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Eine Erinnerung März 24, 2017, 19:32

Posted by Lila in Persönliches.
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Beim Verstauen in den oberen Fächern unseres Kleiderschranks (der glücklicherweise so geräumig ist, daß man richtig auf die Leiter klettern muß!) sah ich das viele weggepackte Spielzeug, und darunter auch meine alten Puppen, Brigitte und Michael und Marie, mit denen meine Kinder nie gespielt haben und die ich trotzdem nicht einfach wegwerfen kann.

Und da fiel mir ein frühes, schmerzliches Erlebnis ein.

Am allerliebsten war mir mein Babypüppchen. Es hatte keinen Namen, es war das Babypüppchen, und es war mein erstes Kind. Ich nahm es überall mit hin.

Auch auf den Spielplatz, der ein bißchen weiter weg lag, wo es so eine komische Tonne gab, auf der man rennen konnte. Das konnte ich aber noch nicht.

Ich legte das Babypüppchen, in ein Handtuch gewickelt, auf eine Bank und spielte. Komisch, ich erinnere mich genau an dieses Handtuch, aber wieso ausgerechnet ein Handtuch?

Als wir nach Hause gingen (ich bin ein Fossil, damals gingen Kinder allein auf den Spielplatz und wieder nach Hause), da vergaß ich das Babypüppchen.

Abends gingen wir es suchen, ich glaube, es war mein Vater, der mitkam. Wir fanden das Babypüppchen nicht mehr.

Wie bei vielen halbvergessenen Erinnerungen weiß ich nicht, ob er das wirklich gesagt hat oder ob ich selbst mich damit getröstet habe: bestimmt hat ein Kind, das keine Puppe hat, das Babypüppchen mitgenommen, und hat es jetzt sehr lieb. Trotzdem wußte ich, daß es nicht richtig ist, etwas mitzunehmen, was einem nicht gehört. Wir sind noch öfter hingegangen und haben geguckt, ob jemand das Kind sucht, daß das Babypüppchen verloren hat. Aber der Spielplatz war mir verleidet, ich kann mich nicht erinnern, daß ich dort noch einmal gespielt hätte.

Zu Weihnachten bekam ich ein neues Babypüppchen. Es sah fast so aus wie das neue. Aber wißt ihr was? Es war doch nicht das echte, richtige Babypüppchen. Das hatte nämlich oben auf dem Kopf, wo der Wirbel ist, so eine ganz kleine rauhe Stelle, fast wie Pickelchen. Außerdem hatte es Löcher in den Ohrläppchen, wo Evi von nebenan und ich ihm mal Ohrringe gemacht hatten, mit den tollen Stecknadeln, die so schöne bunte Köpfchen haben.

Nein, die neue Puppe war kein Babypüppchen mehr, und darum bekam sie einen Namen, Martina, wie eine bewunderte große Freundin.

Seltsam, daß dieses Ereignis, das mich damals in große Verzweiflung stürzte, meinen guten Glauben nicht erschüttert hat, daß die Puppen vor Weihnachten in den Himmel kommen und dort vom Christkind und den Engeln schöne neue Kleider kriegen. Ich hätte eigentlich zu meiner Oma, die den Engeln manchmal aushelfen mußte, weil sie ja so gut nähen und stricken konnte, eigentlich sagen müssen, sie soll den Engeln bestellen, daß das Babypüppchen am Heiligabend bitte-gefälligst zu mir zurückkommen soll.

Das habe ich aber nicht. Ich war wohl ein gutgläubiges Kind.

Ich war damals im Kindergartenalter, aber ich habe es noch genau in Erinnerung.

Mit meinem Opa, dessen Todestag sich im März zum 39. Mal jährt, und dem Babypüppchen

Here comes trouble März 22, 2017, 21:11

Posted by Lila in Kinder.
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Es gab mal solche T-Shirts für kleine Jungens, und ich bedaure bis heute, daß ich für Secundus nie eins gekauft habe. Obwohl es bei ihm ja besser geheißen hätte: Trouble, come here, denn er konnte ja nie was dafür, daß es immer dort, wo er war, unruhig wurde.

Er und sein Trupp Freunde aus Babyhaus-Zeiten haben jedenfalls öfter für Unruhe gesorgt, auch wenn Secundus immer seinem Indianernamen aus dem Kindergarten treu blieb: „der Stille Ozean“ (daß er während der Indianerwoche Häuptling sein durfte, war einer der Höhepunkte seines jungen Lebens). Er war immer ruhig und still, und immer fand der Ärger ihn.

Als er in der Armee war, wußte ich: wenn er an der Südgrenze Wache schiebt, „erwärmt sich die Gegend“, wie die Armee es vornehm ausdrückt. Wenn er in Hebron ist, hören wir den Namen Hebron täglich in den Nachrichten. Und wenn er seinen Kurs abgeschlossen hat und damit zu den Ersten gehören wird, die in den Gazastreifen reinmüssen, falls es ernst wird – nun, dann wird es ernst, und Secundus steht tagelang mit der Nase am Zaun vorm Gazastreifen (wie gut, daß sie dann doch nicht reingegangen sind!).

Er kauft ein Flugticket nach München über Istanbul – wenige Tage vorher bricht dort ein Putsch aus (oder wird ein Putsch inszeniert“?), und es hing am Fädchen, ob aus dem Flug was wird. Kaum war er in München, wurde die Stadt von dem Amoklauf lahmgelegt, was Secundus und seine Freunde nicht davon abhielt, abends zu einer Party zu gehen, die aber leider etwas dünn besucht war.

So taten mir die Einwohner der schönen Stadt London beinahe leid, als Secundus vor zwei Monaten in den Flieger kletterte, um dort bei einer Security-Firma anzufangen.

 

 

Mein Beileid den Briten. Die Methoden, Autos und Messer, kennen wir alle leider nur zu gut. Was bei uns ausprobiert wird, taucht später auch in den Großstädten Europas auf. Ich weiß nicht, welche Erklärung schlimmer ist: daß es lauter Einzelfälle überschäumenden Hasses sind, oder Teile eines teuflischen Plans. Beides keine guten Aussichten.

Mir tut es leid um die Welt, leid um Europa, und wir sitzen alle in derselben Pamperlacke, sind alle auf der kw-Liste des Terrors. Wir ein bißchen früher, ihr ein bißchen später, aber der Terror hat sich gerade mal warmgelaufen, fürchte ich. Ein weiterer trauriger Tag.

Nachruf auf einen Unbekannten März 21, 2017, 21:03

Posted by Lila in Persönliches.
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Seit Jahren führt mich einer meiner Pfade zur Arbeit am Einkaufszentrum Lev HaMifratz vorbei.  Am Ende der langen Fassade, in einer kleinen überdachten Nische neben den Auffahrten zum Parkhaus, saß immer ein alter Mann und spielte Akkordeon. Irgendwann wurde die Nische mit musikalischen Symbolen und Noten ausgemalt. Sommers und winters, er saß dort und spielte. Man hörte es schon von weitem.

Ich bin nicht sehr musikalisch, aber ich hatte den Eindruck, der Mann spielt bestimmt nicht nur Akkordeon, er spielt bestimmt auch andere Instrumente und versteht was von Musik. Er spielte nicht nur Hivenu Shalom Aleichem oder ähnliche Publikumslieblinge, sondern viele schöne, oft schwermütige Stücke.

Er war klein, schmal und hatte ein Gesicht von der Art, das noch im Alter ein längst vergangenes Bubengesicht ahnen läßt. Immer über sein Akkordeon gebeugt, mit einem kleinen Lächeln und ganz hellen Augen.

Ich hatte mein Geld immer schon griffbereit, wenn ich bei ihm ankam in seiner kleinen Nische, blieb stehen, wenn ich Zeit hatte, um zuzuhören, und wenn er sich für das Geld bedankte, bedankte ich mich für die Musik. Es war für mich mit meinen langen Pendelreisen zur Arbeit immer ein kleiner heller Moment, die schöne Musik zu hören.

Vermutlich habe ich es mir nur eingebildet, aber im Laufe der Zeit hatte ich den Eindruck, er erkennt mich. Ich kann nicht mal sagen, wie lange er dort schon saß.

Aber in den letzten Wochen war er nicht mehr da. Ich ging an der Nische vorbei, sie war leer. Einmal, zweimal. In der dritten Woche kehrte ich um und ging in den Blumenladen neben der Nische, um nach dem alten Mann zu fragen. Noch bevor ich meine Frage beendet hatte, sagte die junge Blumenverkäuferin: er ist leider verstorben.

Das hat mich bewegt. Ich weiß nichts über den Mann, kann nur annehmen, daß er Einwanderer aus der früheren Sowjetunion war, der hier nicht Fuß fassen konnte mit der Musik, der vielleicht seine Rente so aufbesserte. Ich weiß nicht, ob er Familie hatte. Ich weiß nicht, wie viele Menschen wie ich so an sein Gesicht und seine Musik gewöhnt waren, daß sie sein Fehlen empfinden. Ich weiß nicht, ob seine Familie weiß, daß er Fremden wichtig war mit seiner Musik, seinem schrägen kleinen Lächeln.

An wie vielen Menschen läuft man täglich vorbei. Jeder hat sein Schicksal, jeder trägt seine semi-permeable Membran mit sich herum, durch die manches dringt, das meiste nicht. Was wissen wir von anderen?

Ich habe ihn nicht gekannt, aber er fehlt mir, und bestimmt nicht nur mir.

יהיה זכרו ברוך

Neue Arbeit März 19, 2017, 14:19

Posted by Lila in Persönliches.
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Vor ungefähr zwei Jahren habe ich mich auf eine Anzeige beworben, die mir jemand zugeschickt hatte: es wurden Leute mit Muttersprache Deutsch gesucht, für eine Sprachschule. Ich bekam keine Antwort, vergaß es. Es war ja nicht so wichtig.

Kurze Zeit später sah ich, daß dieselbe Sprachschule in unserer Gegend immer noch Sprachlehrer suchte. Ich schickte noch eine Bewerbung und kriegte immer noch keine Antwort. Und das ärgerte mich, denn ich dachte mir: ich müßte doch eigentlich eine ganz ordentliche Kandidatin sein, wieso krieg ich keine Antwort? Und ich rief sie einfach an, um nachzufragen.

Ich hatte eine nette Britin am Telefon, die meine Bewerbung gesehen, aber irgendwie verlegt hatte. Sie entschuldigte sich, lud mich zu einem Vorstellungsgespräch ein, drei Tage später war ich schon in Tel Aviv zur Ausbildung, und seitdem unterrichte ich, wenn Bedarf besteht, Deutsch. Bedarf besteht eigentlich immer, Deutsch ist eine sehr beliebte Sprache. Die Gruppen sind klein, sie machen schnelle Fortschritte, und mir macht es riesigen Spaß.

Meine kunsthistorischen Jobs mache ich weiterhin und fühle mich dort natürlich am meisten zuhause, das ist ja mein Beruf, Kunsthistorikerin. Aber unterrichten, egal was, mache ich einfach gern. Und es ist faszinierend zu sehen, wie eine Sprache gelernt wird und die Schüler tatsächlich anfangen sie zu benutzen.

Ich habe immer viele Ideen für Spiele und alle möglichen Auflockerungen der Stunden, doch bei allem Einsatz kann ich den Schülern die Mühe nicht abnehmen, Vokabeln zu lernen, Hausaufgaben zu machen und ihre CDs zu hören. Manche sind hochmotiviert und wollen in Deutschland studieren, andere sind in die deutsche Kultur verliebt, eine junge Frau aus Nazareth singt klassische Musik und will deswegen die Sprache Bachs, Mozarts und Schuberts verstehen, und wieder andere kriegen den Kurs vom Arbeitgeber bezahlt und gehen etwas lockerer an die Sache ran.

Es ist einfach schön, noch ein berufliches Standbein zu haben, noch dazu eins, das viel leichter zu erreichen ist als alle meine anderen Jobs. Die Atmosphäre ist sehr nett, und ich treffe Leute aus aller Herren Länder. Wenn der Lehrer vor mir die Tafel nicht abgewischt hat, sehe ich mir türkische, griechische oder niederländische Tafelbilder an. Die Kollegen und Kolleginnen sprechen in allen möglichen Sprachen miteinander, und auch die Bürokräfte sprechen mindestens drei, meistens vier Sprachen.

Reich werde ich auch damit nicht werden, aber ich bin froh, daß ich doch angerufen und nachgefragt habe. Normalerweise mache ich sowas ja nicht, aber das hatte mich doch irgendwie gepiekst.

Mein Leben ist langweilig März 17, 2017, 21:15

Posted by Lila in Persönliches.
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Es hat schon seinen Grund, weshalb ich so lange nichts geschrieben habe. Mein berufliches Leben besteht aus Warten aufs Sammeltaxi, Fahren im Sammeltaxi, aus-dem-Sammeltaxi-Klettern und Suche nach dem nächsten Sammeltaxi. Zuhause beschreibe ich faszinierende Pfade zwischen Waschmaschine, Herd und Katzenklos (nicht zum Garten – der sieht aus wie eine Wüstung, ungelogen). Lesenderweise bleibe ich meiner Angewohnheit treu, nie nur EIN Buch zu einem Thema oder von einem Autor lesen zu können. Es müssen gleich ALLE sein.

Die große böse Welt, von der in Zeitungen und Nachrichtensendungen gern die Rede ist, ignoriere ich nach Kräften. Selbst wenn im Autoradio Nachrichten kommen, rufe ich: macht´s aus, macht´s aus, ich will es nicht hören. Ich habe im Moment nicht den Drang, eine Meinung zu irgendwas zum Besten zu geben.

Vermutlich reift mein alter Plan, einen Blog mit Haushaltstips oder Katzen-Döneken zu führen, der Vollendung entgegen. Denn mein Leben ist wirklich zum Gähnen langweilig.

Das Ende eines Baumes, in Bildern erzählt März 10, 2017, 22:50

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Wer hier vor ein paar Jahren mitgelesen hat, weiß, daß ich einen Baum ganz besonders gern mochte. Das war der Elefantenbaum oder Ombu, der vor unserem Haus wuchs, als wir in Granot wohnten. Ich fühlte mich wie in einem Baumhaus in meinem Arbeitszimmer, und ich hatte viel Freude an Geckos, Vögeln und Bienen, die diesen Baum belebten. Ja, das war schön.

Der Bursche wuchs auch wie verrückt. Leider auch unter der Erde – und da wuchs er bergauf (was mir nach wie vor ein Rätsel ist), streckte seine Wurzeln bis unters Haus und hob dort die Bodenfliesen auf.

Es war also klar, daß die Tage des Baums gezählt waren. Die Vermieterin schickte einen ganzen Trupp böser Männer, die über Wochen hinweg den Baum erlegten.

Ich lasse einfach mal die Bilder sprechen.

Je kahler es wurde, desto deutlicher wurde die Häßlichkeit des Hauses. Zwei Dinge hatten uns an diesem Haus gelockt: die Größe (wir hatten Platz für alle) und der schöne Baum. Doch die Jungens waren schon aus dem Haus, unten standen drei Zimmer leer, und jetzt war der Baum auch noch weg.

Einer der bösen Männer war aus dem Baum gefallen, mit der laufenden Säge in der Hand, und durch die Sitzecke gekracht. Seine Frau brachte ihn ins Krankenhaus.

Mir war klar: hier bleiben wir nicht. Und ich fing an, nach einer neuen Bleibe zu suchen. Das war im Januar vor zwei Jahren. Im März sah ich, daß das Haus in Manot, wo wir nach dem Auszug aus dem Kibbuz gewohnt hatten, frei wurde.

Ich rief den Hausbesitzer an, der mir sofort zusagte. Am 1. Juli zogen wir um. Zu der Zeit trieb der Baumstumpf schon wieder eifrig Triebe.

 

Eine Abendrunde mit Kamera März 10, 2017, 21:43

Posted by Lila in Bilder.
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Natürlich war der einzige Abend, an dem ich tatsächlich die Kamera mitgenommen habe, bedeckt.

Man sieht, daß von Norden her, also aus dem Libanon, ein paar dunkle Wolken anrücken.

Meine kleine, erst zehn Jahre alte Kamera zeigt raffinierterweise, wie nah die Grenze ist – der Ort ein paar Hügel weiter ist nämlich Idmit (Adamit) und liegt auf der Grenze.

Die Gegend hier sieht so aus – das ist typisch Galiäa. Auf Ivrit heißt Galiläa ja Galil, und das gehört zu einer ganzen feinen Familie von Wörtern – gal heißt Welle, aber auch Felshügel, galgal heißt Rad, galil heißt Rolle. Und im Galil sieht man eben lauter runde Hügel oder Mini-Berge, die ineinander übergehen. Dazwischen liegen Wadis, die sehr tief eingeschnitten sein können, und die im Winter oft einen kleinen Fluß beherbergen, im Sommer aber meist ausgetrocknet sind.

In Richtung Süden sieht man Haifa – die beiden Hochhäuser sind das Dan-Carmel-Hotel. Zwischen uns und Haifa liegen nicht nur Hügelketten, sondern auch die Bucht von Haifa und der Hafen. Wenn ich hoch genug stehe, sehe ich das Wasser.

Und so sieht es aus, wenn ich in Richtung Meer, also nach Westen gucke.

Das ist doch wirklich eine schöne Gegend, karg und für mich fühlt sie sich nach wie vor an wie Urlaub. Die häßliche Stromleitung führt übrigens an unserem Haus vorbei, perfekt geplant.

Das ist der Blick in Richtung Osten, in Richtung Montfort.

Im Frühling, nach dem Winterregen, der auch dieses Jahr sparsam ausfiel, ist es am schönsten hier – da ist nämlich alles grün.

Die meisten Blumen kenne ich nicht bei Namen, aber ich freue mich, wenn ich sie sehe. Und auch über einfaches grünes Gras und Gekraut am Wegesrand – das vertrocknet nämlich in den nächsten Wochen, und dann bleibt nur noch dorniges Gestrüpp übrig.

Darum bin ich glücklich über jede Blume.

Anemonen heißen kalaniot auf Ivrit, besungen von Shoshana Damari, und Kalanit ist auch ein Mädchenname. Ich kenne sogar eine Kalanit. Die Nachsible -it ist weiblich im Hebräischen, und viele Blumennamen haben solche Endungen. In den 70er Jahren waren das total beliebte Namen, und meine Schwägerin meint, sie war in ihrer Klasse die einzige, die auf -at endete und nicht auf -it.

Und das ist rakefet, das Veilchen – und jawohl, ich kenne auch eine Rakefet. Rakafot sind die ersten Blumen, die im Winter blühen – dann die kalaniot, kurz darauf die roten Butterblumen nuriot, und wenn die verblüht sind, kommt pereg, der Klatschmohn. Und damit ist es dann schon vorbei.

Auch die rakefet ist berühmt besungen worden, unter anderem von Esther Ofarim, die ja auch in Deutschland bekannt ist.

Weiter bin ich nicht gekommen, denn es fing an zu regnen, und ich bin hurtig nach Hause gelaufen.

 

Von Gestirnen März 9, 2017, 22:41

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Während ich nicht gebloggt habe, sind alle möglichen kleinen und großen Dinge passiert, wie auch bei euch. Eines davon war, daß ich mir einen kleinen Traum erfüllt habe. Ich wollte immer schon am Sternenhimmel Bescheid wissen, fand und finde den Nachthimmel unendlich faszinierend, war mir aber sicher, daß ich mich NIE dort zurechtfinden kann. So viele Sterne, wie soll man da eine Konstellation von der anderen unterscheiden können? Geld für ein Teleskop habe ich auch nicht.

Trotzdem hat es seit Jahren an mir genagt, daß ich außer dem großen Wagen keine Konstellation erkennen konnte. Wenn ich in Büchern las, wie jemand aus dem Haus tritt und nach oben guckt und sagt: ach, die Leier!, dann dachte ich mir neidisch: die Leier würde ich auch gern erkennen.

Wenn Meteorschauer oder Finsternisse anstanden, sind wir immer schon mit den Kindern an dunkle Ecken gewandert oder haben Liegestühle in den Garten gestellt, damit wir das alle zusammen angucken können, und es war auch immer schön.

Ich hatte mir schon vor Jahren eine Sternkarte gekauft, so ein verschiebbares Dings, das ich auch einstellen konnte, aber ich konnte beim besten Willen die Pünktchen und Figuren auf der Karte nicht am Himmel erkennen. Ich wußte es doch, ich bin zu blöd dafür!

Doch dann bot mir mein Mann sein ausrangiertes Dienst-Smartphone an, das ich eigentlich gar nicht wollte. Aber er machte mir das Ding mit einem Trick schmackhaft. Er installierte Google Sky Map und zeigte mir das so nebenbei bei einem Abendspaziergang. Und das war genau die Hilfestellung, die ich brauchte. Ich schnappte mir das Telefon und suchte nach Sternnamen. Aber es war klar, daß das nicht reicht – ich wollte auch verstehen, was ich da eigentlich sehe.

Zwei Tage später hatte ich mir ein gefühltes Dutzend Bücher über Sternegucken und Hobby-Astronomie auf den Kindle geladen, Stellarium auf dem Laptop, einen Sternatlas bestellt und ging jede Nacht mit dem Fernglas, aber meistens einfach mit bloßem Auge auf Sternjagd. Wir wohnten damals noch in Granot, in einer schön dunklen Ecke (jetzt haben wir leider einen weitaus kräftiger beleuchteten Nachthimmel – die spinnen alle mit ihren Fußballplatz-tauglichen Gartenbeleuchtungen hier!). Und meine Schlafschwierigkeiten waren auf einmal kein Problem mehr – statt mich mit dem Versuch, wieder einzuschlafen, rumzuquälen, ging ich einfach raus.

Ich suchte mir jedesmal Sterne oder Konstellationen raus, die ich noch nicht kannte, und wenn man das zwei Jahre lang macht, dann lernt man den Sternhimmel ganz gut kennen, selbst wenn die Lichtverhältnisse hier ungünstiger sind als vorher und lichtschwache Konstellationen eher ein Ratespiel sind. Wenn ich einen dunkleren Himmel haben will, muß ich ein bißchen aus dem Dorf raus in die Pampa gehen, dann geht es schon.

Auch der tägliche Newsletter von astronomie.info hilft, denn wenn etwas Besonders zu sehen ist, steht das drin. Zwar bezieht sich der Newsletter auf deutsche Verhältnisse und die Zeitangaben muß ich anpassen, aber was man in Deutschland sehen kann, kann man auch hier sehen. Ich habe sogar einen Vorteil dadurch, daß ich südlicher sitze – bei uns sieht man z.B. den herrlichen Skorpion ganz und gar, mit dem geschwungenen Schwanz und dem Stachel. Der bleibt in nördlicheren Breiten unterm Horizont.

Inzwischen habe ich ein ganzes Sortiment von astronomischen Apps auf dem Telefon, die ich aber seltener nutze, eben weil ich mich selbst schon besser auskenne. Inzwischen bin ich schon genervt, wenn ich unmögliche Darstellungen in Büchern lese, zum Beispiel in Harry Potter, wenn Hermione auf dem Astronomie-Turm Orion beobachtet – im August. Am liebsten würde ich der Autorin einen empörten Brief schreiben, ob sie schon mal versucht hat, in Schottland mitten in einer Augustnacht Orion zu sehen, aber dann lasse ich es doch lieber. J.K. Rowling hat ja vielen Charakteren Sternnamen oder mythologische Namen gegeben, und die meisten passen auch. Schade, daß sie Narcissa Malfoy nicht auch einen astronomischen Namen gegeben hat, wie ihren Schwestern und Vettern – ich finde, Kassiopeia hätte ganz gut gepaßt…

Am schönsten ist aber, daß Y. und ich wieder einmal ein Interesse teilen. Er ist genauso sternbegeistert wie ich, und wir haben einen unserer Hochzeitstage (muß 2015 gewesen sein) im Negev verbracht, um Sterne zu sehen. Ich hatte vorher auf Bortle-Karten nachgeguckt, wo es am allerdunkelsten ist. Südlich von Mitzpe Ramon. Also ab nach Mitzpe Ramon!

Wir haben uns ein Zelt in einem Wüstenhotel gemietet, das ohne Strom auskommt, um unsere Augen nicht mit elektrischem Licht zu belasten. Aber das Zelt haben wir eigentlich nur benutzt, um uns gegen Morgen auszuschlafen, denn die meiste Zeit haben wir auf Matten gelegen, auf einem total finsteren Hügel mitten in der Wüste, und haben die Milchstraße angestaunt.

Der Sternhimmel ist dort so dicht, daß man die wohlbekannten Konstellationen kaum erkennen kann – die sonst unsichtbaren Sterne strahlen einfach so hell, daß sie den stärkeren Sternen Konkurrenz machen. Das war ein schöner Hochzeitstag, doch leider haben wir seitdem nicht die Zeit gehabt, die Fahrt zu wiederholen.

Und wie schade ist es, daß die meisten Menschen in der westlichen Welt so ein Erlebnis nicht haben können, weil es fast nirgends mehr dunkel genug ist, um die Milchstraße in ihrer ganzen Pracht zu sehen – dabei gehört der Anblick des Sternhimmels zu den prägendsten Eindrücken des Menschen.

Letzten Sommer saßen wir abends mit meinem Schwiegervater draußen. Die Sterne wurden langsam sichtbar, und Y. und ich nannten uns die Sterne, die wir erkennen konnten. Da lachte mein Schwiegervater herzlich über uns. Er war fest davon überzeugt, daß wir uns diese Namen nur ausdenken, wie in einem Spiel, und fand das sehr süß. Denn, so erklärte er uns, Sterne KANN man nicht erkennen. Es sind einfach zu viele, und sie sehen alle gleich aus. Er war nicht davon abzubringen, daß es unmöglich ist, Vega und Arkturus und Albireo auseinanderzuhalten, und wir haben nichts mehr gesagt. Aber ich freue mich doch, daß ich nun wenigstens die wichtigsten Konstellationen, Asterismen und Sterne kenne und ein bißchen mehr über sie weiß.

Von Viren und Tieren März 8, 2017, 20:52

Posted by Lila in Katzen, Kinder.
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Der dritte Virus dieses Winters hat mich kalt erwischt, so lange nacheinander war ich schon lange nicht mehr krank. Nach wie vor bin ich stockheiser, mußte sogar zwei Vorträge absagen, andere habe ich aber gehalten, was mir natürlich hinterher leid tat. Ich krächze nach wie vor.

Ärgerlicher ist, daß Quarta vor ein paar Tagen unvermittelt von einer Straßenkatze angefallen und gebissen wurde. Der abgemagerte und ungesund aussehende junge Kater lungert bei uns in der Straße rum und hat immer ein Auge auf unseren Kompost. Er tut uns allen leid, und eigentlich ist er freundlich, aber beim Betteln um Futter sprang er Quarta unvermittelt ans Bein und biß kräftig durch – und zwar durch die Jeans hindurch. Quarta zeigte uns abends die Bißspuren eher nebenbei, denn sehr weh hatte es nicht getan, aber der Abdruck der vier Zähne war ein spektakulärer Anblick.

Primus (der gerade zu Besuch war und morgen fliegt – sagt nichts, fragt nichts…) und ich sahen uns nur an. Wir wußten, daß wir beide dasselbe denken. Tollwut! Wir wohnen in tollwutgefährdetem Gebiet. Obwohl Quarta und auch Y. meinten, wir spinnen, konnten wir Quarta überzeugen, zu unserem Hausarzt zu gehen. Der wurde auch gleich ganz ernst – im Moment geht hier in der Gegend wohl die Tollwut um. Er impfte Quarta gegen Tetanus und schickte uns zum Gesundheitsamt in Akko, wo eine Tollwutklinik ist.

Am nächsten Tag fuhr ich also mit Quarta nach Akko. Dort saßen sämtliche Kindergartenkinder aus Arab el Aramshe, wo wohl gerade Tollwut entdeckt wurde – und wegen Überlastung schickte die Ärztin uns nach Hause. Wir sollten am nächsten Tag wiederkommen.

Am nächsten Tag fuhr Y. mit Quarta zum Gesundheitsamt. Diesmal meinte die Ärztin, wir sollten erstmal versuchen, die Katze zu fangen, und nur wenn uns das bis Freitag nicht gelingt, würde sie Quarta gegen Tollwut impfen. Doch doch, es bliebe noch genug Zeit. Sie drückte Quarta die Telefonnummer des Tierfängers in die Hand, der mit Gesundheitsamt und der Tierärztin unseres Bezirks zusammenarbeitet.

Die ganze Zeit über war Quarta die Tollwut ganz egal, das einzige, was ihr im Kopf herumspukte, war der Purimball (heute abend) und ihr Purimkostüm. Dieses Jahr lautet das Motto in der Schule nämlich Arche Noah, und Quarta und ihr bester Freund gehen als Füchse. Während ich mir also Sorgen machte, wann sie denn nun diese Impfung kriegt und wie wir einen Straßenkater einfangen, den wir nur ein paarmal gesehen haben (und dem unsere Katerbrigade sofort den Standpunkt klarmachen würde, sollte er sich an unser Haus trauen), dachte Quarta nur an Fuchsohren und Röckchen und Make-up. Sie spielte sogar mit dem Gedanken, im Kostüm zu der nervigen Lehrerin zu gehen, die ihr den Katzenbiß und die darauf folgende Saga nicht geglaubt hatte, und so zu tun, als würde sie nun zu einer Art Wer-Fuchs.

Heute kam der arme Kater tatsächlich wieder in die Nähe. Wir lockten ihn mit Futter, Quarta rief den Katzenfänger, und mit schlechtem Gewissen ließen wir den armen Kerl fangen. Er wird nun zehn Tage in Quarantäne gehalten, kann sich füttern lassen und kriegt hoffentlich was gegen seine Flöhe, Läuse und Zecken. Nach zehn Tagen soll er freigelassen werden, wenn er gesund ist.

Quarta hat ihre Impfung immer noch nicht. Ich halte euch auf dem Laufenden. Sie ist vorhin zum Purimball abgezogen. Noch im letzten Moment habe ich ihr das Fellröckchen auf den Leib genäht, während sie sich ein wunderbares Fuchsgesicht schminkte. Als der Bus kam, ist sie barfuß mit den Schuhen in der Hand zur Haltestelle gerannt – hoffentlich hält der Schwanz, den ich mit viel Kunst und Sicherheitsnadeln an das Röckchen genäht habe. Wohlgemerkt, alles selbstgemacht, sogar für ihren Schulkameraden haben wir einen Teil des Kostüms übernommen.

Morgen fahren wir mit den Katzen zur Tierärztin, impfen lassen bzw Impfungen auffrischen, kastrieren und sterilisieren lassen. Ja, während meiner Blogpause hat mein berühmtes selektiv weiches Herz mich dazu verführt, ein Straßenkätzchen aufzunehmen, dessen manierlichen Bruder Milo Quarta adoptiert hatte. Unsere alten schwarzen Kater Leo (ohne Schwanz) und Luzifer (Snob und Kampfkater) haben das Geschwisterpaar gnädig aufgenommen, aber niemand außer mir kann die häßliche kleine Katze leiden, der ihres Bruders Charme gänzlich abgeht. Wie um allen zu zeigen, wie sie es mit uns meint, wurde Fräulein Fleck auf der Stelle schwanger, was man ihr erst ansah, als sie schon im Wochenbett lag und alles zu spät war.

Ein Wurf von vier weiblichen Kätzchen! Eins konnten wir abgeben, die anderen drei (Bonnie, Charlie und die schwarze Mia) blieben uns ebenfalls erhalten, sehr zu Y.s Grimm, der von Anfang an gegen Fräulein Flecks Aufnahme in den Kreis der Familie gewettert hatte. Er kann sie nicht leiden und sie ihn auch nicht.

So hatten wir auf einmal sieben Katzen. Sieben! Davon drei pechschwarz. Eines Tages schmuggelte sich ein fremder schwarzer Kater noch mit rein, der mir erst auffiel, als er mir auf den Schoß sprang und mir mitteilte, daß er mich adoptiert, weil ich ihm so feines Fressi-Fressi gegeben hatte.

Spontan habe ich ihm den Namen Karma gegeben, weil ich doch immer gedacht hatte, eine crazy cat lady werde ich nicht, und nun bin ich es doch, und Karma ist keine Hündin, sondern ein Kater.  Ein sehr lustiger und netter Kater, der sich allen anderen Katern im Haus willig unterordnet und klugerweise von Anfang an darauf bedacht war, Y. mit schmeichelnder Ehrerbietung zu begegnen.

So kamen wir zu acht Katzen. Es ist mir etwas peinlich, als Katzenportier werde ich nicht bezahlt, und sie machen auch viel Arbeit. Y. stöhnt, daß sie ihn nachts wecken und ihn aus jeder Ecke und jedem Regal ein Katzenkopf anguckt, aber ich habe trotzdem Spaß an meinen Katzen. Am liebsten würde ich ein Asyl für schwarze Katzen aufmachen, denn die sind hier nicht beliebt. Ich fühle mich wie die potnia theron, die Herrin der wilden Tiere, wenn ich so umkatzt und bemaunzt zum Futterplatz schreite, muß jedoch aufpassen, daß ich nicht über eines der Viehcher stolpere.

Aber wie soll ich zu etwas Vernünftigem kommen, wenn ich Fuchsschwänze nähen muß und Quarta dauernd zum Arzt muß und ALLE Katzen zur Tierärztin und ich selbst krächze wie der Rabe Abraxas? Das ist doch rundherum viel zu viel Tier.

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