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Leider wahr Januar 14, 2014, 15:32

Posted by Lila in Presseschau.
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Normalerweise taugt ja auch die taz eher, um meinem niedrigen Blutdruck auf die Beine zu helfen, jedoch gibt es auch Überraschungen, und die freuen mich desto mehr.

Im Januar 1976 verüben christliche Milizen ein Massaker im mehrheitlich von Armeniern und Kurden bewohnten, aber von der PLO kontrollierten Beiruter Stadtteil Karantina, kurz darauf massakriert die PLO die Bewohner des christlichen Dorfes Darmur, im August 1976 schlagen christliche Milizen im palästinensischen Flüchtlingslager Tel al-Zaatar zurück usw.

Die Opfer werden mit einigen hundert bis 1.500 beziffert. Dieses Abschlachten setzt sich fort, auch innerhalb derselben Bevölkerungsgruppe – die Falange gegen die Tiger-Miliz, die Hizbullah gegen die Amal usw.

Von all diesem Gemetzel ist heute nur ein Ereignis in Erinnerung: Sabra und Schatila, 1982. Das wird noch im selben Jahr von der Mehrheit der UN-Vollversammlung als Genozid verurteilt und steht heute auf einer Stufe mit Lidice und Oradour, mit Son My und Srebrenica.

Die anderen Ereignisse hingegen erregten schon damals kaum Aufmerksamkeit und sind heute (die Angehörigen der Opfer wohl ausgenommen) fast vergessen. Der Grund: In diesen Fällen war Israel nicht beteiligt. Auch die womöglich höhere Opferzahl von Sabra und Schatila erklärt den Hass auf Scharon nicht, denn dann müsste das jordanische Königshaus wegen des „Schwarzen Septembers“ noch verhasster sein.

Zu einem anderen Schluß kann man leider nicht kommen. Wenn von allen Gemetzeln, an denen der libanesische Bürgerkrieg leider sehr reich ist (und andere inner-arabische Auseianandersetzungen ebenso) nur das eine in Erinnerung geblieben ist, für das sich indirekt ein israelischer General beschuldigen läßt, dann läßt das tief blicken.

Darum wäre es vermutlich sinnvoll, all die, die beim Wort Sharon sofort Sabra und Shatila rufen, mal zu fragen: welche anderen Massaker im Libanon kennst du noch? Keines? Dann frag dich mal warum, und frag dich auch, wie es sein kann, daß du von den Medien, aus denen du doch deine Informationen beziehst, so selektiv unterrichtet wurdest und wirst.

Deniz Yücel legt den Finger in die Wunde, und ich danke ihm dafür. (Und nein – Sabra und Shatila ist damit weder gerechtfertigt, wie könnte man das?, noch kleingeredet. Aber die Instrumentalisierung der Opfer im rhetorischen Kampf gegen Israel, und die gleichzeitige vollkommene Gleichgültig Opfern gegenüber, die nicht Israel zuzurechnen sind, die ist zynisch und gemein.)