jump to navigation

Liebes Mädchen November 29, 2007, 15:13

Posted by Lila in Land und Leute, Uncategorized.
16 comments

Wir hatten heute einen Überraschungsgast, eine junge Cousine von Y., die auf dem Weg von der Armee nach Hause zu ihren Eltern hier einen Stopp einlegte.

dscf0001.jpg

Es war das erste Mal, daß ich sie in Uniform sah. Sie ist bei der Luftwaffe, im Süden, hat einen recht verantwortungsvollen und interessanten Job und hat uns ein bißchen davon erzählt.

Als ich in den Kibbuz kam, noch bevor ich Y. kennenlernte, habe ich mit ihrer Mutter (Y.s Tante, die wesentlich jünger ist als Y.s Vater – die Tante ist nur 10 Jahre älter als wir) zusammengearbeitet. Damals war die Tante mit ihrem vierten Kind schwanger – eben dieser kleinen Cousine, die heute zu Leos Entzücken auf unserem Sofa saß. Ich habe leider nicht photographiert, wie begeistert der kleine Stromer auf ihrem Schoß saß.

Ich kenne sie also wirklich von Anfang an. So schnell werden die Kinder groß. Bei der Armee machen sie einen riesigen Sprung. Vorher sind sie Kinder, auch wenn sie noch so verantwortungsbewußt und fleißig sind wie dieses Mädchen – aber während der Armeezeit verändern sie sich. In Glücksfällen reifen sie schnell, übernehmen Verantwortung und stellen sich ernsthafte Fragen – in weniger guten Fällen werden sie depressiv, kapseln sich ab, lassen nur noch die Armee gelten und sonst niemanden mehr an sich heran. Y.s Cousine sagt, ihre Arbeit ist sinnvoll und macht Spaß. Offizierin will sie nicht werden, ihr reicht die Verantwortung, die sie jetzt hat.

Ihre große Schwester war Offizierin, ihr großer Bruder Offizier, die dritte Schwester hat aus Gewissensgründen Zivildienst gemacht. Sie hat sich überlegt, welchem Beispiel sie folgt, und ist zur Armee gegangen.

Die Cousine samt den anderen jungen Männern und Frauen in Uniform befinden sich an der Grenze zum Gazastreifen eigentlich im Krieg, während in den Medien von Frieden geredet wird. Täglich geht es hin und her – die Palästinenser schießen, die Armee schießt zurück. (Nachdem längere Zeit nicht reagiert wurde, ohne daß der Beschuß nachließ, wird jetzt wieder zurückgeschossen.) Das ist schon normal, das kommt uns nicht mal absurd vor.

Einen Ausweg aus dieser Lage kann das Militär nicht finden – denn das Problem ist politisch, nicht militärisch. Aber es sind Mädchen wie diese liebe, zarte kleine Cousine, die sich an der Front wiederfinden. In einem normalen Land würde sie studieren, jobben oder studieren UND jobben.
Wer glaubt, daß wir unsere Kinder gern in diesen höllischen Konflikt verwickelt sehen? Ich wünschte, es wäre schon vorbei, gelöst, und die Armee wäre nur ein Sicherheitsorgan, und die Soldaten und Soldatinnen hätten nichts weiter zu tun als Manöver zu planen und ihre Hummer auf Hochglanz zu bringen. Noch sind wir nicht so weit…

Frage November 27, 2007, 14:47

Posted by Lila in Kunst, Uncategorized.
15 comments

an die Käufer von alten Scharteken unter meinen Lesern.

Was ist besser? Womit seid ihr zufriedener – ZVAB oder Abebooks? Was gibt es sonst noch?
Amazon, wo es ja auch viele vergriffene und gebrauchte Bücher gibt, kommt für mich nicht in Frage, weil sie nicht nach Israel versenden. Ebay ist Glückssache – weniger für die Suche nach wissenschaftlich brauchbaren Büchern geeignet.

Die Wissenschaftliche Buchgesellschaft hat wunderbare Bücher, ist aber sehr teuer und hat nur ein begrenztes Angebot. Ich kaufe dort schon seit Jahren (seit meiner Schulzeit!), aber ich habe in ihrem Angebot noch nie ansonsten nicht aufzutreibende Schätzchen gefunden.

Ich habe bisher immer ZVAB bestellt, aber die haben mich heute mit einem Fragebogen überrascht. Gutmütig wie ich bin, habe ich alle ihre Fragen ausgefüllt. Dabei wurden dauernd die Leistungen, Werbungen und Präsenz von ZVAB und Abebooks erwähnt und verglichen. Bisher war ich mit ZVAB so zufrieden, daß ich Abebooks kaum wahrgenommen hatte. Jetzt hab ich aber die Anregung wahrgenommen, mich bei der Konkurrenz umzutun. Tatsächlich habe ich dort auch sofort ein interessantes Buch gefunden, kaum zu glauben 😉

Ich bestelle auch oft direkt bei für mich in Frage kommenden Antiquariaten, wie Nijnatten oder Alephbooks, oder beim niederländischen Antiqbook (wobei für mich aber Nijnatten und Alephbooks immer die besten Ergebnisse bringen). Ich bin immer froh, wenn ich mit meinen Käufen echte Läden unterstütze, in denen Büchernarren arbeiten (Antiquare sind ja ein ganz besonderes Völkchen) und in denen ich mich auch physisch immer wohlgefühlt habe.

Hat jemand Tips fürs Stöbern und Auftreiben alter wissenschaftlicher Bücher für mich, Kataloge, kleine Ausgaben, akademisches Zeug…?

A propos Annapolis November 25, 2007, 14:15

Posted by Lila in Muzika israelit.
4 comments

Ich möchte hier einen alten Film vorstellen, israelische Klassik. Dieser Film gehört ins nationale Pantheon, er wird jedes Jahr zum Unabhängigkeitstag gesendet, aber wir haben ihn natürlich auf DVD und sehen ihn regelmäßig, weil er einfach sehr gut ist. Sehr lakonisch, sehr witzig, auch traurig. „Ha-lahaka“, die Truppe, erzählt die Geschichte einer Unterhaltungstruppe der Armee in den 60er Jahren – er wurde Ende der 70er gedreht. Die Stars des Films sind bis heute bekannte Gesichter – Tuvia Tzafir, Gali Atari, Gilat Ankori, Dafna Armoni, Sassi Keshet und natürlich der wunderbare Gidi Gov, dessen Musik wir auch oft hören.

Kurz, dieser Film, seine Geschichte und seine Musik gehören einfach zum DNA der meisten Israelis. Ja, ich kenne auch einen Siedler, der da mitsingen kann – er war übrigens verblüfft, daß ich die Lieder kenne 🙂

Und das ist das große Finale des Films.

Und hier der Text:

Shir laShalom

Tnu lashemesh la’alot
laboker le’ha’ir
Hazaka shebatfilot
otanu lo tachzir

Mi asher kava nero
u’ve’Afar nitman
Bechi mar lo ya’iro
lo yachziro le’chan

Ish otanu lo yashiv
mibor tachtit a’fel –
kan lo yo’ilu –
lo simchat hanitzachon
Velo shirei hallel

Lachen rak shiru shir lashalom
al tilhashu tfila
lachen rak shiru shir lashalom
bitze’aka gdola

Tnu lashemesh lachador
miba’ad laprachim
al tabitu le’achor
hanichu la’holchim

S’u eina’yim betikva
lo derech kavanot
shiru shir la’ahava
velo lamilchamot

Al tagidu yom yavo
havi’u et hayom –
ki lo chalom hu –
uve’chol hakikarot
hari’u rak shalom

Song for Peace

Let the sun rise
light up the morning
The purest of prayers
will not bring us back

He whose candle was snuffed out
and was buried in the dust
bitter crying won’t wake him up
and won’t bring him back

Nobody will bring us back
from a dead and darkened pit
here,
neither the victory cheer
nor songs of praise will help

So just sing a song for peace
don’t whisper a prayer
Just sing a song for peace
in a loud shout

Allow the sun to penetrate
through the flowers
don’t look back
let go of those departed

Lift your eyes with hope
not through the rifles‘ sights
sing a song for love
and not for wars

Don’t say the day will come
bring on that day –
because it is not a dream –
and in all the city squares
cheer only for peace!

Nicht ohne Grund ist der Film das israelische Äquivalent zu Hair genannt worden. Nur daß es hier nicht Hippies sind, die die Botschaft des Friedens verbreiten, sondern junge Leute in Uniform.

Das Lied ist international berühmt geworden, weil Yitzhak Rabin es kurz vor seiner Ermordung gesungen hat und in seiner Tasche das blutverschmierte Blatt mit dem Text gefunden wurde.

Ich habe dieses Jahr nichts zu Rabins Todestag geschrieben, weil mir das viele Gerede über seinen m.M. nach vollkommen irrelevanten Mörder und seine Spökes zu viel wurde. Aber ich finde, vor diesem weiteren Treffen lohnt es vielleicht, sich daran zu erinnern, daß in Israel die Mehrheit den Frieden gewollt hat und ihn immer noch will.

Ich möchte hier nicht polemisch werden und nun die größten Hits des palästinensischen Fernsehens damit vergleichen- die dazu passenden Videos kann sich, wer einen starken Magen hat, selbst raussuchen. (Gute arabische Musik wie Fayrouz oder Umm Kulthoum ebenfalls.)

Es gibt ja auch palästinensische Künstler, die sich dem Mainstream wiedersetzen, die Murads z.B., die mit David Broza diesen ziemlich sentimentalen Song und Clip produziert haben – vermutlich wäre ein etwas kontroverserer Dialog nicht mehr möglich gewesen 😉 Aber auch dieser sanftmütig-wohlgemeinte Appell ans Menschlich-Gefühlige bedeutet schon das Äußerste an Wagnis.

Vermutlich könnten Olmert und Abbas zu diesem Lied wehmütig miteinander schunkeln – denn auch wenn sie beide wollen, sie können nicht, wie sie wollen. Wobei ich daran erinnere, daß Olmert gewählt wurde, um diesen diffus ersehnten Frieden, auch um den Preis von Zugeständnissen, zu schaffen – bevor die Auswirkungen unserer unilateralen Rückzüge zu kraß sichtbar wurden.

Kurz – ich habe das dumpfe Gefühl, daß keine Art der Friedenssehnsucht ihren Lohn finden wird. In Israel sieht man mit bitterem Gefühl auf die Begeisterung und Hoffnung von damals – eine Art Hangover, oder böses Erwachen mit dem falschen Partner im Bett.

Wie sich die Palästinenser fühlen, weiß ich nicht – sie sind vermutlich enorm frustriert, weil sie in all den Jahren ihres wilden Kampfs keinen Schritt weitergekommen sind, im Gegeneteil – wie in der Legende verkleinert sich das goldene Tuch immer weiter, von dem sie träumen. Das ist tragisch und tut mir leid, auch wenn ich ihnen am liebsten in die Ohren brüllen würde, daß es ja gerade der Kampf ist, der das Tuch immer weiter zerschneidet. Oh, und an die Bitterkeit und Frustration der Palästinenser, die wie ich die Gewalt als Wurzel des Problems und nicht seine Lösung sehen, mag man kaum denken. Sie tun mir leid – und ich habe nach wie vor das Gefühl, es gibt sie, und wir sitzen in einem Boot.

Ja, ich habe hier keine Analyse anzubieten, nur eine Art Trauerarbeit. Die großen Träume und Entwürfe sind tot, wir müssen in der komplizierten, für Israel enorm bedrohlichen Realität versuchen, eine Art Stabilität herzustellen.

Gastbeitrag November 25, 2007, 12:59

Posted by Lila in Land und Leute.
2 comments

Mir fällt zu Annapolis nichts Nützliches ein.  Darum danke ich David, der einen Gastbeitrag zum Thema geschrieben hat.

Die Friedenspfeifen von Annapolis
(Gastbeitrag von D. Wolski Levi)

Sind es wirklich nur ein paar Tage bis zur neuen großen
Nahost-Konferenz? So genau will man sich nicht festlegen. Die
amerikanischen Gastgeber erwarten jedenfalls bis zum 27. November alle
Parteien, Eingeladenen und Zaungäste in ihren Hotelzimmern in
Annapolis, Maryland. Wer genau erscheint, ist auch noch nicht ganz
klar. Wird Assad kommen, wie Condi das will, oder nicht? Kommen wollte
er ja nur, wenn der Golan Teil der Verhandlungen ist. In dem Kramladen
der Themen auf der Agenda in Annapolis hat nach Condis Drängen jetzt
auch noch der Golan Platz gefunden. Palästinensischer Staat, Status
von Jerusalems, Räumung von Siedlungen in Shomron, Palästinensischer
Flüchtlinge, Hamastan und Fatah-Khalifat sind anscheinend nicht genug.

Noch bevor von Ulmert überhaupt eine Mineralwasserflasche geöffnet und
ein einziger Aschenbecher vor Abu Mazens Tische geleert wurde, macht
sich hier wie dort schon Katerstimmung breit: Der volle Themenplan,
die unüberschaubare Menge von Vertretern aus fast 50 Staaten Gästen,
die alle etwas mitreden wollen – all das sorgt für wenig Optimismus.
Dass die Protagonisten der Gespräche aus zerrütteten innenpolitischen
Verhältnissen stammen, ist auch nicht gerade hilfreich. Hier Ulmert,
der Mann-Ohne-Eigenschaften, dessen bisherige Leistung als PM nur mehr
den Zuspruch von 10% der Israelis findet. Und dessen fragiles
Regierungsgebilde nur aufgrund der anhaltenden Lähmung der
Israelischen Rechten existiert, die sich seit der Räumung Gazas und
den nach wie vor ungelösten Problemen der Umsiedlungen in einem
Schockzustand befindet. Dort Abu Mazen („Abbas“), dessen politische
Existenz auf die Villengegend in Ramallah begrenzt ist und dessen
plakatiertes Bildnis schon ein paar Kilometer weiter von Kugeln
durchsiebt ist. Das hindert beide nicht daran, sich mal als
vorsichtig-optimistischer Peace-Broker und mal als knallhartes
Pokerface zu präsentieren. Aber alles wirkt wenig authentisch. Eher
wie ein Stück orientalisches Schattentheater für die amerikanischen
Gastgeber und vielleicht auch für die Arabische Liga.

Die Gewinner der Konferenz stehen schon fest: Die versammelten
Nahost-Experten, Israel-Korrespondenten und
Palestina-Hofberichterstatter um die es allesamt erstaunlich ruhig
geworden war. Für alle wird etwas dabei sein, um über Wochen oder
sogar Monate wieder scharfsinnige und schlaue Analysen über jeden Sack
Hummus abzugeben, der zwischen Jordan und Tel Aviv, Metula und Eilat
umfällt. Allein der andauernde Low-Intensity-Conflict ist mit seinen
einfachen Wahrheiten nicht interessant genug für die ausländische
Presse: Zu wenig orientalisches Schattentheater.

Vielleicht ist es aber nicht mal die Konferenz der starken
Schwächlinge im Vordergrund, sondern die Zeit für
Hintergrundgespräche. Wer die israelische Presse verfolgt, findet in
den Berichten vor allem Meinungen der zweiten Reihen, hinter Ulmert
und Abu Mazen.
Etwa jene von von Fayad und Abu Rabbo, die sich mit ihrem Dritten Weg
schon als Nachfolger Abu Mazens in Position bringen und damit
scheinbar nur gewinnen können. Fuer Hamas-Haniyeh ist sowieso schon
klar, dass der einzige Weg eine dritte Intifada ist, egal was bei den
Gesprächen heraus kommt.

In Israel spart auch niemand mit klaren Worten: Tzipi Livni etwa sagte
bei einem Treffen mit ihrem französichen Kollegen, alles, was bei
Annapolis  heraus käme, sei auch verbindlich für die israelischen
Araber. Das hieße, das Israel eine härtere Linie gegen die Forderung
der hiesigen Araber fahren würde und die antiisraelischen und
antisemitischen Umtriebe wohl nicht mehr so hinnehmen wird. Momentan
ist es beispielsweise kein Problem für einen Knesset-Abgeordneten, die
Auflösung Israels zu fordern, wie das etwas die Partei BALAD tut. Und
jene Palästinenser, die sich noch eben vor dem Entstehen eines
palästinensischen Staates doch noch schnell um eine israelischen
Staatsbürgerschaft bemühen, könnten sich dies aus dem Kopf schlagen.
Wenig Enthusiasmus gibt es von Ehud Barak, noch von Camp-David
traumatisiert und ebenfalls Part der israelischen Delegation in
Annapolis. Er setzt die Armee vorsichtshalber schon mal in den
Alarmzustand, falls sich die Intifada-Androhungen tatsächlich
materialisieren sollten.

Vielleicht ist der unübersichtliche Facettenreichtum der alten und
neuen zukünftigen Gesprächspartner auch gerade die Chance, die ein
kalter Frieden braucht. Ulmert verhandelt mit Abu Mazen, Tzipi Livni
und Haim Ramon mit Abu Ala (Quereia) und Peres mit der alten PA-Garde.
Die Amerikaner halten ihre Freunde, die Saudis, bei Laune.Der Iran
schmollt mit Nasrallah und Assad rasiert sich seinen
Möchtegern-Schickelgruber vielleicht doch noch ab, wenn es um den
Golan geht. Was dabei heraus kommen könnte (und hier kommen endlich
ein wenig verhaltener Optimismus ins Spiel), ist ein Schachbrett auf
dem nach einem langen gegenseitigen Schachmatt zahlreiche Spielfiguren
unabhängig voneinander ihr eigene Dynamik entwickeln. Klar, dass damit
die Situation komplexer wird.

Und dies ist auch die einzige, zutreffende politische Wettervorhersage
für den Nahen-Osten. Alles andere ist unseriös.

Pläne November 24, 2007, 10:08

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
3 comments

Heute kommt mein Schwiegervater und macht mit uns eine Runde im Kibbuz. Er will den Kindern erzählen, wie es hier in seiner Kindheit war – er ist ja hier aufgewachsen, als der Kibbuz ganz neu war. Ich nehm die Kamera mit. Vielleicht kommt ja was Interessantes dabei raus? Schöner, ruhiger Shabat auf jeden Fall.

Abends: Wir sind insgesamt fast vier Stunden mit Schwiegervatern durch den Kibbuz gelaufen, er hat erzählt, wir haben alle zugehört. Selbst für Y. war vieles neu. Ich habe photographiert, und das Material muß ich nun sichten, auswerten und aufbereiten 😉 Sobald es auf Flickr zu finden ist, link ich hin. War herrliches Wetter heute, nach dem Regen neulich. (Die Wolken waren so voluminös und fest in den letzten Tagen, daß sie mich unwiderstehlich an Picassos neo-klassische, massive Figuren erinnert haben – sie tanzten geradezu über den Himmel…)

Und einen Tag später: ich habe aus der verschwenderisch, wenn auch laienhaft photographierten Fülle ausgewählt. Bei Flickr zu finden.  Puh, 87 Bilder!

Kleine Übung November 23, 2007, 20:44

Posted by Lila in Uncategorized.
23 comments

 Wer hat das gesagt? Wer ist hier gemeint?

„We can’t live with a state that terrorizes and hunts us, despite the fact that we are on our own land. We have lived on this land and cultivated it for thousands of years, long before the creation of the state.“

Falsch geraten.

Sami reindeer herders in traditional costume and led by a live reindeer held a protest march Friday in Stockholm, Sweden, over new Norwegian regulations.

„We can’t live with a state that terrorizes and hunts us, despite the fact that we are on our own land,“ said Per Anders Nutti, who heads Saarivuoma, the group organizing the protest. „We have lived on this land and cultivated it for thousands of years, long before the creation of the Norwegian state.“

Ist es nicht interessant, daß gerade die pro-palästinensischen Nordländer ähnlichen Vorwürfen ausgesetzt sind wie Israel? Wer Fräulein Smilla gelesen hat, weiß ähnliches über Dänen und Grönländer… von Briten und Engländern mal ganz zu schweigen… Komisch, irgendwie ereifert sich da keiner so richtig.

Lohn des Muts November 22, 2007, 20:03

Posted by Lila in Persönliches, Uncategorized.
10 comments

Ich hatte heute einen schwierigen Vortrag, auf den ich mich lange vorbereitet habe, weil ich mir beim Thema nicht sicher genug war. Es ging alles gut, ich fühlte mich wie eine Heldin.

Dann hatte ich einen Termin beim Zahnarzt. Mein guter alter Zahnarzt, an den ich mich schon gewöhnt hatte und bei dem ich mich wohlgefühlt habe, ist nicht mehr da – statt dessen hat der Kibbuz einen unternehmungslustigen jungen Mann angeheuert. Na ja, jung – also jünger als ich. Er sollte mich nur untersuchen, um zu sehen, was getan werden muß. Er meinte, der Weisheitszahn muß raus – dieser Weisheitszahn ärgert mich schon lange, also meinte ich, nur immer raus damit.

Dann rief ein anderer Patient an, er kann nicht kommen. Der Zahnarzt guckte mich an. Weisheitszahn ziehen? Ziehen. In Nullkommanichts war er draußen, der fiese Zahn. Jetzt warte ich drauf, daß die Schmerzen anfangen.

Aber der Zahnarzt gefällt mir. Seit Jahrzehnten diskutieren meine diversen Zahnärzte, ob der Zahn nun funktional ist oder nicht, ob er raus soll oder nicht, und wie und wo und wann. Aber jetzt ist er weg. Ich bin froh! In zwei Wochen kommt die andere Seite dran.

Er hat´s schwer, November 21, 2007, 23:43

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen, Uncategorized.
3 comments

mein armer Mann! Morgens brutal früh raus, den ganzen Tag Hektik, Streß und harte Entscheidungen. Sogar auf dem Weg nach Hause wird er regelmäßig wieder zurückgerufen – wie einer der ungelernten Arbeiter neulich einem anderen erklärte, „der Y. ist doch der einzige, der wirklich weiß, was hier gemacht wird!“. Damit meinte er nicht etwa innerbetriebliche Machtspielchen oder „politika“ – Y. weiß, was in jedem Kessel blubbert und wie man die Ventile öffnen und schließen muß und wann man das Material abkühlen muß. Nicht nur theoretisch, wie die anderen Ingenieure, sondern noch aus der Zeit, als er selbst im Blaumann durch den Staub krabbelte.

Y. ist ein Mann der Praxis, und es hält ihn nie lange in seinem Büro. Er ist auch der einzige, der sich die Zeit nimmt, ungelernten Arbeitern gründlich und verständlich zu erklären, was in all den Kesseln eigentlich vorgeht. Notfalls bleibt er eben länger da oder kommt am Wochenende oder nachts noch mal. Wir wohnen ja so nah dabei.

Wenn er dann total kaputt, wenn auch zufrieden, abends nach Hause kommt und mir erzählt, was er alles geschafft hat, ist der Tag noch nicht vorbei. Regelmäßig klingelt das Handy. Alarm! Es brennt in der Fabrik. Noch bevor der Sicherheitsbeamte ankommt, hat Y. schon die tote Ratte aus dem Stromschrank gefischt, die zu Kurzschlüssen geführt hat. Der Elektriker, der das eigentlich machen sollte, ist zu weich dazu, er wendet sich ab, grün im Gesicht. Keine angenehme Sache.

Noch schwieriger ist diese unschöne Aufgabe, wenn es statt der Ratte eine der Fabrikkatzen ist, die er gern füttert – und die nun ihr letztes Leben zwischen Strippen und Kabeln lassen mußte. (Nein, isolieren nützt nichts, gerade durch das Isoliermaterial fressen die Ratten sich mit Wonne durch.) In den letzten zehn Tagen dreimal!

Jedesmal Schmorbrand-Alarm, jedesmal Y. mit als Erster am Brandort, jedesmal kurzentschlossen die Ursache beseitigt.
Ein andermal ist irgendwo die Vakuumpumpe kaputt, oder das Produkt ist hart geworden und verstopft sämtliche Leitungen, oder ein trotteliger Lieferant hat den Schwefelsäure-Tank mit schwefliger Säure befüllt, die nun zu einer ökologischen Katastrophe zu werden droht, wenn sie nicht sofort abgepumpt wird…

Wirklich, in den letzten Wochen war es wie verhext, jeden Abend mußte er aufs Tustus springen und in die Fabrik knattern. Jeden Abend eine andere Katastrophe, die meinen Mann aus seiner wohlverdienten kurzen Ruhe scheucht.

Heute abend nun hatte er sich gerade gemütlich neben mir ausgestreckt, als wieder das Handy klingelte. Diesmal ist es sein kleiner Bruder. Ja, er war gerade unterwegs zum Flughafen, seine Frau abholen. (Auf seine Kinder paßt inzwischen die Schwiegermutter auf, die sind ja noch klein.) Und er wollte eine Abkürzung nehmen. Bei dem Wetter keine SO gute Idee. Es regnet immerhin schon seit zwei Tagen ohne Punkt und Komma. Ja und nun hängt er im Schlamm fest, und allein schafft er es nicht. Den Flug würde er sowieso verpassen, da hat er schon Schwiegervatern gebeten, seine Frau abzuholen. Und er braucht Hilfe. Gut, daß es Familie gibt!

Unverdrossen steigen Y. und Primus in die warmen Socken, Anoraks, Mützen und Stiefel. Hast du ne Taschenlampe? Was brauchen wir sonst noch? Ich habe das Gefühl, es macht ihnen Spaß, meinen Schwager zu retten. Sie werden ihn mit Scherzen dafür zahlen lassen, soviel ist sicher…. Bevor er verschwindet, guckt Y. mich noch mal entschuldigend an. „Wann war ich das letzte Mal einen ganzen Abend zu Hause?“ „Ich weiß es nicht, aber ich blogge schon drüber!“ Er lacht. „Ich schwöre dir, ich habe keine Freundin!“

Und er ist weg. Armer Mann, ich setz schon mal das heiße Wasser auf, damit ich ihnen einen Tee machen kann, wenn die beiden wiederkommen.

Interessanter Artikel November 21, 2007, 15:05

Posted by Lila in Land und Leute, Uncategorized.
18 comments

in der ZEIT, eine Innenansicht aus dem Chaos in Sh´chem, biblisch Sichem, heute besser als Nablus bekannt. Ich weiß nicht, ob die Stimmen und Ansichten, die dort geäußert werden, in Deutschland wirklich so selten zu hören sind, wie ein paar Leserkommentare meinen – in Israel jedenfalls ist das bekannt und wir können uns das Spektrum der Meinungen jeden Abend in den Nachricht anhören.

Die Situation in der Westbank und im Gazastreifen ist so verfahren und die Palästinenser untereinander so tödlich verfeindet, daß Außenstehende unmöglich erkennen können, wer nun eigentlich bei all den Bandenkriegen und der Kriminalität „im Recht“ ist. Vieles bleibt undeutlich, wird wohl auch nicht zu klären sein, ein Knäuel von Unrecht, Rache, neuem Unrecht und wiederum Rache.

Für mich scheint die deutlichste Erkenntnis eine zu sein, daß die „leidenden Zivilisten“ dort meine Meinung teilen (für die ich von deutschen Palästina-Fans öfter zur Schnecke gemacht worden bin, als ich zählen kann 😉 ) – nämlich daß Terror und Intifada den Palästinensern nur schaden, daß sie sich damit selbst im Wege stehen. So lange dieser Terror anhält, gibt es keinen Ausweg.

Zur wirtschaftlichen Situation einer Familie:

Der Vater – er hat ein tief zerfurchtes, früh gealtertes Gesicht und schwermütige, von Schlaflosigkeit gerötete Augen – besitzt eine Werkstatt für Aluminiumfenster. Vor der Intifada beschäftigte er sieben Arbeiter. Abends kam er oft erst um Mitternacht heim, das Geschäft florierte, er machte bis zu 2000 Euro Gewinn im Monat. Jetzt hat er noch einen Arbeiter und einen Lehrling, meist machen sie um 15 Uhr Feierabend, oft haben sie gar nichts zu tun.

Zu den Erinnerungen einer anderen:

Der Hausherr erinnert sich auch an einen Besuch der israelischen Generäle Mosche Dajan und Ezer Weizman, da war er ein Teenager. Die beiden Israelis schlugen schon damals die Gründung eines Palästinenserstaates vor.

Al-Masri mochte Arafat als Menschen. Politisch hat er kein gutes Wort für ihn übrig. »Er startete die Intifada, sie ging auf seine Entscheidung zurück. Er weigerte sich, über die Konsequenzen nachzudenken. Wir zahlen den Preis dafür.«

Das sag ich auch schon seit Jahren. Viele Leute in der palästinensischen Führung weigern sich, über Konsequenzen nachzudenken. Warum auch? Sie müssen die Konsequenzen ja nicht tragen. Sie haben, innen- wie außenpolitisch, Israel als bequemen Sündenbock. Im Zweifelsfalle sind eben immer die Israelis schuld…

Für al-Masri gibt es nur einen Ausweg – eine Konföderation der Palästinensergebiete mit Jordanien, »einem gut regierten demokratischen Rechtsstaat«. Eine realistische Alternative? »Ich glaube, so wird es kommen.« Es klingt wie eine aus Hoffnungslosigkeit geborene Zuversicht.

Es wäre auf jeden Fall besser als das Chaos, das jetzt herrscht. Der einzige kleine Haken? Ich glaube nicht, daß die Jordanier daran interessiert sind. Allerdings war die Westbank vor dem Sechstagekrieg ein Teil Jordaniens, und Israel hat sie den Jordaniern angeboten, aber die Jordanier haben abgelehnt. Sie haben schlechte Erfahrungen mit den Palästinensern gemacht – oder die Palästinenser mit den Jordaniern, je nach Sichtweise.

Eine etwas zwielichtige Gestalt äußert sich so:

»Wir könnten in Wohlstand und Frieden mit den Israelis leben«, erklärt er, »wenn wir einen Rechtsstaat einführen und ihre Sicherheit garantieren. Dafür müssen wir die Herrschaft der Terrorgruppen brechen. Wer mit einem Gewehr in der Hand herumläuft, gehört ins Gefängnis.«

Wo er Recht hat, hat er Recht. Leicht wird er sich bei einigen seiner Landsleute damit nicht durchsetzen:

Einer deutet auf die M-16 und ruft: »Ich könnte mich nie davon trennen. Die ist für mich so wichtig wie ein Fotoapparat für einen Fotografen oder für Sie Ihr Kugelschreiber und Ihr Notizbuch. Ohne ein Gewehr käme ich mir völlig verloren vor.«

Eine Mentalität, die von europäischen Beobachtern allzugern als leidenschaftliche Freiheitsliebe verklärt wird und sie nicht davon abhält, die bis an die Zähne bewaffneten Palästinenser mit den Bewohnern des Warschauer Ghettos zu vergleichen

Zukunftsaussichten:

»Wir sind kriegsmüde. Ich habe mir Gedanken darüber gemacht. Der bewaffnete Kampf war ein Fehler. Es war falsch, uns in israelischen Städten in die Luft zu jagen. Mit den Israelis könnten wir klarkommen, mit ihnen können wir verhandeln. Es gibt andere Methoden zur Durchsetzung unserer Ziele. Aber mit Schakaa, wissen Sie, das ist etwas anderes. Wir sind Araber.«

Im Klartext: selbst wenn es gelänge, irgendeine Art Kompromiß mit uns zu finden, ginge der Bürgerkrieg der Fraktionen dort weiter. Die palästinensischen Gebiete bleiben unruhig und ein brodelnder Kessel von Gewalt und Vergeltung. Keine beruhigenden Aussichten.

Aber so schnell wird sich ein Kompromiß mit uns nicht finden lassen. Wer noch Illusionen über den „peace process“ hat, sollte genau zuhören:

Ghazale redet über Politik. Davon, dass er der palästinensischen Regierung Verhandlungsspielraum verschaffen wolle. Seit 2005 sei, behauptet er, kein Selbstmordanschlag von Nablus ausgegangen. Sollten Verhandlungen zu nichts führen, »werden wir wieder in die Offensive gehen und Checkpoints und jüdische Siedlungen angreifen«.

»Wer entscheidet das?«

»Wir selber.«

»Nicht die Politiker?«

»Wir wissen, was wir zu tun haben.«

Wir können uns also auf kein Abkommen verlassen, da die Terror-Organisationen ohnehin autark sind. Und keine palästinensische Regierung hat sie bisher zähmen wollen oder können. Das sind keine israelischen Hirngespinste, das sind Tatsachen. Und wir können uns nicht leisten, diese Tatsachen kleinzureden, schönzureden, wegzureden.

Wir müssen mit diesen Nachbarn, deren verschiedene, gewaltsam konkurrierende Führungen allesamt mehr Interesse an Kampf und Blutvergießen haben als an der Errichtung eines stabilen Bürgerstaats, irgendwie klarkommen. Ich wüßte gern, wie andere Regierungen damit klarkämen. Vergessen wir nicht, daß die meisten Palästinenser nach wie vor den Staat Israel als unrechtmäßig errichtet sehen und ihn bekämpfen, so absurd das in dieser Weltgegend post-kolonialer junger Staaten ist.

Insgesamt ist die Situation also vollkommen hoffnungslos.

Um allen Unwissenden zuvorzukommen…. hier noch ein Link zu einer pro-palästinensischen Seite, aus der eindeutig hervorgeht, daß all die oft beklagten „repressiven Maßnahmen“ Israels, mit denen wir zur Lage der Palästinenser beitragen, als Reaktion auf Terror entstanden sind:

From 1967 to 1991, restrictions on the movement of Palestinians were relatively light. However, with the beginning of the first Intifada in 1987, Israel increasingly restricted Palestinians’ freedom of movement by implementing a permit system. In 1988, it began preventing Palestinians from travelling between the Gaza Strip and the West Bank.

Dabei wird, gern vergessen, natürlich auch die Bewegungsfreiheit der Israelis eingeschränkt:

From the beginning of the second Intifada in 2000, the Israeli Military increasingly restricted Palestinians from moving freely. Physical blockades were set up by the army between Palestinian villages, permits denied and curfews imposed across the West Bank and Gaza. In 2001 it became illegal for Israeli citizens to travel into Area A (areas under full Palestinian control) of the West Bank.

Man kann beklagen, daß Israel Checkpoints und sogar, nach vielen, vielen Jahren des Terrors, eine Sperranlage einsetzt, um das Leben israelischer Bürger zu schützen. Es amüsiert mich immer, wie sich Deutsche gegen diese Sperre ereifern – wo doch jeder Deutsche als erstes einen Jägerzaun setzt, um sich und seine Gartenzwerge vor der Invasion spielender Nachbarskinder, pinkelnder Dackel und ähnlicher Übeltäter zu schützen…

Aber eine überzeugende Alternative dazu habe ich noch von keinem Kritiker gehört. Außer der Selbstaufgabe natürlich, die uns die extreme englische Linke ans Herz legt. Aber Israelis kapitulieren nun mal ungern, auch wenn sie das sehr unbeliebt macht.

Gestern vormittag… November 21, 2007, 11:51

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
2 comments

…hat Primus die theoretische Führerscheinprüfung bestanden.

Gestern nachmittag hat Primus sich einen Ohrring ins linke Ohrläppchen machen lassen. Er will wohl sein Image als allzu braver Junge loswerden, wo die langen Haare doch schon eine Weile ab sind, und wir haben nichts dagegen. Da er ja immer diese piratenmäßigen Hochwasserhosen trägt, sag ich ja schon lange, ihm fehlt ein Goldring im Ohr, ein Bandana auf dem Kopf und der Dolch zwischen den Zähnen.

Für einen Moment stiegen die Erinnerungen an Diskussionen, Aufregung und den ganzen Wirbel hoch, den meines Bruders Ohrring anno 1982? 83? auslöste. Kaum noch vorstellbar… die Zeiten haben sich doch geändert. Heute gibt es gepiercte, tätowierte Lehrer.

Die Juwelierin kokettierte übrigens etwas mit Primus und meinte, sie hätte gedacht, er sucht Trauringe. Kamen wir Eltern uns vielleicht blöd vor!

Wie gut, November 20, 2007, 17:08

Posted by Lila in Land und Leute, Uncategorized.
7 comments

daß ich davon nichts mitgekriegt habe.

In ganz Israel haben die Häuser gewackelt und ich hab nichts mitgekriegt???? Typisch, ich bin so zerstreut. Beim letzten Erdbeben hab ich einen ziemlichen Schrecken gekriegt. Da war es hier aber auch wesentlich ruhiger.

Wieso lebe ich bloß so nahe am Syrisch-Afrikanischen Bruch, der ja immer wieder bebt?

Und noch dazu komme ich ja aus einer Ecke in Deutschland, da wos bei Köln so rot wird, wo auch von Zeit zu Zeit die Erde mal in Aufruhr gerät.

Gar nicht nett vom Schicksal…

Primus meint, wir merken von Erdbeben wenig, weil wir auf einem großen Felsstück leben und darunter ist eine Schicht Schlamm und dann wieder Fels. Also eine Art Stoßdämpfer. Er meint, das ist ein achla Ort zu leben. Was die Kinder nicht alles in der Schule lernen!

Oh, und es ist zu nett. Die Talkbacks in Ynet sind zu drollig. Immerhin bin ich nicht die einzige, die nichts von dem Erdbeben mitbekommen hat.

Wetterkarte November 20, 2007, 15:16

Posted by Lila in Uncategorized.
3 comments

Gestern vormittag war es noch trocken, staubig und heiß – so sehr, daß ich auf die Nachricht, in Zichron Yaakov fällt Regen, mit leicht grünlicher Verfärbung reagierte, Neid in seiner Reinform! Irgendwann gegen Nachmittag zogen endlich Wolken auf, und genau gegen vier Uhr, wenn Quarta sich aus dem Kinderhaus auf die Socken macht, ging es los. Regen von der kräftigen Sorte, der so fest auf die Erde knallt, als würde ihn da oben jemand mit fester Hand in Richtung Erde schmettern. Eine Welle kalter Luft. Und dann: das unverkennbare ohrenbetäubende Knattern. Hagel.

Tertia, Primus und ich liefen sofort nach draußen, standen bibbernd und staunend unter dem Vordach. Jedes Jahr bringt der Winter Hagel, aber jedes Jahr sind wir wieder verblüfft, wie dramatisch der Wechsel ist. Die Hagelkörner waren riesig groß, sie sehen schön aus – in Schichten glasiert. Im Nu war die Wiese weiß, die Hügel auf der anderen Seite des Wadis sahen aus wie unter Schnee. Die Nachbarn kamen aus den Türen, mit Kameras. In der kalten Luft lag der scharfe Geruch der Kräuter, deren Blätter der Hagel zerschlagen hatte. Nach einer kurzen, wütenden Hagelattacke dann Regen, Regen, Regen.

hail.jpg

Der Blick aus unserem Wohnzimmerfenster, gestern nachmittag

Y. holte Quarta mit dem Auto ab, sie war ganz aufgedreht, naß und erzählte, wie sie zwei Schritte vorm Kinderhaus vom Hagel überrascht wurde und gleich zurückrannte, wie alle ihre Freunde. Dann lief sie mit Tertia wie wild auf die Wiese, Hagelkörner ernten, die nun in unserem Tiefkühlfach ruhen. Schließlich zum ersten Mal in dieser Saison: die Aufwärm-Badewanne, danach Kakao, kuschlige Sachen und Schmusestündchen mit Mama.

Es regnete so on and off weiter bis in die Nacht. Irgendwann, Y. schlief schon, kam Tertia mit leuchtenden Augen an mein Bett. „Mama, Mama, komm mal mit“. Aus ihrem Zimmer kann sie weit über die Hügel bis zu den drusischen Dörfern auf dem Carmel sehen. Und da ging wohl gerade ein gewaltiges Gewitter runter, während bei uns alles trocken blieb. Wir setzten uns zusammen ins Fenster, machten alle Lichter aus und sahen die Blitze über den Hügeln fallen, einen nach dem anderen. Das war eine schöne Viertelstunde, nur sie und ich, alle anderen schliefen. Es muß so gegen elf gewesen sein.

Gegen drei Uhr erwachte ich dann von einem fürchterlichen Donnerschlag. Ein dickes Gewitter. Ich setzte mich wieder ins Fenster und guckte zu, bis ich wieder müde wurde. Seitdem fällt ununterbrochen Regen. Ich hoffe, das ist ein gutes Omen, und meinetwegen kann es ruhig bis März weiterregnen.

from-my-working-table-2.jpg

Wenn ich den Blick von der Arbeit hebe…

trees-in-november.jpg

…sehe ich Herbstlaub und Regen. 




Ängste November 18, 2007, 19:44

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen, Persönliches, Uncategorized.
3 comments

Eine Freundin erzählt am Telefon: „…dabei erinnere ich mich kaum an meine Kindheit, an nichts, vor dem Alter von acht Jachren vorgefallen ist. Ich versuche immer, mich zu erinnern, in welchem Gebäude wir untergebracht waren, aber ich erinnere mich an keines vor dem dritten Schuljahr. Ja, die Freunde aus meiner Gruppe waren nett, wir haben uns immer gegenseitig geweckt und geholfen, wenn mal jemand Angst hatte. Ich meine, wir konnten ja über Interkom immer den Nachtwächter für die Kinderhäuser erreichen, aber das dauerte manchmal ganz schön, bis der kam. Die Nachtwächter waren auch ganz nett, wir haben uns sehr auf die verlassen. Wenn man Angst hatte, konnte man die rufen. Aber meistens hat man doch die Freunde geweckt, das war leichter. Ja, und wenn der Sohn von Etzionis Nachtdienst hatte, erinnerst du dich an den? den Musiker?, dann hat er uns abends Gruselgeschichten erzählt, von einem Riesen, der draußen rumläuft und Kinder frißt. Und da habe ich Angst gehabt, das weiß ich noch. Die Kindergärtnerin hat uns immer eine Gutenachtgeschichte erzählt, und viele Nachtwächter haben uns ebenfalls gern was erzählt, aber beim Etzioni habe ich immer hinterher nachts Angst gehabt. Ich muß eigentlich mal Ilan oder Yael fragen, ob sie sich da auch noch dran erinnern… dieser Riese, das war wirklich gräßlich, vor dem hatte ich Angst….“

Quarta bringt heute ihre beste Freundin mit, ein kleines Mädchen, das aussieht wie Bonnie Blue Butler (im Buch, nicht im Film). Bonnie ist fast jeden Tag hier oder Quarta bei ihr, sie haben auch schon beineinander übernachtet. Der Abend kommt, die Mädchen wollen einen Film gucken. „Bonnie, magst du Harry Potter sehen!“, fragt Quarta. Bonnie kriegt große Augen. „Nein“, sagt sie, „da habe ich Angst.“ Meine abgebrühte Quarta, die kühlen Herzens Filme sieht, die ihre behüteten großen Geschwister nie sehen durften, weil eben diese großen Geschwister meiner Hut entwachsen sind… Quarta sah sie erstaunt an und wollte schon was sagen, tat es dann aber nicht. Ich meinte, ich finde die Filme auch sehr gruselig, und es ist richtig, daß man sich Filme nicht ansieht, wenn man keinen Spaß dabei hat.( Wir haben Quarta ja auch noch nicht ins Kino zu einer Potter-Aufführung mitgenommen, im Fernsehen ist es nicht so gruselig, aber wirklich, ich fand den letzten Film auch sehr gräßlich, huh, wie er Voldemort am Bahnhof sieht, da geht es einem doch durch und durch.)

voldemort.jpg

Schließlich gingen die Mädchen raus, mit Nachbars kleinen Hunden spielen, und mir fielen meine eigenen Kindheitsängste ein. Huh, dieser gräßliche schwarze Abt! Wie wir eigentlich dazu gekommen sind, Bruder und ich, den zu sehen, weiß ich nicht – unsere Eltern guckten sowas nicht, und wir durften es eigentlich auch nicht. Ob wir abends allein waren? Ich weiß es nicht mehr. Alles, was ich noch sehe, ist der schwarze Ärmel mit dem langen Messer, das sich von hinten in Rücken bohrt. Ich war davon so verängstigt, daß ich meine nächtlichen Exkursionen zum Klo nur mit dem Rücken zur Wand zurücklegte – und auch dann noch Angst hatte, aus der Wand könnte die entsetzliche Hand kommen.

Zu jeder Kindheit gehört wohl die Begegnung mit der Angst. Zum Erwachsenenleben wohl auch…

Meine Glückwünsche November 17, 2007, 14:01

Posted by Lila in Bloggen.
9 comments

an Christiane, deren Blog den diesjährigen BOB-Award gewonnen hat. Ich kann mir vorstellen, daß sie sich jetzt vor Pingbacks, Kommentaren, Mails und Zugriffszahlen nicht retten kann. Ich habe sie schon ewig auf der Blogroll und freue mich für sie – obwohl ich weiß, daß so ein Gewinn ein zweischneidiges Schwert sein kann.

Ich hab ja nach meinem Gewinn vor einem Jahr so getan, als wäre nichts gewesen. Ich weiß nicht mal, ob ich was dazu geschrieben habe. Mir wurde der Anstieg der Zugriffszahlen unheimlich, und als sie ebenso steil wieder abfielen, war die Botschaft überdeutlich: die meisten Neugier-Besucher waren enttäuscht und klickten nie wieder rein oder schnell wieder raus. Nicht sehr schmeichelhaft – obwohl verständlich.

Irgendwo habe ich noch die Graphik der Zugriffsstatistik in diesem irrsinnigen Monat November, steil ansteigend und fast ebenso steil wieder abfallend, die mir deutlich gezeigt hat, wie interessant ich wirklich bin – auf die Dauer nämlich nur für einen kleinen Leserkreis verträglich und für viele Neugierklicker einfach eine glatte Enttäuschung. Wenn ich diese Graphik finde, stelle ich sie hier mal rein…

Ich hab auch diese Gewinner-badge nie installiert (hätte gar nicht gewußt, wie) und mir war es teuflich unangenehm, so aus meiner ruhigen Ecke rausgezerrt zu werden. Ich habe ja die Neigung, wenn die Zugriffszahlen zu sehr in die Höhe schnellen, entweder gar nicht mehr zu bloggen oder nur noch über die Kinder und Katzen, damit Streithansel sich hier gar nicht erst wohlfühlen.

(Nein, nein, damit meine ich niemand bestimmtes, erst recht nicht meine Diskussionspartner, die ich schon kenne… sondern einfach nur diese Einmal-Besucher, die ihren Senf ablassen und nie mehr wiederkommen… die ich „Vorgartenpinkler im Vorübergehen“ nenne… da diese Typen nie mehr wiederkommen, kann niemand, der mitliest, sich gemeint fühlen!)

Grundsätzlich finde ich, fürs Bloggen Preise zu verteilen, ist sowieso subjektiv und kann nicht viel über ein Blog aussagen. Bloggen ist ja keine Wettkampf-Sportart und kein Beliebtheitswettbewerb. Beim Bloggen hört man die ganz persönliche Stimme eines Menschen, und ebensowenig wie ich die liebsten Menschen in meinem Leben, die mit ihren Stimmen meinen inneren Chor bereichern, staffeln und bepreisen wollte, würde ich die Blogs, die mir lieb und wert sind, nach Qualität sortieren wollen. Na klar, besonders in stressigen Zeiten schält sich heraus, welche Stimmen mir lieb und unverzichtbar sind, welche ich seltener, dann aber mit besonderer Freude aufsuche, und welche mich freuen, auch wenn ich lange ohne sie auskomme.

Um überhaupt Qualität beurteilen zu können, muß man ja Maßstäbe haben, und solche Maßstäbe ergeben sich aus der Überlegung: was muß ein Blog leisten, welchen Charakter macht ein Blog aus, und in welchem existierenden Blog ist mein Ideal-Blog am überzeugendsten verkörpert? So wie man früher Skulpturen an Polykleitos und Praxiteles gemessen hat. Je praxitelischer, desto besser, fertig. Aber dann hat Giacometti keine Chance… und deswegen sind IMO Blogs viel zu quirky, um sie beurteilen, nach Güte staffeln und mit Preisen bedenken zu können.

Zugriffszahlen als Grundlage überzeugen mich ebenfalls nicht. Ich bin sicher, daß ich nicht die Einzige bin, die ihre Zugriffszahlen gern auf Mittelmaß sieht und deren inneres Thermostat bei steilem Anstieg sofort Blog-Abstinenz verordnet. Welche Themen muß man beackern, um hohe Zugriffszahlen zu bekommen? Klatsch, Tratsch, Pikantes? Oder pausenlose Nahost-Knechtsprügelei a la Backhorva? Oh, im Krieg hatte ich hohe Zugriffszahlen. Weder der Krieg selbst noch ein Teil der Kommentare zu der Zeit waren besonders erfreulich. Auf eine Wiederholung habe ich keine richtige Lust…

Ich weiß zwar, daß es die Deutschen Blogcharts gibt, aber die meisten Blogs da drin kenne ich gar nicht, hab sie nicht verlinkt, bin nicht bei ihnen verlinkt und ich guck sie nur an, wenn ich sie irgendwo erwähnt finde. Auch was die diversen Blog-Kriege angeht, bin ich vollkommen unbeleckt – da habe ich nichts mit zu tun. Wer politisch wie steht und mit wem aus welchen Gründen nie mehr sprechen würde, ich krieg es einfach nicht mit. Ich bin nicht in der coolen Blogger-Szene, so wie ich in der Schule auch nie in der coolen Clique war, sondern immer nur Einzel-Freundinnen hatte, mit denen ich ganz uncool über Bücher sprechen konnte. In meinem Alter ändert man sich nicht mehr.

Ich bin auch Lobeshymnen gegenüber mißtrauisch, in jedem Bereich meines Lebens. Von allen Kommentaren zu meinem Blog ist mir nur einer klar im Gedächtnis geblieben. Da schrieb jemand auf seinem eigenen Blog: die hätte den Preis für so ein banales Blog doch nie gekriegt, wenn sie nicht in Israel sondern in Deutschland wäre! Und ich fand, da war was dran. Ich wußte gar nicht so genau, als ich anfing zu bloggen, was für ein emotional geladenes Thema Israel für viele ist, ich habe aus Neugierde angefangen zu bloggen, und nicht um in Glaubenskriege verwickelt zu werden, und die für manche offensichtliche Brisanz wurde mir erst im Laufe der Zeit klar – man kann ja alles und jedes in einen Beweis für die Perfidie und Unmenschlichkeit Israels um-interpretieren, ein Blick in die Talkbacks bei Haaretz reicht, und man kriegt die Motten. Daß Leute das bei mir versuchen würden, hätte mir klar sein sollen.

Nein nein, mir war ganz recht, als das Interesse schnell abebbte, und ich habe nichts getan, um es am Laufen zu halten. (Mir hat aber auch niemand einen tollen Job oder die Hauptrolle in einem Hollywoodschinken angeboten…) Ich konnte das aber auch nicht so offen sagen, das wäre fies den Juroren gegenüber gewesen, die sich ja dabei was gedacht haben und deren Urteil ich nicht einfach abtun wollte – und die mit der Verleihung des Preises ja nicht beabsichtigt hatten, mich in Panikanfälle von Rampenlicht-Scheu zu versetzen! Ich habe also gar nichts gesagt, glaube ich. Es freut einen ja auch bei aller Rampenlicht-Phobie, anerkannt zu werden – auch wenn man selbst ganz anders urteilen würde.

Ein Blog ist ja keine akademische Arbeit, bei der man jedes Wort sorgsam wählt und sich ewig Gedanken macht, wie man nun alles zu perfektem Sitz zusammennäht. Beim Bloggen kommen auch sich verändernde, inkonsequente, emotional gefällte Urteile und Ansichten zum Ausdruck. In vielen Dingen schwanke ich ja oder fühle mich bei Zustimmung sofort zum Widerspruch gedrungen – Spuren meines Charakters, der sich in meiner Kleinkindzeit darin ausdrückte, daß man mich ins Bettchen STELLEN mußte, damit ich mich hinlege – hätte man mich reinGELEGT, wäre ich natürlich sofort aufgestanden.

Ich schreibe spontan, aber eigentlich ist es schade, daß ich mir manche Post verkneife, weil ich keine Lust auf „Beifall aus der falschen Ecke“ habe. Es ist auch so schwierig, nicht mißverstanden zu werden – ein einzelner Eintrag ist ja so leich mißverständlich, weswegen mich manchmal die Lust verläßt, jemandem zu antworten, der nur einen einzigen Eintrag gelesen hat, darauf vehement reagiert und die wildesten Schlußfolgerungen über mich, meine Weltanschauung und meinen politischen Standpunkt zieht.

Ja, für mich war dieser Gewinn ein zweischneidiges Schwert, cherev pipiot, wie fast alles im Leben. Ich bin nun beruhigt, daß diese Krone an Christiane weitergewandert ist, die sie mit mehr Grazie als ich wird tragen können.

Wenn schon, November 16, 2007, 23:36

Posted by Lila in Land und Leute, Uncategorized.
9 comments

dann aber richtig. Ich habe seit langem nicht mehr Nachrichten geguckt, hab auch keine Lust dazu. Heute hat es mich irgendwie ins Wohnzimmer verschlagen, ich glaube, mit einem Wäschekorb voller Sockenmonster-geschädigter Socken, und es gab Nachrichten. Ich hab nur ein einziges Item von vorn bis hinten angehört, aber davon hab ich so die Krätze gekriegt, daß ich es vermutlich wieder bleiben lasse, das Nachrichtenhören.

Nein, diesmal sind weder UN noch deutsche Journalisten Zielscheibe meines Zorns. Wir haben wirklich genügend Ungerechtigkeiten hier in Israel, ich brauchte eigentlich nie so weit zu gucken (tut man dann aber doch…). Es ging um die Vergabe verbilligter Eigentumswohnungen. In Israel wollen ja alle eine eigene Wohnung, noch besser, ein Haus besitzen. Da Grund und Boden knapp sind, begnügen sich die meisten mit einer Wohnung. (Solche Häuser sind auch oft in ganz dicht auf dicht besiedelten Schukarton-Vierteln, daß man mit einer geräumigen, großzügigen Wohnung besser dran sein kann….)

Das Wohungsbauministerium unterstützt manche Bauprojekte, damit junge Familien billiger Wohungseigentum erwerben können. Die Preisunterschiede zwischen solchen Projekten und normalen, auf dem freien Markt verkäuflichen Wohnungen können ganz beträchtlich sein. Doch an welche Ortschaften oder Kommunen werden solche Projekte vergeben? In den letzten vier, fünf Jahren nur an Orte, in denen Ultra-Orthodoxe die Mehrheit stellen.

Die potentiellen Käufer müssen sich einer (ungesetzlichen, aber rätselhafterweise doch praktizierten) Befragung durch ein Auswahl-Komittee unterziehen. Das Komittee achtet natürlich besonders auf eines: daß die Kandidaten ultra-orthodox sind. Andere religiöse Juden werden abgelehnt, von säkularen Juden oder Minderheiten mal gar nicht erst zu sprechen. Es gibt Klagen gegen diese Praxis, und es gibt Gerichtsurteile, die eindeutig sind: diese Bevorzugung eines bestimmten Sektors ist ungesetzlich und muß aufhören. Sie geht aber fröhlich weiter.

So kommt es, daß zwei junge Paare recht nah beieinander wohnen. Das eine Paar hat bei der Armee gedient, arbeitet, zahlt Steuern und hat die Wohnung für teures Geld gekauft. Das andere Paar war nicht bei der Armee, ist von Steuern befreit, arbeitet nicht oder nur die Frau arbeitet, soweit sie kann (der Mann lernt Thora zu seinem eigenen Besten, was hat der Staat von den Tausende Thora-Studenten?), bezieht Unterstützung und hat die Wohnung billig bekommen.

Dabei sind die Ultra-Orthodoxen oft so anti-zionistisch, daß sie denselben Staat Israel, der ihnen vorn und hinten alles reinschiebt, auch noch verfluchen, an säkularen Feier- und Gedenktagen ihrer Verachtung aktiven Ausdruck verleihen – jedes Jahr empören wir naiven Bürger uns wieder über die Ultra-Orthodoxen, die fröhlich über die Straße hetzen, während um sie herum unter der dröhnenden Decke der Gedenk-Sirene für Gefallene oder Shoah-Opfer das Land stillsteht…

Ja, so blöd sind wir, das lassen wir uns gefallen. Ein Land von Fraierim, von Trotteln, die sich von einer winzigen Minderheit über den Löffel balbieren, erpressen lassen. Nein, ich habe nichts gegen Religiöse, die nach ihrem Gewissen leben und ihr Leben dem spirituellen Weiterbestehen des Judentums widmen. Aber warum müssen sie das auf meine Kosten tun?

Y. meinte, die unproportionale finanzielle Unterstützung der Ultra-Orthodoxen ohne Gegenleistung stört ihn nicht mal besodners – er meint, jeder Sektor kümmert sich um seine Interessen, und auch wir Kibbuzim haben Vorteile, die wir verteidigen, und die Araber, und die Moshavim, und die Bewohner der Grenzstädte, und die der „Entwicklungs“städte. Wer gibt schon freiwillig Privilegien auf? Daß der Staat aus Schwäche bestimmten Lobbies gegenüber ungerechte Entscheidungen fällt, ist ärgerlich, aber nicht ungewöhnlich.

Was ihn mehr stört, ist das Kalkül, die Ultra-Orthodoxen als Garant für die „jüdische Mehrheit“ zu sehen und deswegen zu bevorzugen (natürlich wegen der relativen Macht ihrer relativ kleinen Parteien in der Knesset). Nach dem Motto: die kriegen viele Kinder, sie sind die einzigen, die mit den Geburtenzahlen des arabischen Sektors mithalten können. Was für eine Milchmädchenrechnung, und was für eine Verkennung der Tatsachen. Der Tag, an dem die Ultra-Orthodoxen uns demographisch in die Tasche stecken, wird kein schöner Tag für Israel…

Immerhin hat der Ärger mich so beschwingt, daß kein einziger Sock und Strumpf mehr partnerlos durchs Leben gehen muß.

(Default: ultra-orthodox ist natürlich, wie jedes Wort, das mehr als einen Menschen bezeichnet, eine unzulässige Verallgemeinerung. Auf Ivrit heißen sie Haredim. So sehen antizionistische Haredim sich selbst, so sieht Peace Now ultra-orthoxe Siedler. )

Recht hat sie, November 15, 2007, 17:45

Posted by Lila in Uncategorized.
2 comments

die Sibylle Berg.

Übrigens November 15, 2007, 15:45

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen, Uncategorized.
5 comments

streiken die Lehrer noch immer. Meine drei Großen sind seit Juni jeglicher Schulroutine entwöhnt, eine Katastrophe, keine Ahnung, wie wir das je wieder wettmachen sollen.

Primus macht viel Sport, in seiner Vorbereitungsgruppe für die Armee. Sie rennen, liegestützen, bewältigen alle möglichen Parcours und laufen im Gelände rum. Mädchen und Jungen zusammen. Primus meint, sie haben viel Spaß und er fühlt sich sehr fit. Er geht auch ins Fitneßstudio und ist aus meinem Bübchen in einen imposanten Kerl verwandelt. Er hilft viel zuhause und trifft sich mit Freunden. Außerdem arbeitet er, nimmt Fahrstunden und hat zweimal die Woche Unterricht bei Lehrern, die nicht in der streikenden Gewerkschaft sind.

Secundus feiert nachts mit seinen Freunden und legt sich mit dem Betreuer des Clubhauses an, das der Kibbuz den Jugendlichen zur Verfügung gestellt hat. Der Betreuer (madrich) ist ein junger Mann aus der Stadt, der einen sehr beliebten jungen Mann aus dem Kibbuz ersetzt hat – der Neue versteht nicht, daß die aus der Stadt mitgebrachte Politik des „Sperrens“ im Kibbuz nicht funktioniert, wo alle gewöhnt sind, daß Clubhäuser, Kinderhäuser etc Teil des Zuhause sind…

Der etwas überforderte junge Mann hat die Eltern zu Einzelgesprächen einbestellt, es war ein sehr gutes, freundliches, konstruktives Gespräch. Hoffentlich können wir unsere rebellischen Jungens davon überzeugen, daß auch diesem Neuen eine Chance gebührt. Insgeheim trauern wir dem rothaarigen, schlagfertigen Vorgänger hinterher, den wir seit Kindesbeinen kennen und der mit unseren Kindern umgehen konnte wie eine Eins. Aber es hilft nichts, der Neue muß respektiert werden – und sich auch den Respekt selbst erwerben. Mit Restriktionen und Predigten wird er das nicht schaffen. Secundus und seine Freunde sind, wie meine Mutter sagen würde, ziemliche Mörfchen (im Sinne von Schlitzohr…), wir haben da keine Illusionen.

Anonsten geht Secundus viel Fußball oder Tennis spielen, hat zweimal die Woche Unterricht und engagiert sich in der Schule in einem Ausschuß, der Feste organisiert. Da baut er dann Bühnen auf, bastelt die berühmten Feuer-Inschriften“ und hat ein ganz gutes Ventil für seinen Tatendrang. Für Secundus gehen seine feinen Freunde über alles, trotzdem fällt manchmal noch eine kleine Umarmung für seine Mutter ab oder ein nettes Grinsen oder eine rasch erzählte Geschichte über eine Auseinandersetzung im Ausschuß.

Primus ist dagegen sehr kommunikativ, ich weiß genau, wie jedes Training abgelaufen ist und jedes Treffen mit Freunden und jede Englisch-Stunde und Fahrstunde. Ich denke, ALLES er zählt auch er nicht, aber ich weiß doch viel und freue mich darüber. Wenn er nach Hause kommt, setzen wir uns erstmal zusammen, trinken Tee zusammen, und er erzählt von Amotz und Gilad und Eytan und Shaked.

Tertia ist am häuslichsten von allen. Ihre besten Freundinnen sind nicht aus dem Kibbuz, daher fahren die Eltern sie und ihre Freundinnen – heute kommt Effi (Efrat), ihre beste Freundin (von vier oder fünf besten Freundinnen…). Die Mädchen telefonieren, chatten und mailen eifrig. Ansonsten liest Tertia, rennt mit ihrer Schwester draußen rum oder fährt mit ihr Fahrrad, hilft viel zuhause (unaufgefordert!!!), fädelt Perlen auf und stellt mit unglaublich flinken Fingern hübsche Armbänder, Ketten und Ohrringe her. Sie sortiert auch gern ihre Schätze.

Tertia und Primus verstehen sich besonders gut, sehen auch zusammen fern (irgendwelchen Schrott, ich muß da manchmal an mich halten, nicht zu viel zu meckern – dieser ganze Reality-Mist, wie ist der eigentlich so groß geworden???), kichern zusammen, reden über Mädchen und Jungens und machen sich gegenseitig frischen Apfelsaft oder Kakao. Ich freue mich, daß Primus so ein Gentleman-Bruder ist und Tertias von Zahnklammer und anderen Jugendlasten beschädigtes Selbstbewußtsein aufmöbelt. Er nimmt sie ernst und findet sie toll und läßt sie das spüren. Das macht sie stolz, weil sie ihn bewundert. Schade, daß Secundus nie richtig nett zu ihr war. Diese Zahnklammer, die ich ihr ja so trickreich aufgeredet habe, ist ein voller Erfolg. Die Zähne stehen schon fast perfekt, die Klammer kann demnächst raus.

Im Moment arbeitet Tertia nicht, sie hat keinen Arbeitsplatz, der Kibbuz ist überfüllt mit Schülern. Aber sie hilft sehr tüchtig zuhause, und sie liest sich durch ganze Bücherstapel. Im Moment Jane Austen und Elizabeth Gaskell, meine BBC-Filme haben sie sehr beeindruckt, und das finde ich ehrlich gesagt einfach toll! Wir unterhalten uns über Mrs. Gibson und Mrs. Hale und ich habe dieses plüschweiche Gefühl innen drin, diese Freude an meinem großen Mädchen, mit dem ich mich so gut verstehe.

Die einzige, die ein geregeltes Schülerleben führt, ist Quarta. Sie meutert zwar morgens, wenn sie raus muß, aber sie genießt ihren Status als Königin der Klasse und des Kinderhauses, bringt jeden Tag Freunde und Freundinnen mit oder geht zu ihnen nach Hause, und geht unagenehmen Aufgaben wie Aufräumen, Hausaufgaben oder Zähneputzen mit unglaublicher Erfindungskraft aus dem Weg. Das ist wohl ihr passiver Widerstand gegen den Streik, der den Großen hausaufgabenfreie Zeit beschert, während sie jeden Tag welche hat. Früher hat sie die eigentlich ganz regelmäßig gemacht…

Primus müßte jetzt eigentlich im Abitur stehen, die Zeit wird ganz schön knapp. Vielleicht wird ein Teil der Prüfungen auf nächstes Jahr verlegt. Letztes Jahr gab es wegen eines Streiks schon keine Zeugnisse. Ich bin sauer, daß die vollkommen berechtigten Forderungen der Lehrer nicht erfüllt werden. Unter Limor Livnat ist das Bildungssystem so brutal zusammengekürzt worden, daß klar war: das geht nicht lange gut. Und wer leidet darunter? Unsere Kinder.

Ich knacke sie, November 15, 2007, 13:38

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen, Uncategorized.
5 comments

langsam aber sicher, meine Kindergärtnerinnen. Das hoffe ich jedenfalls.

Wir unterrichten ja zu zweit, eine erfahrene Kindergärtnerin und Frühpädagogin, die den praktischen Teil nachliefert, nachdem ich das jeweilige Thema theoretisch aufbaue. Wir verstehen uns prima, als akademische Grenzgängerinnen, die sich aus verschiedenen Richtungen einem Thema annähern. Sie ist Frühpädagogin mit einer Ausbildung zur Museumspädagogin, ich Kunsthistorikerin mit Vergangenheit als Kunstlehrerin. Ein Teil unseres Erfolgs, uns gegen den Widerstand der Kindergärtnerinnen in der Weiterbildung durchzusetzen, liegt darin, daß wir uns persönlich gut verstehen und professionell ganz ähnliche Ansätze haben.

Wir haben den Zeitplan etwas geändert (was uns unendliche Schwierigkeiten mit der Bürokratie des Erziehungsministeriums von der Sorte Miss Nasty gemacht hat…) und den Bedürfnissen des Publikums angepaßt, aber unsere Stunden sind mit Material vollgepackt und wir sitzen nach jeder Einheit zusammen und machen „reflektia“. Meine Kollegin bringt immer eine Studentin mit, die bei ihr hospitiert und uns Feedback liefert. Wir schreiben alles auf und ändern dementsprechend die Stunden um.

Wir halten jeweils dieselbe Einheit (immer vier Stunden, alle drei Wochen) zuerst in einer Kleinstadt – da sind die Widerstände groß, weil bisher in der Weiterbildung Kunst geklebt, geschnitten und collagiert wurde – und dann in der Großstadt, wo die Kindergärtnerinnen deutlich interessierter an Grundlagenwissen über bildende Kunst sind. Ich hätte nicht gedacht, daß die Unterschiede so deutlich fühlbar sind. Die neue Leiterin des Weiterbildungszentrums in der Kleinstadt muß ziemlich kämpfen, und wir spüren es bis in die Klasse hinein. Es macht die Arbeit anstrengend, aber auch lohnend und es macht Spaß.

Ich bin es ja viel zu sehr gewöhnt, vor Leuten zu sprechen, die mich und meine Themen toll finden, die Kunst lieben und jedes meiner Worte aufsaugen. Es ist eine lehrreiche Abwechslung, vor einem Publikum zu stehen, das tendenziell die Augen rollt und meint, „was soll das Zeugs, das die daherredet, ist mir alles viel zu hohes Gerede“. Wenn ich nicht beweisen kann, daß mein Lehrstoff relevant ist und ihn nicht interessant präsentiere, reagieren diese ausgewachsenen Frauen wie Jugendliche, holen das Handy raus und verschicken SMS. Das hat noch nie jemand bei mir in einer Stunde gewagt, nicht mal die kecksten Studenten, und ich bemühe mich, mein Grinsen zu verbergen, denn ich finde es wirklich sehr komisch – ich erzähle ihnen was von Leonardos Abendmahl und Adi Nes´ Foto, und vor meiner Nase verschickt eine Frau SMS… ich fühle mich dann wie eine Karikatur meiner selbst, und würde am liebsten laut lachen.

Diese Frauen kommen nach einem vollen Arbeitstag zu mir, sie sind müde, und ich muß sie bei der Stange halten. Sonst habe ich meine Aufgabe verfehlt. Ich reagiere nicht mit Ärger wie meine Kollegin, die letztes Mal in der Kleinstadt die Gruppe angedonnert hat – die Unruhe und das dauernde Geschwätz im Publikum hat sie wahnsinnig gemacht. Aber ich muß sagen, ich habe das Gefühl, ich brauche diesen Kurs, um nicht in professionelle Selbstzufriedenheit zu verfallen. Ich liebe diese Herausforderung, und ich kann sogar verstehen, daß die Kindergärtnerinnen das Gefühl haben, sie würden lieber eine fertige Mappe mit Reproduktionen und Anleitungen in die Hand gedrückt bekommen, „Kunstbetrachtung im Kindergarten“, wie es ja so viele schon auf dem Markt gibt, und fertig. Kunst ist ja wirklich ein großes Thema, und sie fühlen sich überwältigt.

Die observierende Studentin fragte mich übrigens hinterher, warum ich nicht reagiert hätte, als die letzten Teilnehmerinnen 45 Minuten zu spät eintrudelten. Das war eine gute Frage, denn ich reagiere instinktiv bei solchen Gelegenheiten. Ich wollte ihnen gar nicht erst zu Erklärungen und eventuelle Ausreden nötigen – sie sind erwachsene Frauen, und es kann passieren, daß man zu spät kommt und fertig – ich will keine kostbare Zeit auf Disziplinar-Diskussionen verschwenden – und es wäre unhöflich den Rechtzeitig-Gekommenen gegenüber, auf die Zuspätgekommenen Energie zu verschwenden. Die Studentin war verblüfft, denn sie hatte erwartet, daß ich den Zuspätgekommenen (die mit Stühleschleppen und Türenklappen jede Menge Unruhe in die Klasse brachten) gerechten Unmut zeige. Mir sind sie kaum aufgefallen, ich war in meinem Thema und habe mich auf die Zuhörenden konzentriert.

Meine Kollegin, die die Kindergärtnerinnen ja auch kennt, da sie auch Supervisor beim Erziehungsministerium ist, knöpft sich besonders krebenstige Störerinnen in der Pause vor. Komisch, mich stört das gar nicht so sehr. Ich sehe den Widerstand in solchem Verhalten lieber offen und unverhüllt, lese ihn als Kritik, und da jede Kritik irgendwie berechtigt ist, man muß nur rausfinden, wie!, dient mir das als Ansporn zur Verbesserung.

Gestern war schon wesentlich besser als das Mal vorher – ich war auch besser, und das habe ich besonders den Krebenstigen zu verdanken. Dieser Kurs ist ein echter Glücksfall, auch wenn die Bezahlung mehr als bescheiden ist und Miss Nasty im Sekretariat mir so auf die Nerven gegangen ist, daß ich zwischendurch rausgegangen bin und erstmal Wasser getrunken habe… Nach 90 Minuten konzentriertester Anstrengung habe ich keine Lust, mich von einer Sekretärin zusammenstauchen zu lassen, weil auf irgendeinem Formular meine Postleitzahl fehlt (die auf allen anderen Formularen sowieso zu finden ist). Meine Kollegin hat sich mit der Sekretärin richtig gestritten, schließlich hat sie ihre autoritärste Kindergarten-Warn-Stimme gebraucht, die Sekretärin hat sich entschuldigt, und ich bin wieder rausgegangen, um mich aus-zulachen.

Kurz, ich hatte gestern einen bunten, anstrengenden Tag, aber sehr, sehr lohnend.

Das Thema war übrigens, für die, die sowas interessiert: grundlegende Informationen über ein Kunstwerk. Die üblichen Angaben:

Name des Künstlers, Name des Kunstwerks

Entstehungsdatum

Material, evt. Format, Größe

heutiger Aufenthaltsort

nimmt man ja so selbstverständlich, daß man fast nicht weiß, was man damit alles anfangen kann, was einem diese Angaben sagen können. Ich habe mir diese Angaben der Reihe nach vorgeknöpft, Beispiele gezeigt (natürlich eher relativ bekannte) und erklärt, welche Informationen wir wie verwerten können und was sie besagen. Z.B. macht es einen gewaltigen Unterschied, ob wir Tizians Bild „Venus von Urbino“ oder „una ignuda“ nennen – die Bezeichnung Venus nimmt dem Bild den provozierenden Stachel und überführt es ins neutral-mythologische Wunderland, während „una ignuda“ viele Optionen offen läßt. Ich habe dann gezeigt, wie sich 1863 beide Wege öffnen bei zwei Nachfolgern dieses Bilds: bei Cabanel wird die neckisch-neutrale Venus-Option gewählt, bei Manet die brutal offene geschäftliche Seite der weiblichen Nacktheit thematisiert und damit zum Skandal.

Das ist nur ein Beispiel, noch dazu ein so bekanntes, daß es fast schon banal ist… aber ich finde solche Grundüberlegungen sehr wichtig als Einstieg in eine ernsthaftere Beschäftigung mit Kunst. Die erste Stunde war dem Verhältnis Kindheit-Kunst gewidmet, das Kind als Künstler, der Künstler als Kind, und auch dem Verhältnis von Kunst und Leben: Kunst als Ordnung (der Künstler als Mary Poppins, die alles zurechtrückt) und Kunst als Umstürzer der Ordnung – Velazquez und Bacon. Diesen Bezug zum Alltag, zu allgemein menschlichen Kategorien, habe ich in der zweiten Stunde, eben gestern, fallengelassen. Ab jetzt geht es um Kunst „proper“. Wie es mein Auftrag ist und mein Wille und meine Vorstellung 😉

Mal sehen, ob ich mich beweisen kann oder ob ich den Mund mit dem Titel dieses Eintrags zu voll genommen habe. (Ich messe meinen Erfolg an den Krebenstigen, nicht an denen, die strahlenden Auges im Flur auf mich warten und sagen: ich fühle mich beschenkt! danke! – die gibt es nämlich auch…)

Der dritte Durchlauf November 13, 2007, 17:15

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen, Uncategorized.
7 comments

Diesmal wird der Antrag auf „Shinui“, auf Veränderung des Kibbuz wohl durchkommen. Die Zahl der Gegner schrumpft jedesmal, und die Feinarbeit am Modell überzeugt wohl die meisten von ihnen. Oder sie geben einfach auf. Ich weiß nicht.

In einer Stunde sitze ich im Wahllokal, diese wichtigen Wahlen werden zwei Tage lang abgehalten, und nicht im Dining Room, weil der ja auch mal geschlossen wird. Alle Mitglieder stimmen mit ab, wer es vergißt, der wird angerufen. Für so eine bedeutende Veränderung braucht man eine große Mehrheit. Diesmal, denke ich, wird sie zusammenkommen.

Ich weiß nicht genau, was ich nun wählen soll, dafür oder dagegen. Die Option „mit Bauchschmerzen – meinetwegen“ oder „wenn ihr unbedingt alle wollt“ oder „was versteh ich schon von Geld“ oder „fragt meinen Mann, der hat eine Meinung“ – die gibt es alle nicht. Y. meint, das alte System trägt nicht mehr, und es ist an der Zeit, das auch formal anzuerkennen. Die meisten anderen entscheiden danach, ob sie nach dem Wandel mehr oder weniger Geld pro Monat haben werden. Wir werden eindeutig mehr haben, aber das verstärkt mein Zögern eher noch.

Wie kann eine Entscheidung für eine Gemeinschaft tragbar sein, wenn jeder nur nach eigenem Interesse entscheidet? Andererseits – alle Entscheidungen in einer Demokratie fallen so, und die Partikularinteressen gleichen sich oft gegenseitig aus, und eine bessere Idee als Demokratie habe ich im Moment auch gerade nicht.

Also, demnächst sind wir dann nur noch dem Namen nach Kibbuz, aber eigentlich eine Art Wohngemeinschaft mit teils gemeinsamer Kasse, oder ein loser Verbund mit gemeinsamen Regeln, oder weiß der liebe Himmel was. Yishuv kehillati vielleicht?

Ich mag nun mal keine Veränderungen. Vermutlich werde ich nach einer Weile sehen, daß es gar nicht so schlimm ist… und ich weiß ja, daß die Kibbuzbewegung ihre Erneuerung, sozial und wirtschaftlich, ihrer spätgefundenen Flexibilität verdankt.

Und wieder zurück. Meine zwei Stunden sind um, ich habe sie vergnüglich verbracht. 85% der Mitglieder haben bereits abgestimmt. In zwei Stunden gehe ich zum Stimmenzählen noch einmal hin. Ihr werdet das Ergebnis also noch vor den meisten Chaverim wissen…

Und das letzte Update: ja ja, wie erwartet, beim dritten Wahldurchgang ist das Modell Shinui durch. Ich bin nicht glücklich damit, denn es war ja mehr oder weniger dreimal dasselbe Modell, über das abgestimmt wurde. Es bleibt der Eindruck, daß es einfach so lange zur Wahl gestellt wurde, bis die Gegner aufgeben. Na ja, Y. meint, der Kibbuz war schon nicht mehr Kibbuz, seitdem vor ein paar Jahren jedem Arbeitsplatz, wenn auch nur virtuell, ein Gehalt, ein geldlicher Wert zugesprochen wurde.

Damals kam ja extra ein Experte für Human Resources und rechnete durch, welcher Kibbuznik wie viel wert ist. Obwohl sich das noch nicht auf das Einkommen auswirkte, hat es den alten Kibbuzgrundsatz unterhöhlt, nach dem jeder dasselbe wert ist. Es war zwar dazu gedacht, allen eine reale Berechnungsgrundlage für die eigene finanzielle Zukunft zu geben, wenn die Veränderung durchkommt oder nicht – aber hat gleichzeitig damit die Einstellung zementiert, daß jeder nach seinem eigenen Interesse abstimmt. Daß es auch andere Entscheidungswege gibt, scheint manchen Leuten wohl zu unwahrscheinlich – besonders wohl denen, die beruflich mit Geld arbeiten.

So ist also in gewisser Hinsicht das Papier, nach dem wir ab morgen leben, das Ergebnis eines multiplen Tauziehens verschiedener Interessengruppen: die Eltern von kleinen Kindern für billige Früherziehung gegen die Eltern von Soldaten, die Wohnungen für Soldaten fordern. Pensionäre gegen Studenten, alleinerziehende Mütter gegen Behinderte, alle um denselben Topf, in dem sich unser gemeinsames Einkommen befindet. Obwohl nun pro forma jeder sein Einkommen auf sein eigenes Konto erhält (wir haben noch gar keins, uns reichte immer das Konto im Kibbuz, das auch mit Kreditkarte verbunden war), geht davon ein großer Teil an Kibbuz-eigenen Steuern ab, so daß für viele der erwartete Wohlstand wohl ausbleiben wird.

Kurz, ich halte unser Modell für eine ziemliche Mißgeburt, auch wenn ich selbst mich nicht beschweren darf, denn ich habe in keinem think tank gesessen und alternative Vorschläge gemacht. Nur im Blog meckern ist ja wohl sinnlos. Ich kenne recht viele Leute, die wie ich skeptisch sind, aber auch wissen, daß kein Weg mehr zurück geht in den Kibbuz von einst.

Und wenn ich ganz ehrlich bin: im Kibbuz von einst würde ich wohl immer noch in der Wäscherei arbeiten. Ich habe das gern gemacht (nicht umsonst war der Grenzgänger von der Wäscherei beeindruckt!), ich wäre damit nicht unglücklich geworden, aber ich hätte mich nicht entfaltet, wie ich es in bescheidenem Rahmen doch konnte. Der Kibbuz, wie er heute ist, schreibt seinen Mitgliedern nicht mehr vor, wie viele Stunden sie arbeiten müssen – wie es früher war, als jede Arbeitsstunde das gleiche galt, und alle Lehrer und Dozenten des Kibbuz die Sommer- und Semesterferien über in der Gärtnerei oder Küche arbeiten mußten, statt ihre Stunden vorzubereiten. Seit das von mir so mißtrauisch beäugte Prinzip „unterm Strich zählt“ eingeführt wurde, wird nur noch geprüft, ob mein monatliches Einkommen eine Mindestgrenze überschreitet – und zwar durchschnittlich über jeweils ein halbes Jahr weg berechnet. Und dann läßt der Kibbuz mich in Ruhe, es kümmert ihn nicht, wie viele Stunden ich aufwende, um zu diesem Einkommen zu gelangen. Und als ich eine Zeitlang darunter lag, hat ebenfalls niemand mich in die Gärtnerei oder Küche beordert, sondern die Verantwortliche hat gemeint, eine gute Position zu finden kostet eben Zeit, und die gibt der Kibbuz mir natürlich.

Solche Lebensläufe wie meiner sind also Ergebnis einer neuen Art Kibbuz, und daß das heute formal in eine neue Form gegossen wurde, darf mich eigentlich nicht stören oder wundern. Ich wollte hier aber trotzdem mein ehrliches, persönliches Unbehagen mit jeder Art Veränderung ausdrücken. Ein Plan, der Shinui, also Veränderung heißt, kann von vornherein nicht auf meine uneingeschränkte Sympathie hoffen…

Haß und Frieden November 12, 2007, 0:04

Posted by Lila in Land und Leute.
13 comments

Es lohnt sich, diesen Artikel im SPon mal genauer zu lesen. Er zeigt recht deutlich, woher meine Hoffnungslosigkeit rührt. Solange die Palästinenser keine deutliche Mehrheit für Frieden, Kompromiß, Nachbarschaft mit einem Staat Israel und innere Stabilität finden – so lange wird hier kein Frieden einziehen. Wie es darum aber bei unseren Nachbarn steht, läßt sich nachlesen.

Über die Ziele der von den USA initiierten Gespräche sind sich Israel und die Palästinenser auch kurz vor Termin immer noch nicht einig. Die Palästinenser wollen vor Konferenzbeginn ein Dokument in den Händen halten, das zumindest in Grundzügen aufzeigt, wie die Frage nach dem Status von Jerusalem und dem Rückkehrrecht der Flüchtlinge gelöst werden sollen. Die israelische Seite setzt dagegen, ein Dokument über die Beziehungen zwischen Israel und den Palästinensern sei Ziel des Treffens und könne daher nicht an seinem Anfang stehen.

Der Mann, der zumindest einen Teil seines Volkes in Annapolis vertreten wird, war trotzdem optimistisch. „Dies ist eine historische Chance, einen Staat in den Grenzen von 1967 und mit Jerusalem als Hauptstadt zu gründen. Dies ist die Chance, Frieden für alle zu bringen, für Palästinenser, Israelis und für alle arabischen Nachbarn“, sagte Abbas.

Er sagte nicht, wie ein palästinensischer Staat funktionieren soll, von dem der gesamte Gazastreifen, über ein Drittel der Bevölkerung, ausgeschlossen ist. Er sagte nicht, wie ein Frieden halten soll, der von der Hamas nicht mit verhandelt wurde und mit getragen wird. Abbas sagte nicht, dass die Gründung eines Staates Palästina damit steht und fällt, ob die Palästinenser wieder zusammen finden können, ob sie bereit sind, ihren blinden Hass zu überwinden. Und er sagte nichts, als die Menge den Mann niederschrie, der für Vernunft plädierte.

Viele Dinge sind es, die diesen Befund so traurig machen. Wir alle sind von diesen Fanatikern, den Brüllhälsen und Kriegstreibern, abhängig, denn ohne sie ist kein Ende des Blutvergießens machbar. Und: es wird wieder Leute geben, die das Scheitern der Gespräche allein als Zeichen für Israels Starrsinn deuten werden. Mit den Israelis kann man eben keinen Frieden machen, nicht wahr…