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Näher und näher Juli 8, 2020, 20:51

Posted by Lila in Kibbutz, Kinder, Katzen.
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zu Dir, o Corona…. Inzwischen gibt es auch im Ort Corona-Fälle, im Umfeld eines meiner Kinder und auch im Kibbuz, in dem sich der Kindergarten befindet, wo ich arbeite (im Gegensatz zu diesem SPon-Artikel – danke an den tüchtigen Freund, der mich mit dem Link versorgte).

Da in einem Kibbuz alle eng vernetzt sind, weil sie zusammen arbeiten oder Kinder in derselben Klasse oder im selben Kinderhaus haben, weil sie zusammen Kultur machen, Nachbarn sind oder in einem Ausschuß sitzen oder eine die Zahnärztin des anderen ist… deswegen ist die Besorgnis groß. Familien mit gefährdeten Angehörigen behalten die Kinder zuhause. Die getrennten Gruppen sind zur Verwirrung der Kinder wieder eingeführt, nachdem wir sie neulich erst fast aufgehoben hatten. Wir arbeiten nur mit Mundschutz, machen vieles mit Handschuhen, desinfizieren ständig alles und meine Hände sind schuppig wie greise Alligatoren vom vielen Alko-Gel. Nach wie vor wird jedes Stückchen Apfel getrennt serviert, kein Kind berührt das Essen der anderen, und wir tragen beim Servieren Handschuhe.

Einer der Väter sagte vorgestern: „der ganze Kibbuz ist geschlossen, nur der Kindergarten ist offen!“ Ob er das anerkennend oder grimmig meinte, konnten wir nicht erkennen – Mundschutz allerseits.

Es sind ja Sommerferien, und vor einer Woche war die große Jahres-Abschluß-Feier, wie berichtet. Die Großen, die ab September in die erste Klasse (kita aleph) gehen sollen, sind noch im Kindergarten, denn wir bieten über die Sommermonate eine kaitana, also ein Sommerprogramm. Wir hatten schon den Seifenblasen-Tag, den Schmink-Tag, heute war Sport-Tag (ein Parcours im Kindergarten mit sechs Stationen, wir waren am Ende ALLE alle), morgen ist Pyjama-Tag. Die Kinder haben mich gefragt, ob ich im Schlafanzug komme, und ich hoffe nur, ich kann mir noch was leihen!

Den Pyjama-Tag habe ich übernommen, und es gibt Schattentheater, zwei Gutenachtgeschichten, eine Erklärung, wie man den großen Wagen findet, Kim-Spiele mit geschlossenen Augen und Wiegenlieder aus verschiedenen Ländern. Oh, und statt Frühstück Abendessen. Wer noch Ideen hat, kann sie gern bei mir loswerden 🙂 Aber bitte noch vor Mitternacht, ich gehe nämlich gleich selbst schlafen.

Zweimal die Woche mache ich Kunst, und das Programm sieht wirklich vergnüglich aus. Die Kinder kennen mich inzwischen alle, und meine Sammlung an Kunstwerken, die mir persönlich gewidmet wurden, wächst. Selbst die eher schüchternen Kinder und die, die jeden Personalwechsel sehr schwer nehmen, akzeptieren mich langsam. Ich mache da auch keinen Druck, ich warte immer, bis die Kinder zu mir kommen und mich z.B. zum Spielen einladen. Ich kann gut verstehen, daß sich nicht alle sofort auf eine neue Mitarbeiterin stürzen. Die leitende Kindergärtnerin ist die Haupt-Beziehungsperson, und sie arbeitet schon zehn Jahre dort. Auch zwei Mitarbeiterinnen sind schon viele Jahre dabei. Aber ich bin nun mal neu (wenn auch alt :-D).

Es ist nun, wo ich die Kinder schon besser kenne, interessant und auch etwas traurig zu sehen, wie sehr die Kinder den Streß der Erwachsenen mitkriegen. Obwohl wir uns bemühen, ehrliche, sachliche Informationen zu neuen Regeln etc zu geben, Fragen ebenso ehrlich zu beantworten und ansonsten mit guter Laune die Routine weiterführen, fällt den Kindern natürlich auf, daß die Situation die Erwachsenen bedrückt. Am Tisch wird diskutiert, wer in Isolation (bidud) ist und wer nicht, und „vor Corona“ bzw „nach Corona“ sind feste Zeitangaben. Im Spiel werden schon mal Isolations-Zimmer gebaut.

Was mögen sich die Kinder dabei denken, wenn es um Isolation oder Virus geht? Woran werden sie sich später erinnern? Werden sie alle für ihr Leben unter Bazillenfurcht leiden, Obst und Gemüse mit Klorix waschen und die Türklinken dreimal am Tag mit Desytol besprühen?

Wir bemühen uns sehr, als Team ganz ruhig zu bleiben, obwohl jede von uns natürlich auch private Sorgen hat. Die Kindergruppe ist deutlich kleiner, was die Arbeit oft erleichtert, aber dafür sind die Kinder und Eltern nervöser, die neuen Anweisungen prasseln schneller auf uns ein, und mit Desinfizieren könnten wir uns pausenlos dranhalten. Eine Mutter meinte heute düster, „jetzt werden ganz viele Kibbuzniks getestet, und ihr werdet sehen, was dann los ist“, aber meine Kolleginnen und ich sind uns einig, daß weder Gerüchte noch morbider Pessimismus in Hörweite der Kinder gehören.

Als eines der Kinder heute fragte: „und was, wenn der X Corona hat?“, sagten meine Kollegin am Tisch und ich gleichzeitig: „dann wünschen wir ihm schnelle Genesung“.

Die Zeiten sind merkwürdig. Zu Anfang gingen alle Veränderungen sehr schnell, jetzt scheint die Prä-Corona-Zeit sehr fern. Wie fern erst für Kinder, die ja gar nicht so viel Prä-Corona-Lebenszeit ansammeln konnten.

Ich bin so froh, daß ich diesen sehr besonderen und freundlichen Ort gefunden habe, zu dieser schwierigen Zeit, wo ich meine schwer erworbene Altersweisheit in bescheidener Form loswerden kann.

Kommentare»

1. AMC - Juli 8, 2020, 22:38

Es würde mich interessieren, ob die Corona-Fälle Menschen sind, die mit den typischen Coronasymptomen erkrankt sind, und die ev. sogar beatmet werden müssen, oder ob es Menschen sind, die positiv auf Corona getestet sind.

2. Juna - Juli 9, 2020, 8:51

Ich wünsche Euch und allen Betroffenen und ihren Familien das Beste. Ich hoffe, alle überstehen es den Umständen entsprechend gut.

3. kaltmamsell - Juli 9, 2020, 19:35

Oh je, ich sende dir allerbesten Wünsche für Gesundheit und frohen Mut.

4. jim11111 - Juli 10, 2020, 21:54

Danke, Juna, die allerbesten Wünsche auch für Euch, von ganzem Herzen!


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