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Staatsmann oder Laberfritze? November 27, 2006, 16:50

Posted by Lila in Land und Leute.
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Oder vielleicht doch einfach nur Premierminister, gewählt mangels Alternativen und aus Anhänglichkeit an Sharon, der es irgendwie geschafft hatte, uns eine Art Hoffnung zu vermitteln… doch zu Sharon und was seine Wandlungen für uns bedeuteten und bedeuten, ein andermal. Ich bin bei, äie, Olmert.

Ich finde es ja gut und lobenswert, daß er wiederholt, was schon viele Israelis gesagt haben, auch Premierminister: für echten, wahren Frieden, dafür sind wir bereit eine ganze Menge zu tun. Für den Tag, an dem der palästinensische PM und unserer einen Vertrag unterzeichnen, mit dem ein für alle Mal jeder Grund für Feindseligkeiten beseitigt ist – der Tag, an dem ein Ende der Forderungen, der Drohungen und geheimnisvollen Andeutungen gekommen ist – der Tag wird fürwahr ein glücklicher sein. Wenn ich mich an die Euphorie erinnere, an die Tränen der Freude und der Erleichterung und des Glücks, mit dem der Frieden mit Jordanien hier gefeiert wurde – dann kann ich mir Den Tag des Friedensvertrags nicht anders als nationalen Rausch vorstellen.

Mensch, stellt euch mal einen Moment vor: ein normales Land! normaler Armeedienst! ein Ende der Eiertänze und Lösungen und Erklärungen von Rechts und Links, warum NUR SIE den Frieden bringen können. Nicht zu reden von unseren Nachbarn. Wenn ich mir all die armen Kinder in Ramallah und Jenin vorstelle, die in Angst vor uns, in Unwissenheit und Haß aufwachsen, die mit Waffen spielen und nicht mal einen vernünftigen Bolzplatz haben – ich könnte bis morgen früh ausmalen, wie wunderbar die Welt für sie wäre, wenn endlich, endlich Frieden wäre. Oh ja, das wollen wir. Seit der Unabhängigkeitserklärung und schon ein bißchen früher. Ich kann mich nicht erinnern, wann das offizielle Israel je den Palästinensern mit vollkommener Vernichtung gedroht hätte – Irre gibt es überall, und Golda hat geglaubt, mit Ignorieren gehen sie weg wie ein Pickel, aber es hat nie zur offiziellen Politik Israels gehört, den Palästinensern Vernichtung anzudrohen oder sie vernichten zu wollen. Ja selbst Bibi der Vollmundige hat von Frieden geredet.

Ja, wir würden für Frieden von manchem hohen Baum wieder runterklettern müssen, wie man auf Ivrit sagt, und dabei vermutlich keine allzugute Figur machen, doch glaube ich, die Hamas-Regierung muß weitaus größere Schritte machen. Denn ihr deklariertes Ziel war ja bisher nicht mal ein rhetorischer Frieden. Und die Waffenstillstände, die wir so gern optimistischweise als Schritte zum Frieden feiern würden, sind bisher immer zur Weiter- und Wiederbewaffnung genutzt worden – machen wir uns nichts vor, sowohl in Gaza als auch im Norden werden Waffensendungen aus Iran dankend entgegengenommen. Aber trotzdem, prinzipiell ist alles möglich, und es sind auch schon andere grimmige Kerle zu Realpolitikern geworden, und für den Libanon hoffe ich, hope against hope, daß da irgendwann mal der Hausherr auf den Tisch haut. (Da UNIFIL sich dafür zu fein ist.)

Ja, was stört mich dann an Olmerts Rede? Herrje, als Gilad Shalit entführt wurde, das weiß ich noch ganz genau – da hat er nämlich sofort gemeint, der Olmert, er läßt sich auf keinen Kuhhandeln ein, und mit Terroristen verhandelt man nicht, ja und wir schon gar nicht. Wobei jeder Israeli und jeder Araber nur lachen kann, denn wie viele Deals hat es schon gegeben! und wie „unproportional“ fielen sie jedesmal aus – wie viele Palästinenser hat Israel freigelassen, auch Terroristen der übelsten Sorte, nur um ein paar Soldatenleichen jüdisch begraben zu können! Das hat noch niemand vergessen. Es ist diskutabel, ob man sowas machen soll oder nicht, eigentlich stimmt es ja, daß es auf die Dauer nur weitere Entführungen ermutigt, andererseits, wenn es eins meiner Kinder wäre oder mein Mann, der auf der anderen Seite der Grenze sitzt? Es ist fast unmöglich, hier per Kant allgemeingültige Regeln zu erstellen.

Es stört mich also nicht, daß er jetzt Versprechungen macht. Meinetwegen soll er die Leute freilassen – auch wenn ich gern Garantien hätte, irgendwelche Garantien!, daß sie sich nun zivileren Tätigkeiten zuwenden als dem Bombenbasteln, und sie nicht gern mit ihren Sprenggürteln im Supermarkt wiedertreffen würde. (Das ist ja die Crux, daß freigelassen e Terroristen zum Terror zurückkehren – nachdem sie im Knast geradezu eine Schulung durchlaufen. Wir sind ja manchmal SO schlau.) Aber vielleicht könnte jemand Olmerten mal erklären, daß es absolut fatal ist, Zickzack zu laufen? Natürlich hat auch unflexibler Starrsinn keine Meriten, aber eines ist ganz bestimmt ratsam: sich mit großartigen Drohungen und Versprechungen zurückzuhalten. Damit macht er sich keine Freunde.

Hätte er nach Shalits Entführung nichts gesagt, dann könnte man seine heutige Bereitschaft zum Austausch als eine Art Poker nach seltsamen Regeln werten. Aber jeder, der noch seine großartigen Deklarationen im Ohr hat, wird bei dieser Art Reden entweder grinsen oder den Kopf schütteln. Ich erwarte da leider gar nichts von ihm. Und ich denke nicht, daß Abu Mazen allzu begeistert ist. Wann wird es unsere Regierung eigentlich lernen, daß man den richtigen Leuten Zugeständnisse machen sollte, nicht den falschen? Na gut, auch den falschen kann man Zugeständnisse machen, wann wäre ich je gegen Zugeständnisse gewesen?, aber bitte: nicht bevor wir nicht auch denen Zugeständnisse machen, mit denen wir eigentlich zusammenarbeiten wollen.

Wie lange hat unsere Regierung Abu Mazen ignoriert? Wäre es zuviel gewesen, seine Position zu stärken, zu einem Zeitpunkt vor den Hamas-Wahlen? Auf Hebräisch gibt es so einen Spruch, „es reicht nicht, recht zu haben, man muß auch klug sein“. Olmerts Versprechungen klingen ebenso hohl wie seine Drohungen. Wer seine Drohungen nicht wahrmacht, der hält auch seine Versprechungen nicht. Ich fürchte, er ist doch ein Laberfritze. Selbst wenn er sagt, was ich eigentlich gern höre – mir wird nicht wohl dabei.

Kommentare»

1. vered - November 27, 2006, 19:21

O ja, unser PM. Der blasseste, den wir je hatten. Im tiefsten Herzen weiss er wahrscheinlich, dass er nichts zu sagen hat. Darum redt er, und redt und redt und redt … Glaubhaft ist er nicht, er hat ja keine Überzeugung.
Staatsmann? Nöö, ist er nicht und wird auch nicht wachsen. Traurig. Wir bräuchten jetzt dringend jemanden von Format, den auch die Palästinenser (die Vernünftigen unter ihnen wenigstens) anerkennen und achten könnten.

2. Lila - November 27, 2006, 19:54

Liebe Vered, als ich Deinen Namen sah, war ich für einen Moment besorgt. Wenn Du nämlich jetzt gesagt hättest, daß ich den Mann falsch einschätze, hätte ich mich wirklich in eine Klosterzelle gesetzt und alles neu überdacht. Schließlich kennst Du Dich hier besser aus und kennst auch Olmerten länger.

Wenn Du auf äie klickst, kommst Du übrigens an den Clip aus Eretz nehederet, von vor einem Jahr. Nicht-Israelis finden ihn vermutlich nicht so gut, aber Bibi, Peretz und Olmert noch einmal zu sehen VOR der Wahl vom März, das ist schon ein witziges Ding. Die haben sie genau getroffen. Ein großer Moment des israelischen Fernsehens,der dritte Teil.


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