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Artikel in Cicero – lesen und verstehen Januar 13, 2011, 14:44

Posted by Lila in Presseschau.
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Bereits in den Kommentaren empfohlen, hier noch einmal eindrücklich als Lektüre ans Herz gelegt für jeden, der den Nahostkonflikt verstehen möchte.  Das kommt nämlich dabei raus, wenn einer einfach mal hingeht und den Leuten zuhört, statt ihnen das zu unterstellen, was man gern hätte.

 

An dieser Stelle muss etwas über die UNRWA gesagt werden. Die Vereinten Nationen verfügen nämlich über zwei Flüchtlingshilfswerke: die UNRWA für die palästinensischen Flüchtlinge und ein weiteres, das UNHCR, für alle anderen Flüchtlinge der Welt. Und für all diese endet der Flüchtlingsstatus nach der ersten Generation. Der Status des Flüchtlings ist nicht vererbbar. Und dementsprechend ist die Aufgabe des UNHCR, dafür zu sorgen, dass Flüchtlinge in den Ländern, in die sie geflohen sind, heimisch werden und die vollen Bürgerrechte bekommen. Das Leben in Flüchtlingslagern ist ein Status, den es für das UNHCR aufzulösen gilt.

Die UNRWA hat einen völlig anderen Auftrag. Sie betrachtet es als ihre Aufgabe, die Flüchtlingslager im Gazastreifen, im Westjordanland, im Libanon, in Jordanien und Syrien zu versorgen, und verlängert damit den Flüchtlingsstatus über Generationen. Und es ist kein Ende abzusehen. Auch Khouloud ist nach UN-Definition ein Flüchtling – wäre es selbst dann, wenn sie in England geblieben wäre –, und ihre Kinder werden es auch sein. Khoulouds Schwester etwa lebt in Jordanien und ist mit einem Jordanier verheiratet. Durch diese Ehe ist sie in der Lage zu wählen, ob sie jordanische Bürgerin werden oder palästinensischer Flüchtling bleiben möchte. Sie wählte Letzteres. Diese Vererbbarkeit des Flüchtlingsstatus ist eine Ausnahme, die die UN für die Palästinenser gemacht hat, und für niemanden sonst.

Das streitet Khouloud übrigens auch gar nicht ab. „Ja, es ist ein Sonderrecht. Aber dieses Sonderrecht steht uns zu. Warum? Es geht um Gerechtigkeit!“ Da überrascht es nicht, dass Khouloud von den Verhandlungen zwischen der Palästinensischen Autonomiebehörde und Israel überhaupt nichts hält. „Unsere Leute wollen keine Zweistaatenlösung. Unsere Führung handelt nicht in unserem Namen. Und die Israelis wissen das auch.“ Aber was wollen „die Leute“, was will Khouloud? „Es geht um das Recht auf unser Land“, sagt sie. „Auf dieses Recht zu verzichten, wäre nicht nur ein Verrat an den Flüchtlingen, es wäre ein Verrat an Palästina. Dafür sind unsere Märtyrer nicht gestorben.“

 

Und jetzt sagt mir noch einmal: es muß mehr Druck auf Israel ausgeübt werden, um den Friedensprozeß in Gang zu bringen. Ja, das wird helfen!

 

Erschütternd auch, wie wenig sich seit Martha Gellhorn geändert hat…  und sie hat ihren Artikel 1961 geschrieben.

 

 

 

 

Kommentare»

1. Popeye - Januar 13, 2011, 14:58
2. Marlin - Januar 13, 2011, 15:48

So gut der Artikel ist, er sagt nichts über die geflohenen Juden aus den Aggressorstaaten. Leider. Aber seine Serie kuck ich mir noch an.

3. Yoav Sapir - Januar 13, 2011, 15:55

mit dem frieden verhält es sich wie mit der ehre. und da sagt ein jüd. sprichwort: wer der ehre hinterherläuft, dem läuft sie davon; und wer ihr davonläuft, dem läuft sie hinterher.

4. yael1 - Januar 13, 2011, 16:46

Interessant

Eine Umfrage unter in Ostjerusalem wohnenden Palästinensern ergibt, dass eine große Anzahl gerne die israelische Staatsbürgerschaft hätte.

Lesen Sie mehr Details bei Pechter Mideast Polls sowie bei Jackson Diehl, der die Zahlen kommentiert. Etwa 270.000 Palästinenser leben in Ostjerusalem. Hier ein kurzer Überblick:

• „30 Prozent sagten, dass sie lieber Bürger eines Palästina in einer Zweistaatenlösung seien….“

• „35 Prozent gaben an, dass sie die israelische Staatsbürgerschaft wählen würden….“

• „40 Prozent sagten, dass sie erwägen würden, in ein anderes Viertel umzuziehen, um Bürger Israels statt Palästinas zu sein….“

• „….54 Prozent erklärten, dass sie nicht nach Palästina ausreisen würden, falls ihr Stadtteil Israel zuerkannt werden würde“.

Hinweis für EU-Gesandte: Palästinenser in Ostjerusalem wollen israelische Staatsbürgerschaft

5. Drummer - Januar 13, 2011, 18:48

hi!

ich lese deinen blog schon seit längerem mit und finde ihn sehr informativ.

zu obigen artikel würd ich gern mal meinen senf dazugeben. sei doch froh, dass es die unrwa gibt. ansonsten würde die versorgung der palästinenser der israelische steuerzahler bezahlen müssen.

ansonsten halte ich euch die daumen, dass es ruhig bleibt im norden und die hamas mal ruhe gibt.

lg aus österreich
drummer

6. Zahal - Januar 13, 2011, 20:29

Lila,

den Artike werde ich weiterleiten, habe aber eine große Bitte an alle deutschen und deutschsprechenden israelischen Leser hier – tut etwas:

Die Hassmauer in Köln, bitte unterschreibt diese Petition und leitet sie weiter:

Der Inhalt zusammengefasst: Die Petition verweist auf einen kürzlich erschienen französischsprachigen Artikel über die Hasswand in Köln. Die ursprüngliche Petition gegen diese Installation der Hetze und der Fehlinformation wird genannt. Desweiteren der Offene Brief der Petitionsinitiative und von Gerd Buurmann an den Kölner OB, mit der Aufforderung, dass seine Resolution in die Tat umgesetzt wird. Und dann erklärt die Petition einen touristischen Boykott der Stadt Köln, solange die Hasswand steht.
Als in Deutschland lebende Bürger erklären wir unser Einverständnis mit der Petition:

Wir freuen uns über ausländische Besucher in Deutschland, sie bereichern das Leben in Deutschland. Dennoch wünschen wir, dass möglichst viele im Ausland lebende Menschen erklären, dass sie auf einen Besuch der sehenswerten Stadt Köln verzichten, solange diese Installation des Hasses und der Fehlinformation auf der Domplatte geduldet wird. Die Verantwortung für den Imageschaden Kölns im Ausland, den wir anstreben, tragen alleine die Autoritäten der Stadt Köln.

http://www.ipetitions.com/petition/boycott_tourisitique_de_cologne/

Danke, denn diese Hassmauer gefährdet auch die deutschen Juden.

Bitte auch Freunde und Bekannte darauf aufmerksame machen.

http://www.ipetitions.com/petition/boycott_tourisitique_de_cologne/

Und hier ein offener Brief an die deutschen Medien, ich hoffe auf mehr :-), damit deren Heuchelei entlich entlarvt wird.

http://www.budapester.hu/index.php?option=com_content&task=view&id=7466&Itemid=134&mosmsg=Ihr+Kommentar+zu+dem+Artikel+wurde+gespeichert%21+Wenn+Ihr+Kommentar+nicht+in+Zusammenhang+mit+dem+obigen+Artikel+steht%2C+wird+er+gel%F6scht

7. Barbara - Januar 13, 2011, 20:40

Ich wusste zwar, dass die Palästinenser diesen einzigartigen Flüchtlingsstatus haben, aber dass sie sogar ihr eigenes UNO-Hilfswerk haben, ist mir neu. Wie schrieb schon George Orwell in Animal Farm: „Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher als andere.“ Scheint für manche Menschen auch zu gelten, wenn es anderen in den politischen Kram passt!

8. Silke - Januar 13, 2011, 21:49

und Elder of Ziyon hat Martha Gellhorn 1967 also 6 Jahre später, also kurz nach dem Krieg gerade gepostet – nicht verpassen
die Frau ist einfach erste Sahne und liest sich so frisch, wie heute geschrieben

http://elderofziyon.blogspot.com/2011/01/martha-gellhorn-on-her-june-1967-visit.html

Martha Gellhorn on her June, 1967 visit to WB camps

I had once excerpted the Martha Gellhorn article in The Nation, October 23, 1967, about her visit to a Palestinian Arab refugee camps immediately after the Six Day War in 1967. In the wake of the article I posted yesterday from German magazine Cicero on a similar theme, I decided to post the entire article, since it is not available online.

9. Margot - Januar 13, 2011, 22:45

Danke Lila, das mit den „Dauerflüchtlingen“ kann man nicht oft und laut genug erklären. So ein Irrsinn! Wie kann man nur ein solches Gesetz heutzutage noch aufrecht erhalten.
Leider ist das nicht die einzige Fehlentscheidung der UN. Zum Beispiel haben die UN-Soldaten im Libanon nicht einen einzigen Waffenschmuggel angezeigt, sondern sich verschämt umgedreht und weggesehen. Weshalb sind sie eigentlich dort stationiert worden?
Margot

10. arabrabenna - Januar 14, 2011, 0:16

Danke für die Infos!

11. Paul - Januar 14, 2011, 0:22

Lila, eben habe ich einen Kommentar abgeschickt und sehe, das er irgendwohin entschwunden ist.
Können Sie helfen?

12. Paul - Januar 14, 2011, 0:45

Lila, es wird immer kuriosa.
Habe den Kommentar wiedergefunden. Als ich ihn abschicken wollte wurde mir mitgeteilt, dass dies nicht geht, weil ich ihn schon abgeschickt habe.
Helfen Sie bitte einem Unerfahrenen.

13. Paul - Januar 14, 2011, 3:19

Liebe Lila,
vielen Dank für diesen Hinweis auf den Artikel des Cicero.

In vielen Diskussionen habe ich immer wieder und werde es auch in Zukunft tun, folgenden Gedankengang geäußert.

Deutschland hat den 2. Weltkrieg begonnen und verloren.
Dadurch hat Deutschland einen Teil seines Staatsgebietes verloren. Die Bewohner wurden vertrieben oder sind selber gegangen (geflohen).
Sie wurden im verbliebenen Staatsgebiet von Deutschland aufgenommen und integriert.
Was würde die Welt sagen, wenn diese Menschen heute noch den Flüchtlingsstatus hätten, in Flüchtlingslagern leben würden, von dort Raketen auf das heutige Polen abschießen würden und immer wieder die Wiederherstellung Deutschlands in den alten Grenzen fordern würden?

Die Antwort möge sich jeder selbst geben.

Am Tage nach der Staatsgründung Israels haben alle angrenzenden arabischen Staaten Israel angegriffen, mit dem Ziel es zu vernichten.
Beinahe wäre es auch gelungen.
Gott sei Dank ist es nicht gelungen.
Im Ergebnis haben die arabischen Staaten Gebiete verloren und die Israelis haben das „Leopardenfell“ etwas korrigiert.

Was sagt die Welt dazu, das heute noch diese Gebiete als besetzte Gebiete bezeichnet werden, das die Palästinenser künstlich in einem Flüchtlingsstatus gehalten werden, ungestraft die Vernichtung des Staatsgebietes von Israel fordern können, Raketen auf Israel abschießen können und gleichzeitig von unterschiedlichen Interessen als „lebende Bomben“ benutzt werden?

Die Antwort möge sich jeder selbst geben.

Ich jedenfalls kann das nicht verstehen.

Wenn ich das in Diskussionen sage, werde ich wie ein Irrer behandelt.

14. mibu - Januar 14, 2011, 7:27

Der Cicero-Artikel entstand 2009. Inzwischen hat sich zumindest der damalige Direktor des New Yorker Büros der UNRWA bei der jordanischen Regierung in die Nesseln gesetzt, indem er das Recht auf Rückkehr als Illusion bezeichnete.

Ich habe mich auch schon über UNRWA gewundert. Allerdings stellt sich die Frage, was wäre, wenn es diese Organisation nicht gäbe. Ein kleiner Überblick. Europa und die USA könnte sicherlich einiges Geld sparen, …

15. Chajm - Januar 14, 2011, 10:09

Ich persönlich finde schon den Begriff »Flüchtlingslager« problematisch, weil das irgendwie den Eindruck erweckt, es handele sich um temporäre Strukturen (also etwa Zelte oder ähnliches) – dabei sind es ja befestigte Strukturen oder mittlerweile Dörfer. Wäre man böse, könnte man auch von »Siedlungen« sprechen.

@Yoav

wer der ehre hinterherläuft, dem läuft sie davon; und wer ihr davonläuft, dem läuft sie hinterher.

Kommt aus dem Talmud 😉
Heißt es nicht aber auch (Tehillim 34:15) »Suche den Frieden und strebe ihm nach« ? Das impliziert aber wohl auch, dass man zunächst einmal selber auch friedlich leben kann…

16. Silke - Januar 14, 2011, 12:35

Der Cicero Artikel entstand 2009 ???????

falls ja, dann führt der Cicero seine Leser aber mächtigst in die Irre …

Ich habe übrigens mittlerweile auch die anderen Teile gelesen, nix hat mir die Vermutung nahegelegt, daß das alter Krempel sei.

17. Silke - Januar 14, 2011, 12:35
18. Mike - Januar 14, 2011, 15:17

„Danke Lila, das mit den „Dauerflüchtlingen“ kann man nicht oft und laut genug erklären.“

Ja, das ist alles recht schön… Aber die Tatsache bleibt trotzdem, dass diese Leute Recht auf Rückkehr haben…

19. yael1 - Januar 14, 2011, 16:18

„Habe den Kommentar wiedergefunden. Als ich ihn abschicken wollte wurde mir mitgeteilt, dass dies nicht geht, weil ich ihn schon abgeschickt habe.“

Paul, wenn diese Meldung angezeigt wird, wird er auch freigeschalten werden. Es passiert manchmal, dass man den Kommentar nicht sehen kann, nachdem man ihn geschrieben hat, warum das so ist, weiß ich auch nicht.

20. Lila - Januar 14, 2011, 18:36

Ach ach ach Ihr Lieben, das kann ich Euch verraten.

Manche Kommentare schluckt mein stets angriffslustiger Spamfilter, den man sich ungefähr wie einen stets hungrigen Pitbull auf Steroiden vorstellen muß. Oh, oder wie ein Tasmanian Devil, lang möge dies wunderschöne Tier leben!

Da ich selten in seinen Magen gucke, wegen der unappetitlichen Dinge, die sich dort manchmal finden, ist es gut, wenn Ihr in den Kommentaren anmahnt, daß Eure Kommentare verschwunden sind. Dann guck ich in den Spamfilter und befreie sie.

Ansonsten vernichtet der tüchtige Spamfilter die Kommentare selbsttätig nach kurzer Zeit – also er kaut vermutlich dauernd an irgendwelchen Knochen…

Und – er liebt Willow. Er ist überzeugt davon, daß Willow der böse Feind ist, und nur ganz selten darf Willow kommentieren, ohne daß der Spamfilter ihn anfällt 😀

21. Silke - Januar 14, 2011, 20:23

Mike

Recht auf Rückkher haben bis zur wievielten Generation?

derzeit sind wir bei knapp unter 5 Millionen, die schon bei der ursprünglichen Erfassung durchaus auch nicht eindeutig dokumentierte Fälle aufgenommen haben. Du meinst also ein Land von 7 oder 8 Millionen muß um der Gerechtigkeit oder weiß der Henker was 5 Millionen die Rückkehr genehmigen. Tja dann würde ich doch vorschlagen wir fangen mal an und machen die ganze Flüchterei, Vertreiberei, Umsiedlerei von WW1 und WW2 mal rückwärts.

Ach und das Byzantinische Reich hat Völkerverschiebungen gern zur Befriedung eingesetzt. Bulgaren nach Anatolien und Anatolier wieder woanders hin. Auch das sollte man unbedingt wieder rückabwickeln und gerade habe ich ne Karte gesehen, da liegt Albanien am Kaspischen Meer. Das muß dringend wieder bereinigt werden und ich habe laut Optikerbefund asiatisch geschnittene Oberlieder, damit ist dann ja wohl bewiesen, daß ich ein Anrecht auf Übergabe eines Gasfelds irgendwo im Osten habe.

22. Lila - Januar 15, 2011, 16:24

Silke, ich sehe gerade, daß Elder einen Tag nach mir, am 14., sich ebenfalls auf Martha Gellhorn besann.

http://elderofziyon.blogspot.com/2011/01/gaza1961-martha-gellhorn.html

Verrückter Zufall.

Ich habe leider den Link verschlampt – der Spiegel hatte nach dem Sechstagekrieg einen langen gründlichen Artikel, und nichts ist lehrreicher, als den noch mal zu lesen. Keine Rede von Palästinensern, Palästinenserstaat etc. Das ist alles nur rückwärts projizierte „Weisheit“, wenn Leute glauben, Israel hätte 67 überhaupt so eine Option gehabt wie: einen Palästinenserstaat entstehen lassen.

Die einzige Option war, die Gebiete an Jordanien abzutreten (gegen die man gerade einen Krieg gewonnen hatte – wäre ein seltener Schritt vom Sieger gewesen), und jede solche Möglichkeit wurde durch Khartoum vereitelt.

Erstaunlicherweise treffe ich immer wieder selbsternannte Nahostexperten, denen diese Dinge vollkommen unbekannt sind…

23. Paul - Januar 15, 2011, 17:27

Hallo Lila,
ich habe mir eingebildet, dass ich schon eine ganze Menge von der Nahostproblematik weiss. Stelle aber fest, dass auch noch eine ganze Menge fehlt.
Aber, ich möchte gerne wissen und dieses Wissen auch entsprechend meinen bescheidenen Möglichkeiten weitergeben.
Den Ciceroartikel habe ich schon an Leute, von denen ich weiß oder annehme, dass sie ebenfalls interessiert sind, weitergereicht.

Leider sind meine Möglichkeiten auch beim Erwerb von Wissen sehr begrenzt, weil ich keine Fremdsprache kann. Das ist nicht schön, aber jetzt auch nicht mehr zu ändern. Jedenfalls hätte ich nicht die Kraft dazu.

Gibt es den Artikel von Martha Gellhorn auch irgendwo auf deutsch?
MfG Paul

24. Silke - Januar 15, 2011, 17:28

Lila
nach dem Cicero Artikel liegt Martha Gellhorn nahe. Das Erstaunliche ist eigentlich nur, daß uns nicht Hunderte von Reportagen aus den Gebieten dazu einfallen, ein Beleg wie unerhört interessiert die Welt seinerzeit gewesen sein muß. Der Elder hat auch ein weiteres Stück von ihr, einen Besuch in der West-Bank in 1967 in voller Länge online gestellt.
http://elderofziyon.blogspot.com/2011/01/martha-gellhorn-on-her-june-1967-visit.html
(Commentary hatte mal irre tolle Reportagen von 1967 – vorher und während – online. Besonders der Run-up zum Krieg mit seinem endlosen vor, zurück, zur Seite, stehn war sehr sehr erleuchtend und immunisierte mich für alle Zeit gegen die Hinterher-ist-man-schlauer Tom Segevs dieser Welt. Ich finde generell, daß Selberlesen von Zeitgenössischem dem Sapere Aude äußerst bekömmlich ist.)

und ich mache derzeit „Reklame“ fürs Lesen von 2 weiteren Atlantic-Stücken, die mir beim Standpunkt-Gewinnen sehr hilfreich waren. Beide sind von kurz nach der Balfour-Declaration und vertreten total gegensätzliche Ansichten zum künftigen Staat Israel. Sie nebeneinander zu lesen führte für mich seinerzeit zu einem umgekehrten Dejà-vue, falls es so etwas gibt, oder weniger zierlich ausgedrückt – plus ca change …
theatlantic.com/magazine/archive/2008/04/prophesying-palestine/6779/

Ich meine es wären die ersten beiden verlinkten gewesen, würde aber nicht drauf schwören, aber ich versichere, daß sie nebeneinander zu lesen, eine Erfahrung der besonderen Art bereit hält, es sei denn man ist ohnehin der Meinung, alles ganz genau zu wissen.*)

ganz ganz erhellend in dem Zusammenhang ist auch John Gray über den Siegeszug von „Human Rights“, das auch Yaacov empfiehlt – suchen „John Gray“ Rawls hilft.

Latma TV macht einen Versuch zum Thema mit Jamil und Awad, noch reichlich unausgegoren, aber die Richtung stimmt – youtube.com/watch?v=iZdn2pQBX8A&feature=uploademail – es ist ein Elend, daß auch alles Gute immer Richtung Übertreibung driften muß.

*) hierzu der Hinweis auf eines der wenigen Gedichte, die mir was bedeuten

He is quick, thinking in clear images;
I am slow, thinking in broken images.

xs4all.nl/~ace/Literaria/Poem-Graves.html

25. Silke - Januar 15, 2011, 17:32

Mindestens einer der beiden Gellhorn Texte soll übrigens in dem Buch „Das Gesicht des Krieges“ enthalten sein, ebenso wie ihre Deutschland-Besuch-Texte, von denen 2? auch bei The Atlantic zu finden sind.

26. Naomi - Januar 15, 2011, 17:42

Lila –

ist das vielleicht dieser Artikel von Martha Gellhorn, den du suchst?

http://www.nicht-mit-uns.com/nahost-infos/texte/1Gellhorn1961.html

Es ist ein unglaublich langer Text von ihr (auf Deutsch) über das palästinensische Flüchtlingsproblem.

Martha Gellhorn erzählt darin, wie die arabischen Flüchtlinge und die arabischen Israelis leben und was sie über sich selbst, ihre Vergangenheit und ihre Zukunft zu sagen haben.

27. Lila - Januar 15, 2011, 17:48

Netter Zufall – das ist der Text für Paul, nämlich auf Deutsch 🙂

Ich meinte einen Leitartikel im Spiegel, ich weiß nicht mehr von wem, nach Ende des Sechstagekriegs. Der Artikel katapultiert einen richtig schön in den damaligen Diskurs, auf dem Stand der Erkenntnisse von damals.

Das ist ein gutes Korrektiv für den oft gehörten Vorwurf, Israel hätte anno 1967 einen palästinensischen Staat „zulassen“ oder aus der Taufe heben sollen. Wie und mit wem, das bedenkt man nicht.

Ganz zu schweigen davon, daß Gazastreifen und Westbank gar nicht richtig zusammengehören – es ist nicht der nächstliegende Gedanke, die beiden in einem Staat zu vereinen. Es ist kein Zufall, daß sie sich politisch verschieden entwickeln.

28. mibu - Januar 15, 2011, 18:04

„Das ist alles nur rückwärts projizierte „Weisheit“, wenn Leute glauben, Israel hätte 67 überhaupt so eine Option gehabt wie: einen Palästinenserstaat entstehen lassen.“

Drum war’s ja auch nur konsequent, dass die Regierung Begin den Bau von Siedlungen in der Westbank forcierte.

29. Naomi - Januar 15, 2011, 18:04

Lila –

zum Sechstage-Krieg und Spiegel von 1967 gibt es einen Direkt-Link zum Spiegel-Heft von 1967.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/index-1967-25.html

Da ist das gesamte Inhaltsverzeichnis drin und du kannst alle Artikel zu „ISRAELS BLITZKRIEG“ lesen – auch den sagenumwobenen Artikel, voller deutschem Stolz auf die Israelis.

Und im Artikel „Israel soll leben“ sagt Augstein entzückenderweise:

„Wer dem Staat Israel die Existenz bestreitet, sollte keine Entwicklungshilfe erhalten, jedenfalls nicht von der Bundesrepublik.
Alle Hilfsgelder über den normalen Handel hinaus sind dazu bestimmt, die wirtschaftlichen Kräfte des Empfänger-Landes so zu entwickeln, daß es seine Bevölkerung aus eigenem ernähren kann.

Wer die überschießende Energie hat, Kriege anzuzetteln, bedarf keiner Hilfe aus den Mitteln deutscher Steuerzahler. Er soll sich anderswo Hilfe holen.“

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46394361.html

Tja, das waren damals noch güldene „Spiegel“-Zeiten … 😉

30. Silke - Januar 15, 2011, 18:11

nein Naomi,
das ist der Original 1961 Artikel, auf den Lila und Elder immer wieder mal kommen, übersetzt von einem von mir hochgeschätzten weil super verdienstvollen Menschen … (siehe letzte Zeile)

31. Mikado - Januar 15, 2011, 18:32

Und hier der Spiegel-Titel der kommenden Woche:

Davids Rächer
Israels geheime Killer-Kommandos

http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,ausg-4792,00.html

Und das ganze, obwohl Israel doch so eine hoch motivierte Öffentlichkeitsarbeit betreibt.

http://www.botschaftisrael.de/2011/01/03/in-eigener-sache-2/

32. Lila - Januar 15, 2011, 18:33

Naomi, richtig, das ist die Spiegel-Ausgabe, die ich meine. Der Leitartikel von Augstein ist lesenswert – ein weiter Weg von seinem Glückwunsch an den David unter den Völkern zum jetzigen rächenden David 🙂

Aber da war auch noch ein längerer Artikel, den werde ich dank Deiner Findigkeit auch noch aufspüren.

Jedenfalls fällt auf: damals kämpften Israelis gegen Araber. Von Palästinensern – keine Spur. Die waren damals, wie man so sagt, gerade erst erfunden.

33. Naomi - Januar 15, 2011, 18:44

Hier ist noch der Link zu Claudio Casulas fantastischem Kommentar, den er mal zum Titelheft des Spiegels schrieb:
„Vor dem Liebesentzug“. 😉

Vor dem Liebesentzug

Ja, Lila – damals gab es den Begriff „Palästinenser “ oder „palästinensische Flüchtlinge“ im deutschen Sprachgebrauch unserer geliebten Medien überhaupt noch nicht.
Es gibt da nur Araber und Israelis.

Und wie feurig Augstein schreibt: „Israel, der David unter den Völkern, soll leben!“ Da geht einem doch das Herz auf.

Wunderbar ist auch diese Passage von Augstein: „Dieser jüdische Staat hatte von je nur das Existenzminimum. Man kann ihm nichts wegnehmen, ohne ihn zu ruinieren.

Wäre es so, daß die arabischen Länder eine weitere, eine bewaffnete Bevölkerungsexplosion auf israelischer Seite befürchten müßten, so könnte man präventive Maßnahmen verstehen. Aber Israel, so klein es ist, hat genug Land, ihm fehlen noch Menschen.
Auf Erobertes wird es verzichten, wenn man seine Grenzen anerkennt.

Die arabischen Gegner wollten ihm nicht ein Stück Land oder eine Konzession fortnehmen. Sie hatten es auf seine Existenz abgesehen. Das fordert Konsequenzen. Für diesmal war in Kairo Prahlhans Küchenmeister.

Aber was wird, wenn Israels arabische Nachbarn, jetzt gedemütigt wie noch nie, wieder zu Kräften kommen? Soll Israel weiter in der Angst vor einem Überfall leben müssen, weiter unter dem Zwang, ständig zum Präventivkrieg gerüstet zu sein?

Dies darf nicht geschehen. Hier hört alle Nicht-Einmischung und Neutralität auf. Die arabischen Staaten müssen lernen, was auch die Bundesrepublik anerkennen muß: daß die derzeitigen Grenzen endgültig sind.“

Kann man diese Artikel den deutschen Medien nicht mal unter die Nase halten? 😉

34. Lila - Januar 15, 2011, 18:52

Mikado – zwei Doofe, ein Gedanke, wie der Rheinländer sagt…

Und was die Botschaft angeht… äh… null

35. yael1 - Januar 15, 2011, 20:20

Und deren Nachkommen, Mike. Da kannst du doch Israel gleich sagen, es soll sich auflösen. Zu subtil? 😀

36. yael1 - Januar 15, 2011, 20:31

„Tja, das waren damals noch güldene „Spiegel“-Zeiten“

In der Tat, Naomi. Davon kann man heute beim Spiegel nur noch träumen.

37. mibu - Januar 15, 2011, 20:41
38. Silke - Januar 15, 2011, 21:10

Lila
ich hab’s es war ein Kommentar mit einem richtigen und einigen „kastrierten“ Links, aber worum’s mir ging, weiß ich nicht mehr, also Dein Spamfilter schluckt auch so was, also werde ich’s falls es mich wieder packen sollte, auf mehrere Kommentare aufteilen. Wieder was gelernt …

39. willow - Januar 15, 2011, 21:33

@37. mibu

Wird dir bestimmt gefallen…

40. mibu - Januar 15, 2011, 22:47

zu 39: willow, wenn du etwas Interessantes hast, her damit. Womöglich hat dir aber zu deiner Bemerkung schon der Name des Senders ausgereicht.

41. Paul - Januar 16, 2011, 1:59

Wunderbar Lila, es fügt sich alles so gut. Ich habe Lesestoff für die nächsten Tage.
Den von Naomi eingestellten Gellhorn Artikel, er ist wirklich sehr lang, aber äußerst interessant, habe ich schon fast durchgelesen.
Morgen geht es weiter. Jetzt brennen mir schon die Augen.
Wenn ich das alles lese durchzieht mein Herz aber eine große Traurigkeit.
Trotzdem mein Dank an alle für die vielen Hinweise.
Ich arbeite sie alle ab.
Fest versprochen.
Jetzt aber ein „Gutes Nächt’le“ an Alle
von Paul

42. willow - Januar 16, 2011, 9:51

Nein Mibu, ganz im Gegenteil, diese Arte-Doku gehört tatsächlich zu den Besseren … aber natürlich wird Arte nicht pro-israelisch Stellung beziehen oder die geplante Endlösung der Israelfrage thematisieren, welche dem Krieg voranging. Stattdessen wird eher die militärische Übermacht Israels und die mangelnde Bereitschaft seiner Politiker eine nichtmilitärische Lösung zu suchen in den Vordergrund geschoben…

43. mibu - Januar 16, 2011, 17:46

willow, es geht den Autoren vermutlich weder um eine pro- noch um eine anti-israelische Darstellung. Verglichen mit dem, was ich dazu schon gelesen habe, ist es eine recht ausgewogene Dokumentation, die mich vor allem wegen des Bildmaterials interessiert hat.

Die Araber sahen Israel damals eindeutig als Feinde. Umgekehrt war’s ziemlich sicher genauso.
Dennoch lagen in den verschiedenen Staaten unterschiedlichen Bedingungen und Voraussetzungen für eine militärische Auseinandersetzung vor. In Syrien funktionierte das Militär als Machtbeschaffungsapparat, in Ägypten hatte Nasser eine relativ stabile Position. In beiden Staaten versuchte die UdSSR politische und strategische Verbündete aufzubauen. Zu einem gewissen Teil versuchte die UdSSR also den aufkeimenden panarabischen Nationalismus für sich zu nutzen. Deshalb wäre ich mit dem Begriff „geplante Endlösung“ eher vorsichtig. Einmal, weil der Ausdruck im allgemeinen für die mit einer ideologischen Rassetheorie gerechtfertigte, aufwändig durchgeplante und militärisch wie industriell umgesetzte Verfolgung von Juden, Roma, Sinti und z.T. Slaven durch das dritte Reich besetzt ist. Derartige Pläne sind bisher von keinem arabischen Staat bekannt geworden, schon gar nicht koordiniert zwischen mehreren von ihnen.

Nasser und Co. haben als Kriegsziel die Beseitigung des Staates Israel formuliert, schlimm genug. Dafür, dass sie sich aber überhaupt mit einem solchen Vorhaben befassten, scheinen eine Reihe anderer Gründe eine zusätzliche Rolle gespielt zu haben: in Syrien eine prinzipielle politische Instabilität, in Ägypten ein zäher Krieg mit dem südlichen Nachbarn Sudan und in Jordanien u.a. ein militärischer Zwischenfall mit Israel, der Hussein in eine schwierige politische Lage brachte.

Andererseits waren es scheinbar weniger Politiker als eher militärische Befehlshaber in Israel, die sich auf jeden Fall in einer günstigen Position sahen und der Politik entsprechende Szenarien vorstellten. Wenn ich mich noch richtig an Segevs Buch erinnere, dann herrschte im Generalstab eine seltsame Stimmung – nicht kriegsbegeistert aber auch nicht abgeneigt. Die israelischen Streitkräfte waren schon damals über die Lage ihrer Gegener weitaus besser informiert als umgekehrt. Eshkol aber auch Ben Gurion (schon zurückgezogen, aber immer noch eine politische Autorität) wollten dagegen Krieg vermeiden und änderten ihre Meinungen wohl erst, als Israels Erfolg sicher war. Damit war allerdings in der israelischen Regierung noch keineswegs entschieden, was mit den besetzten Gebieten passieren sollte, wenn man von Jerusalem absieht. Leider hat sich auch hier im wesentlichen das Militär mit seinen Vorstellungen durchgesetzt, die die Anregung zu ersten Siedlungen gab, wobei dieses Vorgehen auch innerhalb der IDF schon damals umstritten war.

In gewisser Weise hat dieser Krieg tatsächlich erst die Palästinenser als potentielles Staatsvolk hervorgebracht. Israel hatte nun ganz Palästina unter seiner Kontrolle; doch nicht nur das: mit dem Sinai und den Golanhöhen hatten Ägypten und Syrien angesichts ihrer Kriegsrethorik beschämende Verluste erlitten. Auch Jordanien war geschlagen. Jedes dieser Länder war damit zunächst vor die Probleme eines verlorenen Krieges gestellt und hatte vorerst kaum noch Resourcen, sich in irgendeiner Weise für die arabische Bevölkerung Palästinas einzusetzen, zumal sie zunächst einen erheblichen Teil von ihnen als Flüchtlinge versorgen mussten.
Die palästinensischen Araber waren daher mehr als zuvor auf sich selbst gestellt und begannen einen eigenen Widerstand zu organisieren.

44. mibu - Januar 16, 2011, 23:14

willow, vordergründig bestand Nassers Kriegsziel in der Beseitigung des Staates Israel. Dies als „geplante Endlösung“ zu bezeichnen, halte ich jedoch nicht für richtig.

Es gibt bislang keine Anhaltspunkte dafür, wie sich Nasser, Hussein und der syrische Präsident eine Nachkriegslösung vorstellten. Nach einem kurzen Blick in Segevs Buch sieht es nicht danach aus, als hätten die Araber überhaupt eine klare Vorstellung davon gehabt, was sie erreichen wollten. Tatsächlich holt Segev bezüglich der Vorgeschichte zum Sechs-Tage-Krieg recht weit aus. Dass es unter den arabischen Regimen überhaupt eine einheitliche Sichtweise oder irgendeine konsequente politische Abstimmung gab, kann man scheinbar nur sehr bedingt voraussetzen.

45. willow - Januar 17, 2011, 9:17

„willow, vordergründig bestand Nassers Kriegsziel in der Beseitigung des Staates Israel. Dies als „geplante Endlösung“ zu bezeichnen, halte ich jedoch nicht für richtig.“

Das ist sehr schön für dich, aber du mußt ja auch nicht in einem Land leben, dessen Vernichtung die lieben arabischen Nachbarn „anstreben“.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, wie sich Israel Gegner eine Nachkriegslösung vorgestellt haben!? Irgendwie hast du immer die Augen zugekniffen und dir die Ohren zugehalten wenn es zu diesem Thema kam, anders kann ich mir deine gespielte Ahnungslosigkeit nicht vorstellen – es ging immer um die physische Vernichtung der Israelis.Selbst wenn man den Israeli unterstellt, sie würden gern ihr Territorium vergrößern, einen Völkermord an den Arabern läßt sich wohl kaum unterstellen… die arabische Seite dagegen hat nie ein Geheimniss daraus gemacht, was eine militärische Niederlage für die Bewohner des zionistischen Gebildes bedeuten würde. Aber Mibu, Arte, der Spiegel und Segev wollen das tausendfach gesagte halt nicht hören…

46. mibu - Januar 17, 2011, 10:25

willow, woher willst DU so genau wissen, was DIE Araber vorhatten ? Ich kann nicht sagen, dass ich es weiss. Ich kann nicht einmal sagen, dass das, was du allen Arabern grundsätzlich unterstellst, falsch ist. Ich weiss es einfach nicht und ich halte mich daher mit pauschalen Behauptungen und Bewertungen zurück. Israel stand mit Hussein schon vor dem Sechs-Tage-Krieg über diplomatische Kanäle in Verbindung, womöglich zumindest indirekt auch mit anderen arabischen Politikern. Ich halte es auch für sinnvoll und gerechtfertig, Rethorik und tatsächliche Absichten wenigstens versuchsweise auseinanderzuhalten. Zumal die poltische Entwicklung im nahen Osten ebenso vom globalen Ost-West-Konflikt beeinflusst war, wie von der Auflösung bisheriger kolonialistischer Hegemonialansprüche und -strukturen.

Ich kann mich nur über verschiedene Quellen aus bestenfalls zweiter Hand informieren, da ich kein professioneller Historiker mit umfassendem Zugang zu historischen primären Quellen bin. Ich bin daher darauf angewiesen, mich auf die Darstellungeen anderer zu verlassen.

Ich habe keine pro-israelische Agenda, wie du sie verfolgst. Ein Grund dafür ist, dass ich sie für kontraproduktiv halte. Auch ohne ideologischen Bohei kann man an Israel genug positives, an der Politik arabischer Staaten genug kritikwürdiges finden ohne ständig „Glaubensbekenntnisse“ abzulegen. Dass Politiker und ganze Regierungen Fehler machen entzieht ihren Staaten und ihren Völkern nicht das Recht ihre Interessen zu verfolgen.

Segevs Buch ist meines Erachtens keine Anklage gegen die israelische Politik. Man muss sich ziemlich anstrengen, um das Buch so zu lesen. Es stellt die Ereignisse allerdings in einen historischen Zusammenhang, aus dem deutlich wird, dass es viele alternative Handlungsmöglichkeiten gegeben hätte, die aus unterschiedlichsten Gründen und Motiven nicht verfolgt wurden. Ich finde, dass Segevs Buch genau deshalb ein sehr gutes ist: er zeigt, dass die geschichtliche Entwicklung, die die vielen einzelnen Entscheidungen und Ereignisse zu Folge hatten, keine zwangsläufige und unvermeidliche war. Es geht auch nicht um Schuld oder Verantwortlichkeiten, eher um die Sicht auf die Situation aus den verschiedenen Perspektiven und daraus abgeleiteten Handlungsmöglichkeiten.

willow, fast immer stellst du in deinen Beiträgen irgendwelche Informationen in den Dienst deiner Weltsicht. Das kann man machen, muss es aber nicht. Man kann in Schwarz und Weiss einteilen, muss es aber nicht. Vielleicht hast du zu allem sehr feste Überzeugungen. Ich versuche mit relativ wenigen möglichst vernünftig auszukommen. Was mich an sogenannten Israelkritikern besonders ärgert ist ihre Haltung moralischer Überlegenheit, mit der sie schneller beim Bewerten von Ereignissen sind als bei der Auseinandersetzung mit den Tatsachen. Genau daraus entstehen m.E. die meisten Fehlurteile.

47. Silke - Januar 17, 2011, 11:08

ich glaube es ist in den „40 Tagen des Musa Dagh“ wo sich dieser „schöne“ Bericht von einem Massaker findet, bei dem die die’s angerichtet haben (alles ganz normale Männer), hinterher nicht so richtig wissen, was über sie gekommen war.

wenn man das richtige Klima schafft, braucht man keinen zentralen Befehlsgeber. Segev mit seinem „die Israelis sind Hysteriker und sollen sich nicht so anstellen“ ist ein Dummschwätzer und nein, ich habe sein Buch nicht gelesen, aber ich habe ausgiebigst Interviews mit ihm gehört und ich erlaube mir, „meine“ Autoren bzw. deren Bücher nach dem auszuwählen, was sie sonst noch so alles von sich geben.

und was das richtige Klima anlangt, in nem Bändchen eines Heimatgeschichtlers steht glasklar, daß die zur Reichspogromnacht über Rendsburg herfielen, ohne eine Weisung erhalten zu haben. Was ein ordentlicher Unterling ist, weiß womit er sich beim Oberling einschleimen kann.

48. Silke - Januar 17, 2011, 11:12

willow
ich bitte Dich, was ist denn schon so schlimm dran, ins Meer getrieben zu werden? Das ist doch schließlich genau das, was wir alle uns für unseren Sommerurlaub den ganzen langen Winter hindurch erträumen.

(chtung: Satire-Alarm)

49. willow - Januar 17, 2011, 14:03

@46. mibu

„willow, woher willst DU so genau wissen, was DIE Araber vorhatten ?“

Nun, vielleicht von ihnen selbst? Immerhin haben zumindest die Zeitungen und Rundfunkstationen ziemlich deutlich gemacht, welche Pläne es für das besiegte zionistische Gebilde gibt… die Vertreibung aller Juden aus „Palästina“ galt (und gilt!) dabei noch als moderat, fast schon zu sehr von Rücksichtnahme auf die „Weltgemeinschaft“ geprägt.

Aber es ist in deinen Augen bestimmt rassistisch und islamophob, in Diskussionen über den Nahostkonflikt die Drohungen arabischer Politiker und Medien zu zitieren.

50. willow - Januar 17, 2011, 14:04

da war er wieder, der Spamfilter…

51. Silke - Januar 17, 2011, 14:44

Daß alles immer ganz anders hätte kommen können, iss sowas von ner Binse, aber wenn sich damit Bücher verkaufen lassen, dient es vermutlich der Sicherung von Arbeitsplätzen und ist somit eindeutig lobenswert.

In jedem der Segev-Interviews, die ich gehört habe, hat er als Beleg für seine Hysterie-These darauf hingewiesen, daß man bereits Flächen für Friedhöfe ausgewiesen hatte. Ich kann daran nix ts, ts, ts finden. Eine gute Verwaltung hat auch für das Undenkbarste Handlungsszenarien in den Schubladen, das ist ihr Job.

Ich finde es allerdings ziemlich unanständig diese Tatsache als angeblichen Beleg für israelische Überreaktionen zu promoten.

aber was soll’s Horror, besonders wenn’s andere trifft, verkauft sich eben gut.

wer Lust hat sich selbst näher an damals heranzupirschen, daß sich das lohnt, hat gerade Martha Gellhorn bewiesen;-), dem seien Artikel aus diesem Suchergebnis empfohlen http://www.commentarymagazine.com/searcharchive.cfm?order=datedesc&title=&keywords=six%2520day%2520war%25201967&authorkeywords=
runterscrollen zu 1967 – ich kann meine Ausdrucke im Moment nicht finden, aber ich meine, da wären auch Artikel aus der Zeit vor und während dabei gewesen, aber da sind in den späteren sicher brauchbare Hinweise zu finden und, falls sie jetzt was kosten, ich finde Walter Laqueur zumindest ist immer jeden Groschen wert – aber so langsam wie die Zeiten damals für ein Monthly waren, kann es natürlich sein, daß die Stücke vom August vor Ort während der Action geschrieben sind.


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