeier heute war schön, aber auch merkwürdig, weil die Eltern ausgeschlossen waren. Die Kindergärtnerin hat trotzdem eine komplette Feier durchgezogen, es war wahnsinnig viel Arbeit, und eine der Kolleginnen hat alles gefilmt. Die Eltern konnten per Zoom zugucken, wie ihre Kinder tanzen und singen. Sie hatten einen sehr schönen Videoclip aufgenommen, in dem alle Elternpaare vorkamen und in Gebärdensprache ein schönes Lied begleiteten. Das war für die Kinder ein Höhepunkt. Zu diesem Lied:

 

 

Die beiden letzten Lieder und Tänze waren dann draußen vor dem Kindergarten – die Eltern standen mit Mundschutz hinter einem Flatterband. Einer der Väter hatte eine Drohne dressiert, die alles von oben filmte, und die Kinder waren begeistert.

 

Die Atmosphäre in einem Kibbuz ist selbst unter Corona-Bedingungen so freundlich, so offen, ich kann es nicht beschreiben. Die Eltern arbeiten teils im Kibbuz, teils draußen, viele sind auch selbst keine Kibbuzniks, sondern haben sich ein Haus im Neubaugebiet des Kibbuz gebaut. Aber die Entscheidung, die Kinder in einem Kibbuz großzuziehen, sagt schon aus, daß das Familienleben der höchste Wert ist. Und die Kindergärtnerinnen sagen beiden, sie haben an keinem anderen Arbeitsplatz so viel Respekt von Eltern und Kindern erfahren wie in einem Kibbuz-Kindergarten. Sie sind aber auch, jede auf ihre Art, sehr gute, engagierte Pädagoginnen, denen nichts entgeht. Die Eltern verlassen sich auf den Kindergarten, und nach allem, was ich bisher mitbekommen habe, können sie das auch.

Irgendwas ist immer noch dran an so einem Kibbuz-Leben, auch wenn die Außenwelt natürlich eindringt, was ja auch in vieler Hinsicht gut ist.

 

Ich habe wenig Zeit für die Nachrichten, kriege wohl mit, daß die Corona-Wellen weiter rollen, nicht nur bei uns, und daß Netanyahu sich aus Trumps nie richtig vorgestelltem Plan die Rosinen rauspicken will, die sauren Äpfel hingegen liegenlassen will. Ich habe keine Zeit oder Lust, tiefer in die Materie einzudringen – mein Eindruck ist, daß Trumps Plan nicht grundlegend verschieden ist von den unzähligen früheren, die alle auf Gebietstausch  und -ausgleich hinauslaufen, außerdem die Gründung eines Staats Palästina. Waren frühere Pläne oft zugunsten der Palästinenser gewichtet, hat Trumps Vorschlag wohl eine Schlagseite in Richtung Israel. Daß Netanyahu daraus noch schnell unilaterale Schritte machen will, zeigt vielleicht, daß auch er nicht an einen Wahlsieg Trumps im November glaubt – dann wäre nämlich Zeit geblieben, den Plan erstmal vernünftig durchzuarbeiten. Aber jetzt soll alles husch-husch über die Bühne gehen. Ich halte das für einen Fehler, auch wenn es sicherheitspolitische Gründe dafür gibt. Unter einem Präsident Biden geht es dann wieder in die andere Richtung, und nichts ist gewonnen, dafür aber viel verloren.

Inzwischen habe ich von Bibi die Nase so voll, daß ich nicht mal Lust habe, mehr zu diesem Thema zu sagen oder zu lesen. Ich hoffe, es kommt noch was dazwischen.

So geschehen Juni 7, 2020, 19:10

Posted by Lila in Land und Leute.
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Heute nach der Arbeit, ich sitze am Busbahnhof in Nahariya, einem tristen Ort, auf einer Bank. In einiger Entfernung von mir eine junge Frau mit Mundschutz. Sie sieht aus wie ein orientalisches Schneewittchen. Sie murmelt ärgerlich vor sich hin und beschließt wohl, daß ich der richtige Mensch bin, ihren Frust rauszulassen.

Schneewittchen: Ist das zu glauben, eine ganze Stunde! Eine ganze FUCKING Stunde warte ich hier auf den Bus! Unmöglich! Kannst du dir das vorstellen?

Ich: Vermutlich fährst du sonst mit dem Auto? Habe ich mir gedacht. Leute, die immer Bus fahren, wie ich, finden eine Stunde Wartezeit nicht schlimm. Erst ab anderthalb Stunden nervt es. Aber du hättest besser in einem Cafe gewartet als hier.

Schneewittchen: So? Na, gut daß ich ein Auto habe. Bist du Kibbuznikit? Du klingst, als wärst du aus einem Kibbuz.

Ich (erfreut, daß ich endlich mal nicht wie ne Ausländerin klinge): Ja, bin ich, auch wenn wir nicht mehr im Kibbuz leben.

Schneewittchen: Und guck mal, wie wir jetzt dasitzen, mit diesen bescheuerten Masken. Als würde das was nützen.

Ich: Ja, und es sieht so aus, als würde die zweite Welle tatsächlich kommen.

Schneewittchen: Die 2. Welle, das sag ich dir, die wird schlimmer als die erste. Wir werden uns noch nach der ersten sehnen. Es gibt viel mehr Infizierte, als die Medien berichten. Es wird viele Tote geben.

Ich: Oh, das will ich doch nicht hoffen.

Schneewittchen: Und warte mal, bis die 3. Welle kommt. Dann wird es ganz schlimm. Dann kriegen wir es alle, und dann wird man es uns auch ansehen.

Ich: Wie werden wir dann aussehen?

Schneewittchen: Wie Mumien. Wie Zombies. Das Virus wird uns von innen auffressen.

Ich (taktvollerweise übergehend, daß Mumien und Zombies nicht gleich aussehen): Wirklich?

Schneewittchen: Ja, und dann hilft nur noch Chlor.

Ich: Zum Desinfizieren?

Schneewittchen: Als Behandlung. Das machen die jetzt schon. Jeder, der Corona hat, kriegt Chlor gespritzt. Unverdünnt.

Ich: [sprachlos]

Schneewittchen: Ah, da ist ja der Bus. Tschüs, und vergiß nicht, was ich dir gesagt habe!

Ich: Tschüs, und nein, ich vergeß es bestimmt nicht…

 

Ich habe nicht dazugesagt: … allein schon, weil ich das alles in meinem Blog aufschreiben werde, auch wenn es mir keiner glaubt.

 

Die zweite Welle Juni 2, 2020, 20:16

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen, Persönliches.
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steigt und rollt. In Schulen und teilweise auch Kindergärten gibt es zunehmend neue Corona-Fälle. Viele Kinder sind in Quarantäne, betroffene Schulen geschlossen, und keiner weiß, wie es nun weitergeht. In unserem Kindergarten fangen wir an, schrittweise wieder gemeinsame Aktivitäten einzuführen, an denen beide Gruppen teilnehmen, aber mit minimalem Kontakt. So haben wir unseren ersten Ausflug durch den Kibbuz gemacht, aber die Gruppen gingen getrennt. Es war trotzdem schön, natürlich haben wir Familienmitglieder der Kinder getroffen, das ist im Kibbuz eben so.  Keiner weiß genau, wie es weitergeht, wir bekommen jeden Tag neue Anweisungen und wir achten sehr auf Hygiene, Distanz und Mundschutz. Meine ganze Putzteufelei werde ich im Kindergarten los. Wo eine Kinderhand hingefaßt hat oder hätte hinfassen können, wischen und desinfizieren wir. Es wäre ein Albtraum, wenn es bei uns eine Ansteckung gäbe.

Wir servieren das Essen jedem Kind einzeln, mit Handschuhen, auf desinfizierten Tischen mit Papier-Unterlagen auf Einmal-Geschirr, was wir alle für Quatsch halten (die Spülmaschine spült schließlich sehr heiß, d.h., unser Geschirr müßte virenfrei sein), aber einhalten müssen. Die Eltern dürfen noch immer nicht in den Kindergarten rein, und das ist eigentlich gut, denn so ist der Kindergarten eine Art Arche Noah, und die Abschiede und Wiedersehensfeiern spielen sich auf der Eingangsterrasse ab. Die meisten Abschiede morgens sind vollkommen problemlos, und die Kinder spielen, malen und erzählen vergnügt den ganzen Tag über. Die Sorgen der Erwachsenen scheinen sie nicht zu berühren, trotzdem bin ich sicher, daß sie sich immer daran erinnern werden, an diese ganzen neuen Rituale.

Ich habe weiterhin Spaß daran, ihnen einfach zuzuhören. Heute ging es an „meinem“ Tisch darum, wie komisch behaart Erwachsene sind. Die Kinder tauschten ihr Befremden darüber aus und sprachen dabei über Erwachsene wie über eine fremde, etwas bedauernswerte Spezies.

Gestern fiel für eine Stunde der Strom aus, es war über Mittag recht dunkel im Kindergarten und die Atmosphäre ganz anders, ganz still. Alle wurden ziemlich müde, wir auch, aber es war so friedlich. Das helle künstliche Licht putscht doch ein bißchen auf. Wir haben uns daran erinnert, wie es früher war, als in Kindergärten noch Mittagsschlaf gehalten wurde. Wie die Kinder in ihren Betten rumkasperten, während wir todmüde versuchten, sie zur Ruhe zu bringen. Ich weiß noch, welche Kinderschallplatten liefen. Wenn sie dann eingeschlafen waren, mußten wir sie fast schon wieder wecken, damit sie um vier abholfertig waren. Nein, der Mittagsschlaf fehlt den Kindern nicht, aber eine ruhigere Stunde nach dem Mittagessen ist uns allen lieb. Und dann kamen Freudenrufe, als Licht und Klimaanlage wieder ansprangen.

Gleichzeitig mit den Sorgen über ein Corona-Comeback läuft immer noch das Projekt „Normalität, kehr doch wieder“, und ich werde wieder zu Vorträgen eingeladen, die im Februar und März ausfielen. Tagsüber lasse ich mir also Bananen-Suppen aus Sand und Blättern servieren und desinfiziere kleine Stühle, abends bereite ich Vorträge vor, unterrichte außerdem weiter online, was auch vorbereitet werden muß. und habe keine Ahnung, wie es im Herbst weitergehen soll. Es wird mir jedenfalls seltsam vorkommen, in zwei Wochen wieder vor einem echten Publikum zu stehen – soll ich einen Mundschutz benutzen? das Mikrofon vorher und nachher desinfizieren? wird das überhaupt stattfinden?

Ich hatte gedacht, diese Zeit der Merkwürdigkeiten wäre vielleicht fast vorbei. Aber es könnte noch eine Weile dauern.