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Weitgehend friedlich November 11, 2023, 20:12

Posted by Lila in Presseschau.
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So nennt die Tagesschau die Kundgebung heute in London.

Wie kommt eine solche Einschätzung zustande? Ein Blick auf andere Bilder des Protests macht schnell klar: es wurden Parolen gebrüllt, die die Vernichtung Israels forderten. Viele Plakate waren so antisemitisch, daß sie im Stürmer nicht aufgefallen wären. Wie also kommen deutsche Journalisten zum Schluß, daß es sich um eine „weitgehend friedliche Kundgebung“ handelte? Allein schon die Wahl des Orts und Datums war eine Drohgebärde gegen die traditionellen Werte Großbritanniens.

Doch dann fällt mir ein Gespräch mit einer Freundin in Deutschland ein, die aus allen Wolken fiel über den üblen Judenhaß, der sich auf deutschen Straßen breitmacht. „Das hätte ich ja nie gedacht!“ Nein, und wenn sich jüdische Stimmen beschwerten oder warnten, was ja nicht selten vorkam, hat sie das nie ernstgenommen. Einzelfälle. Warum? Weil sich die Bedrohung nicht gegen SIE richtete.

Wenn man nicht zur Zielgruppe gehört, kann man eine Bedrohung mit Leichtigkeit ignorieren. Nachts allein durch eine düstere Bahnunterführung gehen? Ist für die meisten Männer kein Problem, darum finden sie es schwierig, sich vorzustellen, wie eine Frau sich dabei fühlt. Eine Demo von Rassisten? Kommt einem Weißen zwar unerfreulich, aber nicht weiter bedrohlich vor.

Eine friedliche Kundgebung ist eine, die niemanden bedroht oder einschüchtert. Eine friedliche Atmosphäre gibt niemandem ein ungutes Gefühl, auch wenn man nicht derselben Meinung ist.

Doch Journalisten können sich nicht leisten, allein auf ihr persönliches Bedrohungs-Barometer zurückzugreifen, so wie meine Freundin es sich beim Antisemitismus leisten konnte. Ein Journalist muß eigentlich einen objektiveren Blick auf die Realität haben, bevor er sie an andere, sein Publikum, weitergibt. Wurden konkrete Bedrohungen ausgestoßen auf der Demo? Eindeutig, und zwar viele. Wie würden sich Angehörige der bedrohten Gruppe dabei fühlen? Diese Frage muß sich ein Journalist stellen.

Dann kann er schreiben: „Es kam nicht zu Ausschreitungen“. Aber „friedlich“ kann man das dann nicht mehr nennen.

Diese Demo war auch nicht pro-palästinensisch. Sie war pro-gar-nichts. Sie war nur anti. Anti-Israel, Anti-Juden.

Es fällt ja auch auf, daß niemand auf die Straße gegangen ist, um FÜR die Palästinenser zu demonstrieren, als sie von Assad abgeschlachtet und ausgehungert wurden. Da waren die Straßen in Europa und im Nahen Osten leer. Die Zeitungen übrigens auch.

Wer beurteilen möchte, wie friedlich oder bedrohlich eine Demo ist, der braucht sich nur zu fragen: würde ich da mit Kippa, Israelflagge oder Davidstern hingehen? Wenn nicht, dann ist das keine friedliche Demo. Dann ist das kein friedlicher Ort.

Habe ich erwähnt, daß mein Sohn in einer deutschen Großstadt kein Hebräisch mehr auf der Straße spricht? Er lebt eben in einer friedlichen Stadt.

Kommentare»

1. Rika - November 11, 2023, 20:33

Ach, ach, ach ….
Es ist so deprimierend – und alles Schreiben und Berichten, alles Diskutieren und Erklären scheint nicht zu fruchten. Heute kramte ich bei mir einen alten Blogbeitrag hervor, geschrieben 2014, der sich mit der Berichterstattung der ARD beschäftigt. Ergänzt durch neue Informationen.
Ein guter Bekannte, dem ich meine Berichte und Stellungnahmen zukommen lasse, antwortete mir:
„Ulrike, auch mal auf andere Gedanken kommen.“ Mehr nicht.
Solange dieser Krieg andauert, die Geiseln noch nicht befreit sind, sich unsere Nachrichtenmenschen mehr um die Versorgung der HAMAS-Gazaner sorgen und die Not der Israelis nahezu vollständig ausblenden – bis auf ein paar fadenscheinige Worthülsen – werde ich meine Gedanken mitteilen.
Seit dem 9. Oktober hängt die kleine Fahne wieder an meiner Tasche – noch bin ich überall damit unterwegs, auch in der Kirche und bei IKEA. Irgendetwas muss ich doch tun.

2. Hein - November 12, 2023, 3:05

Es ist zum Verzweifeln. Argumente prallen ab. Das Nichtwissen wollen viele dauerhaft konservieren. Gibt es eine Erklärung? Es muss der tiefverwurzelte Judenhass sein.

3. CK - November 13, 2023, 14:40

Mit „friedlich“ ist normalerweise gemeint, dass es keine körperlichen Auseinandersetzungen oder zumindest Androhungen von Gewalt gab. (Wobei ich das nicht mal glaube, dass es das nicht gab. Wie Du schreibst, man kann ja mal mit Kippa hingehen und das austesten, aber wohl lieber nicht.)

Daher werden die Demos der Klimakleber ja auch als friedlich angesehen, obwohl sie Strassen blockieren, was m.E. eben NICHT friedlich ist, sondern eine Nötigung darstellt, gegen die ich mich wehren darf, indem ich eine solche Person von der Strasse wegziehe.

@Lila: hast Du eigentlich mittlerweile eine andere Mailadresse? Wie kann man Dich erreichen? Ich hatte Dir mal die Tage gemailt, weiss aber nicht ob diese Mail jemals angekommen ist.

Trotz all dem Wahnsinn gerade wünsche ich Dir und Deiner Familie trotzdem, insoweit überhaupt möglich, schöne Tage und alles nur erdenklich Gute.

Lila - November 14, 2023, 17:46

Nach diesen Kriterien wäre auch der Fackelmarsch der Nazis als friedlich zu bezeichnen.

Wer un-friedliche Absichten klarmacht, der hat das Adjektiv friedlich nicht verdient, auch wenn es keine Prügelei gab.

Immer dieselbe Mail: lilale777@yahoo.com

4. Yoni - November 15, 2023, 10:50

Es gibt auch Demos zur Unterstützung Israels. Ich war mit Teil der Familie auf der „großen“ Demo am Brandenburger Tor. Die üblichen Verdächtigten waren mit dabei. Ich sah Flaggen der iranischen Opposition und einige der SPD. Aber was mich irgendwie traurig machte: Es war eine Versammlung der Silver Ager. Dazu passte die pastorale Rede unseres Bundespräsidenten. Ich glaube, unsere jüngste Tochter hat den Altersdurchschnitt kräftig gesenkt. Das war vor ein paar Jahren noch anders, als nämlich Hisbollah und Co. ihren Al-Quds-Tag auf den Kudamm feiern wollten und sich die Sprechchöre der vielen jungen Israel-Unterstützer anhören mussten.

5. Jens Philip Höhmann - November 15, 2023, 23:01

Würde ich da mit Kippa, Israelflagge oder Davidstern hingehen? Wenn nicht, dann ist das keine friedliche Demo. Dann ist das kein friedlicher Ort.

Auf den Punkt!

6. Herbert Eisenbeiß - November 16, 2023, 11:44

Also mein Mitleid mit den ach so armen „Palästinensern“ hält sich schwer in Grenzen – es ist so gut wie nicht mehr vorhanden. Der letzte Tropfen dabei, der das zerstörte war, als ich die Zustimmungswerte der Zivilbevölkerung zur Hamas las. Solch ein radikal-fanatischer Mob will das so, der will leiden, und er hat nun das bekommen, was er wollte.

Die Palis haben genügend Chancen auf Frieden gehabt, und alle immer und immer wieder zerstört. Die wollen keinen Frieden, die wollen die Vernichtung des Staates Israels. Sie sind also wie bockige Kinder in einem Kindergarten.

Und mit einem bockigen Kind kann man nicht vernünftig reden, das bekommt im Zweifelsfall nur Ansagen, und wenn das nichts hilft, die Folgen seines Handelns zu spüren. Bis es irgendwann mal vielleicht so etwas wie Einsicht zeigt.

Und wer ständig des Völker- und Kriegsrecht bricht, also nicht Kriegs-, sondern Terrorpartei ist, kann auch nicht erwarten, danach behandelt zu werden!

7. Wertbegegnung - November 21, 2023, 18:30

Ich bin heute das erste mal auf dieser Seite.
Und es wird vermutlich ein regelmäßiger Besuch daraus.

Ansonsten sind soziale Medien keine Heimat für mich sind zu viele Informationen meide ich.

Ich bedanke mich für die geduldige Einführung in diese Welt. Ich ahne, dass ich recht ahnungslos bin.

Schon jetzt habe ich viel gelernt.

Es gibt heute wenig Stimmen die so fein schreiben. Wie schön, das ich eine gefunden habe.

Also: Gern mehr und danke!

Andreas Braun


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