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Wahlen, Wahlen, Wahlen März 3, 2020, 18:03

Posted by Lila in Land und Leute.
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So, der dritte Versuch, eine regierungsfähige Mehrheit zusammenzubringen, fand gestern statt. Bibi hat Blau-Weiß überholt, und über die Gründe für diese Verschiebung muß ich noch nachdenken und auch mal schreiben. Ganz zu schweigen von den Verschiebungen in den linken Parteien. Es ist aber immer leichter, mir kurz per Twitter Luft zu machen, als mich wirklich mal hinzusetzen und ordentlich zu bloggen 😀 So lebe ich in der Illusion, daß ich vieles geschafft kriege, trotz Internet!

Noch weiß keiner, wie Bibi seine Regierung zusammenschraubt. Es ist wie ein kompliziertes 3-D-Puzzle. Alle Parteien um ihn herum haben Erklärungen und Wahlversprechen abgegeben, die jede Koalition unmöglich machen (weswegen ja wieder und wieder gewählt werden mußte). Lieberman will weder mit den Religiösen noch mit der arabischen Joint List. Joint List will in keine Koalition eintreten. Die Religiösen wollen weder mit Lapid noch Lieberman. Blau-Weiß und die Avoda-Gesher-Meretz-Gruppe schließen eine große Koalition nicht aus, aber nur unter einem Vorsitzenden, der nicht wie Netanyahu unter Anklage steht. Und so kann auch Bibi mit seinem Vorsprung an Stimmen und Mandaten ohne Koalitionspartner nicht regieren. Er wird versuchen, „Überläufer“ aus anderen Parteien zu rekrutieren, doch die möglichen Ansprechpartner haben alle versichert, daß sie da bleiben, wo sie sind.

Der Wahlkampf war so unbeschreiblich schmutzig und gemein, daß ich dafür mal extra Zeit brauchen werde. Drückt mir die Daumen, daß ich morgen diese Zeit finde. Ich bin einerseits ständig mit dem Ohr in den Nachrichten, um zu hören, was es Neues gibt, andererseits habe ich es SATT SATT SATT.

Kommentare»

1. bobyleff - März 3, 2020, 19:34

Man ist ratlos – versteht vieles auch nicht. Meine Sorge ist, dass wieder keine funktionsfähige Regierung zustande kommt.
Oder gibt es Hoffnung? Bin gespannt auf Deine Kommentare.

2. Lila - März 3, 2020, 20:11

Die Zahlen werden dauernd angepaßt, solange die Zählung weitergeht. Erst ab Mitternacht werden die „doppelten Umschläge“ der Wähler in diplomatischen Vertretungen, der Armee, der Gefängnisse, Krankenhäuser und der speziellen Corona-Isolierstationen ausgezählt.

Gerade ging Bibis Zahl der Mandate auf 58 runter und die ARabische Liste steht gerade auf 16.

Damit kann Bibi seine Siegesfeier von gestern einpacken und in die Kiste auf dem Speicher legen, wo sie verstaubt.

Man könnte den Wählerwillen als Wunsch nach großer Koalition intrepretieren – hier „Regierung der nationale Einheit“ genannt. Also Netanyahus Erfahrung, Illusionslosigkeit und Schläue in einem Gespann mit den Generälen von Blau-Weiß.

Es haben mehr Wähler gegen Bibi gestimmt als für ihn. Aber die arabische Liste macht aus den Wählerstimmen keine Politik in der Knesset – sie sieht sich als Opposition, die keine Regierung auch nur von außen stützt. Ohne Bibis giftige Kampagne gegen die arabischen Parteien („Bibi oder Tibi“) wäre diese Liste nie so groß geworden. Früher haben viele Minderheiten-Wähler andere Parteien gewählt, doch Bibi hat sie geradezu in die Arme der arabischen Partei getrieben, mit seinem Versuch, sie als illegitim darzustrellen.

3. CK - März 4, 2020, 18:11

Eine Grosse Koalition wäre sicherlich wünschenswert für Israel. Vielleicht kann man mit Bibi einen Konsens finden, dass der PM „rotiert“ (falls die israelischen Gesetze das überhaupt zulassen?). Bspw. 2 Jahre Bibi als PM und Gantz als Aussenminister, zwei Jahre Gantz als PM und Bibi als Aussenminister.

Oder eben doch Bibi als PM nochmal vier Jahre akzeptieren. Es ist natürlich ungut, wenn ein wegen Korruption angeklagter PM im Amt sitzt. Andrerseits ist es allein die Aufgabe der Judikative zu klären ob er nun wirklich schuldig ist oder nicht und solange er eben noch unschuldig ist, ist es nicht unbedingt moralisch falsch mit ihm zu koalieren. Das Gegenteil zu behaupten, ist doch eigentlich schon eine Vorverurteilung Bibis. Oder wie siehst Du das, Lila?

[Ich selber bin eigentlich für „term limits“ aber da es diese in Israel nicht gibt, muss man nun eben doch mit Bibi einen Konsens finden. Ohne ihn geht es nicht. Eine mögliche vierte Wahl muss wirklich nicht sein.]

4. Lila - März 4, 2020, 19:17

Rotation ist möglich und auch schon geschehen (ich glaube, Peres und Shamir). Es war auch schon im Gespräch, aber Bibi wollte als Erster dran und Gantz auch (da hatte Gantz noch 1 Mandat mehr).

Ich halte eine solche Koaltion auch für deutlich besser als „Überläufer“ zur Regierungsbildung (das untergräbt das Wählervertrauen endgültig, und die Methoden, solche Überläufer zu finden, sind entweder Bestechung oder Bedrohung,also nicht wünschenswert).

Ich würde an Gantz´ Stelle zustimmen. Letztes Mal hätte er gern zugestimmt, aber seine Parteigenossen (besonders Yair Lapid) waren dagegen. Der Unterschied zwischen Blauweiß und LIkud sind weltanschaulich nicht sehr groß, und es wäre auf jeden Fall besser als eine Regierung mit Deri.

Mal sehen.

Ich halte ehrlich gesagt nichts von dem Vorstoß, jetzt ein Gesetz durchzubringen, das es einem Knessetabgeordneten verbietet, eine Regierung zu bilden, wenn er unter Anklage steht (eine Rechtslücke, weil niemand daran gedacht hat, daß sowas mal vorkommen könnte). Aber dafür ist es jetzt zu spät. Die Leute haben ihn nun mal gewählt. Jetzt müssen wir da durch.

Sonst wäre es wirklich eine Brüskierung des Wählerwillens. Viele glauben wohl, daß entweder an den Anklagepunkten nichts ist, oder daß Bibi zu wichtig ist, so daß man sich darüber hinwegsetzen kann.

5. jim11111 - März 5, 2020, 0:18

Denke, es wäre hoch an der Zeit, dass diverse führende Politiker endlich damit begännen, sich im Interesse von Israels Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu besinnen und persönlich ein wenig zurückzunehmen. Vor allem würde unter einer „Regierung der nationalen Einheit“, die von dieser Ajelet Schaked mit Netanjahus wohlwollendem Einverständnis schon lange geplante Justizreform, im Kern ein Angriff auf das Oberste Gericht, auf die weltweit vorbildliche demokratische Gewaltenteilung in Israel, hoffentlich nicht umgesetzt werden.

Es wäre, nach dem Nationalstaatsgesetz, ein weiterer Tiefpunkt israelischer Innenpolitik.

A propos Ajelet Schaked, da fällt mir einer ein:

Der kleine Fritz macht mit seinen Eltern Urlaub in Israel. Er und sein israelischer Kumpel Arian spielen am Strand von Tel Aviv, backen Sandküchlein, bauen Sandburgen, Staumauern und unterhalten sich so nebenbei über alles Mögliche: von den ewigen Problemen mit den Eltern angefangen, über die zickigen Mädchen, Diesel-Skandal, Klimawandel, weltweite Migration, Coronavirus usw usf, bis hin zu Marx, Kapitalismus und Macht, als aber auch Tagespolitik.

Der kleine Fritz zu Arian: Sag mal, kennst du den Unterschied zwischen unsrer Alice Weidel und eurer Ajelet Schaked?

Arian verdreht die Augen, legt den Kopf zur Seite, denkt nach, überlegt hin, überlegt her. Nach einer Weile richtet er sich auf, wirft triumphierend sein Sandschäufelchen zur Seite:

Ajelet hat die Haare schön!

6. Lila - März 5, 2020, 9:30

Auch ich glaube, daß jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, grundsätzlich eine Einheitsregierung zu bejahen und mit Likud zu verhandeln. Bibi sagt ja immer, er möchte eine „zionistische Regierung“, womit die Haredim ja schon mal raus sind. Und man kann den Wählerwillen auch so interpretieren: Mitte-links und Mitte-rechts, einigt euch. Denn auch im Likud gibt es einen liberalen Kern, und von den Grundsätzen her sind Likud und Blauweiß recht nah beieinander. Und ich erinnere mich an die Koalition Likud-Yesh Atid – ich fand sie gut. In der Liste von Blauweiß sind wirklich gute Leute, hoffentlich können wir endlich davon profitieren.

7. jim11111 - März 5, 2020, 15:53

Also, ich persönlich halte beide, Gantz und auch Netanjahu, für keine Deppen, vernünftig genug und in der Lage, den Ernst der Situation in seiner Gesamtheit zu begreifen und entsprechend – gemeinsam – zu handeln. Israel wäre es zu wünschen. Es gibt allerdings einen großen Unsicherheitsfaktor, es stellt sich nämlich die Frage, ob Sara einverstanden sein wird.

8. jim11111 - März 10, 2020, 1:12

Sieht nicht gut aus, mit der nationalen Einheit, im Moment, …

9. A.mOr - März 13, 2020, 9:05
10. Lila - März 14, 2020, 0:58

Daß ein Bibi-Fan ihn geschrieben hat.

Lieberman hatte außer persönlichen auch gute politische Gründe, nicht mehr mit Netanyahu zusammenzuarbeiten.

Man muß sich ja auch mal fragen, wie es kommt, daß Leute, die praktisch an Bibis Männerbrust genährt wurden, sich heftig von ihm lossagen – Bennet, Lieberman, Ayelet Shaked, auch Gantz hat eng mit ihm zusammengearbeitet als Ramatkal, ebenso Ashkenazi, Bogie Yaalon war Minister unter Bibi, auch Lapid…. sie alle kennen ihn gut.

Warum hat Bibi sich im September geweigert, Nr. 2 i einer Rotationsregierung zu werden? Er wollte partout als Erster PM werden, weil er dann bessere Chancen hat, 1. ein Immunitätsgesetz voranzubringen und 2. das Justizwesen so umzubauen, wie es ihm gefällt.

Wegen der Corona-Krise klingen jetzt alle politischen Auseiandersetzungen einfach nur noch ermüdend – außerdem hören wir sie seit November 2018 und sie kommen uns zu den Ohren wieder raus. Darum wird vermutlich Bibis Appell an Gantz, eine „Krisenregierung der nationalen Einheit“ zu bilden, Gehör finden. Zumindest diese Krise können sie zusammen meistern. Doch Gantz wird damit wieder brav in Bibis Schatten treten. Ob er sich danach noch mal freischwimmen kann, oder ob Blauweiß wieder in seine Einzelteile zerbricht (Lapids liberales Yesh Atid, Bogies konservatives Telem und Gantz´ ganz und gar gesichtsloses Chosen), oder ob ein anderer aus dem „Cockpit“ das Steuer an sich reißt – wer weiß das heute?

Isi Leibler sieht Bibi als edles Opfer, das ist er bestimmt nicht. Allzu ausschließlich ist Bibi auf sein eigenes Überleben fixiert, allzu viel hat er diesem Überleben geopfert.

Nicht daß Likud, seit 1977 durchgehend eine starke Partei so gut abgeschnitten hat, ist das Wunder. Sondern das Gantz praktisch aus dem Stand ihn 2mal überholt hat und auch jetzt nur um 3 Mandate zurückliegt. Obwohl er kein charismatischer Mann ist, von Bibis Gerissenheit und Erfahrung nichts hat, sondern ein politischer Neuling ist.

Die übelsten Gerüchte wurden über Gantz ausgestreut. So behauptete Yair Netanyahu bei Twitter, die Iraner hätten Gantz´ Handy geknackt und seien nun im Besitz einer Telefon-Video-sex-Session mit Gantz´ angeblicher Geliebter in den USA.

Gantz hat diese durchschlagende Härte und Gewandtheit nicht, er ist kein großer Redner wie Bibi, der mit seinem Publikum spielt wie die Katze mit der Maus, der alle Emotionen durchspielen und hervorrufen kann. Gantz hat das alles nicht. Und trotzdem drei beachtliche Wahlergebnisse eingespielt.

Sein Setzen auf eine Minderheitsregierung halte ich für einen Fehler – nicht an und für sich, sondern weil er das noch am Tag vor der Wahl kategorisch ausgeschlossen hat. Er hätte zumindest sagen können: wir hoffen das wird nicht notwendig sein, doch wir werden für alle Gespräche offen sein, wenn die Grundlagen stimmen.

Kurz, ich halte von dem Artikel nicht viel, da ich politisch gänzlich anders stehe. Ich anerkenne Bibis Stärken und habe das immer getan. Die Entscheidungen, die er jetzt getroffen hat, halte ich für richtig, und es ist gut möglich, daß er damit Menschenleben gerettet hat. Er ist ein Mann für Krisen, und spart in seinen Reden nicht mit Selbstlob.

Er ist aber kein empathischer Mann, das kann ein Politiker vielleicht nicht sein, und das einzige Mal, daß ich ihn echt bewegt gesehen habt war vor ien paar Monaten, als er darüber klagte, wie er und seine Familie von der Presse „gejagt und verfolgt“ werden. Als er von seinem eigenen Leiden und dem seiner Familie sprach, da war er auf einmal ganz menschlich.

Bei allen anderen Themen ist er sachlich und pragmatisch, und sein Auge bleibt trocken. Wenn es ihm politische Sympathien einbringt, billige Waren zu importieren, dann tut er das, auch wenn die israelische Landwirtschaft zum Teufel geht. Wenn es ihm zu riskant ist, einen weiteren Mini-Krieg in Gaza zu riskieren, dann opfert er diesem Kalkül die seelische Gesundheit einer ganzen Generation, die in Kfar Aza, Kerem Shalom, Netiv haHassera und Sderot aufwächst. Dagegen hat sich Lieberman übrigens aufgebäumt. Womit wir wieder bei Liebermans „Bosheit“ wären.

Hm, eigentlich könnte ich daraus ein ganzes Posting machen, vielleicht morgen früh! Gehe jetzt schlafen 🙂

11. A.mOr - März 16, 2020, 18:38

Zumindest wollte ich mit der Frage, bzw., dem Hinweis auf den Artikel von Isi Leibler keine Parteilichkeit andeuten. Bin zu weit weg, ähnlich wie Isi eben. Dennoch bekomme ich ja etwas mit.

Ramatkal a.D. macht „Ade“ und denkt sich nun, so wie auch Lieberman: „können wir den Feind nicht in den Hintern treten, dann küssen wir denselben eben…“ ??

Wenn jetzt nichtmal über die Corona-Krise eine Einheit zustande kommen sollte, es deutet sich an … weiß nicht, was ich dazu reden soll…

So sehr die Wiederwahlen nerv(t)en, Wahl No4 muß (sollte) nach der Abwehr der Corona-Krise stattfinden. Die Herren (insbesondere) und Damen haben die Hosen runter gelassen, soweit ich das aus der Ferne eben beurteilen kann. Die Wähler sollten darauf zügig reagieren können ohne dafür die Straßen aufreißen zu müssen.

So denkst bei mir gerade.
Bis dahin, bleib(t) mir gesund!


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