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Nicht lästern, nicht stänkern… Juli 30, 2012, 10:06

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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… gegen unseren alten Kibbuz, das will ich nicht, denn wir hatten doch gute Jahre dort und einige der mir liebsten Menschen leben dort. Trotzdem konnten Y. und ich uns einen vielsagenden Blickwechsel nicht versagen, als uns neulich Freunde aus dem Kibbuz ihr Leid klagten.

Sie sind in unserem Alter und warten seit Jahren darauf, daß die neue Nachbarschaft endlich, endlich gebaut wird, weil sie in drangvoller Enge wohnen, mit heranwachsenden Kindern. Die Grundstücke sind weder verteilt noch erschlossen, es gibt noch keine Pläne, weder für die Finanzierung noch die möglichen Grundrisse oder Haustypen sind irgendwelche genaueren Informationen erhältlich. Es gibt einen Ausschuß, aber von dem ist außer vagen Versprechungen und Ankündigungen wenig zu hören, klagen die Freunde.

Y. und ich haben uns daran erinnert, wie der Sekretär des Kibbuz bedauernd zu uns sagte, als wir ihm unseren Abschied vom Kibbuz mitteilten: „das ist aber schlechtes Timing, in vier Monaten fangen wir doch an, die neue Nachbarschaft zu bauen, wo ihr auch das Anrecht auf ein Grundstück habt…“ Wir haben damals an die vier Monate nicht geglaubt, und das mit gutem Grund. Denn dieses Projekt war schon damals nicht taufrisch.

Nun, das Gespräch ist zweieinhalb Jahre her.

Blöde Raketen Juli 28, 2012, 21:31

Posted by Lila in Qassamticker (incl. Gradraketen).
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Schon wieder vier von den Dingern. Iron Dome funktioniert, Gott sei Dank. Eine Frau wurde leicht verletzt, als sie in den Schutzraum rannte.

An der Grenze zu Ägypten geht es sowieso munter zu. Eine terroristische Gruppe hat ein Video veröffentlicht, das ihre Vorbereitungen zeigt. Interessant, ja, aber auch äußerst unerfreulich.

Dauernd diese elenden Feindseligkeiten gegen Israel, die im Süden wieder zunehmen. Und keinen kümmert´s. Erst wenn Israel irgendwann gezwungen ist zurückzuschlagen, kommen wieder die Klagen über die unmotivierte und „disproportional“ aggressive israelische Reaktion. Aber warum sollen israelische Bürger, die ganz normal und legal in ihren Städten und Dörfern leben, ständig diesen Beschuß hinnehmen?

Die sollen sich mal mit Israels Existenz abfinden und selbst anfangen, ihr eigenes Leben zu leben, ohne ständig dem Drang nachzugeben, israelischen Zivilisten mit Raketen nach Leib und Leben zu trachten, diese Nachbarn. Das ist ja nicht mehr auszuhalten.

Et jeht loss Juli 28, 2012, 0:11

Posted by Lila in Presseschau.
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die olympischen Spiele, die ich immer gern im Fernsehen angucke.

Ein kleiner Zwischenfall, der bei uns gemeldet wird, ansonsten aber bestimmt keine großen Schlagzeilen macht: beim Training der Judokas haben sich libanesische Sportler geweigert, auf einer Matte mit den israelischen Kollegen zu trainieren. Sie fanden es unzumutbar.

Wie hat die Wettkampfleitung reagiert? Wie hätte sie eurer Meinung nach reagieren sollen?

Nun, die Antwort kann man sich denken: sie haben den Libanesen implizit Recht gegeben mit ihrer Klage über die Unzumutbarkeit. Sie haben eine Art Trennwand zwischen Israelis und Libanesen errichtet (diese Trennwände werden wohl auch zur Verfügung gestellt, wenn Sportler Angst vor Spionage der Konkurrenz haben). Was werden soll, wenn ein Libanese gegen einen Israeli antreten muß, war schon in vielen Präzedenzfällen zu bewundern: die Sportler aus arabischen Ländern oder dem Iran weigern sich schlicht. Das führt auch nicht etwa zu irgendwelchen Konsequenzen für das olympische Team des Israel boykottierenden Lands.

Es ist in den Augen des Olympischen Komittees absolut legitim, nicht gegen Israel antreten zu wollen, nicht mit Israelis auf einer Matte trainieren zu wollen, nicht mit Israelis im selben Wasser schwimmen zu wollen. Es hat keinerlei Konsequenzen, wenn man Israelis wie Parias behandelt. Kein anderes Land wird so behandelt, aber es stört niemanden, daß Israel so behandelt wird.

Wie Unsportlichkeit im Sport geduldet wird, solange sie sich nur gegen Israel richtet, habe ich schon mal angesprochen.  Der kleine Zwischenfall gefällt mir gar nicht.

Eine Schildersammlung Juli 27, 2012, 19:50

Posted by Lila in Bloggen.
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Wenn ich so unterwegs bin, fallen mir immer wieder lustige Schilder auf. Längst habe ich noch nicht alle photographiert – auch Y. fallen immer wieder welche auf, und sein Sinn für das Absurde ist viel ausgeprägter als meiner. Da kommt also noch was dazu – aber ein paar ganz nette Exemplare kann ich doch beibringen.

Ich glaube, das hier kennen schon einige – durch dieses Schild bin ich erst auf die Idee gekommen, weitere Exemplare zu sammeln.

Eine Boutique mit ziemlich billiger Mode, die sich Atrakzia nennt – was natürlich eine verrückte Hebraisierung von Attraktion ist – eize atrakzia, was für eine Attraktion!, das sagt man wirklich auf Hebräisch. Ich freue mich immer, wenn ich dieses Schild sehe, und das ist jedesmal, wenn ich in Nahariya in die Nebenstraße einbiege, wo die Sherut-Taxis warten. Für mich ist das jedesmal eine atrakzia.

Auch das nächste Bild ist aus Nahariya, aber einer Ecke, wo ich seltener bin. Das Telefon war ein bißchen klebrig nach einem langen Arbeitstag, aber das Schild läßt einen die miese Qualität vergessen, finde ich.

Denn dieser Friseur, liebe Leser, verheißt nicht etwa nur schnödes super hair, das könnte ja jeder sagen. Nein, SUPPER hair können seine Kundinnen tragen. Mal gucken, ob die Speisekarte je um breakfast oder lunch hair erweitert wird…. nur vom soup hair würde ich abraten.

Bei diesem Bild handelt es sich nicht um einen Schnitzer mit dem schwierigen loasit, der „Sprache fremder Völker“. (Loasit nennt man auf Hebräisch alle Sprachen, die nicht Hebräisch sind – so wie alle fremden Länder kurz chuz-la-aretz heißen, „außerhalb vom Land“. DAS Land ist immer Israel.)

Hier berührt mich die Diskrepanz zwischen der hoheitsvollen Mona Lisa und der Schäbigkeit ihrer Umgebung. Irgendjemand hat mal ein Schild für ein Möbelgeschäft auf der Straße Akko-Haifa entworfen, auf dem Leonardos berühmtestes Porträt für Qualität wirbt. Längst ist das Geschäft pleite und zugemauert, das Schild zerfällt – aber die Mona Lisa ist immer noch zu erkennen, in drei verschiedenen Versionen. Auch dieses Schild ist auf meinem Weg zur Arbeit, und ich habe es aus dem fahrenden Sherut-Taxi heraus aufgenommen. Ganz melancholisch eigentlich, der Anblick.

Das Schild war die Frucht eines Spaziergangs durch Haifa. Auf dem Schild steht ein Name und als Berufsbezeichnung: nihul proyektim, Projekt-Management. Ich weiß natürlich nicht, was für Projekte der Mann managt – aber das Haus kann schwerlich den Anspruch einlösen, den das Schild stellt. Bevor er andere Projekte übernimmt, sollte er wohl erstmal die Ruine restaurieren, in der sich sein Büro befindet…

Auch dieses Schild sehe ich oft auf dem Weg vom Norden in Richtung Haifa, und es hat eine Weile gedauert, bis mir ein Licht aufging, was überhaupt gemeint ist. Makiage? Schule für Kosmetik…? Ach du liebe Güte. Maquillage natürlich. Die Rück-übersetzung vom Hebräischen ins loasit birgt doch immer wieder Tücken.

Ähnliche Probleme hatte der Besitzer dieses Cafes. Shtroudl (das L am Schluß ist auf dem Bild nicht erkennbar, ich verspreche aber, daß es existiert), sehr passend für ein Cafe, denn wer ißt nicht gern… Shtroudl?

Natürlich könnt Ihr jetzt sagen, es ist häßlich von mir, über Leute zu lachen, die weder Deutsch noch Französisch können, Maquillage und Strudel nur im Hebräischen kennen und jetzt eifrig drauflos transkribieren, nur von den vage erinnerten Ausspracheregeln des Englischen geleitet. Aber man könnte ja mal einen Muttersprachler fragen oder das Internet bemühen, bevor man sich mit einem Schild lächerlich macht. Wobei ich natürlich sehr dankbar sein muß für diese kleinen Peinlichkeiten.

Das hier ist ein Fundstück meines Mannes. Es ist das Schild eines Bauunternehmens, das gerade die Polizeiwache von Nahariya renoviert. Ken-ha-tor heißt die Firma, und laut Website ist das die Hebraisierung des Namens Kantor. Ken-ha-tor bedeutet „Nest der Turteltaube“, wie auch das Bild andeutet. Was daran so lustig ist? Daß diese Vögel ein paar Zweige zusammenrupfen und das ihr Nest nennen. Es wird dann durch die Ausscheidungen ihrer Nachkommen zusammengehalten, das steht sogar in Lehrbüchern über die Vogelwelt Israels. Y. amüsiert sich köstlich darüber, wie ein Bauunternehmer meint, ausgerechnet diese schäbigen, dreckigen Nester flößten seinen Kunden Vertrauen ein.

Ein weiterer Fund meines Mannes, in Zusammenarbeit mit Secundus, dem das besonders gut gefallen hat. KYC – Kentucky Yarka Chicken – steht auf dem Schild, das für ein Hühnchen-Schnellrestaurant wirbt. Zweifellos in Anlehnung an Kentucky Fried Chicken. Aber statt ihr Lokal Yarka Fried Chicken zu nennen, haben sie es eben Kentucky Yarka Chicken genannt – entweder, weil sie die Bedeutung nicht kannten oder weil sie so nah wie möglich am KFC-Logo bleiben wollten. (Übrigens finde ich das Schild darunter für ein Fleisch-Restaurant auch nicht schlecht – Dona Drama. Wenn ich je ein Restaurant eröffne, wäre das zweifellos der passendste Name.)

In Akko sehe ich schon seit einiger Zeit den Brautsalon Shontal. Da haute couture richtig geschrieben ist, spekuliere ich mal, daß die Schreibung Shontal auf die Eltern der Besitzerin zurückzuführen ist oder den Beamten, der Shontal mal ihren ersten Reisepaß ausstellte und dabei mit ihrem Vornamen experimentierte. Na, angeblich gibt´s ja auch in Deutschland Shanett und Nikoll.

(Ein anderer Brautsalon in den Krayot heißt mon sheri – ich werde den auch mal photographieren. Auch dort wurde der Name wohl von jemand transkribiert, der nicht wußte, daß das hebräische shin im Englischen zwar als sh geschrieben wird, aber nicht zwingend auch in allen anderen Sprachen…)

Eine Art Kapitulation sehe ich auch im Namensschild des Restaurants Bordo in Nahariya. Wer kann denn auch ahnen, daß diese verrückten Franzosen vier Buchstaben verschwenden, wo man mit einem o prima auskommt? Bordo, übrigens auf der ersten Silbe betont, ist als Farbbezeichnung sehr gebräuchlich.

Leider darf ich eine ganz bestimmte Speisekarte nicht in meine Sammlung aufnehmen, das hat mein Nachwuchs mir unter Androhung sämtlicher Höllenstrafen verboten. Die israelische Sitte, englische Speisekarten bereitzuhalten, finde ich lobenswert (die israelischen Studenten haben sie in deutschen Restaurants schmerzlich vermißt), und ich bitte oft um eine – aus reiner Faulheit. Und da stoße ich dann schon mal auf einen salat nissoas oder ähnliche Fundstücke. Korrigieren darf ich nicht, die Kinder schämen sich so schon genug für mich.

Ich dürfte über solche Sachen eigentlich auch gar nicht lachen, denn ich komme aus dem Rheinland, wo man Baguette Päng-Brot nennt, ganz logisch, denn päng heißt ja Brot auf französisch… normal, ne…

Wie gesagt, da kommt noch mehr zu, aber fürs erste Mal reicht das doch, oder?

Eine Rakete auf Ashkelon Juli 25, 2012, 21:32

Posted by Lila in Qassamticker (incl. Gradraketen).
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Vorher gab es sogar Alarm – zwar bleibt nie viel Zeit für die Anwohner, aber nicht jedesmal wird der Alarm ausgelöst. Keine Verletzten und kein Schaden, nur eine kleine Rakete. Nicht der Rede wert eigentlich, nicht wahr? Sowas kommt einfach überall vor.

Wieder zuhause Juli 25, 2012, 21:30

Posted by Lila in Persönliches.
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sind seit den frühen Morgenstunden auch Primus und Quarta. Morgen kommen Secundus und Tertia fürs Wochenende nach Hause, da freue ich mich aber, wenn ich das Haus wieder voll habe.

Inzwischen hatte ich auch ein paar Termine an der Hochschule – darunter die Ausstellung der Studenten, die ihr Studium abgeschlossen haben, und auf der einige wirklich sehr gute Arbeiten zu sehen waren. Auch die Vorbereitung der nächsten Exkursion mit Studenten läuft an, und ich freue mich, daß ich dabei eine wichtige Rolle spiele. Langsam sammle ich wirklich ein bißchen Erfahrung mit solchen Projekten und Reisen. Macht Spaß.

Morgen bin ich bei der Auswahl neuer Studenten dabei. Sie müssen eine Mappe vorlegen, eine vorher gestellte Aufgabe lösen und dann nehmen wir sie in die Zange 😀 Ich mach da zum ersten Mal mit und bin sehr gespannt. Natürlich erinnere ich mich sehr lebhaft an den Tag vor… ach zählen wir nicht vor wieviel Jahren, als ich mich beworben habe.

Ansonsten geht es aber eher ruhig zu. Langsam trudeln die ersten Hausarbeiten ein, dieses Jahr sind es auch nicht so brutal viele, und ich bin ganz entspannt. Da kann ich mehr im Haus tun, das ist wunderbar und macht mir immer Spaß.

2 Raketen über Ashkelon Juli 24, 2012, 19:53

Posted by Lila in Qassamticker (incl. Gradraketen).
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Eine abgefangen, eine ist auf freiem Feld gefallen.

Spaß mit der versteckten Kamera Juli 24, 2012, 15:48

Posted by Lila in Presseschau.
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Das passiert, wenn ein ägyptischer Sender auf die irrsinnige Idee kommt, Schauspieler zu einem Interview einzuladen und im Laufe des Interviews so zu tun, als wäre es ein israelischer Sender.

Kiriyat Shmona Juli 24, 2012, 15:33

Posted by Lila in Presseschau.
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Schön, mal einen positiven Beitrag über Israel zu lesen. Auch wenn man nicht viel für Fußball übrighat, kann man sich an so einer Underdog-Geschichte freuen. Ich drücke die Daumen für Kiriyat Shmona und für Izzy.

 

In alten Zeiten, Juli 23, 2012, 22:14

Posted by Lila in Bloggen, Deutschland, Persönliches.
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liebe Kinder, da gab es hier was zu lesen. Ja, richtig, kaum zu glauben, so verwüstet und leer, wie es jetzt hier aussieht!

Tja, ich weiß einfach nicht, wo anfangen. Der Tod meines Vaters und meine Reise und alle ihre Erlebnisse – hm, die sind kein richtiges Blog-Material, aber es ist Zeit darüber vergangen. Ich bin seit mehr als einer Woche wieder zurück, langsam akklimatisiere ich mich wieder und verarbeite die Früchte meiner Reise.

Zuerst war ich ja fast eine Woche mit einer Gruppe israelischer Studenten unterwegs, und das war sehr, sehr interessant und lehrreich. Ich freue mich, wenn die deutschen Studenten nach Israel kommen, und bin neugierig. Man lernt ja immer noch dazu, es ist absurd  – ich war Begleiterin und habe doch so viel gelernt! Ein Höhepunkt war der Besuch eines Kindergartens – vier israelische Studentinnen, ein deutscher Student, alle aus pädagogischen Fächern – und ein deutscher Kindergarten, der ganz anders ist, als ich meinen alten Kindergarten in Erinnerung hatte. Das gegenseitige Interesse auf allen Seiten war riesengroß. Und so ein Gewimmel von zufrieden beschäftigten Kindern in einer guten Umgebung ist für mich immer eine Ermutigung und Freude. Ich hatte auch Freude an den israelischen Studentinnen, die professionelles und menschliches Interesse zeigten, und an den ebenso professionellen und menschlich warmen Mitarbeiterinnen des  Kindergartens.

Schön war auch ein Abend in einem Biergarten, als Deutschland gegen die Niederlande Fußball spielte. Die Israelis, die wohl immer gedacht hatten, Deutsche sind würdevoll wie Eulen, fanden sich nun in einer ziemlich verrückten Atmosphäre wieder. Auf dem Rückweg zum Gästehaus wurden wir umarmt und die ganze Huperei drumherum und das viele Schwarzrotgold… „Ist hier Unabhängigkeitstag?“ hatte eine Studentin gefragt, als sie die vielen Flaggen an den Autos sah. Ich war nicht weniger verblüfft als sie, denn es war das erste Mal, daß ich zu so einem Spektakel tatsächlich anwesend war.

Nachdem die Studenten abgeflogen waren (ich habe dem Flieger noch mit ein paar deutschen Studenten zugewinkt), fing der private Teil an. Ein großes Familientreffen mit viel Austausch, eine Trauerfeier für meinen Vater, eine Woche Amsterdam mit meiner Jüngsten und schließlich die Seebestattung meines Vaters an dem Ort, der ihm einer der liebsten war – so ging der Monat vorüber.

Bei meiner Mutter war es schön wie immer. Der herrliche Garten, das wunderbare Wetter, die Johannisbeeren und zu Anfang der Spargel – und das platte Land, das einen geradezu aufs Rad zwingt – das war richtig schön. Mir fiel wieder auf, wie herrlich doch so ein klarer Himmel ist, an dem sich die Wolken perspektivisch bis zum Horizont staffeln, so daß der Blick ein richtiges weites Himmelszelt sieht. Leider haben wir im Sommer meist nur einen undurchdringlich staubigen, metallisch-grellen Himmel, an dem der Blick abprallt. Meine Mutter würde sagen: und wir haben so tiefe, dicke Regenwolken, daß wir außer unseren Gummistiefeln gar nichts mehr sehen. Jedoch, ich habe mir sagen lassen, daß auch nach Deutschland eine Art Sommer zurückgekehrt ist… und als ich da war, war es angenehm, nicht zu heiß und nicht zu kalt, nicht zu trocken und nicht zu naß.

Morgens  dann der Kaffee aus Mamas phantastischer Maschine (die einen endgültig für alle anderen Sorten Kaffee verdirbt), dann ein ruhiger Blick in die kleine Zeitung  mit Nachrichten von gestern, und das war´s. Internet konnte ich nicht immer erwischen, ich wollte auch nicht immer, oder wenn, dann nur für die dringendsten dienstlichen Sachen. Daß es in Israel nicht ganz ruhig war, kriegte ich wohl mit. Syrien beschäftigt uns wohl alle – und das Dilemma, ob und wie man überhaupt eingreifen soll oder kann. Aber die große Welt ließ mich in Ruhe, und ich sie. In Amsterdam und Kiel erst recht, da war ich wie aus der Zeit gefallen.

Seit meiner Rückkehr nach Israel dann stürmen die Ereignisse wieder gegen meine innere Ruhe an – die Selbstverbrennung eines Aktivisten, der verzweifelt und hoffnungslos war, weil er zu spüren bekam, daß das sogenannte soziale Netz niemanden mehr auffangen oder halten kann. Er hat damit eine ganze Welle von versuchten Selbstverbrennungen ausgelöst, heute allein drei, und gestern ist es einem Mann auch gelungen. Er liegt nun ebenfalls im Sterben.

Nicht weit von ihm liegt der am schlimmsten verbrannte Burgas-Urlauber.  Seine zwei Freunde, mit denen er unterwegs war, sind tot, er selbst hat schwerste Brandverletzungen erlitten. Seine Eltern stehen unentwegt an seinem Bett und streicheln ihn und sprechen mit ihm. Wenn er durchkommt, dann hat er das ihnen zu verdanken – ohne die Kunst der Ärzte in Zweifel zu ziehen, die ihr Bestes tun.

Die zwei Betten auf der Intensivstation symbolisieren unsere Lage. Von außen immer noch durch Terror bedroht, von innen von sozialer Härte und immer weiter klaffenden Gegensätzen. Gewinner und Verlierer. Der Mittelstand gerät langsam an seine Grenzen. Ich verstehe nicht viel von Wirtschaft, aber das Konzept einer sozialen Marktwirtschaft leuchtet mir ein – nur haben wir sie hier nicht, sondern eine reine Marktwirtschaft mit ein paar sozialen Zugeständnissen, die man sich durch einen Sumpf der Bürokratie erkämpfen muß, wenn man sie braucht. So kann es nicht weitergehen, aber es wird wohl so weitergehen. Ein Land der Zeitarbeiter, Leiharbeiter, die so wie ich eigentlich in der Luft hängen, jederzeit entlassen werden können, keinerlei Sicherheit haben. Und dabei geht´s mir ja noch gut.

Heute wurde irgendwo im Gazastreifen eine Schule eröffnet, die, wie viele palästinensische Schulen, nach einem Terroristen benannt ist. Selbstverständlich ist diese Lappalie keine Meldung in deutschen Zeitungen wert – auch viele israelische sind bei solchen Meldungen schon abgestumpft. Ich weiß nicht, wie viel Gewicht der Name einer Schule für die Schüler hat, denn meine Grundschule hieß einfach nur Nordschule. Aber ich kann mir vorstellen, daß die Schüler einer Erich-Kästner-, Geschwister-Scholl-, Helene-Lange- oder Elsa-Brandström-Schule ihre Namenspatrone kennen und dieser Name immer einen besonderen Klang für sie hat.

Nun, die Schüler der Adnan al-Ghoul-Schule können stolz darauf sein, daß der Namenspatron ihrer Schule die Qassam-Rakete entwickelt hat und aktiv an mehreren Anschlägen beteiligt war. Er hat die Bomben für Bet Lid (1995) und den Purim-Anschlag auf Dizengoff  (1996) gebaut, zwei Anschläge, die jedem Israeli in deutlicher Erinnerung sind. Na ja, Peanuts, warum sollte eine deutsche Zeitung das erwähnen? Weil das Geld für die Schule von der UNDP kam, einer Unterorganisation der UNO? Weil Haniya, dessen Hamas eine Terrororganisation ist, auch in Augen der deutschen Regierung, die Eröffnungs-Ansprache halten durfte?

Eine weitere Meldung, die hier natürlich in den Nachrichten war, finde ich ebenfalls bisher nicht in deutschen Zeitungen. Der Ramadan hat begonnen, das haben wir wohl alle mitgekriegt. Und damit werden wieder die Serien ausgestrahlt, die man abends beim Festmahl im Fernsehen genießen kann. Die meisten dieser Serien, die wohl populärer sind als selbst die Advents-Vierteiler meiner Kindheit (welches war übrigens euer liebster?), beschäftigen sich mit der Perfidie Israels und schwelgen in Träumen, wie man den verhaßten zionistischen Feind demütigen und zermalmen kann. Ramadan karim, kann ich da nur sagen. Die Gehirnwäsche nimmt immer groteskere Formen an – die Ausschnitte aus diesen Serien waren einfach lächerlich, aber es scheint, Millionen von Menschen nehmen sie ernst. Das ist eine Tradition, von der vielleicht mancher nichts weiß.

Außerdem findet hier in Israel das albernste Geharke aller Zeiten statt. Die Kadima-Partei, die eigentlich seit ihrem Start immer nur an Bedeutung verlor, nicht gewann, zerbricht wohl jetzt in Stücke, und das sieht nicht schön aus, hört sich nicht schön an, und riechen tut es auch nicht gut. Avoda und Likud werden wohl die Reste zwischen sich aufteilen. Egal wie die Manöver in der Knesset ausgehen – ich kann mir nicht vorstellen, daß viele Leute für Kadima stimmen werden, wenn die nächste Wahl ansteht. Eigentlich schade, denn eine vernünftige, pragmatische, weltoffene Partei im Zentrum, in der weder linke noch rechte Themen tabu sind, die fehlt eigentlich. Aber so wie die anderen Versuche gescheitert ist, so geht nun auch die Kadima den Bach runter.

Ich nehme an, bis gegen Ende des Jahres oder ins nächste Jahr hinein kann sich die Regierung noch retten. Aber irgendwann gibt es Neuwahlen. Sie werden weniger drastisch vorgezogen sein als in anderen Legislaturperioden, aber bis zu Ende schafft Bibi es vermutlich nicht. Ich weiß leider nicht mehr, wer es gesagt hat, aber es trifft auf unsere Politiker zweifellos zu: sie haben eine so dicke Haut, daß sie auch ohne Rückgrat zurechtkommen.

Und sonst? Ja, sonst. Ich freu mich auf Primus und Quarta, die morgen nacht nach Hause kommen. Ich vermisse Deutschland und bin doch froh, hier zu sein. Obwohl Israel sich gerade düster und grimmig anfühlt. Ein Lichtblick: Vered bloggt.

 

Grenzzwischenfall Juli 6, 2012, 12:22

Posted by Lila in Persönliches.
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Nicht erschreckend, diesmal war es ein lustiges kleines Erlebnis. Auf der Zugfahrt von Amsterdam zurück nach Deutschland fiel uns schon beim Einsteigen auf, daß ein Waggon furchtbar heiß war. Tatsächlich informierte uns eine Durchsage, daß dort die Klimaanlage ausgefallen war, und Fahrgästen, denen es zu heiß war, wurde empfohlen, sich einen Sitz in einem anderen Wagen zu suchen. So weit, so gut. Trotzdem ließen sich ein paar Unerschrockene in diesem Wagen nieder, warum auch immer. Die Durchsage wiederholte sich an jeder Haltestelle.

Sie änderte sich erst, nachdem die Grenze nach Deutschland überquert war. Nun wurde darauf hingewiesen, daß es nach den Vorschriften der Deutschen Bahn verboten ist, sich in einem Waggon mit defekter Klimaanlage aufzuhalten.

Wir Fahrgäste grinsten uns an. Wir erwarteten, nun einen verschwitzten Touristen in Handschellen abgeführt zu sehen – wegen unerlaubten Aufenthalts in Waggon 9. Na, soweit geht der deutsche Ordnungssinn doch nicht, aber lustig war es schon, wie aus der Empfehlung eine Warnung wurde….

Unterwegs Juli 2, 2012, 21:00

Posted by Lila in Persönliches.
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Seit ein paar Tagen genieße ich mit Quarta die schöne Stadt Amsterdam. Wir laufen ziemlich viel rum, heute auch mit meinem Bruder, der genau wie ich ein Fan dieser Stadt ist. Quarta hat sich Rijksmuseum, van-Gogh-Museum und Hermitage-Museum energisch verbeten, was ich auch akzeptiere. Das kann man immer noch nachholen, aber im Moment interessiert es sie einfach nicht. Statt dessen haben wir den Blumenmarkt, Madame Tussaud und viele Grachten zu Fuß und zu Boot erkundet.

Ich fühle mich wie aus der Routine gefallen. Wann ich das letzte Mal ohne Verpflichtungen und schlechtes Gewissen einfach so rumgelaufen bin, weiß ich gar nicht mehr. Ich liebe die niederländische Sprache und Kultur und fühle mich hier wohl. Zu meiner Freude ist auch Quarta sehr davon angetan. Wir wohnen in einem kleinen Hotel, das in einem alten Grachtenhaus untergebracht ist, und vor unserem Fenster sehen wir Wasser und historische Gebäude und Hausboote.

Obwohl ich Y. und die anderen Kinder sehr vermisse, genieße ich mal die Zeit mit Quarta und meinem Bruder.

Als nächstes Projekt steht die Seebestattung meines Vaters an – fast einen Monat nach seinem Tod. Viele Gespräche mit lange nicht mehr gesehenen Menschen und alte Dokumente seines Lebens haben ein dreidimensionaleres und lebendigeres Bild meines Vaters in mir entstehen lassen, als ich es lange hatte – es ist sehr schwer, Eltern anders wahrzunehmen als in Beziehung zu sich selbst, auch in meinem ehrwürdigen Alter.

Ein Familientreffen mit den Cousinen meiner Mutter war ebenfalls ein Ausflug in die Vergangenheit, ebenso Radtouren in der Umgebung, darunter zu Plätzchen, wo ich seit Jahrzehnten nicht mehr war.

Also, ich bin nicht verlorengegangen, aber ich habe eine kleine Auszeit von meinem Alltagsleben genommen. Es wird schön sein, wieder zurückzukehren, aber im Moment genieße ich es, aus dem Fenster auf eine Gracht zu blicken, um elf Uhr nachts noch Licht am Himmel zu sehen und mir gegen die frischen Windstöße morgens und abends ein Jäckchen überzuziehen. Oh, das Grün, das viele Wasser. Mitteleuropa ist gesegnet und weiß es doch oft nicht zu schätzen.